Was ist neu

Auch nur Menschen!

Mitglied
Beitritt
28.09.2002
Beiträge
9

Auch nur Menschen!

Kim und ich waren ungefähr drei Jahre zusammen gewesen, als sie eines Tages in die gemeinsame Wohnung kam und mir erzählte, dass sie keinen Bock mehr auf unsere Beziehung hatte. Und nachdem sie das gesagt hatte, hatte ich auch keinen mehr. Dieses Flittchen. Was sollte das? Hatte ich jetzt drei Jahre umsonst immer nur einen Eingan benutzt? Im übertragenen Sinne versteht sich, ich meine den Eingang unserer Wohnung... tzz....
„Du... ich weiss... das is schon schwer... aber ich kann doch für meine Gefühle nichts! Und ich will diese Beziehung einfach nicht mehr!“
„Wieso?“ hatte ich gefragt und ich glaube, ich klang echt lahm und bettelnd. Scheisse...
„Weil... Mensch! Leb‘! Leb‘ einfach dein Leben! Du kannst nicht zu Hause rum sitzen und darauf warten, dass ich dir erkläre, warum ich dich nicht mehr sehen will!“
Zitat Ende. Das war eindeutig geklaut. Aus High Fidelity von Nick Hornby. Die Schlampe. Zitierte zu allem Überfluss auch noch die beste Stelle, meines Lieblingsbuches. Ich hätte sie schon an dieser Stelle rauswerfen sollen.
„Ist das dein Ernst?“
„Ja, Mann! Ich meine es völlig ernst! Ich habe keine Lust mehr! Das ist mir zu viel Stress. Dauernd überlegen zu müssen, ob ich dich nun noch will, oder nicht. Auf dich zu warten, zu wissen, dass du nicht besser dran bist, und dieses ständige auf andere verzichten... Hast du dich mal wieder umgesehen, was es für wunderhübsche Menschen gibt? Und die sind zu allem Überfluss auch noch nett und charmant...und einige sogar Singles!“
„Nein“, zeterte ich, „ich habe mich in den letzten drei Jahren selten umgeguckt!“
Kim stöhnte genervt und ließ sich in den Sessel fallen, den ich einst bezahlt hatte. Ich hatte diesen Sessel gekauft, ich besaß ihn und jetzt saß sie mit ihrem dicken Hintern darauf. Da hätte ich sie wirklich rausschmeissen sollen. Schade, dass ich es nicht getan habe, denn alles was jetzt kam, konnte nur noch schlimmer werden.
Und es wurde schlimmer.
„Wie machen wir das mit den Sachen? Ich meine... wie teilen wir das auf? Wer kriegt was?“
„Du willst AUSZIEHEN?“ Ja, ungewöhnlich für mich, aber ich schrie.
Kim grinste gehässig. Wie hässlich sie in diesem Moment war, kann ich gar nicht beschrieben – es war grausam. „Dachtest du, ich bleibe bei meiner Exfreundin, wenn ich gerade die Beziehung beendet habe?“
Vergessen... ich heisse Heike. Und Kim und Heike sind in einer homosexuellen Partnerschaft. Und gerade berichte ich von dem Tag, an dem Kim mich für einen Mann verließ. Das Schicksal kann einem ganz schön in den Arsch treten, nicht wahr?
„Und wo willst du dann hin?“
„Heike, lass uns jetzt nicht auch noch darüber sprechen!“
„Und wieso nicht? Kannst du mir mal erklären, wieso wir nicht darüber sprechen sollten? Drei Jahre lang haben wir über alles gesprochen und vom einen auf den anderen Tag darf ich gar nichts mehr wissen?“
Kim stand auf und ging zum Fenster. „Gar nichts? Wer redet den vom Nichts? Ich will dir nur einfach nicht sagen, wohin ich ziehe und wieso ich diese Wohnung verlasse.“
Ich stand immernoch in der Tür zur Küche und hatte mit den Tränen zu kämpfen. Zwar konnte ich das alles nur schwer fassen, da auch Kim alles sehr locker zu nehmen schien und mit mir Schluss machte, als stritten wir gerade darum, welche Socken sie heute aziehen sollte.
Und trotzdem hatte ich das Gefühl, als zerriss ich von Innen. Es war kaum auszuhalten. Gut, sie beendete eine dreijährige Beziehung. Doch das war nicht das Allerschlimmste. Es war schlimmer, dass ich nicht wusste, wieso sie das tat und wohin sie gehen wollte.
„Na toll!“
Kim drehte sich um und zog die Stirn kraus. „Was?!“
