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Baustelle

Bgl

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17.08.2005
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Baustelle

Umfangreiche Umbauarbeiten in einer Bank. Ich soll nur kurz ein paar Stühle, die nicht mehr benötigt werden, abholen. Aus dem Keller nach oben tragen. Ganz einfach, “Sie brauchen sicher nicht lange”.

Überall feiner Ziegelstaub, osteuropäisch wirkende Männer vermehren ihn. Sie brechen, bohren, schaufeln, stemmen, schleifen und reißen, zielgerichtet und zerstörerisch. Mich beachten sie nicht, den Keller finde ich alleine.

Erster Staub auf meiner Kleidung, als ich einen Stuhl berühre. Ich dachte, er sei nur in der Luft, aber ich habe mich geirrt: er besetzt jede Fläche.

Ein Arbeiter schaufelt mit seinem roten Bagger ein kleines Loch in den Boden des ehemaligen Schalterraums. Immer, wenn ich ihn passiere, bläst er mir warme, schwüle Dieselabgase ins Gesicht.
Im Durchgang nach draußen, dort wo ich die Stühle abstelle, schmeckt die Luft besser: Kalt und grau, nebelig, verregnet. Dieser Augenblick fühlt sich an wie trübe Freiheit, auch wenn ich nur eine andere Baustelle auf der gegenüberliegenden Straßenseite erkennen kann. Wie eine Zigarettenreklame, die ausnahmsweise nicht in der Wüste spielt.
Aber dieses triste Panorama fremder Arbeit ist dennoch erhebender als die, gar nicht nach Liebe schmeckenden, blassrosa Wolken.

Einen Atemzug verweilen, durchatmen. Dann wieder durch die Ziegelstaubschwaden.
Luft anhalten ist zwecklos, der Weg ein paar Schritte zu lang. Meine Atemwege brennen so heftig, dass ich kurz nach dem Bagger den Mund aufreißen muss und meine kostbare, ehemals lebendige Lunge langsam in eine Staubwüste verwandle.

Egal wie viele ich ans feuchte Tageslicht zerre, die Stühle werden nicht weniger. Aus dem Staub unter dem Treppenabsatz ist wieder ein Stapel hervorgekrochen. Man könnte fast meinen, sie wollen nicht, dass man sie berührt, von ihrem alteingesessenen Platz wegbringt.

Beim Hinaufgehen immer wieder vorbei an einer verbarrikadierten Türe. Ein Holzklotz blockiert sie. Er ist als einziger nicht verstaubt. Obwohl er den einzigen Ausweg blockiert, ist er schön anzusehen. Einmal strecke ich sogar meine Hand aus und streiche ganz zart über ihn. Er ist unbearbeitet, roh, nicht so wie die vom täglichen Gebrauch abgenutzten Stühle. Ich bin kein Baumkenner, würde mich ein Gewitter im Wald überraschen: es wäre mein Untergang.
Dennoch ist etwas in mir unendlich fest davon überzeugt, ein Stück aus einer Fichte vor sich zu haben.

Die Arbeiter haben aufgehört. Sie machen Pause, ganz leicht rieche ich Streichwurst, vielleicht bilde ich es mir auch nur ein. Immerhin füllt der feine Ziegelnebel schon meine Atemwege aus, hat selbst als Staub seine Maueridentität nicht vergessen.

Knapp hinter dem Bagger ist eine flache Mulde, in der man sich schön das Bein brechen könnte. Einfach liegen bleiben. Oder hängen. Betonbrocken aus denen Gitter wie Fangnetze ragen.
Je nachdem wo der Bagger steht, gibt es andere Hindernisse. Das macht er bewusst, immer stellt der Fahrer seine Maschine an die Stelle, an der ich vorbei will, versperrt meinen Weg.

Wohin mit all den Stühlen? Noch immer hat sie niemand abgeholt. Den Regen sehe ich schon nicht mehr. Man hat mich alleine gelassen, die Arbeiter sind endgültig fort. Sitzen zuhause bei ihren Familien in ihren heilen Ziegelhäusern. Der rote Bagger schweigt, er versprüht keine Abgase mehr.

Der letzte Stuhl. Ich setze mich vor den Berg aus Stühlen. So viele verlorene Sitzgelegenheiten. Aber zum Glück habe ich es noch rechtzeitig erkannt, bleibe sitzen. Ich habe es mir verdient. Warte bis jemand kommt, alles abholen. Es könnte länger werden.
Staub kitzelt mich in der Nase, ich reagiere nicht. Staub fällt langsam auf mich nieder.

 

Umbauarbeiten. Und ein Mensch mit einem unsinnig anmutenden Job. Erinnert an Kafka, ganz entfernt.

Wirklich verstanden habe ich den Text nicht, jedenfalls konnte ich keine wirkliche Geschichte entdecken; möglich, daß man ihn allegorisch lesen muß.

Ein Fehler fiel mir auf:

  • Dass macht er bewusst - Das

PS: Willkommen auf kg.de.

