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Besessen

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09.06.2006
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Besessen

Der Himmel war blau und die Gänseblümchen blühten. Keine Abgase verpesteten die Luft. Wären Menschen anwesend gewesen, sie hätten die Situation genossen. Und die Gänseblümchen zertrampelt. Und die Luft verschmutzt. Diesem Landstrich ging es so gut wie noch nie seit eine Hand voll Siedler angekommen war und alles an sich gerissen hatte. Das Dorf war gewachsen, zu einer Stadt ernannt worden, dann zu einer Metropole. Diese hatte Preise für die höchste Kriminalität des ganzen Landes und die schlechtesten Lebensbedingungen ihrer Bürger verliehen bekommen.
Doch mit einem Schlag hatte sich das alles geändert: Alle Einwohner waren geflohen oder tot. Genauer gesagt fast alle.

Der Kaffee schmeckte bitter, aber Roger trank ihn aufgrund fehlender Alternativen trotzdem.
Seitdem alle weg waren hatte sich sein Leben erheblich erleichtert. Keine zwischenmenschlichen Probleme mehr, kein Stress in der Arbeit. Die Hektik, für die Großstädte bekannt waren, war verschwunden. Nun war das Leben wieder einfach.
Roger schlug sich als Sammler durch. Zurückgelassene Reste der Zivilisation hielten ihn am Leben. Obwohl er sich häufig ausschließlich von alten Lebensmitteln oder welchen aus Konservendosen ernährte, versuchte er nicht, die Stadt zu verlassen und eine Schutzzone zu erreichen. Es gab zwar keinen Strom oder fließendes Wasser, doch der Fluss war ziemlich sauber und auf elektronische Geräte konnte Roger gut verzichten. Zufrieden lebte er im hier und jetzt und im Moment machte ihm nur der bittere Kaffee zu schaffen.
Gemütlich schlenderte Roger eine leere Einkaufsstraße entlang und nippte an der bräunlichen Brühe in seiner Tasse. Auf beiden Seiten der Allee reihten sich kleine Geschäfte aneinander, bis sie in mehreren hundert Metern Entfernung vom Fundament eines Wolkenkratzers verschluckt wurden. Die ehemals mit bunter Dekoration und verschiedensten Waren gefüllten Schaufenster waren zum größten Teil zertrümmert worden. Gierige Plünderer hatten alles, was nicht niet- und nagelfest war, auf ihren Schultern weggetragen. Roger schwirrten noch immer die Bilder der verheerenden Brände und der wild um sich schießenden Polizisten im Kopf herum.
Ohne nachzudenken bog er in eine kleine Seitengasse ein. Der Weg war sein Ziel, ein täglicher Streifzug quer durch die Stadt. Wenn er etwas Nützliches fand, suchte er sich einen Einkaufswagen und transportierte den Fang zu seinem Nachtlager. Da dieses sich jeden Abend woanders befand, bedeutete dies, dass er den Wagen so lange vor sich her schob, bis er einen geeigneten Ort gefunden hatte.

