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Blasse Welt

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26.09.2006
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Blasse Welt

Herr König lugt aus dem Fenster. Die Sonne scheint blass heute; kühl ist es und windig, anders als die vielen Monate zuvor. Das sollte er ausnutzen, denn normalerweise ist es selbst im Schatten der vertrockneten Bäume und Ruinen kaum auszuhalten.
Heute scheint ein besonderer Tag zu werden. Herr König hat das Gefühl, dieser Morgen sei wie eine seit langem herbeigesehnte Verschnaufpause. Es ist auffallend ruhig in der Gegend. Keine Schüsse, kein Geschrei und trotzdem hat er Angst. Etwas hängt in der Luft.
Herr König dreht sich um und schleppt sich zur Wohnzimmertür. Kurz davor bleibt er stehen und schlurft zurück, schließt seufzend seine Vorhänge, die er aus Kartoffelsäcken und aufgetrennten Wollsocken geschneidert hat. Er geht in die Küche.

Herr König greift in den Schrank, holt einen Wasserkessel heraus, stellt ihn in die Spüle. Der Wasserhahn quietscht.
»Ach«, macht Herr König.
Er dreht den Hahn kopfschüttelnd zu. Manchmal fragt er sich, wie lange er sich wohl etwas Unmögliches zu wünschen in der Lage sei, bis er die Sinnlosigkeit des Gedankens einsähe. Gut, dass die Regentonne fast voll ist, denkt Herr König. Er freut sich darüber, nicht schon wieder nach draußen zu müssen. Vor einem Jahr hatte er den Ablauf der Regenrinne durch das Fenster direkt in seine Küche umgeleitet. Er taucht den Kessel ins Wasser und das voluminöse Geräusch der entweichenden Luftblase wird von der Tonne verstärkt, so sehr, dass er zusammenfährt. Herr König findet, er ist zu nervös, aber immer, wenn er das denkt, erinnert er sich daran, dass das ja nicht von ungefähr kam. Er hatte jedes Recht, nervös zu sein. Er stellt den Wasserkessel auf den Herd. Aus dem Kühlschrank holt er ein paar Stücke, die einst sein Ohrensessel waren. Herr König lächelt. Ein Kühlschrank voller Feuerholz.

Das Bänkchen im Garten hält seinen Blick aus dem Fenster fest. Es erinnert Herrn König an die regelmäßigen Pausen nach dem Jogging, aber das liegt auch schon wieder lange zurück. Jogging - das ist etwas aus einem anderen Leben, denkt er und spürt dem Gedanken nach, versucht sich daran zu erinnern, wie es sich anfühlt zu laufen, ohne Angst, ohne verfolgt zu werden, in einer Welt, die es längst nicht mehr gibt.
Zwei magere Eichhörnchen balgen dort auf dem Bänkchen um etwas Fressbares. Langsam, herzig unbeholfen tun sie es. Er muss lächeln und ist traurig dabei. Nach einer Weile lassen sie voneinander ab. Daneben die alte Frau, die dort tagein, tagaus sitzt. Herr König nennt sie Marlene, aber er weiß nicht, wie sie wirklich heißt. Sie hat ihre Haare immer hochgesteckt. Irgend etwas hindert ihn daran, einfach mal hinzugehen. Tagelang suchte er nach einem Grund für sein Zögern. Dann fiel es ihm ein: Er war sich sicher, das Sprechen verlernt zu haben. Es wäre auch zu peinlich, plötzlich vor Marlene zu stehen und sie nur angrunzen zu können, hatte er gedacht. Über eine Woche brauchte Herr König, bis er endlich versuchsweise mit sich selbst zu sprechen wagte. Natürlich hatte es geklappt und natürlich hatte er es nicht verlernt. Er hatte sich wie ein dummer Junge gefühlt. Angesprochen hat er Marlene trotzdem nicht.
Es gibt noch andere Übriggebliebene in der Gegend, aber die sind ihm nicht geheuer. Marlene, die täte ihm nichts, so alt wie sie ist, aber seine Hand würde er dafür nicht ins Feuer legen. Die anderen meinen, allein auf der Welt zu sein, laufen durch die Straßen und ballern auf alles, was ihnen vor die Flinte kommt. Im Nachhinein wirkt dieser verdammte Film wie eine Anleitung zum Ende der Welt. Fehlen nur noch Zombies. Wenigstens lassen sie Marlene in Ruhe.