„Jetzt beginnt dieses „Du bist schlichtweg meine Ex!“ – Gehabe. Sogar jetzt, wo wir noch gar nicht ganz auseinander sind, verhalten wir uns schon wie Unbekannte.“
Sie schüttelte den Kopf und ging ins Schlafzimmer. Ich stiefelte hinter ihr her. „Sollen wir das Bett in der Mitte durchsägen?“ fragte ich spitz und sah sie mit einem zickigen Blick an.
Kim legte den Kopf schräg und seufzte. „Jetzt realisiere bitte, dass ich gerade SCHLUSS mache und sei nicht beleidigt! Das hier ist weitaus mehr als „Wer kriegt das Bett und den Kühlschrank?“, okay?“
„Ich will den Kühlschrank behalten!“
Kim stampfte verärgert auf und verließ das Zimmer wieder.
Wieder dackelte ich hinterher. „Ich habe ein Recht darauf, zu erfahren, wieso du überhaupt Schluss machst! Du kannst doch nicht einfach gehen.... So scheisse bist du nicht und warst es nie, also!“
„Vertrau‘ mir, du willst es nicht hören, also erspare uns das!“
„Wenn du mir nicht sagst, weshalb du gehst, nehme ich deinen Webstuhl mit und wenn du mich verklagst, gehe ich zum Familiengericht und verlange auch noch den Preis dafür!“
Kim fuhr herum. Ihre Augen waren unheimlich klein geworden und sie schien wie ein Stier zu schnaufen. „Wehe...“ schnaubte sie und ballte eine Faust.
Ich grinste und verschrenkte die Arme.
Kim setzte sich wieder in den Sessel und stützte die Ellbogen auf die Knie. „Ich habe mich in jemand anderen verliebt!“
Pow! Autsch....Sie hatte mal wieder Recht gehabt – ich wollte es nicht hören.
Ich schluckte und setzte mich gegenüber von ihr auf einen zweiten Sessel. ...den übrigens auch ich bezahlt hatte. So gut wie alles in dieser Wohnung war von mir. Ich war ja auch diejenige, die das Geld an Land brachte, arbeitete und überhaupt irgendetwas tat. Kim hatte nichts besseres zu tun, als Tag für Tag ihrem jugendlichen Leichtsinn nach zu gehen. Und nun hatten wir den Salat: Ihre ständigen Parties und Extasen hatten ihr Herz mitgenommen. Und ich stand vor einem Haufen scheisse und konnte zu sehen, wie es nun weitergehen würde. Schlampe.
„Gut!“, nickte ich und stand auf. Ich öffnete die Haustür und zeigte auf den Hausflur. Noch einmal fuhr die letzte halbe Stunde vor meinem inneren Auge ab: Diese Arschloch – Haltung, die sie an den Tag legte, ihre Heimlichtuerei zu Beginn, der Sessel, den sie machtgierig einnahm, als sei es ihrer, die Show im Schlafzimmer, das Zitat.... und nun auch noch der Grund für ihr Verlassen. Dann sollte sie wenigstens endlich endgültig abhauen.
„Willst du mich aus unserer Wohnung schmeissen?“ lachte sie.
„Falsch, Süße! Es ist MEINE Wohnung, da DU ja ausziehen möchtest! Die Möbel bleiben restlos hier, denn vergessen? ICH habe dafür gearbeitet, ich habe sie bezahlt. Geh zu deiner Neuen und lass dich von der durchfüttern! Aber verpiss dich jetzt!“
„Es ist keine Neue!“
„Das wird ja immer besser. Kennen wir sie etwa schon länger? Ah, ich weiss. Jessica, oder? Mit der hast du schon immer geflirtet. Ich fasse es nicht. Meine Schwester...“
„Nein, es ist nicht Jessica!“
„Sondern? Moni? Conny? Wer? Ich will es wissen!“
„Kurt!“
Mein Herz hörte auf zu schlagen. Wer war Kurt? Hatte Kurt diesen maskulinen Namen bekommen, weil er tatsächlich einen Schwanz hatte oder war es eine Frau mit ... Pseudonym?
„Ist Kurt...“ stotterte ich.
Kim nickte mit gesenktem Kopf. Dann stand sie auf und ging auf die Tür zu.
„...männlich?“ beendete ich meinen Satz und beobachtete sie. Ich hoffte, sie würde jetzt den Kopf schütteln, mir sagen, dass sie mich nicht verließ um die andere Seite ihrer Sexualität zu betreten. Doch sie sah mich erschrocken an und nickte weiterhin. Ich ergirff ihren Ellbogen und stieß sie aus der Tür.
Sie brüllte noch vor sich hin, erzählte was von der typischen Entschuldigung und „Wir können doch gute Freunde bleiben“. Ich hätte ihr den Kopf abhacken sollen.

