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Begegnung

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16.04.2016
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Begegnung

Ich hab's echt durchgezogen und sitze im Zug nach Berlin. Draußen rauschen die Bäume vorbei und mir gegenüber sitzt ein alter Sack, der sich in eine Lederjacke gequetscht hat. Ein Ramones T-Shirt blinzelt unter der Jacke vor. Es sieht nicht wie retro aus, sondern alt. Ob der Freak weiß, dass es die Dinger jetzt bei H&M gibt? Zuerst ist er fast vorbeigegangen. Dann hat er ins halb leere Abteil gesehen und mich nach den freien Plätzen gefragt. Am liebsten hätte ich gesagt, mein Vater käme gleich. Aber dann hätte ich ja reden müssen. Sehen die Plätze aus, als ob jemand drauf sitzt? Hat er wohl auch geschnallt und sich breit gemacht. Scheiße! Jetzt darf ich den Rest der Fahrt mit einem geilen Bock verbringen, der mir auf die Titten glotzt. Es kommt schlimmer. Er sieht mir ins Gesicht. So als warte er auf irgendwas. Da kannst du lange warten. Ein paar Mal sieht er aus, als ob er mich gleich anquatscht. Lass es!, sagt mein Gesicht und er lässt es. Ich dränge ihn aus meiner Realität. Normalerweise ignoriere ich die Leute im Zug - oder Menschen generell. Nein, das liegt nicht an der Pubertät.

Ich war schon immer so. Eigenbrötlerisch. So nannte mich die Grundschullehrerin. Die war damals noch keine dreißig und quatschte, wie meine Oma. Nein. Schlimmer. Ich hatte vier Jahre Mathe bei ihr und nicht ein Mal zeigte sich ein Lächeln auf ihren dünnen Lippen. Stock im Arsch. Sie hatte es genauso wenig geblickt, wie meine Alte; ich wollte nie allein sein - die anderen Kinder hatten keinen Bock auf mich. Immer wenn ich etwas von mir gab, sahen sie mich schräg an oder lachten mich aus. Ich sah komisch aus, hörte komische Musik und hatte komische Gedanken.
»Du bist wie dein Vater.« Den Satz knallte mir meine Mutter ständig hin, wenn ich vor mich hin grübelte. Wenn ich nach der Unendlichkeit des Universums fragte oder wissen wollte, warum es so ungerecht zuginge in der Welt. »Wie dein Vater. Der hat auch immer über solchen Quatsch nachgedacht. Und sonst hat er nichts auf die Reihe gekriegt. Räum lieber dein Zimmer auf!«
Ja, mein Vater. Alle Eigenschaften, die mit un- beginnen, hatte ich anscheinend seinen Genen zu verdanken; unordentlich, unpünktlich, unzuverlässig ... Mama war sicher zu Tode enttäuscht darüber, dass ihr kleines Mädchen nicht fehlerfrei funktionierte. Wenn ich wenigstens hübsch gewesen wäre. Der ständige Zirkus, wegen der Zensuren. Ordentlicher Schulabschluss, ordentliche Ausbildung. Ordentliche Kackscheiße! Dass mir der Stress in der Schule fast das Hirn wegbrezelte, juckte die Alte nicht.
»So ist das auch im wirklichen Leben. Die beste Vorbereitung auf die Welt der Erwachsenen.«

Ha! Wenn sie wüsste, wo ich jetzt hinfahre, statt für die Prüfungen zu büffeln, würde sie einen Hirnschlag bekommen. Mal sehen; vielleicht schicke ich ihr eine SMS aus Berlin. Dabei ist das eigentlich sehr erwachsen gewesen; ich habe mich für etwas entschieden und ziehe das durch. Sie ist selbst schuld.