Der pfeifende Wasserkessel holt Herrn König aus seinen Gedanken. Der alte Hocker, seine einzige Sitzgelegenheit, knarrt, als er sich erhebt. Herr König öffnet den an die Wand geschraubten Werkzeugkasten und holt seine geblümte Teedose heraus. Sie ist rostig, hat schon zwei Löcher, aber er wirft sie nicht fort, denn für ihn ist sie wie ein Foto aus vergangener Zeit, eine der wenigen verbliebenen Erinnerungen an glücklichere Tage. Das Motiv darauf sieht schmutzig aus, findet er und fährt mit dem Daumen darüber. Der Schmutz aber bleibt. Den Deckel bekommt Herr König nur mithilfe eines Nagels auf. Irgendwann frisst der Rost die arme Dose, denkt er, hält sie sich an die Nase und atmet das Aroma von Pfefferminz. Schön wäre doch jetzt ein Stück von Mutters Zitronenkuchen.

Gerade als Herr König seinen Tee aufgießen will, hallt ein Schuss. Er schüttet vor Schreck ein wenig über seinen Daumen, beißt aber die Zähne zusammen und füllt die Tasse. Erst jetzt betrachtet er den Daumen, der ganz rot geworden ist. Sogar die Haut löst sich ab und, als könnte er keinen Schmerz mehr empfinden, muss er sich selbst daran erinnern, den Daumen in die Regentonne zu stecken. Schießwütiges Pack, denkt er und schüttelt den Kopf.
Herr König steht wie ein Anhalter an der Regentonne und schaut dabei aus dem Fenster. Marlene ist weg. Vielleicht ist es ihr zu langweilig geworden, überlegt Herr König, aber den Gedanken verwirft er gleich wieder. Wie vom Blitz getroffen fährt er herum. Könnte der Schuss ihr gegolten haben?

Kurz entschlossen geht Herr König auf den Flur, greift sich Parka und Hut, öffnet die Haustür und zögert dann doch. Sollte er sich bewaffnen? Sicher ist sicher, findet er. Der Spaten neben der Tür erfüllt den Zweck. Forschen Schrittes bewegt er sich auf das Bänkchen zu. Von Marlene keine Spur.
Ein paar Schritte vor der Bank bleibt er stehen und sieht sich um. Marlene liegt nicht davor, weit und breit kann er niemanden entdecken. Herr König ist erleichtert.
»Marlene?«, ruft Herr König, so leise es geht.
Bis auf einen kaum spürbaren Wind rührt sich nichts und er lockert seinen Griff um den Spaten. Sein Herz klopft. Er ruft noch einmal, doch keiner antwortet.
»Hm«, macht er.
Die Gartentür ächzt beim Öffnen. Herr König möchte hinausgehen und wenigstens einen kurzen Blick die Straße hinunter werfen, doch als er den ersten Schritt über die Schwelle auf den Gehsteig macht, bekommt er weiche Knie. Endlose Sekunden verharrt er, überlegt, versucht sich selbst davon zu überzeugen, dass Marlene bestimmt seine Hilfe braucht. Überall auf seinem Körper spürt er die Blicke der Wahnsinnigen, der Mörder und Unmenschen; normale Menschen wie ihn, findet Herr König, gibt es nicht mehr. Und Marlene, ja, die wäre sicher zu den Vernünftigen zu zählen. Heulen möchte Herr König am liebsten vor Wut über seinen schwachen Willen, Marlene braucht mich, denkt er, doch dann geht er zurück und schiebt die Gartentür wieder ins Schloss. Zu gefährlich.