 

Hallo BGL,

eine kleine Beobachtung, melancholisch

der Staub ist gut beschrieben *hust*

trotzdem ist mir nicht ganz klar, welche Stimmung es sein soll?
hoffnungslos? beklemmend? widersinnig?

manches wirkt etwas holprig, und es gibt Brüche (der "böse" Bagger, die Arbeiter sind weg)

Auch wenn ich nur eine andere Baustelle auf der gegenüberliegenden Straßenseite erspähen kann fühlt sich dieser Augenblick an wie trübe Freiheit.

besser umstellen: Dieser Augenblick fühlt sich an wie trübe Freiheit, auch wenn ich nur eine andere Baustelle auf der gegenüberliegenden Straßenseite erspähen kann

sonst bleibt das Augenmerk auf "andere Baustelle"

ein Stück aus einer Fichte vor sich zu haben

vor mir

Gruß, Elisha

 

Hallo BGL,

was ich an deiner Geschichte vermisse, ist die eigentliche Geschichte.
Es passiert nichts Aufregendes. Dem Prot fällt kein Stein auf den Kopf oder sonst etwas Spektakuläres.
Die Sache mit dem Staub hast du zwar gut beschrieben und sie würde auch als Szene in der Kurzgeschichte eingebaut sehr gut rüberkommen. Aber wie gesagt nur als Teil einer Geschichte und nicht als Story allein.
Auch der Schluss ist etwas langweilig. Alle sind weg, dein Prot sitzt zwischen seinen Stühlen und wartet auf dem Abholer, rundherum Staub. Es fehlt die Spannung. Kein einziges Mal konnte ich als Leser sagen: "Oh mein Gott, was ist denn jetzt passiert, oder was wird dem Prot im nächsten Moment widerfahren."

Tut mir Leid, vor allem auch weil es deine erste Geschichte ist, aber sie hat mir nicht zugesagt.

Einige Fehler sind mir noch aufgefallen:

Erster Staub auf meiner Kleidung als ich einen Stuhl berühre. Ich dachte er sei nur in der Luft aber ich habe mich geirrt: er besetzt jede Fläche.

Komma nach Kleidung, dachte und aber; außerdem schreibst du doch in der Gegenwart, oder?

Immer wenn ich ihn passiere bläst er mir warme, schwüle Dieselabgase ins Gesicht.

Immer, wenn ich ihn passiere, bläst er mir warme, schwüle Dieselabgase ins Gesicht.

Auch wenn ich nur eine andere Baustelle auf der gegenüberliegenden Straßenseite erspähen kann fühlt sich dieser Augenblick an wie trübe Freiheit.

Komma nach kann

Meine Atemwege brennen so heftig dass ich kurz nach dem Bagger ...

Komma nach heftig

Man könnte fast meinen sie wollen nicht dass man sie berührt, von ihrem alteingesessenen Platz wegbringt.

Man könnte fast meinen, sie wollen nicht, dass man sie berührt, von ihrem alteingesessenen Platz wegbringt.

Obwohl er den einzigen Ausweg blockiert ist er schön anzusehen.

Komma nach blockiert

Dennoch ist etwas in mir unendlich fest davon überzeugt ein Stück aus einer Fichte vor sich zu haben.

Komma nach überzeugt

Dass macht er bewusst, immer stellt der Fahrer seine Maschine an die Stelle an der ich vorbei will, versperrt meinen Weg.

Komma nach Stelle

Viele Grüße
bambu

 
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Danke

Danke für das Lesen und Kritisieren der Geschichte, freut mich dass sie nicht ganz verrissen wurde!

Ich habe schon sehr lange nichts mehr geschrieben und wollte zuallererst einmal ein Gefühl bekommen, sodass ich nicht im luftleeren Raum schwebe...

Dass die Handlung manchen zu dürftig sein könnte habe ich mir schon gedacht. Er muss einfach diese sinnlose Arbeit erledigen, wird von den anderen bestenfalls ignoriert und alleine gelassen. Nachdem alle Stühle weg sind ist er endgültig alleine. Er resigniert, wartet auf sein Ende.
Werde mich das nächste mal um mehr Handlung bemühen.

Ist es üblich die Fehler in der Geschichte zu beheben? Oder lässt man besser die erste Version so stehen, dass alle die selbe Erfahrung machen können?

Naja, vielen Dank erst einmal,
Ciao Bgl

 

Hallo Bgl,

es ist üblich, die Fehler zu korrigeren, besonders wenn es sich um Rechtschreib- und Kommafehler handelt oder auch um kleine stilistische Fehler. Du brauchst das nur im Text abzuändern, sonst kommen die anderen Kritiker immer wieder mit denselben Fehlermeldungen.

Änderst du aber größere Passagen in der Geschichte oder krempelst sie total um, begrüße ich es immer, wenn die erste Version noch vorhanden ist. Setze dann einfach die neue Version mit den Bemerkungen "neue Version" und bei der Erstfassung "alte Version" dazu. Dann wird es deutlich.
So habe ich es auch bei meiner Geschichte gemacht. Ich finde es ist für die nachfolgenden Kritiker auch ganz lehrsam, wenn sie die alte Fassung auch lesen können und dann sehen, wie man es ändern kann.

Ich hoffe, ich habe dir helfen können.

Viele Grüße
bambu

 

@bambu
Danke für die Aufklärung... :)

So, jetzt sollte das meiste ausgebessert sein, abgesehen von einer Zeitform über die ich noch ein bisschen nachgrübeln muss...

Grüße,
Bgl

 

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