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Ausgelitten

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24.12.2004
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Ausgelitten

Auf der Tanzfläche haben sich endlich ein paar Menschen angefunden und so langsam wird das Zelt voll. Ich werfe meine Zigarette an den Boden und trete mit meinen prolligen Adidas Schuhe auf die Zigarette und gehe durch den Eingang, der von zwei lächerlich wirkenden Security-Typen bewacht wird. Ich schaue einen Augenblick auf die Tanzfläche, um dann meinen Blick abzuwenden und zur Bar zu gehen. Hinter dem Tresen steht eine Bekannte, die ich noch von anderen Parties kenne. Ich begrüße sie kurz und bestelle ein Tablett Cola-Korn.
Korn ist bei uns hier im Norden das Nationalgetränk. Eigentlich schmeckt mir Korn gar nicht mehr, ich glaube es hat mir auch nie geschmeckt, aber habe es trotzdem bestellt. Ich bezahle die 15 Euro und stelle ich mit meinem Tablett neben Norbert an den Tisch. Norbert ist auf jeder Party hier in der Gegend anzutreffen. Ich glaube er ist arbeitslos, er war einmal Maurer, ist aber aus der Firma geflogen, weil er immer betrunken zur Arbeit kam. Ich rede mit ihm über den Abend und er regt sich darüber auf, dass die Preise schon wieder erhöht wurden, was die Getränke betrifft. Ich habe keine Lust auf eine dämliche Diskussion und stimme im zu und tue so, als ob ich ihm zuhören würde, während ich das Zelt nach bekannten Gesichtern absuche. Einige alte Schulkollegen sind auch hier, aber ich habe keine Lust mit denen zu reden, ich musst die schließlich schon früher ertragen, alles Heuchler und Versager.
Während ich fast tranceartig auf die Tanzfläche starre, rempelt mich ein Typ an und ich verschütte mein Glas Cola-Korn auf mein Lacoste-Shirt. Ich frage ihn daraufhin, ob er denn einen Grund für eine solch dumme Tat hätte und er redet irgendwas davon, dass es nicht mit Absicht war und dass es ihm doch leid täte. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Norbert zum Schlag ausholt. Er trifft den Typen im Bauch und der fällt zu Boden. Immer noch in Trance, schlage ich dem Typen mehrmals in den Bauch. Um uns hat sich ein Kreis gebildet. Der DJ spielt das Lied „Summer is calling“ und ich sage: “Jungs, lasst uns tanzen, der Typ hat genug“, während ich ihm kräftig in die Eier trete. Während wir auf die Tanzfläche verschwinden, sehe ich, wie der Typ Blut kotzt und ich denke daran, wie verweichlicht denn die Jugend heute ist und dass sie keinen Respekt vor Autorität mehr hat. Kurz darauf kommen auch schon die Securities angelaufen und während ich da zur Trancemusic tanze und irgendwie ganz woanders bin, kommen 2 Securities und reissen mich zur Seite. Sie sagen kein Wort, reissen mich zur Seite und bringen mich nach draussen. Ich denke daran, wie lächerlich diese Security-Typen in diesen billigen Uniformen aussehen, wehre mich aber nicht, hätte eh keinen Sinn. Draussen angekommen, sehe ich wie der Typ von vorhin mit seinen Freunden näher kommt. Die Securities labern irgendwas von Schuld und fragen, wer denn angefangen hätte, was aber aufgrund des vielen Blutes in den Klamotten des Typen wohl eindeutig ist. Er steht gegenüber von mir und ich muss anfangen zu lachen, erst leise, dann ganz laut. Dieser kleine Penner, rempelt mich an und meint er wäre im Recht. Er guckt mich verstört an und ich sage in einem ruhigen aber doch einschüchternden Ton: „Wenn du kleine nichtsnutzige Ratte nicht gleich aus meinen Augen verschwunden bist, bringe ich dich um“.

