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Ausgebrannt

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30.11.2003
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Ausgebrannt

Das Feuer bahnte sich langsam einen Weg durch das Holz. Lange hatte es so ausgesehen, als würde es nicht entfachen, aber jetzt leuchtete es grell. Die glatte Rinde des Buchenholzes bot die Grundlage für die gefräßigen Flammen. Edith warf ein Kohlestück hinzu und schloss den Kamin. In ihren Augen spiegelte sich das Feuer wieder, gemischt mit Tränen, die nicht im Stande waren, die Flammen zu löschen. Stumm blickte sie aus dem Fenster, beobachtete wie der Schnee lautlos die Erde bedeckte. So lautlos wie sie immer gewesen war.

1980. Die bemerkenswert dunklen Augen der Studentin leuchten, fahren das Gebäude immer wieder ab, von dem Dach mit den roten Ziegeln, bis zum gewaltigen Eingangsportal. Ein Lächeln liegt auf dem hübschen Gesicht, die Lippen umranden ihre weißen Zähne. Das ist die Zukunft, denkt Edith. Als sie den ersten Schritt auf die Treppen der Uni zugeht, packt sie eine unbändige Vorfreude.

Die Augen ruhten starr auf dem Himmel. Eine einsame Träne kroch die Wange hinab und benässte das schwarze Tuch. Schwarz, wie ihre Augen und ihre Gedanken. Innerlich sieht sie das Gesicht ihres kleinen Sohnes, das den Vater mit großen Augen anblickt. Der hält mit zusammen gekniffenen Augen einen Brief in der Hand.
„ Wo ist sie?“, fragt der Kleine und sein Vater schaut ihn stumm an. Er beugt sich zu ihm herunter und fährt mit der Hand durch sein dichtes Haar.
„ Weg“, antwortete er und eine harte Linie liegt um seinen Mund.

1982. Das ersten Semester sind überstanden. Die junge Frau läuft lachend untergehakt zwischen ihren zwei Freundinnen. Der Vollmond spendet genug Licht in den dunklen Straßen um das Nachtlokal zu erkennen.
„ Heute wird gefeiert!“, ruft Edith in die dunkle Nacht hinaus und ihr rotes Kleid leuchtet in der Dunkelheit. Es soll eine lange Nacht werden. Die Kleider sind verschwitzt vom vielen Tanzen und die Lippen schmecken nach den Küssen des anderen. Ediths Hand liegt in der eines Mannes. Er sieht gut aus, ist groß und breit gebaut. Seine Augen sind blau wie der Himmel und sein Lächeln so umwerfend wie tausend glitzernde Sterne. Das ist er, denkt Edith und ihre Lippen berühren seine.

Gepeinigt unter den Gedanken an ihren Sohn, wendete sich Edith vom Fenster ab. Schützend hielt sie die Hände vor ihre Augen, aber die Tränen ließen sich nicht stoppen. Ihr Herz bebte vor Trauer und Wut. Wut auf sich selbst.

1984. Der glücklichste Tag im Leben einer Frau: die Hochzeit. Die Frau mit den vor Glück glänzenden Augen, ist kaum älter als 22, ihr kleiner Kopf ist stolz empor gehoben, als sie den Weg zum Altar schreitet. Ich brauche kein Studium, das ist es was ich brauche, denkt sie und lächelt Erik selig an, der schon am Altar mit ausgestreckten Armen wartet. Starke Arme sind es, so beschützend und warm. Sie braucht nur das.

Unter Tränen faltete sie ein rotes Kleid. Als sie begriff was es war, verharrte sie in der
Bewegung. Es war das rote Kleid, das sie damals trug, als sie Erik kennen lernte. Die Verzweiflung brach aus ihr heraus. Sie schrie in das dunkle Haus hinein und zerriss den feinen Stoff des Kleides.
„ Du Mistkerl!“, schrie sie so laut, dass sich ihre Stimme überschlug.

Es folgt die Geburt der ersten Tochter. Elisa ist ein schönes Kind, mit roten Bäckchen und strahlendem Lachen. Ihr Bruder Max steht ihr in nichts nach. 15 Jahre später ist er der Schwarm aller Mädchen, auch wenn er seinen kleinen Bruder Timmy spazieren trägt. Oder vielleicht gerade dann. Die Drittälteste, Anne, schaukelt allein im Garten. Edith betrachtet ihre Kinder. Ihre Augen haben an Glanz verloren.

2005. Stumm und immer noch zitternd wegen ihres Ausbruches, schließt Edith den letzten Koffer. Ein letzter Blick aus dem Fenster bleibt an den funkelnden Sternen hängen. Dort blieben ihre Träume hängen, unerreichbar, die Chance ist verpasst. Immer noch weinend, schleppt sie den Koffer zur Tür. Edith blickt zurück, die dunklen Augen auf das Feuer im Kamin gerichtet. Das war das einzige, was ihr in den letzten Jahren Wärme schenkte.