Im Augenblick dagegen wurde das rhythmische Geräusch seiner Schritte nicht vom Quietschen rostiger Metallräder begleitet. Bis jetzt war die Suche erfolglos verlaufen.
Insgesamt war es seit dem Unfall ziemlich ruhig geworden. Kein Vogelgezwitscher, kein lärmenden Kinder. Nur das Rascheln der Blätter in den Bäumen und... ein Schmatzen. Ein Schmatzen? Und zu einem Schmatzen gehörte ein Mund voller Essen. In diesem Fall zähes Essen, hörbar an den energischen Kauversuchen. Zäh wie sehniges Menschenfleisch.
Vorsichtig schlich sich Roger geduckt zu der offen stehenden Stahltür, aus der die mysteriösen Laute drangen. Nervös tastete er nach dem Stiel des schweren Hammers, der ständig an seinem Gürtel baumelte. Jederzeit bereit zuzuschlagen legte er eine zitternde Hand an den Türrahmen und lugte in den Raum.
Drinnen herrschte trübe Finsternis, nur durchbrochen von wenigen Sonnenstrahlen, die durch hohe Fenster in den Raum fielen. Unzählige Staubteilchen tanzten durch diese Lichtkegel. Die Einrichtung entsprach in etwa der eines Rohbaus. Die einzigen zwei Unterschiede zu eben einem solchen waren die geschmacklose Blümchentapete und die geschätzten 25 Leichen, die auf dem Boden lagen. Der Anblick ähnelte einem Schlachtfeld aus einem Kirk Douglas-Sandalenfilm. Diese Toten hielten jedoch keine römischen Kurzschwerter in ihren bleichen Händen, sondern Weingläser. Hier und da klebte noch ein Rest roter Flüssigkeit an den Innenseiten der Gefäße.
Wie so viele Andere hatten sich diese Leute offenbar in ihrer Verzweiflung das Leben genommen, waren zusammengekommen um nicht miterleben zu müssen, wie alles den Bach hinunter ging.
Mittlerweile hatte das Schmatzen aufgehört. Im hinteren Ende des Raumes war ein kastenartiger Tisch platziert worden, ähnlich einem Altar in einer Kirche. Darauf ruhte ein weiterer Kadaver, bekleidet mit einem weiten, schwarzen Gewandt und behängt mit allerlei funkelndem Schmuck. Die Gesichtszüge wirkten entspannt.
Aufmerksam schritt Roger in seine Richtung. Er war sich sicher, die Geräusche von dort gehört zu haben. Aus der Nähe betrachtet mochte man fast meinen, der Tote hätte noch gelebt. Zögernd streckte Roger eine Hand aus, fühlte nach dem Puls des Liegenden. Vergeblich. Plötzlich ließ ein schneller Ruck den Körper erbeben. Mit einem gellenden Schrei sprang Roger einen Meter zurück und riss den Hammer in die Höhe. Und hieb zu. Zweimal. Dreimal. Und weiter. Erst als er sich sicher sein konnte, dass sich vor ihm nichts mehr rührte, senkte er das blutige Werkzeug wieder und entspannte sich. Er atmete schwer. Mit dem Hemdärmel wischte er sich ein Scheißrinnsal von der Stirn, das sich seinen Weg aus dem schütteren Haar bahnte.
Danach hob er seinen Kopf. Und blickte in das grässlichste Gesicht, das man sich an einer menschenähnlichen Gestalt vor stellen konnte. Durch den ganzen Schmutz starrten ihn trübe Augen an. Das breite, vernarbte Kinn triefte vom Blut, die Backen waren bis zum Bersten gefüllt. Keiner der Beiden rührte sich. Nicht einen Muskel. Schließlich, nach einer Ewigkeit, wie Roger meinte, öffnete sein Gegenüber den Mund. Sofort klatschte ein exorbitantes Stück frisches Fleisch auf den Boden.
Immer noch in seiner Erstarrung gefangen, bemerkte Roger gar nicht, dass das Wesen zu ihm redete.
„Wie, was?“, fragte er verwirrt.
Erneut deutete die Gestalt auf den breiigen Fleck, der einst der Kopf des Liegenden gewesen war.
„Was soll ’n der Scheiß?“ Die Stimme hätte jedem Grizzlybären zur Ehre gereicht.
„Was bist du? Eines von diesen, diesen Dingern?“
„Ne, nur hungrig.“
„Aber ein Mensch?“
„Vermutlich.“
„Was soll das heißen?“
„Kann ich dir leicht erklären.“
„Na gut, dann... Reden wir draußen, hier drinnen gefällt mir die Atmosphäre nicht.“
„Darf ich wenigstens noch aufessen?“
„Dann kannst du mein Mittagessen aber auch gleich noch dazu haben.“