Unzufrieden mit sich selbst schleicht Herr König auf die Bank zu, hält inne. Die Eichhörnchen sind wieder am Werk. Auf seiner Bank. Sie scheinen sich um eine Eichel zu streiten, scheren sich nicht um ihn. Nach einer Weile setzt sich Herr König wieder in Bewegung und nimmt am anderen Ende der Bank Platz. Er will die Tierchen nicht erschrecken. Sie beäugen ihn und er sie. Er greift in die Tasche seines Parkas und findet ein trockenes Stück Fladenbrot darin. Das dunklere Eichhörnchen macht sich mit der Eichel aus dem Staub. Vielleicht könnte Herr König das Mutigere zähmen, ihm Kunststücke beibringen, oder es mästen und gegen etwas Nützliches eintauschen? Er bricht das Brotstück entzwei, legt eine Hälfte neben sich auf die Bank und wartet.
Mit dem Mut der Verzweiflung tippelt das halb verhungerte Eichhörnchen heran, beschnuppert abwechselnd das Brot und Herrn König. Endlich greift es danach, zieht sich aber sogleich ans andere Ende der Sitzfläche zurück. Seine Kulleraugen sehen glücklich aus, findet Herr König, als es zu fressen beginnt.

»Heribert?«
»Ja?«, sagt Herr König wie ein Automat.
Von seinem anfänglichen Mut verlassen, flitzt das Eichhörnchen davon. Herr König fährt herum, schaut zum Küchenfenster. Natürlich ist dort niemand. Jetzt rede ich schon mit Gespenstern, denkt er, während er seine Handflächen betrachtet. Sie sehen alt aus, verbraucht. Raue Arbeiterhände.
»Heribert, komm doch bitte zum Tee herein!«
Herr König klopft sich Brotkrümel von der Cordhose, denkt, dass sein frisch aufgebrühter Tee inzwischen kalt geworden sein dürfte, seufzt und rafft sich auf. Sein Daumen fühlt sich heiß an. Ein mulmiges Gefühl breitet sich in Herrn König aus. Wenn ich jetzt überschnappe, überlegt er, ist es um mich geschehen. In solchen Zeiten überlebt nur, wer bei klarem Verstand bleibt und sich zu helfen weiß. Hat sich doch überdeutlich gezeigt - wer Gespenster sieht, wird unvorsichtig; weiß Gott, was passiert wäre, hätte mich jemand gesehen. Er stellt den Spaten neben die Tür und geht ins Haus. Sorgfältig schließt Herr König die Tür, sperrt zweimal zu und legt ab. Sein Daumen schmerzt.
Plötzlich verschwimmt sein Sichtfeld für den Bruchteil einer Sekunde. Er hat das Gefühl, aus einem Nebelschleier getreten zu sein. Alles wirkt vertraut und doch fremd auf Herrn König.
»Was ist denn jetzt los?«, murmelt er.
Der Läufer im Flur kommt ihm mit einem Mal so sauber vor. Das rote Muster scheint förmlich aus dem Teppich wachsen zu wollen, so leuchtend sind seine Farben. Die Oberfläche der Schuhkommode glänzt wie frisch gewienert, obwohl er schon seit Monaten nicht ordentlich geputzt hatte. Ungläubig geht er den Flur entlang, wirft einen Blick ins Schlafzimmer: Gemachte Betten, nichts liegt herum. Herr König weiß nicht mehr, ob er nach dem Aufstehen aufgeräumt hatte oder nicht.

»Ach, Heribert, ich habe die Milch ganz vergessen«, ruft eine Stimme aus dem Wohnzimmer, »kannst Du sie noch schnell aus der Küche holen?«
Wie ferngesteuert wendet sich Herr König der Küche zu.
»Ja«, sagt er.
Die Küche duftet nach frisch gebackene Keksen. Sie ist blitzsauber. Auf dem Tisch eine zierliche Vase, in der eine gelbe Rose steht.
Auf der Anrichte neben dem Kühlschrank steht eine geblümte Dose – seine geblümte Dose, aber sie hat keine Rostflecken. Herr König öffnet den Kühlschrank, aus dem ihm der Geruch von altem Holz entgegenschlägt. Ein Kühlschrank voller Feuerholz.

© Copyright 2009 by Georg Niedermeier. Alle Rechte vorbehalten.

 

Nach fast 13 Monaten ohne jeden noch so kleinen Text kann ich heute endlich wieder eine neue Geschichte veröffentlichen.

Besonderer Dank gilt Andrea H., die mir bei der Beseitigung einiger Kommafehler geholfen und Verbesserungsvorschläge gemacht hat, die ich auch größtenteils umgesetzt habe.

 

Hallo Bär,

nach der Diskussion im Chat habe ich einen Blick auf diese Geschichte geworfen, zu lesen angefangen und sie zu Ende gelesen. Mehrere Elemente üben einen seltsamen Zauber aus: der verstörte Mann, der sich nach Kontakt zu Marlene sehnt, die Eichhörnchen, die kaputte Außenwelt, vertraute kleine Dinge und Handgriffe. Die dauernde Wiederholung "Herr König" ist ungewöhnlich und prägnant. Ich mag den eigenartigen spröden Charme dieser Geschichte. Von meiner Seite also keine Vorschläge zur "Verbesserung". ;)

Freundliche Grüße,

Berg

 

Hallo Berg,

Danke, dass Du meine Geschichte gelesen und auch gleich eines Kommentares als würdig erachtet hast.

In meinen Geschichten bin ich oft auch nicht sicher, ob ich den Namen der Protagonisten oft oder selten nennen soll. Ich habe des Öfteren den Hinweis bekommen, dass es nicht schaden kann, den Namen öfter mal zu erwähnen und bei der Geschichte Hier passt es auch. Schön, dass das auch bei dir so ankommt. Insbesondere in solchen Geschichten ist das meiner Ansicht nach als Stilmittel ganz gut geeignet, weil es ein Stück weit die Normalität und Einfachheit einer Figur hervorzuheben vermag.

nachdem ich selbst ganz gerne spröde klingende Geschichten lese, habe ich mich jetzt ein weiteres Mal an einer versucht. Freut mich, dass es in deinen Augen geglückt ist.

Georg

 

Hallo Schrei Bär!

Wenn der letzte Mensch, der einem sympathisch war, dessen Schicksal einem am Herzen lag, plötzlich fort ist, bleiben nur Tagträume, gespeist aus Erinnerungen.
Das sind ja rosige Aussichten fürs Alter. :(

Die Geschichte fasziniert durch ihre Bilder, vom quietschenden Wasserhahn bis zu den streitenden Eichhörnchen. Ebenso durch ungewöhnliche Einfälle wie Feuerholz im Kühlschrank. Ein paar Schüsse in der näheren Umgebung sorgen auch noch für Spannung.

Gern gelesen

Gruß
Asterix

 

Hallo Schrei Bär!

Herr König lugt aus dem Fenster. Die Sonne scheint blass heute; kühl ist es und windig, anders als die vielen Monate zuvor. Das sollte er ausnutzen, denn normalerweise ist es selbst im Schatten der vertrockneten Bäume und Ruinen kaum auszuhalten.
Heute scheint ein besonderer Tag zu werden. Herr König hat das Gefühl, dieser Morgen scheint wie eine seit langem herbeigesehnte Verschnaufpause. Es ist auffallend ruhig in der Gegend.

Da ist scheinbar zuviel. Oder scheint es nur so? Konkreter werden, "scheinen" vermeiden, wenn es geht. Die Sonne "ist" ja blass. Und dann die "ist"-Zuweisungen auflösen.

Die Sonne scheint blass. Es ist kühl. Es ist kaum auszuhalten. Heute scheint ein besonderer Tag. Der Morgen scheint wie eine Verschnaufpause. Es ist ruhig.

Das sind so Zuweisungen, die finde ich langweilig. Sonne = blass, Es = kühl und so. Gib dem Leben, das liest sich hübscher.

"Herr König lugt aus dem Fenster und bemerkt, dass die Sonne nicht mehr so stark strahlt wie an den Tagen zuvor und Wind war aufgekommen.
Das sollte er ausnutzen, denn normalerweise hielt er es selbst im Schatten der Bäume kaum aus.
Ihm war, als würde sich ein besonderer Tag ankündigen, vielleicht die lang ersehnte Verschnaufpause. Er konnte nichts hören, kein Geräusch - das war ungewöhnlich."

