Mitglied
- Beitritt
- 23.04.2005
- Beiträge
- 6
- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 3
Böses Erwachen
Böses Erwachen (version 2)
Böses Erwachen
Plötzlich wachst du auf und alles ist vergessen. Nur noch ein Paar unzusammenhängende Fragmente huschen an deinem inneren Auge vorbei und so sehr du dich auch anstrengst, du schaffst es nicht die komplette Geschichte zu rekonstruieren. Ich rede hier von einem Erlebnis das ich einmal als Kind hatte. Es ist nicht wirklich schön sondern eher abscheulich und bizarr. Mit einem müden Gang und der schweren Schultasche hinten dran kam ich gerade von einem Schulfreund zurück, es war schon nach 18:00, als ich an unserer Haustür klingelte. Es war Winter und um diese Uhrzeit natürlich schon dunkel und eiskalt.
Ich klingelte und klingelte doch niemand öffnete mir die Tür und leider hatte ich heute meinen Schlüssel vergessen, den ich sonst wirklich jeden gottverdammten Tag mitgenommen hatte, außer an diesem besagten Tag. Zum Glück kam mir in den Sinn dass meine Eltern ja noch Weihnachtskram besorgen und meine Schwester noch einige Geschenke kaufen wollten; also kratzte ich mein letztes Geld, dass ich noch von früheren Pausenbudgets gespart hatte, zusammen und machte mich auf, den ersten Bus in die Stadt zu erwischen. Mich wunderte dass um diese Zeit die Strassen nicht wie sonst mit Menschen gefüllt waren, die noch irgendwelche Einkäufe machen mussten oder sich einfach nur ins Café setzten um etwas auszuspannen. Ich ging also an den Parkplatz des weit entfernten Supermarktes und schaute mich um, ob unser rotes Auto denn nicht zu sehen war. Doch leider konnte ich es nirgends entdecken, nur ein paar dunkel gefärbte Karosserien füllten die Parkplätze. Schon langsam wurde ich unruhig und beschloss etwas durch die Strassen zu schlendern, als mir auf einmal ganz schwindelig wurde und ich zu Boden viel. Es war ein kurzer Prozess – mein Gehirn schmerzte unglaublich als ich wieder in einem befliesten Flur aufwachte. Es war kalt und der Geruch abartig, ich schätze es muss eine alte, schon längst geschlossene Nervenheilanstalt gewesen sein. Ich raffte mich auf und lehnte meinen Körper an die aus rotem Backstein gefertigte Mauer. Es war ein wirklich bizarres Bild, dieser Flur. Es war als ob ich vorher noch nie so etwas gesehen hatte, obwohl es ein ganz alltägliches Bild war. Langsam wurde mir wieder klar vor Augen und ich bekam Panik. Ich rannte die Treppen hoch in Hoffnung ein Telefon zu finden um dann mit offenem Mund stehen zubleiben. Zwei dünne Kreaturen, die wie NS - Soldaten auf mich zukamen, konnte ich erfassen.
Sie hatten ein hellweißes Gesicht, wie eine Maske, ich konnte ihre Augen oder ihren Mund nicht erkennen. Ihr Anzug war rot, wobei sich die Farbe quasi im Sekundentakt ins Grau – Schwarze umwandelte. Es war kein wirkliches Grau – Schwarz, sondern der Effekt, der Auftritt, wenn man einen Kanal am Fernseher nicht empfangen kann und alles schwarz- weiss zu flimmern beginnt. Sie packten mich beide. Jeder an einem Arm; und zogen mich die endlos langen Stufen nach oben, bis wir and einer Stahltür angelangt waren. Ich versuchte mich zu wehren und um mich zu schlagen, ich schrie, doch nichts half, denn dieser Ort war nicht menschlich, es war etwas anderes, ein so unglaublich niederschmetterndes Gefühl, ein Gefühl der Angst und Besorgnis, ein Gefühl der Hilflosigkeit. Einer von ihnen schloss die Tür auf, warf mich auf den grauen Linoleumgang und sperrte wieder zu. Es war immer noch der rote Backstein der mich von beiden Seiten zu erdrücken schien, ein Mauer die jeden Moment zusammenfallen könnte. Ich lief so schnell ich konnte und stieß, als ich mich ab und zu umsah, auf verschiedene Schilder die in die Behandlungsräume der Anstalt führten. Auf einem der Schilder stand: „Office“ und ich folgte schnellstens der Richtung in das es mich führte, in der Hoffnung endlich die Polizei anrufen zu können.
Der Weg jedoch, zum Büro passierte durch einen hell ausgeleuchteten Gang an den Behandlungszimmern vorbei. Grell leuchtete der Flur und die Zimmer waren, obwohl die Türen offen standen, pechschwarz. Als ob das Licht nicht zu ihnen durchdringen wolle. Ich ging hinein, denn ich hatte das Gefühl hier nichts mehr verlieren zu können und zog das Licht mit mir während ich den Raum etwas erforschte. Die Tapeten waren mit einem Blumenmuster versehen und teilweise von der Nässe durchtränkt oder abgefallen. Es roch nach Medizin und modrigem Holz. Die rechte Ecke des Raumes wurde durch einen kindlich eingerichteten Platz gefüllt, der mit einem roten Vorhang sich von dem Rest des Raumes „abschotten“ lies. Langsam näherte ich mich der Silhouette eines Mädchens, das hinter dem Vorhang saß. Mein Herz pochte immer schneller. Ich hob meine Hand sehr vorsichtig um den Vorhang beiseite zu schieben. Erst schrie ich lauthals auf und fiel dann zu Boden als mich ein kleines Mädchen mit einem traurigen Blick ansah, und schob mich vorsichtig zurück. Ihr Gesicht war weiß, fast Grau so wie ihre Augenränder. Sie sah mich an, lächelte und fing an zu weinen. Sie redete mit mir, doch ich konnte ihr nicht zuhören, ich verstand einfach nicht was sie sagte, es war so unglaublich abgedämpft und schwach. Ihre Stimme war rau und brüchig. Auf einmal wurde es warm, eine dermaßen schnelle Temperaturänderung hatte ich noch nie erlebt. Ich rannte aus dem Zimmer auf den Flur. Dabei versuchte ich eine Erklärung für all dies zu finden – vergebens. Ich fiel auf dem vom Kondenswasser rutschig gewordenen Boden hin und schlug mit voller Wucht auf.
Ich muss eine halbe Ewigkeit dort gelegen haben. Ich sehe meine Schwester und meine Eltern wie sie sich um sie sorgen, sehe alte Bäume, Nebel, es ist dunkel aber noch nicht so dass man nichts erkennen kann, sondern eher so als ob die Sonnenfinsternis schon zur Hälfte angefangen und der Mond schon fast alles verdeckt hat. Eine Art zerstörtes Panorama. Meine Schwester ist dieses Mädchen. Plötzlich wache ich auf. Mein Bettlaken schweissdurchtränkt. Ich schaue mich um und verspüre einen leichten Schmerz an meinen Schultern. Es sind Blutergüsse, in der Form von Handflächen. In meinem Zimmer riecht es etwas nach Medizin und altem Holz – nie roch es derartig. Ich spüre wie mein Herz rast.