Als sie zusammen vor das Haus und ins Licht traten, konnte Roger sich erstmals davon überzeugen, dass er es wirklich mit einem vollwertigen Menschen zu tun hatte. Naja, so sicher war er sich dann doch nicht, aber reden konnte sein Gegenüber. Und das war eine bezeugte Eigenschaft eines Menschen. Was auch immer dieses Wesen war, es hatte sowohl eine Größe, die wunderbar mit der Stimme harmonierte, als auch eine solche Körperbehaarung. Der gigantische Körper steckte in einem Blaumann, oder was davon noch übrig war. Allerdings war die blaue Farbe längst einem ungesunden Grauton gewichen und das sicher nicht vom vielen Waschen.
„Wie heißt du?“ fragte Roger neugierig. Er hatte nicht angenommen, jemals wieder mit Seinesgleichen konfrontiert zu werden.
Der Hüne blähte seine Brust auf und donnerte los: „Ich bin der fünfte der vier Reiter der Apokalypse.“
Scheinbar hatte er sich schon die ganze Zeit darauf vorbereitet, um sein Auftreten möglichst spektakulär zu gestalten.
„Der Fünfte? Von Vier? Da ist doch was faul“, entgegnete Roger skeptisch.
„Pestilenz lässt ihre Leiber lebendig verfaulen, Hunger nimmt ihnen ihr Ansehen, Krieg reißt ihre Familien auseinander und Tod lindert all diese Leiden. Auf seine spezielle Art. Doch ich, ich bin viel schlimmer.“
„Hm?“
„Das kann selbst ein Blinder sehen: Ich bin die Insolvenz, überziehe das Land mit Krankheiten, Hunger und Krieg. Und Tod räumt das ganze wieder auf.“
Sichtlich stolz klopfte sich der Riese auf die Brust.
„Toll, ich nenne dich Schmock.“
„Schmock? Ist das nicht eine Beleidigung?“
„Da täuschst du dich. Mein Name ist übrigens Roger.“
Mit einem Lächeln hielt Schmock ihm die Hand entgegen. „Freut mich dich kennen zu lernen. Aber sag mal, ist Roger nicht eine Beleidigung?“

Eine anständige Unterhaltung zu führen hatte Roger sehr gefehlt. Wie ein altes Pärchen schritten sie den Weg zurück, den Roger gekommen war.
„Insolvenz, hm?“, murmelte Roger.
„Jop.“
„Und wie hast du es geschafft, bis heute am Leben zu bleiben?“
„Tja, hab mich so durchgebissen“, antwortete Schmock über beide Ohren grinsend. Als Roger Sekunden später den Witze bemerkte, lachte er kurz und gequält auf.
„Ich hoffe solche Späße sind bei dir die Ausnahme.“ Der spielerische Unterton verriet, dass die Frage nicht so ernst gemeint war, wie die Mimik vermuten ließ. Obwohl er noch nie ein großer Komiker gewesen war, hatte Roger seine kleine Portion Humor nicht verloren.
Lachend sahen sie sich an.
„Was hast du eigentlich vor dem Unfall gemacht?“, fragte Roger.
„Unfall?“
Erstaunt zog Roger eine Augenbraue nach oben.
„Also, meiner Ansicht nach sind die Nachwirkungen kaum zu übersehen.“
Mit dem Finger deutete er um sich, Ruinen und Müll regierten das gebotene Bild.
„Für mich war das eigentlich immer schon so. Solange ich mich erinnern kann“, antwortete Schmock.
„Wenn du seit deiner Geburt so lebst wie im Moment, ist das wirklich kein Wunder.“
„Aber wie sah denn dein Leben vor deinem Unfall aus?“
„Nicht sehr unterhaltsam, muss ich gestehen. Obwohl ich viel Geld hatte, war einfach alles, gelinde gesagt scheiße.“
„Ja, ja, ich verstehe. Aber bei mir war das ganz anders: Ich hatte noch nie viel Geld und trotzdem war alles scheiße.“
„Du hattest wenigstens keine Frau, die deine Würde in den Dreck gezogen hat. Keine Kinder, die nur an dein Vermögen wollten. Kein Personal, das dich aus tiefstem Inneren gehasst hat, weil wieder jemand der Arbeitsplatzeinsparung zum Opfer gefallen ist. Man ist dir mit Mitleid oder Abscheu entgegengetreten, doch sicher nicht mit Böswilligkeit. Dir gab man eine kleine Spende, damit du dir etwas zu Essen leisten konntest. Mir gab man sie, damit den Mund hielt oder die Drecksarbeit erledigte.“ Ekel schwang in Rogers Stimme mit.
„Hört sich an, als würdest du gerne so leben wie im Augenblick.“
„Das ist richtig. Noch nie zuvor habe ich so viele Freiheiten genossen wie jetzt. Und „genossen“ ist ein absolut passender Ausdruck. Ich kann mir denken, dass es sich verrückt anhört, doch der schreckliche Unfall kam mir eigentlich ziemlich gelegen. Ich weiß nicht, wie lange ich sonst noch durchgehalten hätte.“
„Du hast Recht, das hört sich wirklich verdammt verrückt an.“
Damit war das Gespräch beendet. Schweigend durchquerten sie die Ruine einer Bibliothek. Früher hatte hier das gesammelte Wissen der Menschheit in den Regalen gelagert, doch davon waren nur noch einige verkohlte Buchrücken übrig. Die Welt hatte eine schwierige Phase durchgestanden und schöpfte neue Kraft für einen Neubeginn. Ohne die Menschen.

