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Begierde
Der tiefsinnige Julian, so nannten mich meine Freunde. Oftmals natürlich mit einem Hauch von Spott, doch insgeheim wusste ich, dass sie mich für meine Sicht der Dinge beneideten. Und ich war stolz darauf. Aber vermutlich nimmt das Verderben hier bereits seinen Lauf. Ist Stolz mit Tiefsinn zu vereinen? In meinen Augen nicht. Stolz ist genau jener Glanz, der von der Oberfläche reflektiert wird. Wer nach Erkenntnis strebt, sonnt sich nicht darin, sondern sucht nach der Quelle des Lichts.
Dass ich mir mit dem ganzen erhabenen Getue nur selbst etwas vormachte, wurde mir schmerzhaft bewusst, als ich Susan begegnete.
Eine richtige Begegnung kann man es nicht einmal nennen. Ich sah sie, doch sie würdigte mich keines Blickes.
Sie schwebte durch die Bibliothek und zog den Blick aller auf sich. Unsere Augen waren ein lausiger Ersatz für die Kameras, von denen sie sich verfolgt wünschte, für die sie sich in Szene setzte, für die sie lebte. Jede ihrer Bewegungen war einstudiert, jede einzelne kleine gottverdammte Bewegung. Das sichere Setzen ihrer Schritte, das Wippen ihrer Hüften, der stolz aufgerichtete Oberkörper, die kaum merkliche Neigung ihres Halses, die zu einem leicht verträumten Lächeln geöffneten Lippen, die die weiße Vorhut makelloser Zähne preisgaben, der über die Köpfe der Gaffenden hinweg gleitende Blick, das sanfte Blinzeln, selbst die Stellung ihrer Finger, als sie sich eine wohl platzierte Strähne aus der Stirn strich.
Sie schien direkt einem Hollywoodfilm entsprungen zu sein, schaffte es sogar irgendwie den Effekt einer Zeitlupenaufnahme zu generieren und ich erwartete wirklich, dass im nächsten Augenblick ein Filmteam auftauchte, das ihren Gang durch die Bibliothek verewigte.
Ich hätte nicht einmal ihre Augenfarbe nennen können, und doch war ich ihr von diesem Moment an vollkommen verfallen. Dass ich mir diese Tatsache nicht eingestand, war auch nur ein Zeichen meines Stolzes.
Erstaunlich, wie schnell der Stolz bröckeln kann. Noch erstaunlicher, welch banale Kraft dies verursachen konnte. Ich habe lange Nächte – sehr lange, unruhige Nächte – darüber nachgedacht. Das Eingeständnis war schwer, doch jede erneute Begegnung mit Susan und jede darauf folgende quälende Nacht, reduzierte mein Spektrum an Erklärungsmöglichkeiten auf den einen Nenner, den ich früher nur verlacht habe: Lust.
Ich spreche nicht von der romantischen Vorstellung, die ihre Erfüllung in einem Kerzenschein getränkten Zimmer findet. Ich spreche nicht vom rosaroten Rauschen der Schmetterlinge, nicht von watteweichen Träumen, die ihren Höhepunkt in der liebevollen Vereinigung finden.
Ich spreche von der animalischen Seite der Lust. Ich spreche von Begierde, von dem, was ihr ungeschönt zugrunde liegt – ich spreche von Gier.
Immer häufiger drängte Susan sich zwischen meine Gedanken, schob sie auseinander, füllte bald den Platz meines Denkens vollkommen aus. In meinen Träumen trieb ich es mit ihr in einer Wildheit, die mich selbst erschrak. Die mich wund machte. Von Selbstbefriedigung kann keine Rede sein. Das war keine Befriedigung, das war ein Akt der Gewalt. Vielleicht tat ich mir Gewalt an, um ihr keine antun zu müssen. Ich besorgte es ihr derart heftig, dass sie das ganze Haus zusammen schrie. Aber ich konnte ihr nie genügen, sie wollte immer mehr, war unersättlich. Ich fickte sie wie ein Weltmeister, aber sie befriedigen, nein, das war mir nie möglich.
