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Besuch der Tochter

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03.09.2024
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Besuch der Tochter

Gleis drei. Viertel nach fünf. ICE 1157. Mehr stand nicht in der Nachricht. Der Zug kommt tatsächlich pünktlich. Rudloff steht am Bahnsteig und beobachtet die aussteigenden Menschen. Klappernde Rollkoffer werden an ihm vorbeigeschoben, der rote Sekundenzeiger der Bahnhofsuhr dreht seine Runden. Die Zugtüren schließen, er wartet, bis der Zug abfährt. Sie ist nicht gekommen. Kann sie auch nicht. Wie soll das gehen, er hat keine Tochter. Der Bahnsteig leert sich. Zwei Männer stehen weiter hinten, warten in ihren dunklen Mänteln auf etwas. Sie wirken verloren, deplatziert, so wie er. Dabei ist der Zug längst weg. Er dreht sich um, die Rolltreppe funktioniert nicht, fluchend nimmt er die Treppe.
Auf dem Rückweg zum Auto bleibt er vor einem Laden stehen. Er hat es geschafft, ein paar Tage nicht zu trinken. Jetzt ist es egal, er kauft zwei Flaschen. Die eine trinkt er auf dem Weg zum Auto, die andere auch. Er steigt ein und hasst sich. Sich und die Welt. Gleichzeitig überkommt ihn ein Gefühl der Erleichterung. Er hat es versucht. Hat nicht geklappt. Unwichtig. Alles andere läuft nach Plan. Er muss lachen, wie ging das noch? Ja, mach nur einen Plan, sei nur ein großes Licht? Im Theater war er schon seit Jahren nicht mehr, Theater hat er im Leben ausreichend. Und auch auf den Straßen gibt es genug davon, Weihnachtsbeleuchtung, Tannenbäume, das ganze Programm. Die ganze Stadt in klebrige Watte gepackt, im Weihnachtswahn, rote Mützen, weiße Bärte, Spekulatius und Schokolade. Im Radio dudelt „White Christmas“, er schaltet es aus. Plan A ist: Nach Hause fahren und warten. Er hat einen kleinen Weihnachtsbaum an das Fenster gestellt, sodass er von außen gut sichtbar ist. Ein paar Kugeln aus dem Baumarkt drangehängt, Lichterkette drumgewickelt, fertig. Natürlich nicht für seine Tochter, die es nicht gibt. Nur zur Tarnung. So ist eben der Plan. Aber er entscheidet sich gegen Plan A. An einer Ampel biegt er nach rechts ab.