Mein Vater war besoffen vor eine Bahn gerannt, als ich fünf war - hatte Mutter mir erzählt. Sie habe ihn wegen der Sauferei abgeschossen. Danach sei er dann richtig versumpft. An einem Abend latschte er nach der Kneipe über eine rote Ampel und die Bahn zermatschte ihn. Mit der Geschichte erzielte ich Eindruck in der Schule. Freunde brachte sie mir nicht. Ich stellte ihn mir immer vor, wie einen der Penner im Film. Eigentlich total intelligent, großes Herz, aber zu schwach für die harte Realität. So wie ich; seine lebensunfähige Tochter. Die Rolle gefiel mir und ich wuchs hinein. Ende der zehnten Klasse ging es bei mir richtig ab. Ich hatte so die Fresse voll von diesem scheiß Druck; ständig irgendwelche Tests, dann die Prüfungen. Büffeln, ohne zu kapieren, was man da lernte. Eines Abends schmiss ich die Bücher in die Ecke, haute ab zu Lisa und wir gönnten uns einen dicken Joint. In ihrem Kinderzimmer natürlich. Schön blöd! Meine Alte rief ihre Alte an, die kam ins Zimmer und dann war's vorbei mit der Entspannung. Zu Hause durfte ich mir wieder das Gesülze anhören, dass aus mir nichts werden würde.
»Du endest, wie dein versoffener Alter. Ohne Job und Perspektive.«
Irgendwas stimmte an dem Satz nicht.
»Ich denke, er ist auf den Schienen verendet?«
Sie wurde blass, dreht sich um und rannte geradezu weg vor mir. Das stinkt doch, dachte ich und rannte hinterher. Ich wollte es wissen und drängte sie in die Ecke. Am Küchentisch gestand sie mir flennend, dass mein Erzeuger gar nicht tot sei, sondern sich irgendwo herumtreibe. Ich fühlte einen Klumpen in der Kehle. Nur nicht vor ihr heulen! Raus hier! Diesmal zu Sara. Die hatte kein Gras, dafür LSD.
Zwei Tage später kehrte ich wortlos heim. Das Schweigen hielt ich auch einige Wochen durch. Es half mir, mich auf den Schulkram zu konzentrieren. Die bekackten Prüfungen bestand ich gerade so. Mutter faselte davon, wie schwer es mit diesem Zeugnis sei, ein Gymnasium für's Abi zu finden, das mich annehme und ich fragte nach meinem Vater.
»Keine Ahnung. Hat sich nie gemeldet der Rumtreiber.«
Kein Wort glaubte ich ihr. In den Ferien suchte sie eine Schule und ich meinen Vater. Er führte wohl eine Offline-Schattenexistenz. Kein Facebook-Account, nichts bei Google. Absolut unsichtbar. Ich sprach mit Lisa. Sie meinte, ich solle zum Jugendamt gehen. Dort hätten sie seine Daten auf jeden Fall wegen der Kohle. Ich rief an und bekam einen Termin bei Frau Scheuer. Die Fotze wollte mir nichts sagen, ohne dass meine Mutter zustimmte. Die brauchte ich gar nicht zu fragen, also erzählte ich der Scheuer, dass meine Alte mich jahrelang belogen habe. Die Pissbirne hatte den gleichen Stock im Arsch, wie meine Lehrerin. Es gäbe vielleicht gute Gründe für meine Mutter. Mein Vater sei auch sehr unzuverlässig und er zahle sehr unregelmäßig. Bevor sie noch ein paar Un-Wörter auskacken konnte, verschwand ich. Eine Weile versuchte ich noch, etwas über ihn herauszufinden. Dann ging die Schule wieder los und ich war damit beschäftigt, die folgenden zwei Jahre zu überleben.

Ich bin nie aus unserem Kaff herausgekommen, habe oft davon geträumt, aber dann doch nicht die Eier gehabt, einfach loszuziehen. Lieber vergrabe ich mich in der Bude. Während ich durchs Fenster starre, fällt mir auf, wie öde die Landschaft meiner Heimat ist. Baum, Strauch, Feld, Baum … Jauchegraben. Es kribbelt überall, wenn ich an Berlin denke. Bilder aus dem Fernsehen. Millionen Menschen vorm Brandenburger Tor. Straßen voller Klubs und Kneipen. Wieso bin ich nie hingefahren? Nur zwei Stunden Zugfahrt trennen mich von der echten Welt. Bin freiwillig in der Verbannung geblieben, in meiner Zelle. Warum? Sicherheit?