Nicht selten weinte ich danach, schwor mir, es nie wieder zu tun. Doch ich tat es wieder. Immer wieder. Und ich gab Susan die Schuld dafür. Dieser laszive Blick, dieses leicht spöttische Funkeln trieb mich in den Wahnsinn.
„Mehr“, stöhnte sie mir ins Ohr. Jedes Mal, selbst wenn mein Schwanz klebrig von Blut war. „Mehr.“
Ich schrieb mich in Seminare ein, nur um in ihrer Nähe sein zu können. Die Nähe schmerzte mich, ließ meine Männlichkeit pochen und drücken. Aber meine Besessenheit war stärker.
Meine Visionen ereilten mich schon längst nicht mehr nur des Nachts, sondern überfielen mich, wann immer sich eine Situation zum Tagträumen anbot. Zunehmend auch in Situationen, die nicht zum Tagträumen geeignet waren. Und anscheinend murmelte ich in diesen Momenten vor mich hin. So hat es zumindest mein Chef formuliert, als er mich rauswarf. Nicht, dass ich dem Imbiss nachweinte – mit mir verlor diese von Bratenfett schmierige Hütte das einzige von Wert - aber das Geld fehlte schon. Anstatt mich um einen neuen Job zu bemühen, investierte ich die Zeit darin, Susan nachzustellen. Anfangs folgte ich ihr nur wenige Schritte, bald fuhr ich mit ihr Bus und Bahn. Nicht lange nachdem ich diesen Schritt hinter mich gebracht hatte, verfolgte ich sie bis zur Haustür eines Einfamilienhauses. Meine Angst vor Entdeckung war vollends unbegründet. Susan sah durch mich hindurch, selbst wenn sie mich ansah.
Wie sollte es anders sein, natürlich trieb sie es mit einem Beckhamschen Hochglanzsportler, der all das verkörperte, was ich nicht zu bieten hatte: Ein fleischgewordenes Wesen aus dem Modejournal - groß und breit gebaut, Six-Pack, perfekt sonnengebräunt, inklusive des Mysteriums der immer sitzenden Frisur. Selbstverständlich auch das Geld, um sich entsprechend en vogue zu kleiden.
Für all das hatte ich nur ein Kopfschütteln übrig, wusste ich doch, dass dieser Glanz nur die lausige Oberfläche schönte, aber keine Erfüllung barg. Mochte Beckham noch so gut aussehen und noch so viel Geld haben, nie würde er Susan das geben können, was ich ihr geben würde - wenn der Moment der Erkenntnis gekommen ist.
Aber das, was mich wirklich zur Weißglut brachte, war jenes obligatorische Perlweiß-Lächeln.
Das Knirschen, wenn ich ihm die Zähne ausschlug, verschaffte mir eine wohlige Gänsehaut. In diesen Fantasien mochte ich ihn wirklich gut leiden - ohne Zähne.
In einem dieser gigantischen Kaufhauscenter habe ich die beiden einmal aus den Augen verloren. Das geschah mir sonst nie. Susan umgab eine leuchtende Aura, die ich in jeder Menschenmenge ausmachen konnte.
Auslöser meiner Unachtsamkeit war ein Verfolgungsstreifzug durch ein Sportgeschäft. Ich dachte, dass ich dieses Geschäft mittlerweile in- und auswendig kannte, denn wir besuchten es mindestens einmal die Woche. Ich wusste sogar, vor welchen Ständen Beckham stehen bleiben würde. Und ich wusste im Vorfeld, ob Susan seine Auswahl gutheißen würde oder nicht. Ich hätte niemals geglaubt, dass ein Naserümpfen so sexy sein könnte. Leider traf Beckham viel zu häufig ihren Geschmack, was sie dann stets nur mit einem Nicken quittierte.