Das mal ganz übertrieben und (fast) ganz ohne "ist". :)

"ist" ist böse, jaha.

Manchmal fragt er sich, wie lange er sich wohl etwas Unmögliches zu wünschen in der Lage sei, bis er die Sinnlosigkeit des Gedankens einsehe.

Herr König findet, er sei zu nervös

Also eigentlich also ... ja, eigentlich bräuchte man da schon über all Konkunktiv, weil indirekt und Rede und so.

Ein Kühlschrank voller Feuerholz.

Hrhr, das gefällt mir.

Übriggebliebene

Mir hats gefallen. Nette Bilder malst du, alles wie in Sepia.

yours

 

Hallo Asterix,

Herzlichen Dank für deine Rückmeldung.
was Du als Essenz aus der Geschichte gezogen hast, ist einer von mehreren Interpretationsmöglichkeiten. So wie du das geschrieben hast, hatte ich das noch gar nicht gesehen. Danke dafür.

Es freut mich, dass dir die Bilder in meiner Geschichte gefallen haben.
Georg

###

Hallo yours truly,

danke auch dir für deine Kritik. Die Sache mit den vielen Ist, werde ich mir nochmal genauer zu Gemüte führen. Es war mir gar nicht aufgefallen, aber jetzt wo du gesagt hast, sehe ich es und verstehe deinen Einwand. Ich habe die Stellen ein paarmal durchgelesen und überlegt, wie ich das anders gestalten könnte, obwohl es mir eigentlich gar nicht so missfällt. Wie gesagt, darüber muss ich ein wenig nachdenken.

Die blass scheinende Sonne hängt ziemlich schief im Text, stimme ich dir zu. Werde ich ändern.

Herr König findet, er sei zu nervös
Also eigentlich also ... ja, eigentlich bräuchte man da schon über all Konkunktiv, weil indirekt und Rede und so.
Darüber habe ich schon beim Schreiben lange nachgedacht und ich habe mich für Ist entschieden, weil ich sozusagen nicht aus der Situation heraus und in den Erzähler gehen wollte. Keine Ahnung ob ich das jetzt verständlich ausgedrückt habe. Ich hatte das Gefühl, durch ein ist wirke das direkter. Trotzdem falsch?

Ja, der Kühlschrank mit dem Feuerholz hat mir auch sehr gut gefallen und eigentlich hätte ich die Geschichte zu gern »ein Kühlschrank voller Feuerholz« genannt, aber das hätte viel zu viel verraten. Ich weiß nicht, wie ich darauf komme, es war plötzlich da und es war gut.

Danke auch noch fürs raussuchen der Fehler. Ist oder sei ändere ich demnächst, wollte noch auf andere Meinungen warten.
Georg

 
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Guten Abend, Schrei Bär!

Mir hat die Geschichte auch gut gefallen. Sie ist ruhig, halb verloren, fließt langsam und hinterläßt eine seltsame Stimmung.
Da hätt ich noch -