Rudloff geht durch die Schranke an der Security vorbei. Ohne Ausweis, den haben sie ihm abgenommen, aber er kennt die Wachleute. Ein Nicken zur Begrüßung, dann ist er durch. Das Büro ist im dritten Stock. Er wartet vor dem Fahrstuhl, der Mann an der Rezeption ist neu, Rudloff fühlt seinen Blick im Rücken. Als der Fahrstuhl das Erdgeschoß erreicht, ertönt der vertraute Gong. Die Schiebetür öffnet sich, er drückt die Taste und starrt sich im Spiegel an. So sieht also einer aus, der hier nicht mehr hergehört. Grauer Mantel, Rollkragenpullover, Tränensäcke unter den Augen. Vermutlich sieht er aus wie die beiden Typen am Bahnsteig, die er vorhin beobachtet hat. Immerhin passt seine Haarfarbe zum Mantel.
Er tritt aus dem Aufzug. Sein ehemaliges Büro ist unverschlossen. Er hat es ausgeräumt, schon letzten Monat. Der leere Schreibtisch steht noch, das Regal ebenfalls, die Wände sind kahl. Es riecht nach Desinfektionsmittel. Nichts erinnert mehr an ihn, außer der Palme in der Ecke. Anfangs war sie so klein, dass sie auf dem Tisch stand. Er musste sie mehrmals umtopfen, nun steht sie in der Ecke am Fenster und hat fast seine Größe. Er hebt die Pflanze samt Ballen an, greift nach dem, was darunter liegt und steckt es in die Manteltasche. Als er sich umdreht, steht ein Mann auf der Türschwelle, die Arme vor der Brust verschränkt.
„Was tun Sie hier, Rudloff?“
„Nach meiner Palme sehen.“
„Wie sind Sie hier reingekommen?“, fragt sein Chef.
„Durch die Tür, Hartmann.“
„Werden Sie mal nicht pampig, ihre Anwesenheit ist weder erlaubt, noch erwünscht! Sie bringen das ganze Projekt in Gefahr, verdammt! An Ihrer Stelle würde ich den Rückweg antreten, sonst hilft der Sicherheitsdienst nach!“
„Glauben Sie, der kann Ihnen noch helfen?“ Er greift in die Manteltasche.
Hartmann geht einen Schritt zurück. „Machen Sie keinen Scheiß, Mann!“
Rudloff zieht die Flasche heraus und schraubt sie auf. Nimmt einen Schluck. Die Flasche verschwindet wieder im Mantel.
„Dachte schon, Sie hätten die Seiten gewechselt“, sagt Hartmann und entspannt sich.
„Will ich eigentlich nicht, wenn Sie die Kündigung zurücknehmen“, sagt Rudloff.
„Wollen Sie mir drohen? Ihre Abfindung finde ich viel zu großzügig, wenn Sie mich fragen. Bringen Sie es zu Ende, wie auch immer! Und hören Sie mit dem Saufen auf! Sie sind ein unkalkulierbarer Alkoholiker, wie oft hatten wir das Thema? Ich habe Ihnen jahrelang den Arsch gerettet. Irgendwann ist Schluss! Muss ich den Sicherheitsdienst bemühen? Sie haben vermutlich sowieso alles versaut.“
„Es sind jämmerliche Amateure“, sagt Rudloff.
„Natürlich!“, sagt Hartmann. „Wissen Sie noch, worum es geht? In welcher Welt leben Sie eigentlich?“
„In der realen, in einer Wohnung mit fremdem Namensschild, einem verkrüppelten Tannenbaum und ohne Tochter.“
„Die Idee mit dem Abholen ihrer Tochter am Bahnhof kommt von mir. Wir wollten eine Spur legen und sie wurde hoffentlich angenommen.“
„Sie hätten wenigstens eine hübsche Dame in den Zug setzen können.“
„Gab keine Notwendigkeit. Wenn die Tochter nicht kommt, hat das was Vertrauenswürdiges, richtig aus dem Leben gegriffen. Kauft jeder. Hat so eine tragische Komponente, gerade jetzt und bei Ihnen. Ziemlich genialer Einfall. Wir konnten denen ja nicht einfach ihre Adresse mitteilen, da wären die misstrauisch geworden. Sie sollten sie nicht zu lange warten lassen!“
Rudloff nimmt einen weiteren Schluck und behält die Flasche in der Hand. Wortlos geht er zum Aufzug ohne Hartmann anzusehen. Draußen auf dem Vorplatz steht ein riesiger funkelnder Weihnachtsbaum. Hier. Das war ihm vorhin gar nicht aufgefallen. Er wird nachlässig, vielleicht trinkt er wirklich zu viel.