Als sie diesmal die Nase rümpfte, geriet mein Blut so sehr in Wallung, dass ich ins Taumeln kam. Mir war klar: Wenn ich mich jetzt nicht zurückzog, würde ich meine Tarnung aufgeben und mich auf sie stürzen. Aber die Zeit war noch nicht reif. Also brachte ich mit taumligen Schritten einen Sicherheitsabstand zwischen uns.
Als ich wieder klar denken konnte, sah ich etwas, dass mein Blut abermals in Wallung brachte.
Meine Hände befühlten poliertes Holz und es schien mir, als hätte ich nie zuvor etwas Lieblicheres berührt.
„Kann ich Ihnen behilflich sein?“
Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergangen war, doch der misstrauische Blick des aufgepumpten Verkäuferungetüms verriet mir, dass ich den Baseballschläger einen Tick zu lang gestreichelt haben musste.
Ich kam langsam zu mir - der Preis auf dem Schläger trug seinen Teil dazu bei, mich wieder nüchtern zu machen. Dennoch kaufte ich ihn. Noch war mein Dispo-Kredit nicht voll ausgeschöpft.
Ich stolperte aus dem Geschäft, einer Panik nahe. Nirgends Susans Aura zu entdecken. Heute war Dienstag, das bedeutete, wir gingen noch zu Starbucks einen Mango Passion Fruit Grande und eine Premium Hot Chocolat tall trinken.
Heißer Kaffee konnte sehr schmerzhaft sein. Was für ein Unglück wenn ich stolpern und Beckham meinen Kaffee ins Gesicht klatschen würde? Ich höre mich sagen: „Careful, the beverage you're about to enjoy is extremly hot!“
Brandnarben im Gesicht waren fast so gut wie Zähneausschlagen. Aus Bruce Wayne würde Two-Face werden.
Nein, überkam es mich. Diese Chance hatte ich gestern. Habe mir die Milch extra heiß schäumen lassen, aber meine Chance letztlich ungenutzt gelassen.
Nein, heute war Mittwoch. Solarium stand an. Ein Unglück in einer Kabine. Kam vor. Gab bestimmt auch hübsche Verbrennungen.
Solchermaßen von meinen Gedanken eingenommen, stolperte ich aus dem Laden – und lief beinahe in die beiden hinein.
Er, Fels in der Brandung, bemerkte mich nicht, aber Susan blickte seltsam in meine Richtung. Hatte sie mich wirklich wahrgenommen?
Ich stammelte irgendetwas von Entschuldigung und flüchtete. Nun trug ich Brandnarben. So dicht hatte ich ihren Blick noch nie auf mir brennen gespürt. Feuer, reines Feuer und mein Rücken drohte in Flammen aufzugehen, als sie mir nachsah.
Ich verfluchte mich für meine Unachtsamkeit. Nach hause gehen, sagte ich mir. Nach hause gehen, den Kopf frei bekommen.
Es war nur eine Frage der Zeit, bis meine Geduld letztlich belohnt werden würde. Das wusste ich – bildete mir ein, es zu wissen. Ich klammerte mich mit aller Willenskraft an diese Hoffnung. Nur dank ihrer verlor ich nicht den Verstand. Oder erlangte ihn zumindest immer wieder zurück. Nur eine Frage der Zeit. Nur eine Frage der Zeit.
Doch ich ahnte nicht, wie schwer diese Frage wiegen würde: Wirst du diesem Druck standhalten oder wird er dich zerfetzen?
Ein hässliches Kichern begleitete den zweiten Teil dieser Frage, echote in meinem Kopf, machte mich blinzeln.
Zuweilen delirierte ich in einem Zustand, der nur aus diesem Gelächter zu bestehen schien. Zunächst überfielen mich Anfälle dieser Art lediglich zuhause. Sie machten mir Angst und lähmten mich. Nur die Angst davor Susan zu verpassen, war größer und trieb mich aus dem Haus. Letztlich befielen mich auch Anfälle außerhalb. Wie eine Welle schlugen sie über mir zusammen und zogen mich nach unten in das Meer, das sich nur aus flüsternden Stimmen zusammensetzte. Stimmen, die mich verlachten, mich verhöhnten.