Kurze Zeit später begann es zu dämmern. Die Sonne senkte sich gemächlich dem Horizont entgegen, färbte den Himmel in verschiedenen Rot- und Orangetönen.
Roger sah von seinen Schuhen auf in die Höhe und durchbrach des Schweigen: „Weißt du, wenn die Abenddämmerung so intensiv und bunt ist, heißt es, dass der nächste Tag schönes Wetter mit sich bringt.“
„Sagt wer?“
„Irgendwelche Bauern.“
„Nichtsdestotrotz sollten uns für heute einen Ort zum Übernachten suchen. Ich habe nämlich keine Lust auf dem Beton zu schlafen.“
„Wenn man sich daran gewöhnt hat, ist der Boden gar nicht mehr so hart.“
Roger grinste.
„Ich allerdings bevorzuge Betten zum Schlafen. Das bin ich so von früher gewohnt.“
„Und woher willst du auf die Schnelle ein Bett finden, das niemand vermisst oder gerade benötigt?“
„Schau dich doch mal um,“ meinte Roger mit leicht belehrendem Ton. „Die Welt ist voller weicher Matratzen und anderen angenehmen Schlafmöglichkeiten.“
Verwirrt blickte Schmock um sich.
„Du willst dir einfach so eins nehmen, also klauen.“
„Ich bin mir sicher, die Besitzer werden es nicht vermissen.“
„Du bist wirklich ein komischer Vogel.“
Inzwischen waren sie in einem Wohngebiet angelangt. Die Häuser reihten sich Wand an Wand nebeneinander, mit ausgestreckten Armen wäre man in den Zwischenräumen stecken geblieben. Vor jeder Haustüre lag ein klitzekleiner Garten mit Porzellanfiguren und einer grün lackierten Schaukel. Früher hätte man in dieser Gegend aus den vielen Küchen das Klappern von Geschirr hören können. Fernseher hätten die neusten Nachrichten aus der ganzen Welt verbreitet. Doch alles war still, nichts regte sich. Eine verlassene Geisterstadt.
Behände sprang Roger über einen Gartenzaun und landete auf dem wild wuchernden Rasen. Die Haustüre stand weit offen. Nur das Fliegengitter versperrte die freie Sicht ins Innere. Nachdem er vergeblich daran gerüttelt hatte trat Roger den Holzrahmen wuchtig aus seiner Fassung.
Schmock blieb ratlos vor der niedrigen Gartentüre stehen während sein neuer Freund im dunklen Flur verschwand. Er wartete. Als ihm die Situation schon unbehaglich wurde und er sich zum Gehen wandte, stolzierte Roger mit je einer Matratze unter seinen Armen durch den Rahmen.
„Da bist du ja endlich. So was hab ich noch nie gemacht.“
„Glaub mir, dein Leben könnte so viel angenehmer sein.“
„Du hast vielleicht Nerven.“
„Hat doch niemanden gestört, oder?“
„Hast ja recht. Komm, suchen wir uns ’n nettes Plätzchen.“

