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Auf einen Kaffee

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16.10.2009
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Auf einen Kaffee

Auf einen Kaffee

Er hatte sie vor einer halben Stunde auf Frankfurts Einkaufsmeile ins Visier genommen. Kam wie aus dem Nichts auf sie zugesteuert und strahlte sie dabei überglücklich an, als hätte er eine alte und lange vermisste Freundin endlich wieder gefunden. Er streckte schon Verena seine Hand entgegen, die sichtlich verwirrt wegen der stürmischen Begrüßung ihn fest in den Blick nahm. Eines war sicher, diesen Mann mit blondem Haar, um die 30, stahlblaue Augen, normal groß und weder dick noch dünn, hatte sie in ihrem Leben noch nie gesehen. Vor lauter Überrumpelung hatte sie ihm ihre Hand hingestreckt, als sie ihn fragte, ob sie einander kennen würden. Er strahlte sie weiterhin an, ohne ihre Augen zu verlieren und entgegnete prompt „Nein, aber das macht nichts. Ich stelle mich Ihnen gerne vor. Mein Name ist Joachim Neubert. Sie erinnern mich an jemanden. Sie sehen ihr zum Verwechseln ähnlich. Sie hat mir vor vielen Jahren das Herz gebrochen und mich verlassen…Sie haben den gleichen offenen und sympathischen Blick wie Vera, meine damalige Freundin. Ich würde Sie gerne auf einen Kaffee einladen und ihnen von ihr erzählen, darf ich?“
Oh nein, das hat mir gerade noch gefehlt! Jetzt habe ich diesen Typ an der Backe. Merkwürdig, dass er mich einfach so anspricht - aber vielleicht erinnere ich ihn wirklich an seine Exfreundin und er ist über ihren Verlust nicht hinweggekommen. Warum nicht mit ihm einen Kaffee trinken gehen, vielleicht kommt dabei eine interessante Geschichte zu Tage und ich kann sie als Kurzgeschichte verwerten. Ich halte ihn mir einfach auf Distanz und höre mir an, was er zu sagen hat.
Verena versuchte desinteressiert zu wirken und ließ sich Zeit mit einer Antwort. Er lächelte sie noch immer freundlich an und sagte: „Na, haben Sie sich schon entschieden? Sie dürfen die Örtlichkeit auch aussuchen und sind mich in einer halben Stunde wieder los. Interessiert es Sie, was ich mit Ihrer Doppelgängerin erlebt habe und warum ich finde, dass Sie ihr ähnlich sind? “, sagte er verschmitzt. Verena schwankte zwischen Neugier und der Angst vor Manipulation.
Er zieht alle Register, um mich ins Café zu kriegen. Auf der anderen Seite begegnet einem so jemand nicht alle Tage und es könnte interessant werden, er hat einen faszinierenden Blick, beinahe hypnotisch. Was er mir wohl sagen will? Ich gebe zu, dass mich meine Neugier ganz schön plagt. Ich gehe einfach mit und höre mir an, was er zu sagen hat, was ist schon dabei... „Okay, für eine halbe Stunde, dann muss ich weiter. Ich kenne ein nettes Café, das nur wenige Minuten von hier entfernt ist.“
Es sollte nicht so aussehen, dass er die Führung übernahm und so führte sie ihn zielstrebig zu einem kleinen Café in einer Seitenstraße.
Es mag zwar etwas verrückt sein, einfach so mir nichts dir nichts mit einem Fremden mitzugehen, aber Verrücktheiten haben ihren Reiz. Sie holen einen heraus aus dem Trott des Alltags, sie sind Wachmacher wenn wir schlafwandelnd durch das Leben torkeln, wie Ferngesteuerte unseres Über-Ichs. Wer auch immer hat uns dort den Keim des Funktionierens eingepflanzt. Doch das Abenteuer wartet nicht. Wenn es ruft, musst du gehen, überlegte Verena auf dem Weg zum Café.
Das Café war bis auf zwei Tische gut belegt. Sie steuerte auf den Tisch am Fenster zu, legte ihre Jacke und ihren Hut ab und nahm Platz.
„Es ist sehr nett hier. Die Atmosphäre ist sehr angenehm. Hier kann ich meine Geschichte gut loswerden“, sagte Joachim. Die Bedienung kam zu ihnen, eine junge Dame mit Hochsteckfrisur und einem freundlichen Lächeln auf dem Gesicht.