Am nächste Morgen wache ich in der Ausnüchterungszelle der örtlichen Polizeistation auf und muss lachen. Gegen halb 10 lässt mich eine Beamtin aus der Zelle, erklärt mir kurz was vorgefallen ist, auch wenn ich es noch weiss, die denken wohl, der Alkohol, zerstört jede Erinnerung…
Frauen bei der Polizei, das ist doch mal ein beispielhafte Emanzipation, denke ich, als ich die Treppe vor dem Präsidium immer noch leicht angetrunken hinabstolpere.
Ein paar Straßen weiter gehe ich in ein kleines Cafe und esse erstmal Frühstück. Nach einigen Croissants und einer Tasse Kaffee wird mir plötzlich schlecht. Ein paar Kinder, die am Tisch gegenüber sitzen beobachten mich und plötzlich kotze ich den Tisch voll. Die Kotze tropft den Tisch hinab und sammelt sich in einer großen Pfütze unter meinem Tisch. Die Mutter mit den Kindern murmelt, was das doch für eine bodenlose Frechheit wäre und verlässt das Cafe mit ihren Kindern, die mich immer noch mit großen Augen angucken, während ich meinen Mund mit einer Serviette reinige. Ich lege einen Fünfziger auf den Tisch und verlasse das Cafe, während mich von allen Seiten von den Gästen beobachtet werde.
Ich nehme den nächsten Bus nach Hause und als ich da in diesem neumodischen Unterflur-Linienbus fahre, vorbei an all dem Elend, denke ich nach. Ich denke darüber nach, was wir doch alle für jämmerliche Marionetten sind, die nur scheissen und furzen, deren Leben nur aus Fassade besteht, ein Leben für die Gesellschaft, für das Wohl einiger Wenige. Gegenüber von mir sitzt ein Punk und ich überlege kurz, ein Gespräch mit ihm anzufangen, verwerfe den Gedanken aber einige Sekunden später, weil ich sehe, dass er kein richtiger Punk ist, keiner aus Überzeugung. Das sieht man in den Augen dieser Menschen und daran, dass sie Mobiltelefone benutzen und dass Alice Cooper Songs aus ihren billigen Kopfhören schallen.
Scheiße, denke ich, gibt es denn keine normalen Menschen mehr in diesem Land. Der Bus ist relativ leer. Früher als ich noch auf die Gesamtschule ging, fuhr ich täglich mit dem Bus. Zwei Stunden Busfahrt täglich und das obwohl die Schule gerade einmal 10 km weit weg war. Aber da der Bus noch jedes noch so kleines Kaff abklappern musste, dauerte das halt seine Zeit. Irgendwann beschloss ich mich dann, mit dem Rad zur Schule zu fahren, wohl auch, weil mir die asozialen kleinen Scheisskinder im Bus immer sehr auf die Nerven gingen und ich dadurch schon geschädigt für das weitere Leben war.
Da nähert sich auch schon das Ortsschild und ich gehe schon mal zur Tür. Ich bin wohl der Einzige, der hier aussteigen soll. Der Bus hält, die Türen öffnen sich und ich steige aus.
Mit langsamen Schritten gehe ich nach Hause. Vorbei an den ganzen spießigen Vorgärten dieser kleinbürgerlichen idyllischen Welt. Manchmal kommt mir das alles zu perfekt vor, alles zu idyllisch, als wäre das ganze ein Traum und dann drohe ich an dieser Idylle zu ersticken.
Plötzlich wird mir schlecht und ich kotze auf den Bürgersteig. Ein alter Mann, der dabei ist Unkraut zu jäten, regt sich über mich auf und labert irgendwas wie: “Diese Jugend heute ist auch zu gar nichts mehr im Stande, so welche Versager“.
Ich schaue ihn an, fange an zu lachen, so dass er es hört, er guckt mich mit seinen großen Augen an und ich sage: „Heil Hitler, du beschissenes CDU-Arschloch, muss ein echt geiles Gefühl sein, für den Tod tausender Menschen mitverantwortlich zu sein, aber jäte du ruhig dein Unkraut auf deinem arischen Rasen“. Der Mann brummt noch kurz:“ Was für eine Frechheit“ und verschwindet in seinem weißen Einfamilienhaus.
Kurze Zeit später bin ich auch schon zu Hause. Es steht kein Auto in der Garage. Es ist wohl keiner zu Hause. Ich gehe zur Haustür, hole meine Schlüssel raus und schließe das bronzefarbene Schloss auf. Ich gehe gleich hoch auf mein Zimmer, mache Musik an und schmeiße mich auf mein Bett.
Als ich wieder aufwache, ist es schon Abend und es wird langsam schummrig. Ich dusche schnell, um den Gestank des Erbrochenen loszuwerden, wechsle die Klamotten und gehe runter. Es ist noch immer keiner zu Hause und ich beschließe mich eine Party ganz in der Nähe zu gehen. Vorher rufe ich ein paar Freunde an, um diese zu fragen, ob sie auch auf der Party sind.