Mein Achtzehnter war der absolute Tiefpunkt. Wir gingen in die Pizzeria, wo alle Teenies unseres Städtchens ihre Volljährigkeit feierten. Das Bier war bezahlbar und der Besitzer drehte die Mucke voll auf, wenn man ihn darum bat. Aber Lisa kam nicht. Sie war wieder in Therapie. Mein Marcel knutschte nach einigen Drinks mit seiner Ex und ich hatte die ganze Zeit über Kopfschmerzen - wie fast jeden Tag in den letzten Jahren. Noch vor Mitternacht verkrümelte ich mich. In der Bahn checkte ich mein Facebook und fiel fast vom Sitz. Mein Vater hatte mir geschrieben. Er habe bis zu meiner Volljährigkeit gewartet, um Kontakt aufzunehmen, und würde sich freuen, wenn ich Interesse hätte, ihn zu treffen. So ein Wichser! Was sollte ich denn jetzt machen? Lisa hatte mir einen Song geschickt. Irgendwas über Selbstmord. Der Sänger kreischte. Ich verstand kaum ein Wort. Noch einmal las ich die Nachricht meines Vaters. Und noch einmal. Dann sah ich mir seine Seite an. Er war unter dem Namen Hans Albers angemeldet. Gab es auf den kein Copyright? Keine Bilder, Hobbys oder Freunde. Er hatte den Account offensichtlich nur angelegt, um mich zu erreichen.
Ich schrieb eine Antwort. Meine Handynummer.

Seitdem fühle ich mich, wie auf Antidepressiva; dumpf nebelig. Marcel schickt mir hundert „Verzeih mir!“-Nachrichten, bis ich ihn blockiere. Lisa geht es so weit wieder gut. Bis zum nächsten Zusammenbruch. Über meine Prüfungen kann ich mittlerweile nur noch lachen.
Als er anruft, esse ich gerade.
Seine Stimme ist der Hammer. Total ruhig, etwas rauchig und vor allem - warm. Er hört gar nicht auf, zu quatschen. Wie sehr er darauf gewartet habe, mich zu sehen, dass es ihm so leid täte, dass er sich nicht früher melden konnte, aber das könne man nun alles nachholen. Die meiste Zeit nicke ich wie ein Idiot. Meine Gedanken purzeln durcheinander. Ich werde ihn kennenlernen. Er wird cool sein und mich aus dieser Scheiße holen. Wir ziehen dann zusammen durch die Gegend und feiern ab. Die Schule und meine Alte können mich am Arsch lecken. Ich gehe zu Papa.
»Ja. Dieses Wochenende passt gut.« Hab ich das wirklich gesagt?
Er wolle mich vom Bahnhof abholen. Berlin sei etwas unübersichtlich und man wisse nie genau, ob die Öffentlichen fahren. Außerdem könne er es nicht abwarten, mich zu sehen.
Ich sage: »Jemand ist an der Tür«, renne ins Bad und kotze. Danach bleibe ich vorm Klo stehen und tausend Dinge rauschen durch meinen Kopf. Vielleicht ist er doch der Freak, für den meine Mutter ihn hält. Wieso hat er nicht früher versucht, mich zu finden? Hat er überhaupt Bock darauf, mich durchzufüttern? Vielleicht findet er mich bekloppt. Jeder findet mich bekloppt. Sogar Marcel. Was ich erzähle, interessiert ihn einen Dreck. Lisa braucht mich auch nur, damit sie sich nicht als einzige Verliererin fühlen muss. Niemand will komplett alleine durchs Leben stürzen. Ich auch nicht. Vielleicht tut mein Alter dann auch so, als sei ich ganz was Besonderes, weil er sich verpflichtet fühlt. In der Küche suche ich nach den Schokonüssen. Nachdem ich die Packung leergefressen habe, nehme ich das Handy und drücke auf die letzte Nummer. Ich werde absagen. Es war eine scheiß Idee. Das geht viel zu schnell. Wir können ja erst mal chatten und treffen uns später. Weihnachten oder so. Das passt. Ist ja ein Familienfest.
Die Tür kracht; meine Alte. Sie ist noch nicht mal im Zimmer, als sie wieder wegen der Prüfungen herumjammert. Ihre Stimme sticht in mein Gehirn. Ich muss hier raus.

Ich sitze im Zug nach Berlin. Mir gegenüber: ein alt gewordener Teenager mit dem gleichen T-Shirt, das bei mir zu Hause im Schrank liegt. Meins ist von H&M. Sein Lächeln ist warm, etwas verschmitzt. Ich lächle nicht zurück. Würde ich meine Gesichtsmuskeln entspannen, müsste ich heulen oder ich würde anfangen Hardcore-Songs über Selbstmord zu kreischen. Mein Körper, mein Hirn - ein einziger Krampf. Mein Vater wird genauso enttäuscht von mir sein, wie Mutter und jeder den ich kenne. Wie Marcel, der an meine Titten durfte, aber nicht weiter. Wie meine Lehrerin, die immer einen kleinen Fehler fand und dann traurig den Kopf schüttelte. So enttäuscht wie Lisa, die ich nicht einmal bei der Therapie besucht habe, weil ich zu feige war. Oder besser: zu un-mutig. Wie konnte ich mir nur einbilden, dass irgendetwas besser würde, anders würde, nur weil plötzlich ein Vater auftaucht. Ein Alkoholiker, Herumtreiber, Loser.
Die Bäume bewegen sich jetzt langsamer. Gleich halten wir in Königs Wusterhausen. Letzter Halt vor Berlin. Hastig stopfe ich mein Zeug in den Rucksack und greife nach der Jacke. Der Typ steht halb auf, will etwas sagen. Quatsch mich bloß nicht an, telepathiere ich ihm. Zögernd sinkt er zurück. Hat sich wohl etwas erhofft.
Raus hier!
Zum Bahnhofsklo. Kotzen. Danach in den Dönerladen. Bier holen. Gras wäre jetzt besser. Bringt mich runter. Manchmal. Ich schalte das Handy ein, will ihm schreiben, dass er nicht umsonst warten soll. Er hat mir eine Nachricht geschrieben.

# musste pläne ändern #
# bin im umland #
# steige vor berlin in deinen zug #
# trage ein ramones tshirt :) #
# papa #

Ich nehme einen großen Schluck. Dann spucke ich das Bier lachend aus. »Papa?«
Der Dönermann sieht sauer aus. Ist mir egal. Ich lache, bis die Tränen kommen. Mein Lachen verebbt - die Tränen bleiben. Echt jetzt? Papa?

 

Hallo Kubus,
Ich antworte gleich, sonst vergesse ich es vielleicht.
Es gibt ja verschiedene Formen der Kritik. Ich würde das in formale und geschmäcklerische Kritik trennen. Klar ist es blöd für den Kritiker, wenn offensichtliche Fehler in der Gestaltung oder auch Stilblüten angemahnt werden und das Autor sagt: Mir doch egal. Oder wenn es allgemeine Verständnisprobleme, durch fragwürdige Konstruktionen gibt. Nee, das mach ich ja nicht. Und ich habe ja auch gar nicht so wenige Details abgeändert.
Aber die Frage der Sympathie für meine Figuren ist für mich kein wichtiges Kriterium, um eine Geschichte zu ändern. Was denkst Du, wie viele Helden mir unsympathisch sind? Ich denke da sofort an Alex (Clockwork Orange). Da erwarte ich auch nicht, dass deshalb eine Geschichte umgeworfen wird. Wie ich bereits vorher erwähnte, müsste ich die Story aus einer neuen, auktorialen Perspektive schreiben, um die negative Wirkung der Protagonistin zu entschärfen. So lange ich aus ihrer Sicht erzähle, wäre jede Abmilderung verlogen, da sie einfach nicht in der Lage ist, ihren Orbit zu verlassen.

Und da ich tatsächlich nur zum Vergnügen schreibe und nicht vorhabe irgendetwas professionell zu veröffentlichen, wäre mir der Aufwand zu groß, eine Geschichte, die für mich fertig ist, nochmal zu schreiben. Und sehen wir es doch mal realistisch: Es jedem Menschen recht getan, ist eine Kunst, die keiner kann. :) Oft werden ja die gleichen Punkte von verschiedenen Lesern gegensätzlich bewertet. Da erscheint es eine endlose Aufgabe, alle Geschmäcker zu befriedigen. Mir war vor allem die Authentizität der Figur und der Situation wichtig. Und das scheint halbwegs geklappt zu haben.
Unter Garantie wird sie nicht anfangen, alten Damen den Koffer zu tragen und einen weinerlichen Monolog über ihre verletzte Seele aufsagen.
Bisschen stur muss man ja auch bleiben als Künstler.

Herzlichen Gruß!

Kellerkind

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Kellerkind,

ich mag Einwort-Titel und eine Begegnung war für mich auch schon mal erzählenswert – also genug Grund, diesen Text zu lesen.

Zuerst dachte ich: Wieder mal so ein Teenager-keiner versteht mich-schlimme Kindheit-Szenario, doch dann war ich positiv überrascht. Die Suiziderwähnung hat mich etwas gestört, das ist inzwischen für mich so etwas Abgenutztes wie zerbrochene Spiegel (immerhin nur eine indirekte Erwähnung).

Aber, mir hat der Text gefallen: Prima auf den Punkt gebrachte Sprache, mit vielen kleinen Feinheiten. Falls der Leser denkt ‚ach, was hat sie nur, ist halt Pubertät‘ wird dem Einwand des Lesers vorgegriffen und widersprochen:

„Nein, das liegt nicht an der Pubertät.“ Ein geschickter Kunstgriff.

Und hier, eine schöne Art Klimax:

„und quatschte, wie meine Oma. Nein. Schlimmer.“

(prima Satzzeichengebrauch).

„Immer wenn ich etwas von mir gab, sahen sie mich schräg an oder lachten mich aus. Ich sah komisch aus, hörte komische Musik und hatte komische Gedanken.“

„Immer“ ist natürlich übertrieben – aber man glaubt der Protagonistin diese Gefühle, dass alle gegen sie sind.


Dieses Motiv wird noch einmal wiederholt „Jeder findet mich bekloppt. Sogar Marcel. Was ich erzähle, interessiert ihn einen Dreck. Lisa braucht mich auch nur, damit sie sich nicht als einzige Verliererin fühlen muss.“

Man kennt nur die Sicht der Protagonistin (die vielleicht verzerrt ist) – interessant wäre eine zusätzliche Sicht von außen.

„« Den Satz knallte mir meine Mutter ständig hin, wenn ich vor mich hin grübelte. Wenn ich nach der Unendlichkeit des Universums fragte oder wissen wollte, warum es so ungerecht zuginge in der Welt.“

Klingt ein wenig nach ‚Fänger im Roggen‘ – Wo sind die Vögel im Winter? (Wenn ich mich recht erinnere). Das Ganze hat Anklänge an eine Initiations-Geschichte.

„Alle Eigenschaften, die mit un- beginnen, hatte ich anscheinend seinen Genen zu verdanken; unordentlich, unpünktlich, unzuverlässig“

„Bevor sie noch ein paar Un-Wörter auskacken konnte“

„Oder besser: zu un-mutig“

Schöne Parallelität.

„Irgendwas über Selbstmord.“

„Wie sehr er darauf gewartet habe, mich zu sehen, dass es ihm so leid täte, dass er sich nicht früher melden konnte, aber das könne man nun alles nachholen.“

Wenn er wirklich Alkoholiker ist, kann man da nicht viel unbedingt drauf geben.

„meine Alte. Sie ist noch nicht mal im Zimmer, als sie wieder wegen der Prüfungen herumjammert“

Ganz grundlos sind die Sorgen der Frau nicht, es scheint jedenfalls keine Kommunikation zwischen den beiden möglich zu sein.

„Echt jetzt? Papa“

Das hat man zwar schon erwartet, aber lässt so viele Interpretationen zu, dass die Aussage wie eine Überraschung wirkt.

Liebe Grüße,

Woltochinon

 

Hallo @Woltochinon

leider hatte ich Deinen Kommentar verpasst, da ich ja nicht ständig in meiner ollen Geschichte herumkrame. Deine Anmerkungen stimme ich zu;

„Immer“ ist natürlich übertrieben – aber man glaubt der Protagonistin diese Gefühle, dass alle gegen sie sind.
[...] Man kennt nur die Sicht der Protagonistin (die vielleicht verzerrt ist) – interessant wäre eine zusätzliche Sicht von außen.
Durch die Diskussion mit den Lesern, ist mir aufgegangen, dass die konsequente Ich-Erzählerin für viele nicht funktioniert. Der verständnisvolle Blick auf die "verzerrte" Wahrnehmung und die Emotionalität einer frustrierten Teenagerin ist nötig, um sie als Figur zu akzeptieren und sich dann auf das eigentliche Thema – Entzug des väterlichen Kontaktes – zu konzentrieren. Da es meine Prämisse bei der Textgestaltung war, absolut in die Erlebniswelt der Figur einzutauchen, habe ich keine Änderung dieser Struktur vorgenommen, sondern habe es als Erfahrung abgehakt. Das Thema habe ich aus auktorialer Perspektive neu gestaltet und es funktioniert auch besser so. Die nervige Protagonistin lenkt hier einfach viel zu sehr ab.

Ich danke Dir für Deine Gedanken zum Text

Schöne Grüße!
Kellerkind

 

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