Vor seiner Garage geht er um das Haus. Der Weihnachtsbaum ist durch das Fenster gut zu sehen, er hat die Lichterkette angelassen. An der Wohnungstür prüft er den Tesastreifen unten an der Tür. Klebt noch, es ist keiner da. Er schließt die Tür auf und drückt sie wieder zu. Licht an. Kühlschrank auf. Alles drin, Gin, Bier, Wein. Er braucht jetzt einen Gin Tonic. Er lässt zwei Eiswürfel in das Glas gleiten, das leise Klirren des Eises, das Gluckern des Gins und das Rauschen des Tonicwaters hat etwas Erotisches. Er nimmt das kalte Glas, presst etwas Limettensaft hinein und hält es gegen die Stirn. Er setzt sich in den Sessel mit dem Rücken zum Weihnachtsbaum. Den wird er morgen sowieso entsorgen. Mit allem anderen. Er hasst dieses Weihnachtsgedöns, diese Symbole für, ja, was? Nächstenliebe, Familienglück, Religiosität? Gott im Himmel, an den glaubt er auch nicht. Er sitzt dort, den Mantel hat er nicht ausgezogen und nimmt einen kleinen Schluck. Er schmeckt die leichte Bitterkeit, den erfrischenden
Limettengeschmack, spürt die Schwere des Glases, das im Licht funkelt. So wunderschön. Er wartet. Nach dem dritten Gin hört er das Schaben. Er hat nicht verriegelt, die Tür soll unbeschädigt bleiben. Ein paar Sekunden später stehen zwei Männer vor ihm, einer von ihnen zielt mit einer Waffe auf ihn.
„So, Freundchen!“, sagt der mit der Waffe, Rudloff schießt sofort. Der erste Schuss trifft den Mann in den Bauch, der zweite in die Brust. Keine Schutzwesten. Der Mann taumelt rückwärts, lässt die Waffe fallen, versucht etwas zu sagen und stürzt auf den Boden. Die Arme greifen nach etwas, was nicht da ist, roter Schaum blubbert vor seinen Lippen, die Beine treten ins Leere. Er bäumt sich auf, den Rücken durchgedrückt, ein Schwall Blut spritzt aus seinem Mund, dann sackt er in sich zusammen.
Der andere Mann starrt entsetzt auf seinen Kollegen, hält die Hände vors Gesicht und sieht dann zu ihm.
„Jämmerliche Amateure!“, sagt Rudloff und greift sich das Glas mit dem Gin. Schwenkt es, die Eiswürfel klirren leicht.
Der Mann kommt auf ihn zu, die Hände bittend gefaltet. „Wir wollten nicht …“
„Noch einen Schritt und du liegst neben dem da“, sagt Rudloff und zeigt auf den Toten.
Der Mann bleibt stehen. Geht auf die Knie. Schluchzt.
Rudloff nimmt einen Schluck.
„Geh zurück!“, sagt er. „Du bist auf meinem Teppich. Wenn ich dich erschießen muss, saust du mir alles voll!“
Der Mann kriecht zurück, weint.
„Wir machen es einfach“, sagt Rudloff. „Auftraggeber, dein Name, der Name deines Kollegen, fünf Sekunden.“
„Bitte!“, windet sich der Mann. „Sie haben doch eine Tochter, sie müssen ein Herz haben!“
„Ich habe weder eine Tochter, noch ein Herz“, sagt Rudloff. „Ihr habt meinen Account gehackt und geglaubt, dass ich das nicht merke? Termin am Bahnhof, um Töchterchen abzuholen, den ganzen Scheiß habt ihr gekauft? Zwei Sekunden!“