Es ist schon reichlich spät und ich hole schnell mein Rad aus dem Schuppen und fahre los. Das erinnert mich doch sehr an alte Zeiten, als ich noch jedes Wochenende mit dem Fahrrad auf irgendwelche Parties fuhr. Damals hatten wir für die Fahrt immer reichlich Alkohol dabei, den wir immer solidarisch unter uns aufteilten. Meistens war ich damals schon völlig betrunken, als ich auf der Party oder in der Disco ankam. Solange man aufrecht gehen kann und nicht zu sehr schwankt, kann man auch auf Parties, dachte ich damals und das denke ich wohl immer noch.
Das Licht ist mal wieder kaputt und ich habe Schwierigkeiten überhaupt was auf dem Radweg zu erkennen. Als ich an der Tankstelle ankomme, mache ich kurz halt, kaufe mir ein Sixpack Holsten Edel und setze mich auf eine Bank um diese zu trinken. Ein paar Türken fahren mit ihrem aufgemotzen, tiefergelegten 3er BMW mit Alu-felgen und Heckspoiler an mir vorbei und ich denke, dass es reine Steuerverschwendung ist, denen so einen Scheiss zu ermöglichen.
Aus der Ferne höre ich schon die Musik, es scheint mir, als würde gerade „Highway to hell“ gespielt werden. Ich trinke schnell das letze Bier aus, werfe die leeren Flaschen in den Abfalleimer, pisse schnell noch einmal gegen ein Plakat der Grünen und fahre los, während ich mich über die Schamlosigkeit dieser Grünen aufrege.
Nach knapp 5 Minuten komme ich am Parkplatz an. Ich stelle mein Fahrrad neben den 3er BMW von gerade eben. Als ich schon einige Meter gegangen bin, höre ich, wie mein Fahrrad umkippt und mit einem leicht quietschenden Geräusch den Lack des BMWs zerkratzt.
Ein paar Meter hinter mir steht jemand und ruft: „Dreh dich um, die scheiss Nazi“.
Ich reagiere nicht darauf, gehe ganz normal weiter, so als hätte ich es nicht gehört.
„Dreh dich um, die feige Sau“, ruft er noch einmal.
Auf einmal höre ich einen Schuss und merke, wie ich an der Schulter getroffen bin. Es ist ein unglaublicher, tiefer, stechender Schmerz, einfach unbeschreiblich, so etwas muss man erlebt haben, um nachzuvollziehen, wie es sich anfühlt. Während ich vor Schmerzen am Boden liege und meine Hand auf die sehr stark blutende Wunde halte, sehe ich wie die 3 Türken immer näher kommen. Anscheinend hat keiner etwas von dem Schuss mitbekommen, auf jeden Fall, bin ich ganz allein auf dem Parkplatz, mit drei Türken, die mit einer Desert Eagle bewaffnet sind. Vom Counter-strike spielen kannte ich die Bezeichnungen der Waffen nahezu auswendig und diese Pistole war mir wohl bekannt. Ich versuche wieder aufzustehen, als mich einer der Türken zu Boden wirft. Jetzt stehen sie genau vor mir und ich erkenne einen, als den, den ich neulich bei der Party zusammengeschlagen habe. Seine Augen sind noch immer blau unterlaufen und sein Gesicht sieht ziemlich zugerichtet aus. Einer der Türken fragt diesen Typen, ob dass denn der Typ von neulich sei und dieser antwortet: „Ja, dieses Gesicht werde ich mein Leben lang nicht vergessen“. Ich überlege kurz, ob es nicht irgendeinen Ausweg aus dieser Misere gibt, schließe aber darauf, dass ich wohl ziemlich am Arsch bin.
Ich versuche erneut aufzustehen, jedoch werde ich dieses Mal nicht daran gehindert. Ich gehe mit langsamen Schritten weg von den 3 Türken. Als ich ungefähr 20 Schritte gegangen bin, höre ich wieder einen Schuss und im gleichen Moment trifft mich eine Kugel im Rücken. Ein unbeschreiblicher Schmerz. Die Schmerzen an der Schulter habe ich zu diesem Zeitpunkt schon fast vergessen, dass einzige was mich daran erinnert, ist mein total blutverschmiertes weißes Adidas Shirt. Ich falle zu Boden. Unglaubliche Schmerzen verbreiten sich in meinem ganzen Körper. Ich höre noch einen Schuss, fühle aber gar nicht, wo ich denn getroffen bin. Ich drehe mich langsam zu den 3 Türken um, und muss anfangen zu lachen. Die ganze Situation kommt mir total paradox vor. „Na ihr scheiss Sozialschmarotzer, habt ihr jetzt genug?“ rufe ich und ich sehe, wie sie sich untereinander etwas dumm vorkommen.
Dann laufen sie weg und ich höre wieder Schüsse, aber dieses Mal von der Polizei. Ich höre Hundegebell ganz in meiner Nähe. Der Schmerz ist unerträglich. Hier muss ich das Bewusstsein verloren haben.
Und wenn ich nun darüber nachdenke, hätte ich es verdient, von diesen Hurensöhnen getötet zu werden – Es würde mir sicherlich vieles in dieser jämmerlichen Welt ersparen.

Draußen regnet es, der Wind hat zugenommen. Es kommt mir vor, als sei alles nur ein Traum, das ganze Leben ein einziger Traum. In der Schule spricht man so viel von Jung, Freud und davon, dass jeder Mensch eine dunkle Seite hat. Ich könnte kotzen, sobald jemand das Word „Psychoanalyse“ überhaupt in den Mund nimmt.

Ich merke, wie ich eine Spritze in den Unterarm bekomme und es fällt mir plötzlich schwer, die Augen offen zu halten. Meine Augen fallen zu und im Hintergrund höre ich die Stimme meiner Mutter, die sagt: „Junge, was machst du für Sachen?“

Die Schmerzen sind weg und mich überkommt ein Gefühl von Freiheit. Ein Gefühl, dass ich so vorher noch nie verspürt hatte. Das liegt sicherlich am Morphium oder was auch immer die mir gespritzt haben, aber eins ist sicher, das Zeug ist verdammt gut.
Frei sein!

 

Hallo bmt_hethske!

Du erzählst sehr lang um nicht zu sagen langatmig relativ belangloses - und durch den Erzählstil, mit sehr wenig wörtlicher Rede wirkt Deine Geschichte noch länger und als ob sie von einem unbeteiligten Beobachter geschrieben wurde. Dieser Eindruck wird durch Ausdrücke wie

trete mit meinen prolligen Adidas Schuhe
nur verstärkt. Wer prollige Schuhe trägt, findet sie in dier Regel gerade nicht prollig und ein Lacoste-Hemd trägt man eben und verliert kein Wort darüber oder man trägt es eben nicht und mokert sich dann vielleicht über die Hemdenträger.

Das Ergebnis deiner Geschichte - endlich frei sein - , könnte interessant sein, aber mir hast du die Unfreiheit dienss Prots viel zu wenig gezeigt.

Lieben Gruß

Jo

 

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