Und sie fanden ein solches Plätzchen. Es lag in einem beschaulichen Kinderspielplatz. Es würde eine klare Nacht werden, man konnte sogar die ersten Sterne am Firmament leuchten sehen. Obwohl die Sonne schon untergegangen war, herrschte noch immer eine angenehme Temperatur.
Roger und Schmock lagen nebeneinander auf ihren neuen Betten und starrten Löcher in die Luft.
„Du glaubst mir gar nicht, wie lange ich mich nach so etwas gesehnt habe,“ nuschelte der Riese. Seine Füße ragten weit über den Rand der Matratze. „Weißt du, wenn man als Landstreicher lebt, wünscht man sich oft, man hätte andere Entscheidungen getroffen. Solche, die einen davor bewahrt hätten, als Pfandflaschensammler dahinzuvegetieren. Diese Matratze allerdings stellt mich fürs Erste zufrieden.“
„Ist schon ein feines Stück Zivilisation.“
Roger hatte die Arme wie ein Kissen hinter seinem Kopf verschränkt.
„Durch nichts zu ersetzten,“ stellte Schmock fest. Seine Euphorie wurde nur durch seine Wohlbefinden übertroffen.
„Jep.“
„Und diese Federung.“
„Als hätten wir sie frisch aus dem Baumarkt.“
„Wo es so wundervoll nach Sägemehl und Lack riecht.“
Mit geschlossenen Augen versetzte sich Roger in Gedanken in ein solches Geschäft. Die Schlange vor einer der vielen Kassen zog sich durch den halben Markt. Fluchende Menschen, spielende Kinder und verzweifelte Angestellte prägten das Bild. Ein Stückchen Chaos in einer sonst so geregelten Welt. Und da war er wieder, dieser Duft. Sägemehl und Lack. Ein wenig Pflanzendünger gesellte sich dazu, als ein älterer Herr mit seinem vollen Einkaufswagen vorüberzog. Quer durch die Halle drang das cholerische Brüllen eines Kunden. Ein bisschen Entspannen, den Kopf in die Blumenabteilung hängen.
„Das Ganze fehlt mir irgendwie. Dort konnte man einfach man selbst sein“, flüsterte Roger verträumt.
„Geh doch morgen früh hin, wenn es dir so gut gefällt,“ schlug Schmock vor.
„Es wäre nicht das selbe ohne die Leute. Sie haben das Gefühl erst vervollständigt.“
Aus den Augenwinkeln schielte Schmock zu ihm herüber. „Ich werde einfach nicht schlau aus dir,“ bemerkte er mit einer Spur Hoffnungslosigkeit. „Lass mich jetzt schlafen, morgen wird sicher wieder ein anstrengender Tag.“
Noch lange lag Roger wach und dachte über seine Situation nach. Jetzt, da er einen Gefährten gefunden hatte, vermisste er irgendwie auch den Rest der Menschheit.