„Was kann ich Ihnen bringen?“, fragte sie. Wir bestellten beide Milchkaffee und sahen einander an. „Ich erzähle Dir nun von Maria, meiner damaligen Freundin, die Dir so ähnlich ist, ja?“, sagte er und legte los. „Maria war eine ganz besondere Frau. Sie war meine erste große Liebe. Ich war damals erst 20 Jahre alt und hatte kein Glück bei den Frauen. Irgendwie war ich nicht ihr Typ, ich weiß nicht, woran das genau lag, aber andere Jungs aus meiner Klasse hatten schon mit 15 sexuelle Beziehungen. Ich hingegen hatte mit 20 Jahren noch keine Erfahrungen mit Frauen gesammelt. Eines Tages jedoch lernte ich Maria kennen. Sie saß beim Unterricht in der Fahrschule neben mir. Ich erinnere mich noch an ihr Parfum, es war ein Moschus-Duft und ich fühlte mich sofort davon angezogen. Sie hatte eine offene und sympathische Art, lachte viel und wirkte so unbeschwert. Mir gefielen ihre langen braunen Haaren, die sie nach hinten warf und ihre blau-grünen Augen, die frech und neugierig funkelten, genau wie Deine“, sagte Joachim und schaute ihr intensiv in die Augen. Es war Verena sichtlich unangenehm, denn sie rutschte auf ihrem Stuhl zurück, so dass sich der Abstand zwischen ihnen vergrößerte. „Merkwürdigerweise hatte sie auch an mir Gefallen gefunden und ich lud sie ins Kino ein, was sie zu meiner Überraschung sogar annahm“, fuhr er fort.
„Wir haben dann irgendeinen Liebesfilm gesehen und ich legte ihr meine Hand auf ihren Oberschenkel, zog sie an mich, küsste sie und fasste an ihre Brüste. Wir saßen ganz hinten und da wir in eine Nachmittagsvorstellung gegangen sind, hatten wir viel Platz um uns herum, so dass uns kein Mensch bemerken konnte. Irgendwann sind wir unter den Sitzen gelandet. Ich zog sie aus und genoss die Begierde, die sie in mir geweckt hatte. Es dauerte nur wenige Sekunden bis ich kam und sie war schließlich enttäuscht und sauer aus dem Kino gerannt. Ich habe sie seitdem nie mehr gesehen und da ich ihren Nachnamen und ihre Adresse nicht kannte, musste ich sie wohl oder übel ziehen lassen, was sehr schwierig für mich war, denn so schnell gebe ich nicht auf…“, erzählte er atemlos und Verena fand kein hörbares Wort dafür, nur einen entsetzten Blick .
Ih, das ist ja unerträglich, wie kann der mir so etwas zumuten. Ich muss sofort aufstehen!, dachte sie und fühlte zugleich ihren bleischweren Unterkörper am Stuhl haften, wie in einem der Alpträume, in denen sie eilig vor etwas fliehen wollte und nicht von der Stelle kam.
Joachim fing ihren Blick ein. „Oh, es tut mir, wenn ich Ihnen mit meinen Schilderungen zu nahe getreten bin, doch ich war so in der Situation gefangen, als hätte ich sie erneut erlebt…“, sagte er entschuldigend. „Ist schon gut“, sagte sie und die Spannung in ihrem Körper löste sich wieder. „Nach Maria habe ich noch andere Frauen getroffen, doch sie sind alle nach dem ersten Mal weggelaufen.“, fuhr er fort. „Wie bitte?“, fragte Maria, als spräche er Esperanto.
„Als ich ihn den Damen vorgestellt habe, sind sie alle auf und davon gelaufen. Aber mit Dir ist das sicherlich anders. Ich will Dir mein Geheimnis zeigen und ich weiß, dass Du mich nicht verraten wirst.“, sagte er und öffnete blitzschnell den Reißverschluss seiner Hose, um sein erregiertes Glied heraus zu holen. Es geschah alles so schnell, dass Verena mit aufgerissenen Augen und offenem Mund auf das starrte, was sich da vor ihren Augen zu entblößen begann. Sie wurde kreidebleich, stand mühsam auf und wankte hinaus. Als sie draußen war, löste sich ihre Bewegungsblockade und sie fing zu laufen an. Sie lief und lief, bis sie irgendwann an einem Gebäude anhielt. Die Tür war ihre Rettung. War sie offen oder verschlossen? Sie riss an ihr und befand sich Sekunden später im Inneren einer Kirche. Irgendwie gelangte sie durch den Mittelgang zu der vordersten Bank, auf der sie sich nieder ließ. Hier fühlte sie sich sicher. Hierhin würde er ihr nicht folgen. Verena blieb dort eine Weile sitzen bis sie den Impuls verspürte, eine Toilette aufzusuchen. Sie verließ die Kirche und betrat eine benachbarte Bar. Als sie am Waschbecken stand, ließ sie den Wasserhahn laufen und versuchte, das Bild vor ihren Augen wieder loszuwerden. Doch es ließ sich nicht abwaschen. Es war tief eingegraben in ihr Gedächtnis.