Kim war zwei Wochen weg, als ich mich das erste Mal wieder vor die Tür traute. Meine Augen waren dick vom Heulen, meine Hände aufgeschürft vom Renovieren der Wohnung und meine Haare fettig, da ich sie in den letzten Tagen nicht einmal unter einen Wasserstrahl gehalten hatte.
Die Wohnung hatte ich renoviert um diesen leichtsinnigen Touch, den Kim reingebracht hatte, heraus zu bekommen und ihr etwas seröses zu verleihen. Meiner Ansicht nach hatte das sehr gut geklappt und ich fand es nun weitaus besser als vorher.
Kim war Geschichte – ich hasste sie mehr als je zuvor. Wieso hatte ich sie überhaupt drei Jahre beherbergt?
Tussi.
Mit festem Vorsatz, aus diesem Tag endlich wieder etwas gutes zu machen, ging ich einkaufen. Ich besorgte Pasta und einen guten Wein, eine Liebesschnulze und ein neues Haarshampoo.
Ich ging duschen, wusch meine Haare und begann zu kochen. Das würde ein wunderbarer Abend werden. Vielleicht würde ich nach diesem Abend nicht mehr so schlecht über Kim denken, vielleicht würde ich sie sogar verstehen. Ich wollte immerhin nicht mehr alleine sein und Kim würde nicht zurück kommen. Egal, heute abend würde ich Spaß haben.
Ich zog „Das kleine Schwarze“ an, deckte den Tisch und dekorierte die Wohnung, schüttelte Kissen auf, legte langsame, romantische Platten auf und platzte fast vor Vorfreude.
Pünktlich um 20.00 Uhr klingelte es an der Tür. Ich schaute ein letztes Mal in den Spiegel, zupfte Haar und Kleid zurecht und öffnete fröhlich grinsend die Tür.
„Hallo Kai!“ , grüßte ich und bat meinen ArbeitskollegEN herein.
Wer weiss, vielleicht hatte meine Exfreundin ja einen guten Grund, mich zu verlassen...

Exfreunde sind schließlich auch nur Menschen!

 

Hallo LaDiva,

vielleicht habe ich ja Glück und du schaust nach so langer Zeit noch mal rein. ;)
Die Mühe, alle Rechtschreibfehler rauszusuchen, mache ich mir allerdings nicht.
Grundsätzlich hast du dem Trennungsschmerz ja eine recht humoristische Seite abgewonnen, insofern hat mir die Geschichte vom Tonfall her gefallen.
Allerdings frage ich mich, aus welchem Grund du an einer Stelle schon mal vorweggemommen hast, dass Kim die Freundin wegen eines Mannes verlässt? Damit versaust du dir doch den weiteren Aufbau.
Außerdem ist es natürlich nicht ganz realistisch, dass Frau die sexuelle Orientierung je nach Bedarf wechselt.
Aber, wenn du es schon so beschreibst, überlege ich, ob das Geschlecht des "Ich-Erzählers dann überhaupt etwas zur Sache tut. Vielleicht wäre die Pointe um Kai bei einem unklaren Geschlecht noch komischer?

Lieben Gruß, sim

 

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom