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Bäckereierlebnis
Bäckereierlebnis
Ich fahre, bereits hungrig, zum Bäcker.
Es ist früher Morgen, die Vorfreude auf ein abwechslungsreiches Frühstück hebt meine Stimmung, in meinem Gaumen reichen sich die Aromen von frischer Brezel, Mohnsemmel und Co bereits die Hände, quittiert durch verstärkte Speichelbildung.
Ich betrete die Bäckerei Bachmaier, der Duft, der typische Duft all der angebotenen Köstlichkeiten, ofenwarm und frisch erreicht meine Nase. Ich muss schlucken, beuge mich vor der Auslage, versuche visuell all das zu erfassen, was meinem Genussbedürfnis entsprechen könnte. Ich bin konzentriert und schwelge, meine Augen wandern von Mohnbrötchen mit graublauem Hut, auf Ciabattabrötchen im weißen, mehligen Outfit, hin zu rostbraunen Brezeln mit grobkörnigem, weißen Salz. Joggerbrötchen, für meine Frau, vielleicht auch ein Vollkornbrötchen für sie, mal sehen!
„Sie wünschen bitte“! Ich tauche auf aus der Betrachterebene hinter der gläsernen Theke.
„Vier Mohnbrötchen!“ Meine Bestellung ohne aufzuschauen. Ich versuche Zeit zu gewinnen, mein Blick suchend hinter dem Glas.
Zwischenzeitlich hält die Verkäuferin eine „Vierertüte“ in Händen, bestückt diese mit einem Mohnbrötchen nach dem anderen, hygienisch einwandfrei mittels einer leichten Greifzange.
„Und zwei Ciabattabrötchen, ein Jogger und ein Vollkornbrötchen!“ höre ich mich sagen, unentwegt nach weiteren „Köstlichkeiten“ suchend.
Die leichte Greifzange fällt eine Spur zu laut auf die Verkaufstheke, die „Vierertüte“ wird demonstrativ mit viel Geraschel erneut geöffnet, die vier Mohnbrötchen werden vollkommen überraschend und schuldlos „ausgetütet“, purzeln hart und erbarmungslos auf die Theke.
Ich bin nun hellwach, meinen Träumereien entrissen. „Was habe ich falsch gemacht?“
Die Verkäuferin ist sauer, soviel kann ich feststellen, sie ist genervt, hat die leichte Greifzange erneut zwischen Daumen und Zeigefinger genommen, ihre Hände stützen sich dabei auf die Theke. Sie hat die Lippen fest zusammengepresst und sie wartet, sie wartet demonstrativ.
Sie wartet auf meine Bestellung, auf meine unwiderrufliche Gesamtbestellung. Man sieht ihr an, dass sie Typen wie mich, die sich genüsslich spielerisch ein Frühstück zusammenbasteln und deren Bestellungen unkoordiniert und in längeren und kürzeren Abständen erfolgen, aus tiefster Seele verabscheut.
Aber warum?
Ich ahne es! Unter dem Tresen liegen in dicken Packen Verkaufstüten, Zweiertüten,
Vierertüten, Sechser, Achter und so weiter.
Sie will für die Anzahl der Stückchen die richtige Tütengröße greifen. Ein Kunde, eine Tüte, basta!
„Vier Mohnbrötchen, zwei Ciabattabrötchen, ein Joggerbrötchen und ein Vollkornbrötchen“ meine nunmehr korrekte Gesamtbestellung.
„Ist das alles?“, ihre Frage kommt lauernd. „Ja, das ist alles“, meine Antwort.
Ihre Züge entspannen sich, sie beginnt zu lächeln, sie hat mitgezählt, acht Stückchen, dafür greift sie unter der Theke nach einer achter Tüte, die leichte Greifzange arbeitet flink und behände, ich bezahle.
„Vielen Dank und einen schönen Tag noch!“
„Brezel, Mensch du hast die Brezel vergessen“, ich schaue zurück und beschließe das heutige Frühstück ohne Brezel zu genießen!
© GRIFFEL