Du Schlappschwanz! Hast du Versager Angst, ihr nicht genügen zu können? Mickriger kleiner Wichser.
Es wurde derart heftig, dass ich meinte, nie wieder an die Oberfläche dringen zu können.
Doch auf einen Schlag spie mich das Gewässer des Wahnsinns aus. Das, worauf ich gewartet – was ich ersehnt hatte - war eingetroffen.
„Wie kannst du sowas sagen?“, schallt Susans Stimme durch die Abteilung. Entrüstet, verletzt. Königlich.
Beckham murmelt beschwichtigend auf sie ein. Ihm ist die Szene in der Öffentlichkeit sichtbar peinlich.
„Was glaubst du denn, wer du bist?“, herrscht Susan ihn an. Ihre Aura ist von einem zornigen Rot durchzogen.
Beckham nimmt Susan in den Arm, doch sie wehrt sich. Für einen Augenblick kreuzen sich unsere Blicke. Es ist ein Blick der Erkenntnis. „Hilf mir!“, schreit mir dieser Blick zu. „Rette mich!“
Meine Stunde ist gekommen. Ich schiebe mich hinter der Auslage hervor, hinter der ich gekauert habe und steuere auf die beiden zu. Meine Fäuste sind geballt. Eine Kraft durchflutet mich, die mich erschaudern lässt.
Ich spüre, wie ich wachse, wie sich meine Präsenz entfaltet, nach allen Richtungen energetische Wellen aussendet. Noch zehn Schritte trennen mich von der Erfüllung all meines Seins.
Diese Zuversicht lässt alles Leid, das ich bis zu diesem Punkt erduldet habe, zu einem belächelnswerten Nichts zusammenschrumpfen.
„Julian.“
Noch acht Schritte. Susan wehrt sich kaum mehr in Beckhams Armen.
„Julian.“
Noch sechs Schritte. Susan schluchzt.
Jemand packt mich an der Schulter.
„Julian! Wo hast du die ganze Zeit gesteckt? Scheiße, wir haben uns Sorgen gemacht.“
Das Gesicht, das mir plötzlich die Sicht blockiert, stammt aus einem vergangenen Leben.
„Julian, alles okay? Du siehst scheiße aus.“
Ich will weiter, doch – mir will sein Name nicht einfallen – versperrt mir den Weg.
„Verdammt, wir haben etliche Male bei dir angerufen. Was ist passiert?“
Über Peters (?) Schulter sehe ich, dass Susan sich Arm in Arm mit Beckham entfernt. Es wirkt, als schleife er sie fort.
„Lass mich!“ Ich will Peter (!) wegschieben, aber er hält mich fest.
„Mensch Julian, komm mal klar - sogar deine Eltern machen sich Sorgen. Die stehen kurz davor die Bullen zu rufen!“
Peter, meine Eltern, die Polizei – alles Nichtigkeiten. Dort entschwindet das einzige, was meinem Leben einen Sinn gab – und Peter hält mich auf.
Zorn schießt in mir hoch. Es ist nur ein Hauch der Kraft, die für Beckham bestimmt ist, doch sie reicht aus, um Peter Rücklings in ein Auslagenregal krachen zu lassen. Und sie reicht aus, um mich aus dem Kaufhaus flüchten zu lassen, ohne dass ein Security-Paket mich aufhalten kann.
So viel Kraft. Ich berühre mit meinen Füßen kaum den Boden. Ich bin ein kleines Teilchen in einem Strom aus Energie. Ich schwebe, ich rausche, lasse mich treiben. Ich erinnere mich nicht, den Baseballschläger aus meiner Wohnung geholt zu haben, doch mit einem Mal liegt er in meiner Hand, schwingt er im Rhythmus meiner Schritte.
Mein Weg führt mich durch den Park, den Susan und ihr Freund gern um diese Zeit abschreiten. Es wundert mich kaum, die beiden hier nicht anzutreffen. Heute ist alles anders. Wendezeit.
Ich pfeife, reite auf dem elektrisierenden Strom der Zuversicht. Schon von weitem sehe ich, dass in Susans Haus Licht brennt.
Ich fliege die fünf Stufen empor und stehe vor der Tür. Ich atme einmal tief ein und wieder aus – nie hat die Luft erfrischender geschmeckt - und drücke den Klingelknopf. Der Gong hallt wie in einem Hollywood-Film in dem Einfamilienhaus wider. Ich höre Schritte, die sich der Tür nähern, höre die Verärgerung in der Stimme, als Beckham ruft: „Wer stört?“.
„Ich bin’s Julian, ich muss Susan sprechen.“
Jetzt, am Ende der Dinge, brauche ich mich nicht länger verstecken. Und Beckham soll wissen, wer ich bin. Auch wenn ihm dieses Wissen nichts bringen würde – mir bereitet es ein sadistisches Vergnügen.
Ich spüre den genervten Blick, der mich durch den Spion abtastet. Mit einem „Was willst du?“ reißt Beckham die Tür auf. Weswegen sollte er sich auch vor einem Hänfling wie mir fürchten?
Schon im Kaufhaus ist mir aufgefallen, dass Beckhams Glanz stumpf geworden ist. Jetzt sitzt nicht einmal mehr seine Frisur.
Mein Lächeln spannt sich von einem Ohr zum anderen.
„Was willst du?“, wiederholt er in einem Ton, der seine eigentliche Hässlichkeit zum Ausdruck bringt.
Der erste Hieb erwischt Beckham an der Schulter. Etwas ungeschickt von mir, aber das liegt daran, dass ich den Schläger erst hinter meinem Rücken hervorzücken musste.
Doch die Wucht des Hiebs reicht, um Beckham mit einem Aufschrei zurücktaumeln und mich in die Wohnung zu lassen. Er ist so perplex, dass er dem nächsten Schlag nicht einmal auszuweichen versucht. Er hebt schützend die Arme, doch diesmal habe ich Platz zum Ausholen und entlade all meine angestaute Energie in diesem Schlag. Beckham stürzt zu Boden, versprüht dabei einen roten Niesel, der das Parkett benetzt. Es knackt hörbar, aber dies ist nicht das Geräusch, auf das ich so lange gewartet habe.
„Zeig, wie schön du lächeln kannst“, sage ich und zeige ein Grinsen.
Beckham röchelt etwas Unverständliches und spuckt Blut.
„Lächeln, du musst lächeln!“
Dann saust mein Schläger herab. Und endlich, endlich vernehme ich das Geräusch aus meinen Träumen. Das Knirschen schickt eine Welle der Verzückung durch meinen Körper, noch süßer als ich es mir ausgemalt hatte.
Beim zweiten Hieb ins Gesicht knirscht es schon kaum mehr und der dritte Schlag verursacht nur noch ein nass klatschendes Geräusch.
Susan steht im Flur. Aus großen Augen starrt sie mich an. Eine elektrisierende Spannung liegt in der Luft, die meine Haare aufstellt und meinen Schwanz schmerzhaft gegen die Hose presst. Susans Aura pulsiert purpurn vor Erregung.
„Mein Held, mein Held“, kreischt sie, winkt mich hektisch zu sich, kann es kaum erwarten.
Ich greife nach ihr, doch sie entzieht sich meiner Hand. Mit einem überschnappenden Kichern läuft sie tiefer in die Wohnung hinein. „Fang mich und du kriegst mich ganz!“
Sie will also spielen. Ich folge ihr. Eine Tür knallt. Der Flur mündet in eine geräumige Küche, von der ein Durchgang in das üppige Wohnzimmer führt. Von Susan keine Spur.
Vier Türen zweigen von hier ab. Hinter der ersten verbirgt sich das Bad. Ich grinse. Natürlich ist Susan nicht im Bad. Sie würde im Schlafzimmer auf mich warten, wo sonst?
Doch ich spiele das Spiel mit, kontrolliere die Türen nacheinander und rufe: „Ja, wo versteckst du dich denn bloß? Wo ist die Susi? Vielleicht hier?“
Ich drücke die letzte Klinke. Die Tür lässt sich nicht öffnen.
„Du willst es also spannend machen?“
Ich rüttle an der Tür. Abgeschlossen. Gedämpftes Kichern.
Wie ein Jedi komme ich mir vor, als ich nach meiner Kraft greife und sie gegen die Tür richte, sie sprenge, bersten lasse.
Susan hockt im Nachthemd auf dem Bett und kreischt vor Freude. „Du starker Mann, komm endlich und nimm mich!“
Doch so leicht will sie sich nicht nehmen lassen, das Spiel ist noch nicht vorbei. Viele Versteckmöglichkeiten bietet das Schlafzimmer nicht, aber es ist geräumig genug, dass mir Susan eine Weile entwischt.
„Nimm mich“, neckt sie mich, versuchte aber meinem Griff immer wieder zu entschlüpfen. Susan steigert sich in ihre Erregung hinein: Nur knapp kann ich einer Nachttischlampe entgehen, die sie nach mir wirft. Sie lacht schrill, als der gläserne Schirm an der Wand zersplittert. Als es mir endlich gelingt, sie zu packen und zu Boden zu zerren, tritt und schlägt sie um sich. Doch meiner Kraft hat sie nichts entgegen zu setzen. Und das freut sie: Ihre Aura lodert.
„Nimm mich!“
Mit einer Hand halte ich ihre Arme zusammen, mit meinem Körper presse ich ihren zu Boden; mit meiner anderen Hand versuche ich ihre Beine auseinander zu zwängen.
Ich erdulde mehrere Blessuren in Unterleib und Nierengegend, die sie mir mit ihren Knien zufügt, während ich an meiner Hose herumnestle. Der Druck ist unerträglich, pulsiert durch meinen gesamten Körper, rauscht in meinen Ohren, brennt, pocht, schreit zwischen meinen Beinen, schmilzt meinen Verstand.
Susan stöhnt, fleht, wimmert, bäumt sich auf.
„Nimm mich!“, verlangt sie, verlacht sie mich.
Als ich es endlich schaffe meinen Schwanz zu befreien, explodiert mein angestautes Verlangen ohne Vorwarnung. Doch der Orgasmus ist keine Erlösung, sondern geballter Schmerz. Es fühlt sich an, als wolle sich mein ganzes Sein durch meinen Schwanz nach außen pressen. Der Strom nimmt kein Ende, blutet mich leer, spuckt noch, als mein Schrei längst in einem wimmernden Krächzen verendet ist.
Kraftlos sacke ich auf den Rücken, gebadet in klebriges Nass. Nur allmählich gewinne ich die Herrschaft über meine Sinne wieder. Und alles, was sie mir anbieten, besteht aus Susan. Susan. Susan.
Keine wärmende Aura - geballte Kälte geht von ihr aus, frisst sich durch das Zimmer und lähmt mich.
Susan, zwischen Nachttisch und Schrank kauernd, auf mich zeigend, das Gesicht eine Maske des Hohns. Susan, eine meckernde Lache ausstoßend, die kein anderes Geräusch der Welt zu mir dringen lässt. Ein ewiges Echo des verächtlichen Gackerns, das immer neue Erniedrigungen formt: Du Schlappschwanz von einem Versager, du Niete, du bist und bleibst ein mickriger Wichser ...
Ich will mich aufbäumen, diese lachende Fratze zertrümmern, doch meine Kraft hat mich verlassen, sich in einen schmierigen Sud ergossen, in dem auch der Rest meines Stolzes erstickt. Ich falle zurück und damit vollends in die Umarmung des Gelächters. Und diesmal gibt es mich nicht wieder frei.