Er hatte noch nicht lange geschlafen, da weckte ihn ein unangenehmes Geräusch. Ein Röcheln. Und es kam näher. Irgendjemand oder irgendetwas schlich sich durch den Spielplatz.
Roger fuhr hoch und drehte suchend seinen Kopf hin und her. Etwa zwanzig Meter von ihm entfernt konnte er Schmock ausmachen. Zumindest einen seiner Füße, der schleunigst hinter der nächsten Ecke verschwand.
„Wo rennst du hin? Bleib hier!“, rief er mit gedämpfter Stimme.
Der Riese spurtete weiter und aus Rogers Sichtfeld, doch das Hecheln hielt kurz inne. Und änderte seine Richtung, direkt auf ihn zu. Lautlos huschte Roger hinter eine rostige Rutsche und ging in die Hocke. Mit einem Keifen wetzte ein Untoter an ihm vorbei. Vor den zwei Matratzen bremste er ab und kniete nieder. Gierig beugte er sich weiter hinab und begann an ihnen zu schnüffeln. Wie ein Hund. Er suchte nach seiner Beute, seinem Abendessen. Er suchte nach Roger. Sein fauliger Grabensgeruch umhüllte ihn wie eine Dunstschwade.
Um einem Tod im Magen eines Zombies vorzubeugen schlich sich Roger an seinen Feind an. Da dieser mit dem Rücken zu ihm stand, kein sehr schweres Unterfangen. Plötzlich riss der Untote den Kopf in die Höhe und lauschte. Nur das Pfeifen des herabschnellenden Hammers durchbrach die unheimliche Stille.
Zufrieden mit sich selbst wischte sich Roger die blutüberströmten Hände an seiner Hose sauber. Er gehörte halt doch noch nicht zum alten Eisen, wie seine früheren Kollegen immer gesagt hatten. Diesem Bastard hier hatte er es richtig gegeben.
Das Splittern von Holz ließ ihn jedoch gleich wieder aufschrecken. Die Bestie war nicht alleine auf der Jagd gewesen, hatte gleich Verstärkung mitgebracht. Erneut hob Roger den Hammer.
Sie waren zu zweit.

In einer Realität fern der von Roger erreichten die zwei Polizisten den Spielplatz. Sofort erblickten sie den Leichnam ihres Kameraden und rissen die Dienstwaffen aus den Holstern.
Etwas war an diesem Ort gewaltig schief gegangen. Wie von Sinnen stürmte ein heruntergekommener Mann auf einen von ihnen ein. Er schwang einen Hammer. Gleich der erste Schuss traf ihn tödlich. Hinter dem Anruf wegen eines Einbruches und Bettendiebstahls steckte wohl mehr als ein normaler Krimineller.

 

Hallo Psyco,

ja, ganz unterhaltsame Geschichte, stellenweise auch was zum Schmunzeln. Da hebe ich mal das Kennenlernen der beiden Protagonisten hervor. Das war wirklich gut. Ansonsten wirkt das Ganze für mich aber eher wie für Satire geeignet als für Humor, da für meinen Geschmack zu viel Sozial- und Gesellschaftskritik drin ist.
Ansonsten fand ich, dass sich der Anfang ziemlich gezogen hat. Da hättest du, für meinen Geschmack, schneller auf den Punkt kommen sollen. Das war schon arg an der Schmerzgren, zu mal auch nicht viel humorvolles in dem Part passiert. Du beschreibst einfach "nur" die Situation, aber ohne wirklich zündende Idee oder was aufregend neues wo man "innehält" und aufmerksamer wird. Du leierst das einfach nur so runter.

Diesem Landstrich und ging es so gut wie noch nie
Das und dürfte zu viel sein ;)

Alles in allem nette kleine Geschichte, durchaus unterhaltsam, aber ein wenig Straffung täte ihr gut. Und vielleicht auch eine andere Rubrik.

Gruß
Lemmi

 

Moin Psyco,


Schade.
Die Geschichte ist eigentlich ziemlich gut. Du lässt dir genügend Zeit für die Atmosphäre (wenngleich am Anfang auch ein paar mehr Pointen gut getan hätten), zeichnest deine Charaktere ganz gut, bringst leichte satirische Spitzen, hast teilweise schöne Dialoge drin. Passt fast alles (abgesehen von der erwähnten Pointenknappheit zu Beginn).

Und dann kommt das Ende und macht zumindest für mich ziemlich viel kaputt. Bis dahin war die Atmosphäre schön skurril und ein wenig abgedreht. Und dann - zack! - alles nur ein Traum, Roger nur ein Verrückter, der sich das mit der Endzeit nur eingebildet hat. Ich würde dir dringend den Rat geben, das Ende (mit den Polizsten) wegzulassen - kommt echt gezwungen daher. Ich persönlich hätte es cool gefunden, wenn du am Ende so richtig Spannung aufgebaut hättest (Zombies) und die dann komplett in Luft aufgelöst hättest. Ungefähr so:
Das Splittern von Holz ließ ihn jedoch gleich wieder aufschrecken. Die Bestie war nicht alleine auf der Jagd gewesen, hatte gleich Verstärkung mitgebracht. Erneut hob Roger den Hammer, schlug dem Viech den Kopf ab und legte sich wieder schlafen.

