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Auf einander zugehen
Auf einander zugehen- blaue OCB
Tatort Küche. Blau grauer Rauch entweicht und vermischt sich mit dem Licht der Energiesparlampe, die der Küche die Dunkelheit vertreiben soll.
Irgendwie ist es aber kein neutrales Entweichen, und da Fehlererkennung und angeschlossene Korrektur ein wichtiger Bestandteil der Überlebensfähigkeit darstellt,
muss gesagt werden, dass der Rauch zum Teil unfreundlich angestoßen wird, also praktisch vertrieben wird aus seiner Höhle. Aber er wird doch durch uns erst in die Höhle hinein gesogen, wir bestimmen das doch? Gott sind wir ätzend, wir schaffen es noch nicht einmal, den blauen Dunst nicht zu verwirren und hin und her zu stoßen. Aber warum sollte das in diesem Fall anders sein? Wir betreiben ja auch Humanverschiebung mit Immigranten. Der Rauch verteilt sich flächendeckend und es scheint als würde er die stillstehende Luft und die Küchengegenstände zudecken wollen, liebevoll zudecken wollen. Ob es eben seine Absicht ist, ob es ihm dann auch gelingt, vorausgesetzt er verfolgt dieses Ziel, wird unbeantwortet bleiben müssen, denn er hat seine Stimme verloren, so scheint es zumindest, vielleicht ist er aber schon seit Urzeiten stumm.
Das komische ist, dass ich es bin, der ihn in diesem Moment zum Leben erweckt hat und er eben von alleine gar nicht existierte. Aber gab es nicht irgendwo, irgendwo anders, selbst bestimmenden Rauch? Das muss es doch irgendwie geben. Klar, diese Frage erinnert an den Klassiker: ist die Bierflasche auf dem Schreibtisch auch da wenn wir sie nicht betrachten bzw. ist sie nur da weil wir sie gerade „betrachten“? So wie der Rauch so ist auch die OCB-Packung von blauem Gewand ummantelt; sie scheinen sich also bei der Farbwahl abgesprochen zu haben, zumindest haben sie den gleichen Geschmack. Wahrscheinlich haben sie sich gedacht „….hey mit blau bist de immer gut angezogen…“. Naja. Auf jeden Fall sitze ich weiter rauchend in der Küche und mein Blick fällt wahllos, zufällig, überraschend auf die Doppel-OCB. Und mir fällt auf wie ruhig und in sich ruhend sie so da liegt, wie eine hübsche schlafende Frau. Könnten Gegenstände voller Leben sein? Haben sie sich aber gegen den daraus resultierenden Terz entschieden, sind sie uns somit irgendwie voraus? Auch das bleibt unbeantwortet. Was aber viel wichtiger ist, ist, das in fünfundzwanzig Prozent der Fälle die Blättchen auf einander zugehen, sich betrachten, nicht verstolen grundlos wegschauen, nein sie sind einander zugewandt. Sie gehen aufeinander zu. Wirklich. Sie wollen nicht immer wegschauen, alleine sein, sich von anderen abwenden, nein, sie wollen sich gegenseitig stärken, zumindest scheint es so. Klar, immer bekommen sie es nicht hin, da sind ja noch die anderen fünfundsiebzig Prozent. Aber sie scheinen sich zu bemühen und anscheinend wissen sie, dass man alleine untergeht. Wie sagt Oscar Niemeyer, der 99 jährige fantastische Architekt mit ´ner Fluppe in der Hand so einfach: ohne Partner geht es nicht. Um die Zugewandtheit der Blättchen nicht zu stören, zünde ich mir ne Gauloises Blondes an und wünsche mir, nicht mehr allein zu sein.