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Begegnung in 2 Teilen
Tom war spät dran. Wie jeden Morgen hatte er die größten Schwierigkeiten aus dem Bett zu kommen. Aber wer kennt das nicht, vor allem wenn man so extrem früh raus muss wie Tom. Er arbeitete als Briefzusteller und sein Arbeitsbeginn war um fünf Uhr in der Frühe, dies bedeutete, dass sein Wecker um 0400 den Angriff blies.
Er schaffte es aber noch pünktlich an seine Arbeitstelle. Er packte seine zu verteilende Post in die zwei ledernden Taschen, welche links und rechts an seinem gelben Fahrrad herunterhingen, ganz so wie es die Geldsäcke an den Pferden tun, in den guten alten Westernfilmen die Tom so gerne schaut.
Heute hatte er nur einen Expressbrief, dieser hatte aber enorme Bedeutung wie ihm sein Chef offerierte und er wiederholte sich x-male, dass unter keinen Umständen bei dieser Zustellung etwas schief gehen dürfte. Genau so etwas konnte Tom am frühen Morgen gar nicht gebrauchen, zumal er noch nie einen Expressbrief verspätet oder gar nicht zugestellt hatte. Dieser Brief musste um zehn Uhr zugestellt werden und da es sich um ein Einschreiben handelte, durfte er nur an die Person ausgehändigt werden, welche als Adressant notiert wurde. Der Brief musste einem gewissen Azrael Beliar persönlich übergeben werden, welcher um zehn Uhr bei der Adresse Tartaros 666 anzutreffen sei.
Tom war verkatert, sehr sogar, aber nicht zu sehr um bei dieser Adresse stutzig zu werden. Den Tartaros Ring gab es tatsächlich, eine schlimme Gegend, in welcher selbst Polizisten sehr widerwillig ihren Einsatz verübten, aber die Hausnummer 666 konnte unter keinen Umständen stimmen. Als er seinen Chef darauf aufmerksam machte, wollte der nichts davon wissen. Natürlich, würde er sich diesem Problem annehmen, müsste er ja die Verantwortung tragen, die er aufgrund seinen Jobs so oder so hatte, aber es ist einfacher im Falle einer Nichtzustellung Tom dafür verantwortlich zu machen. Und selbst wenn er auf den Einwand eingegangen wäre, hätte er es später geleugnet, so einer ist der Chef von Tom.
„So what“, dachte Tom und schwang sich auf sein Fahrrad. Die Zeit war heute kein Gegner für ihn, er hatte sogar sehr viel Spielraum – nur dieser Eilbrief, welcher er als letzten zustellen würde, machte ihm Sorgen. Wie clever die Post und wie blöd ihre Kunden doch sind. Ob er den Brief als ersten oder als letzten zustellen würde, für ihn würde das keinen Unterschied machen, also hätte der Absender jede Menge Geld sparen können. „Warum nur“, dachte sich Tom, „mache ich mir über so etwas Gedanken.... was kümmert mich das Geld anderer Leute...?“
Mittlerweile hatte er den Inhalt seiner 2 Ledertaschen ausgeliefert, es blieb nur noch ein Brief übrig. Er lag klasse in der Zeit was ihn in eine ausgesprochene, erfreuliche Lage versetzte. Er steuert seinen Stammimbiss an , schwang sich ganz westernlike von seinem Drahtessel und band ihn in der Fahrradhalterung an.Tom ging rein, schaute sich um , verschaffte sich einen Überblick und setzte sich an die Theke, ein Bestellen war nicht nötig, noch bevor er saß stand sein Bier parat..so mochte es Tom, heute ein König ...
Da stand es also vor ihm , seine Königin , welche ihn zum König erhob, sein Pils, zwar nicht frisch gezapft, aber wahrlich erhebend an einem Montagmorgen 9 Uhr in einem Imbiss. Eigentlich wollte er seine Trinkerei auf den Abend beschränken, da er aber schnell mit seinen Zustellungen fertig wurde, war es nur die logische Konsequenz seines unbewussten Handelns..Die Aussicht auf was Besseres lässt einen Kräfte und Motivationen abrufen die immer wieder erstaunlich sind.
Tom betrieb kurz Konversation mit dem Wirt, welche im Großen und Ganzen jeden Tag die Gleiche war, zog sich ne Zigarette aus der Packung , zündete sie an und liebkoste die Königin , welche jungfräulich seit kurzer Zeit auf seine orale Zuneigung wartete, was natürlich nicht auf Gegenseitigkeit beruhte.Ach , dachte sich Tom, Sex mit der Königin lässt doch dieWelt ganz anders aussehen, nahm die Flasche vom Mund und stellte sie halbleer auf den Tresen.
Er hatte quasi Feierabend, nur noch ein Brief trennte ihn davor und diese Tatsache machte daraus einen Feind, einen Gegner der übermächtig war ,der durch blosse Existenz schon Besitz ergreifen konnte. Azrael Beliar.. was für ein komischer Name,ihm ist als Briefzusteller schon so ziemlich jeder Name untergekommen, aber dieser war seltsam. Das erste was ihn stört war diese Disharmonie zwischen Ruf und Nachname, das zweite das es wohl unterschiedlichen Kulturen entsprang. Das war seine erste Bestandaufnahme und sehr laienhaft , da Tom nicht gerade ein Fremdsprachengenie war und die Vorlesung über die Entstehung und Bedeutung der Namen hatte er auch nie besucht. Allerdings musste er zwangsläufig bei dem Namen Azrael an den Teufel denken und die Tatsache das der Empfänger dieses Briefes jener sein könnte verunsicherte ihn.
Er leerte seine Königin und bestellte ein neues Bier, er zündete sich ne Kippe an und nahm Notiz von dem Kravattenmenschen der gerade die Tür reinkam. Normalerweise hat er gegen solche Leute nur Verachtung übrig, an jedem Tag in der Vergangenheit oder in jedem möglichen in der Zukunft , aber nicht in diesem Moment. Er nahm einen kräftigen Schluck aus seinem neu servierten Bier und dann wurde ihm auch bewusst, warum er gegen den Krawattenmann gerade jetzt keinen Greul pflegte. Es lag nicht an dem Menschen , es lag daran was er in diesem Moment bei sich trug und das war ein Laptop und Tom wusste, das Rüdiger , ausübender Wirt, Wlan in seiner Spelunke hatte. Warum, das ist genauso ein Mysterium wie die Welt ansich, aber es war so und warum sollte man etwas analysieren was gegeben ist, vor allem wenn es einem von Vorteil ist...dann nimmt man das Gegebene gerne als Gesetz Gottes an...das Ganze sieht natürlich anders aus wenn es einem nicht von Nutzen ist...........