dieser Morgen scheint wie eine seit langem herbeigesehnte Verschnaufpause.
Mach doch da einfach ist aus dem scheint.
trotzdem hat er Angst. Er weiß nicht, was genau, doch er ist sich sicher: Etwas hängt in der Luft.
Würd ich streichen.
Manchmal fragt er sich, wie lange er sich wohl etwas Unmögliches zu wünschen in der Lage ist, bis er die Sinnlosigkeit des Gedankens einsehe.
Vorschlag: ... in der Lage sei, bis er ... einsähe.
verstärkt, so stark
stark verstärkt ist suboptimal. Es kann aber so sehr verstärkt werden.
Herr König findet, er ist zu nervös, aber immer, wenn er das denkt,
da noch sei statt ist, und das war's ja schon fast mit dem Konjunktiv. Mach's lieber, bevor Dich Friedrichard sieht ...
Er hatte alles Recht dazu, nervös zu sein.
jedes Recht. Dazu würd ich streichen.
Herr König lächelt. Ein Kühlschrank voller Feuerholz.
Das mag ich sehr.
denkt er und spürt dabei nach,
spürt dem nach/ dem Gedanken nach wäre logischer
Marlene nicht, die täte ihm nichts, so alt wie sie ist, aber seine Hand würde er dafür lieber nicht ins Feuer legen.
Das Unterstrichene würd ich streichen
Die anderen meinen, allein auf der Welt zu sein, tun es unbewusst Charlton Heston gleich. Sie laufen durch die Straßen und ballern auf alles, was ihnen vor die Flinte kommt.
da auch
Das Motiv darauf sieht schmutzig aus, findet er und er fährt mit dem Daumen darüber.
und da
Schön wäre doch jetzt ein Stück von Mutters Zitronenkuchen.
Frag mich nicht warum, aber das ist meine Lieblingsstelle.
Von seinem anfänglichen Mut verlassen, flitzt das Eichhörnchen davon.
Ein Kühlschrank Feuerholz.
Warum nicht wieder voller Feuerholz? Eine genaue Wiederholung hätte mehr Fazumm. *find*

Schöne, eigenartige Geschichte.

Lieben Gruß,
Makita.

 

Hallo Makita!

Es freut mich sehr, dass auch dir die Geschichte gefallen hat.

Deine beiden Lieblingssätze sind im übrigen auch meine. ich hatte sogar überlegt, die Geschichte »ein schönes Stück Zitronenkuchen« zu nennen, aber das war mir irgendwie doch ein bisschen zu wenig Bezug auf die Geschichte selbst.

Deine Vorschläge habe ich größtenteils übernommen, obwohl ich mir bei der Sache mit Charlton Heston noch nicht so ganz sicher bin. So wie es vorher drin stand, war es tatsächlich nicht so gut, aber irgendwie wollte ich den schon drin haben. Vielleicht fällt mir eine bessere Formulierung, eventuell in zwei Sätzen ein.

dieser Morgen scheint wie eine seit langem herbeigesehnte Verschnaufpause.
Mach doch da einfach ist aus dem scheint.
der Vorschlag gefällt mir wirklich gut! In dem Zusammenhang würde ich zu gerne deine Meinung zu den Ausführungen von yours truly bezüglich der vielen »ist« hören. Ich bin da hin und hergerissen.

Marlene nicht, die täte ihm nichts, so alt wie sie ist, aber seine Hand würde er dafür lieber nicht ins Feuer legen.
Das Unterstrichene würd ich streichen
das »Marlene nicht« bezieht sich darauf, dass ihm die anderen egal sind, von daher muss es fast drinnen bleiben, oder?

Am Ende der Geschichte habe ich jetzt tatsächlich »voller Feuerholz« geschrieben. Klingt wirklich besser.

Herzliche Grüße,
Georg

 

die sind ihm nicht geheuer. Marlene nicht, die täte ihm nichts
Sie ist ihm nicht nicht geheuer, so, wie es dasteht. Marlene, die täte ihm nichts oder Marlene täte ihm nichts fände ich runder. So hab ich das gemeint.

 

Ja, da hast Du recht, ich habe es auch geändert.
es heißt jetzt:

Marlene, die täte ihm nichts, so alt wie sie ist, aber seine Hand würde er dafür nicht ins Feuer legen.

 

Hallo Bär,

die Geschichte hat eine schöne Bildermelodie, die Du über ihre Länge gut aufrecht erhältst und erst mit dem Einbrechen der anderen echten Welt, der weniger blassen, auflöst. So verweben sich die Bilder schön, bis hin zum Knoten mit dem Feuerholz im Kühlschrank.

Die Melodie trägt durch die Geschichte und und transportiert eine sympatische surreale Stimmung, da wirken selbst die bei klarer Sicht nicht schönen Bilder der brutalisierten Innenaußenwelt ein wenig nachgedunkelt, verschwommen und angenehm diffus. Die Inneninnenwelt hingegen ist klar und deutlich und echt sympatisch, mit seiner stillen Liebe zu Marlene und den anderen Einrichtungen im blasseren Chaos.