Nur ne Idee, ist natürlich dir überlassen. Aber den letzten Absatz... huiuiui

Gemütlich schlenderte Roger eine leere Einkaufsstraße entlang, nippte an der bräunlichen Brühe in seiner Tasse.
und nippte
Da dieses sich jeden Abend woanders befand, bedeutete dies, dass er den Wagen so lange vor sich her schob, bis er einen geeigneten Ort gefunden hatte.
Hmm... weiß nicht, den Satz find ich irgendwie doof. Vorschlag: und transportierte den Fang zu seinem Nachtlager, das er jede Nacht woanders aufschlug.
Die einzigen zwei Unterschiede
einzigen beiden
„Wie, was?“, fragte er verwirrt.
Hier wird nicht ganz klar, wer fragt.
Ich bin der fünfte der vier Reiter der Apokalypse.
Ron, der Milchmann? :D
Ich bin die Insolvenz
hihi
„Tja, hab mich so durchgebissen“, antwortete Schmock über beide Ohren grinsend. Als Roger Sekunden später den Witze bemerkte, lachte er kurz und gequält auf.
„Ich hoffe solche Späße sind bei dir die Ausnahme.“ Der spielerische Unterton verriet, dass die Frage nicht so ernst gemeint war, wie die Mimik vermuten ließ. Obwohl er noch nie ein großer Komiker gewesen war, hatte Roger seine kleine Portion Humor nicht verloren.
Hier schreibst du gefühlte sieben Mal, daß der Witz von Insolvenz nicht so toll war. Einmal reicht eigentlich ;)
„Hat doch niemanden gestört, oder?“
„Hast ja recht. Komm, suchen wir uns ’n nettes Plätzchen.“
Dieser Dialog flacht irgendwie ab. Da wäre irgendeine kleine Pointe zur Abrundung nicht schlecht.
Mit einem Keifen wetzte ein Untoter an ihm vorbei.
Woher weiß Roger, daß es ein Untoter ist?

 

Tag Lemi, Tag Gnoebel,
Der pointenlose Anfange und die Witzearmut sind wohl die Folge meines Vorhabens, eine ernste Geschichte zu schreiben. Allerdings ging die Rechnung nicht auf, ich konnte mich einfach nicht zurückhalten...
Für die angemerkten Problemzonen meiner Geschichte werde ich mir noch Alternativen überlegen.
Aber jetzt zum Hauptkritikpunkt: Die Aufllösung.
Würde ich deinen Vorschlag oder etwas Vergleichbares nehmen, wären große Teile meiner Geschichte sinnlos.

„Das Ganze fehlt mir irgendwie. Dort konnte man einfach man selbst sein“, flüsterte Roger verträumt.
„Geh doch morgen früh hin, wenn es dir so gut gefällt,“ schlug Schmock vor.
„Es wäre nicht das selbe ohne die Leute. Sie haben das Gefühl erst vervollständigt.“
Aus den Augenwinkeln schielte Schmock zu ihm herüber. „Ich werde einfach nicht schlau aus dir,“ bemerkte er mit einer Spur Hoffnungslosigkeit.
Ich müsste alle Anspielungen herausnehmen und weiß nicht, wie ich das anstellen soll.

 

HI!

Ganz nett die Kg, gut geschrieben, spannend und eine tolle Idee, erinnert mich irgendwie an 28 days later.
Das Ende gefällt mir aber auch nicht so gut, so plötzlich und du machst damit die Kg irgendwie kaputt, sry.
Da ich weiß, wie schwer das mit den Enden ist, gefällt mir die Kg als Ganzes aber doch gut, hab ich gerne gelesen.

MFG Steeerie

 

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