„Wir wollten nur ihre Computer und den Laptop“, sagt der Mann. „Ich heiße Vincent, Vincent Dürrenmatt.“
„Haha“, sagt Rudloff. „Das ist jetzt wenigstens originell. Willst du mich verarschen?“
„Sagen alle, ich kann nichts dafür!“, sagt der Mann.
„Kennst du das? Flieh, die Glocke dröhnt, die Glocke des Verrats. Oder so ähnlich. Ich weiß das noch, haben wir mal aufgeführt in der Theater-AG, als ich jung war, ich war der Pfarrer.“
„Wovon reden Sie?“
„Wer hat euch beauftragt?“, fragt Rudloff.
„Fünfhundert Euro“, sagt der Mann. „Mehr weiß ich nicht.“
„Geh etwas zurück!“, sagt Rudloff.
Der Mann kriecht nach hinten, den Kopf leicht gebeugt.
Rudloff schießt ihm in den Hinterkopf. Der Mann kippt nach vorne, Rudloff stößt ihn mit dem Fuß zurück. Der Teppich hat nichts abbekommen. Er durchsucht die Toten, findet nichts. Er hat nichts anderes erwartet.
Er ruft Hartmann an.
„Und?“, fragt der.
„Für mich ist Feierabend“, sagt Rudloff.
„Wie viele?“
„Zwei.“
„Ich schicke jemanden“, sagt Hartmann.
Eine Weile bleibt es still. Rudloff weiß, dass sie längst unterwegs sind. Oder schon da sind.
„Schicken Sie meine Tochter!“, sagt er. „So, wie sie gewesen wäre.“
Wieder gibt es eine Pause.
„Keine Tricks?“, fragt Hartmann.
„Ich warte hier“, sagt Rudloff.
„Weil bald Weihnachten ist“, sagt Hartmann.
„Danke!“, sagt Rudloff.
Er geht zum Kühlschrank. Eis, Gin, Tonic, Limettensaft, er hält das Glas ins Licht. Als es zwanzig Minuten später klingelt, drückt er den Summer und bleibt in der Tür stehen. Eine hübsche Blondine kommt die Stufen herauf.
„Darf ich?“, fragt sie.
Er macht eine einladende Geste und tritt zur Seite.
„Meine Tochter ist immer willkommen. Möchten Sie vielleicht einen Gin?“, fragt er.
„Ich trinke nicht“, sagt sie und sieht sich in der Wohnung um. Steigt über die beiden Toten.
Er zuckt mit den Schultern. „Keine Zeit zum Aufräumen.“
„Wenigstens ist der Teppich sauber“, sagt sie und legt ihren Mantel über einen Stuhl. Enge Jeans mit breitem Gürtel, Rollkragenpullover, braune Stiefel, Lederhandtasche. Die legt sie nicht ab. Weiß der Teufel, wo Hartmann diese Frau angeheuert hat.
„Ich darf noch austrinken?“, fragt er.
Sie nickt und streicht die Haare nach hinten.
„So kurz vor Weihnachten schlage ich wenige Wünsche aus“, sagt sie.
„Darf ich fragen, wie Sie heißen? Ich werde es vermutlich nicht verraten können.“
„Maria“, sagt sie.
„Und weiter?“
„Rudloff.“
Einen Augenblick stutzt er, sieht sie an. Wenn sie lächelt, ist sie noch hübscher. Auch er muss lächeln, fast möchte er den Hut ziehen vor ihr und Hartmann. Er setzt sich auf den Sessel vor dem Baum.
„Da ist es nicht gut“, sagt sie. „Sie wissen schon, der Teppich!“
„Ja“, sagt er und steht auf.

 

@Jaylow Hallo, starke Story. Macht neugierig auf die Auflösung. Vielleicht gibt es die nicht. Liest sich sehr spannend, aber man wartet immer darauf zu erfahren, worum es eigentlich geht. Warum war er Pfarrer und ist jetzt eine Art Geheimdienstmitarbeiter? Warum ist er so brutal zu den Einbrechern? Wohl nur kleine Fische. Macht einen irgendwie betroffen. Aus welchem Stück von Dürrenmatt wird dort zitiert? Der Richter und sein ... Mehr kenne ich eigentlich gar nicht, außer Die Physiker. Soll das ein Skript für einen Roman, wohl Thriller, werden?
Lässt viele Fragen offen. Trotzdem gut die Weihnachtsstimmung eingefangen.
Gruß FK

 

Hallo @Frieda Kreuz,

herzlichen Dank für deine Zeit!

aber man wartet immer darauf zu erfahren, worum es eigentlich geht. Warum war er Pfarrer und ist jetzt eine Art Geheimdienstmitarbeiter?
Ich wollte eine gewisse Atmosphäre einfangen, hatte Krimis aus den 80ern vor Augen, Protagonist desillusioniert und fertig, meist Alkoholiker, jedenfalls am Ende. Am Rande des Trashigen von Tarantino und den Coen Brothers, Pfarrer ist er nicht, das war nur eine Episode aus seiner Jugend, in der er in einer Theater-AG den Pfarrer spielt in Dürrenmatts "Besuch der alten Dame". Ich denke, das ist auch ordentlich beschrieben, ob alles andere ausreichend erzählt oder zu diffus ist, bleibt aber natürlich die Frage.

Grüße nach Friedrichshain sendet

Jaylow

 

Hallo @Jaylow,

für mich hast du eine atmosphärisch dichte zwei Drittel Story geschrieben, ihr fehlt ein wirkliches Ende. Das müsste nicht mal auserzählt sein, es kann auch offen bleiben, aber so wie er momentan ist, lässt der Text zuviele Fragen unbeantwortet. Ich als Lesender erfahre weder, was die beiden Amateure von dem Prota wollen (warum Laptop und PC?), noch warum er gekündigt wurde und final umgebracht wird.
Der Ausklang der Geschichte erschöpft sich in dem Bonmot, dass die junge Killerin seinen Namen trägt und ihn vom Teppich herunter dirigiert, wie er es ebenfalls mit seinem Verfolger getan hat.
Spannung zu taggen, ist passend, Seltsam wäre es auch, Weihnachten als Tag dagegen nicht unbedingt, die Geschichte spielt zwar zur Weihnachtszeit, hat für mich jedoch außer dem fingierten Tochterbesuch und dem Kunstbaum im Fenster keinen starken Bezug zum Thema, sie streift es nur als Kulisse immer wieder.

Jetzt ist es egal, er kauft zwei Flaschen.Die eine trinkt er auf dem Weg zum Auto, die andere auch.
Vom Laden zum Auto sind es wie lange, drei Minuten? Bier geht vllt. noch, aber Schnaps? Wenn, dann nur als Minis oder Portionsflaschen. Warum müssen es zwei sein?
Sie sind ein unkalkulierbarer Alkoholiker, wie oft hatten wir das Thema?
redundant.
„Die Idee mit dem Abholen ihrer Tochter am Bahnhof kommt von mir. Wir wollten eine Spur legen und sie wurde hoffentlich angenommen.“
Das lese ich als Info von der Autorin an die Lesenden, denn beide Figuren dürften das wissen, also unnötig, darüber zu sprechen?
Er schließt die Tür auf und drückt sie wieder zu. Licht an. Kühlschrank auf. Alles drin, Gin, Bier, Wein. Er braucht jetzt einen Gin Tonic. Er lässt zwei Eiswürfel in das Glas gleiten, das leise Klirren des Eises, das Gluckern des Gins und das Rauschen des Tonicwaters hat etwas Erotisches. Er nimmt das kalte Glas, presst etwas Limettensaft hinein und hält es gegen die Stirn. Er setzt sich in den Sessel mit dem Rücken zum Weihnachtsbaum. Den wird er morgen sowieso entsorgen. Mit allem anderen. Er hasst dieses Weihnachtsgedöns, diese Symbole für, ja, was? Nächstenliebe, Familienglück, Religiosität? Gott im Himmel, an den glaubt er auch nicht. Er sitzt dort, den Mantel hat er nicht ausgezogen und nimmt einen kleinen Schluck. Er schmeckt die leichte Bitterkeit, den erfrischenden (hier den Zeilenumbruch im Text streichen) Limettengeschmack, spürt die Schwere des Glases, das im Licht funkelt. So wunderschön. Er wartet. Nach dem dritten Gin hört er das Schaben. Er hat nicht verriegelt,
Schon beim ersten Überfliegen hat mich das angesprungen, in der Vielzahl der wiederholten Satzanfänge nervt das, besser mehr variieren.
„Wir wollten nur ihre Computer und den Laptop“, sagt der Mann.
Das bleibt so nebulös hängen, wofür brauchen sie die Geräte? Warum agieren sie so unprofessionell?
„Wer hat euch beauftragt?“, fragt Rudloff.
„Fünfhundert Euro“, sagt der Mann. „Mehr weiß ich nicht.“
Okay, daraus lässt sich schließen, dass die beiden nur einen Job übernommen haben und selbst nichts wissen. Wer weiß denn mehr, die Autorin?
Der Mann kriecht nach hinten, den Kopf leicht gebeugt.
Rudloff schießt ihm in den Hinterkopf. Der Mann kippt nach vorne, Rudloff stößt ihn mit dem Fuß zurück.
MMn Chance vertan auf einen Schluss hinzuarbeiten. Du nimmst die einzig verbleibende Figur aus dem Spiel, die sinnstiftende Anworten geben könnte und die Spannung fällt etwas in sich zusammen.
„Zwei.“
„Ich schicke jemanden“, sagt Hartmann.
Eine Weile bleibt es still. Rudloff weiß, dass sie längst unterwegs sind. Oder schon da sind.
„Schicken Sie meine Tochter!“, sagt er. „So, wie sie gewesen wäre.“
Wieder gibt es eine Pause.
„Keine Tricks?“, fragt Hartmann.
„Ich warte hier“, sagt Rudloff.
Warum wird er umgebracht und scheint es auch noch im Voraus zu wissen? Und ergibt sich seinem Schicksal, ist es so unausweichlich? Auch hier ergibt sich die Logik für mich nicht aus der Geschichte.
„Da ist es nicht gut“, sagt sie. „Sie wissen schon, der Teppich!“
„Ja“, sagt er und steht auf.
Warum schert sie sich um den Teppich in einer fremden Wohnung mehr als um den Menschen? Dieses Teppich-schon-Ding ist schon auch sehr zynisch.