 

Hi,
Erstmal Textzeug:

So lautlos, wie sie immer gewesen war.
(Bin mir aber nicht ganz sicher, weil ich kein Komma-Experte bin ;) )
In Gedanken sieht sie das Gesicht ihres kleinen Sohnes, der den Vater mit großen Augen anblick

Bei deiner Geschichte bin ich mir nicht ganz schlüssig: Zum einen sind die abwechselnden Rückblenden und der chronologische Erzählstil mit den Jahresangaben gelungen, man erkennt die Protagonistin als Studentin, und die Konsequenzen ihrer Entscheidungen als Thema der Geschichte.
Einige werden wohl wieder bemängeln, dass die Rückblenden zu ruckartig und ohne Anlass auftreten - ich tue das nicht, sondern finde deine Art völlig in Ordnung.

Zum anderen bleiben zumindest mir einige Sachen unklar:

So lautlos wie sie immer gewesen war.
- Wie ist das gemeint? War sie ein Mauerblümchen als Studentin, oder hat sie gegen ihren Mann nie das Wort erhoben, oder, oder...Aus dem Text geht das irgendwie kaum hervor.
Ihre Augen haben an Glanz verloren.
Die der Prot oder die der Kinder? Ist auch nicht eindeutig.
Was ich auch schade finde: Der Grund für die Trennung bleibt absolut unklar. Gerade, weil die Einsamkeit von Edith ein essentieller Teil der Geschichte ist, solltest du dem Leser erklären, wie es zur Trennung kam, oder es wenigstens andeuten. Vor allem, weil sie meinte, ihren Traummann gefunden zu haben, und mit ihm so viele Kinder hatte, und sich das Glück nun ins Gegenteil verkehrt hat, wie gesagt ohne erkennbaren Grund.

Ich habe die Geschichte aber trotzdem gerne gelesen und finde sie bis auf die Unstimmigkeiten gut :)

Gruss,
Neph

 

Hallo bluna,
habe Deine Geschichte auch gern gelesen, doch mir sind da doch ein paar Sachen aufgefallen.

1980 betritt Edith zum ersten Mal die Uni, sie packt eine unbändige Vorfreude, die sie so nie wieder erleben würde? Ich weiß, Du möchtest wahrscheinlich darstellen, wie wichtig ihr das Studium war und dass es genau das richtige für sie gewesen wäre. Dennoch hat sie doch später ihren Traummann (zumindest vorübergehend Traummann) geheiratet und Kinder bekommen. Da erscheint mir die Vorfreude auf die Uni etwas zu groß, verglichen mit diesen einschneidenden Erlebnissen.

1980 kommt sie also an die Uni und 1982 hat sie das erste Semester überstanden? Wo lebt Edith? Bei uns dauert ein Semester ein halbes Jahr. Gehe einfach mal davon aus, dass die Geschichte in Deutschland spielt.

Insgesamt sind mir ein paar Sachen zu theatralisch, etwas zu überzogen, z.B.

Eine einsame Träne kroch die Wange hinab und benässte das schwarze Tuch. Schwarz, wie ihre Augen und ihre Seele.

Oder auch das Bild mit den Tränen, die die "gefräßigen" Flammen nicht löschen können. Ist aber wahrscheinlich Geschmackssache.

Insgesamt hättest Du meiner Ansicht nach, den Vorgang des Koffer-Packens mehr herausarbeiten können. Dann wäre das rote Kleid irgendwie besser zur Geltung gekommen.

Trotzdem schön zu lesen,
viele Grüße
Cassandra

 

Hallo Nephelyn und cassandra,
hmmm, das mit dem Studium :) Ich bin Schüler und hab davon eigentlich keine Ahnung, hätte mich vielleicht informieren sollen. :)
Dazu, dass ich den Grund der Trennung hätte herausarbeiten sollen, stimmt mich etwas nachdenklich. Denn eigentlich wollte ich dem Leser in der ganzen Geschichte den Eindruch vermitteln, dass Edith frustriert ist und ihre Träume vergessen hat. Sie läst ihr Leben Revue passieren und erkennt, dass einiges auf der Strecke geblieben ist. Sie weint, weil sie erkennt, dass sie nicht glücklich und geht genau aus diesem Grund.
Ist das nicht einleuchtend? Ansonsten werde ich einige Sachen noch überarbeiten, z.B. mit der schwarzen Seele oder der Vorfreude. Ist etwas übertrieben und die Vorfreude unlogisch, das stimmt.
Zu dem lautlos wie sie immer war, na ja muss ich mir überlegen....
Erst mal danke für die Kritik, würde mich freuen, wenn ihr mir sagt, was ihr von meinen Erklärungen haltet.
Danke und lg, bluna

 

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