Hat mir gut gefallen, das Warten hat sich gelohnt :)

Grüße
C. Seltsem

 

Hallo Schrei Bär,

der Grundtenor deiner Geschichte hat mich unwillkürlich an den Zeichtrickfilm "Wenn der Wind weht" erinnert. Ist schon sehr lange her, dass ich den gesehen habe, aber dieses schwere Gefühl ist nach wie vor sehr present.

DU gibst ein schön sensibel gezeichnetes Bild von deinem Protagonisten ab. Mit klaren Bildern führst du den Leser durch dessen eingeschränkten Alltag.

In meiner Lesart hatte der letzte Schuss vll gar nicht Marlene, sondern ihm selbst gegolten?
Das Überdriften in die Traumwelt wäre so zumindest plausibel.

Obwohl srachlich recht weich, gibt es einige Stellen, die ich als überdenkenswert empfinde.

Zum einen sagst du häufig "findet er", wenn du Königs Gedanken preis gibst. Das bremst in meinen Augen den Lesefluss aus. Warum nciht direkt, ohne Zwischenruf des Erzählers berichten? Würde eindringlicher wirken, findet weltenläufer ;)

Herr König findet, er ist zu nervös, aber immer, wenn er das denkt, erinnert er sich daran, dass das ja nicht von ungefähr kam
hier haben wir so ein Beispiel. Generell ist das aber ein ziemliches Ungetüm von einem Satz.

Wie vom Blitz getroffen fährt er herum. Könnte der Schuss ihr gegolten haben?
bekommt er weiche Knie. Endlose Sekunden verharrt er
Mit dem Mut der Verzweiflung
das sind doch sehr abgedroschene Bilder. Um solche Perlen würde ich einen Bogen schlagen. Dein Handwerkliches Können gibt da bestimmt Innovativeres her

Abschließend möchte ich bemerken, dass ich es witzig finde, dass du deinen Prot Herr König genannt hast. IN meiner jüngsten Geschicihte habe ich den selben Namen verwendet, wenn auch wahrscheinlich aus einem anderen Beweggrund.
In deiner Kg wird dieser klangvolle Name herrliche mit dem grau-tristen Alltags-Bild kontrastiert. Da passt auch der Titel gut.

gerne gelesen
grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo!

C. Seltsem:
Danke für deine schöne Rückmeldung. dass dir die Bilder gefallen, freut mich sehr. Über die Außenwelt habe ich viel nachgedacht und ursprünglich wollte ich eigentlich etwas detailreicher vorgehen, doch ich wollte nicht so ausschweifend erzählen inzwischen bin ich auch sehr froh darüber, dass der Hintergrund nur so ein kleiner Schubs in eine bestimmte Gefühlsrichtung geworden ist. Alles andere würde zu viel Erklärung und Klimbim erfordern, um den es nicht geht. Man lernt eben einiges in diesem Forum.
Georg

***

Weltenläufer:
das sagst Du was, den Film habe ich immer noch nicht gesehen, kaum zu glauben, der hat doch auch schon gute 20 Jahre auf dem Buckel. Den kriegt man wahrscheinlich nicht mal mehr in der Videothek. Muss ich mal auf die Suche gehen, der interessierte mich schon, als er herauskam.

deine Interpretation bezüglich des Schusses finde ich höchst interessant. Bin ich selber noch nicht drauf gekommen. Gefällt mir aber. Ich wollte ja eigentlich nur eine kleine Parallelwelt-Geschichte verfassen, aber genau genommen können die bisherigen Interpretationen auch Parallelwelten beinhalten.

Deine Verbesserungsvorschläge werde ich mir durch den Kopf gehen lassen. Ich gebe dir Recht, einige der von mir verwendeten Bilder sind ziemlich abgezeichnet.
das Eichhörnchen werde ich wahrscheinlich lieber kühn sein lassen, obwohl mir das nach längerem Überlegen auch wieder abgedroschen erscheint. Mal sehen was mir einfällt.

Du hast auch einen Herrn König? Ist ja heiß! Ist die Geschichte schon hier?

Danke fürs Lesen und kommentieren und natürlich fürs gefallen.
Georg

 

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