Durch den Titel und den roten Hering "Dürrenmatt" weist du auf den "Besuch der alten Dame", eine Rachegeschichte, in der es um moralische Verkommenheit bis hin zum Mord durch die Gier nach Geld und Besitz geht. Warum rekurriert deine Geschichte nicht auf diesen Bezug und erfüllt dieses Versprechen?
Wie könnte das aussehen? Nur mal als möglicher Genre-Plot: Der Prota weiß etwas, das für seinen Vorgesetzten, seine Kollegen und den gesamten Dienst gefährlich werden könnte. Z.B. irgendeine Liste mit Doppelagenten, eine geplante inoffizielle Aktion, what ever. Auf ihn wird ein Kopfgeld ausgesetzt, sein Verrat/Verkauf der Information wird befürchtet, sie wollen ihn silencen. Die beiden Amateure sind von Hartmann bezahlt, was der Prota später durchschaut, als noch mehr Leute versuchen, ihn umzubringen. Und die angebliche Tochter ist per Zufall seine wirkliche, von der keiner etwas wusste, auch Hartmann nicht und das offenbahrt sich in der Schlussszene, wo sie ihn nicht umbringt, denn sie ist ja die Tochter und nicht die alte Dame. Und sie feiern ein kurzes intensives Weihnachten, bevor sie sich dem Zugriff der Dienste durch Flucht in eine neue Existenz entziehen. Damit hättest du auch einen reellen Bezug zu Weihnachten.
Oder eine beliebige andere Version, Hauptsache der Plot wird elaboriert und schlüssig, denn durch die vielen Leerstellen, die der Lesende nicht füllen kann, leidet mAn der Text.
Gib dem Erzähler mehr Profil als ihn nur als willfähriges Werkzeug dem Ende zuzuführen. Vllt. dreht er den Spieß um, durch einen überraschenden Twist, der alles auf den Kopf stellt.

Peace, l2f

 

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