 

Hallöchen auf Kg.de!

Öhm... du hast da einen ganz fiesen schnitzer... aus deinem Joachim wird ein Roland... Das ist mir so beim ersten Lesen ins Auge gefallen...

Lg

 

Hallo Anna,

und ein Willkommensgruß von mir im Forum.

Ich rate zu einer Tasse Kaffee oder Tee, dazu eine Zigarette - oder im Fall von Nichtraucher zu etwas Süßem. Denn viel Gutes hab ich nicht zu sagen.

Du setzt das Ende an den Anfang, dass ist grundsätzlich nichts verkehrtes, nur bei Dir nimmt es die Spannung, da man weiß, dass die Begegnung in einer Katastrophe enden wird, und das tut der Spannung nicht gut.

Als sie sich die Hände vor das Gesicht hielt, fragte sie ein(?) nach dem Rechten.
„Alles okay, danke(.)“, sagte sie mit zittriger Stimme.

Wenn der Satz nach der wörtlichen Rede weitergeht, endet die Rede nicht mit einem Punkt. Das hast Du öfter, ich markiere es nicht weiter. (Fragezeichen oder Ausrufezeichen dagegen bleiben)

„Gott sei Dank. In Sicherheit(.)“, dachte sie. Und auch an das, was sie da zwangsweise gesehen hatte. Absolut unfreiwillig.

Das meine ich, das nimmt zuviel vorweg.

... strahlte sie aus stahlblauen Augen an und schüttelte ihr die Hand, als wolle er einen wichtigen Vertrag mit ihr abschließen.

Er ist völlig fremd, ja? Dann schreib auch, dass ein Fremder ihre Hand ergriff.
Dann stimmt der Fluss zum nächsten Satz.

„Ich wüsste nicht, woher ich ihn kennen sollte.(Leerzeichen)Und mein Gesichtergedäch(ti)nis täuscht mich für gewöhnlich nicht(.)“, dachte sie. Dennoch fragte sie ihn: „Kennen wir uns?“(.)

Da Du oft zwischen Rede und Gedanken zwitscht, würde ich empfehlen, die Gedanken kursiv zu setzen, da ja erst nach dem Satz aufgeklärt wird, ob gedacht oder gesprochen. Das verwirrt auf Dauer.

Er schien ihre Unsicherheit zu bemerken, denn er entgegnete prompt: „Nein, aber das macht nichts. Ich stelle mich Ihnen gerne vor. Mein Name ist Joachim Neubert. Ihre Augen sind mir gleich aufgefallen. Ich musste Sie einfach ansprechen. Sie haben so etwas menschenfreundliches und offenes an sich. Wie ein Engel.“

Nicht: er schien zu bemerken, sondern seiner Reaktion nach, bemerkt er ja!
Das er nicht Normalo ist, merkt Leser dann auch schon hier.
Aber menschenfreundlich, offen und Engel empfinde ich dann doch zu dick. Zumal es spannender wäre, wenn er sich so Stück für Stück zum Irren entpuppen würde. Dann wäre der Leser gleichermaßen wie sie geschockt.
Nur so als Anregung.

„Aha(.)“, entgegnete sie tonlos und wollte sich schon auf dem Absatz unsichtbar machen, als er sie hartnäckig traktierte.

Show don't tell, eine wichtige Maxime: Zeig, wie sie sich abwendet und gehen will! Sag es nicht einfach nur so.

„Ich würde mich mit Ihnen gerne bei einem Kaffee ein wenig unterhalten, tun Sie mir den Gefallen?“, fragte er.

Ja, ist ja ne Frage, also fragt er.

„Eigentlich sollte ich nun („)nein(“) sagen, denn es ist völlig verrückt mit einem merkwürdigen Fremden in ein Kaffee zu gehen. Er hat etwas sehr Eindringliches an sich, das mich anzieht und abstößt zugleich.“, dachte sie und muss etwas unentschlossen da gestanden haben, da er nun entgegnete: „Ich möchte Ihnen natürlich nicht Ihre kostbare Zeit stehlen, aber ich habe den Eindruck, Sie schon mein ganzes Leben zu kennen ohne Ihnen begegnet zu sein. Sie sind mir unendlich vertraut und ich fühle, dass Sie es sein werden, der ich mein Herz ausschütte.

nein steht ja schon in den Gedanken, muss nicht nochmal gedacht werden ...
wenn Du es hervorheben magst, setz es kursiv

in ein Kaffee zu gehen :lol:, Cafe oder?

Seine Argument klingen für mich wenig plausibel, jetzt mit dem Kerl loszuziehen.

Joachim lächelte milde und zog ihr zielstrebig am Arm bevor er sagte: ...

???zog sie am Arm - begann sie am Arm zu ziehen - ergriff ihren Arm ...

Und so weiter. Ich glaube man erkennt, worauf es hinausläuft.

Ja, wenn der Text sauber daherkäme, der Irre sich in seinem Irrsinn entfalten könnte, man ihr Unbehagen zunehmend spüren könnte ... dann könnte da für mich auch ne feine Geschichte draus erwachsen.
So meine Gedanken. Ein Keimling, jetzt muss man gießen und düngen ;).

Hoffe, Du hast das hier gut überstanden. Viel Spaß Dir hier weiterhin.
Beste Grüße Fliege

 

Hallo Fliege,

danke, ich habe es gut überstanden, okay, die Spannung schaue ich mir noch mal an und auch die Feinheiten, bin wohl noch eine furchtbare Grobschmirglerin, was ich bei Möbeln bisher anders gemacht habe. So fehlt also nur noch die Übertragung auf meine Geschichten...:)

Merci für Dein ausführliches Feedback und die Schmirgelarbeit.

Liebe Grüße,

Anna

 

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