Was ist neu

Body Park (relysiums Neuinterpretation)

Seniors
Beitritt
03.04.2003
Beiträge
1.343
Zuletzt bearbeitet:

Body Park (relysiums Neuinterpretation)

Für Peterchen

Was sich in den Augenhöhlen bewegte, erinnerte an lebendig gewordene Reiskörner.
“Gefällt es Ihnen?” fragte Werck, der Martins starren Blick bemerkte.
“Na ja, es ist sehr... – interessant.” Martin spürte, wie sich sein Magen leicht zusammenzog, und er fragte sich, wieso ihm der Anblick einer madenwimmelnden Leiche so nahe ging. Er hatte derlei schon häufiger gesehen – und Schlimmeres. Aber, so mußte er sich eingestehen: Seine regelmäßigen Einsätze im Außendienst waren schon fast ein Jahrzehnt her, und das letzte Mordopfer, das er als Oberkommissar zu Gesicht bekommen hatte, kaum weniger lange.
Vielleicht war es auch das üppige Abendessen gewesen, das ihm schwer im Magen lag. Werck, der Leiter des Instituts für Rechtsmedizin, hatte einiges an Aufwand getrieben: Er hatte seinen Gästen ein Fünf-Gänge-Menü vorgesetzt, und das nicht in einem teuren Restaurant, sondern im Verwaltungsgebäude des Body Parks, wie diese Außenstelle des Instituts scherzhaft genannt wurde. Auf diesem abgesperrten Gelände wurden Verwesungs- und Zerfallzustände menschlicher Leichen studiert, indem man tote Personen, die noch zu Lebzeiten ihr Einverständnis dazu gegeben hatten, unter freiem Himmel der Witterung aussetzte. Kleinere und weniger kleine Tiere, die auf dem Gelände lebten, trugen ebenfalls ihren Teil dazu bei, wie man an dem Körper, der Martin zu Füßen lag, eindrucksvoll sehen konnte. Der Tote trug einen dunkelblauen Anorak und Turnschuhe. Wie alt mochte er gewesen sein? Martin beschloß, nicht danach zu fragen. Er hoffte, daß der Rundgang bald zu Ende gehen würde und er noch vor Zehn zu Hause sein konnte.
„Wissen Sie eigentlich“, Wercks brüchige Stimme riß ihn aus seinen Gedanken, „warum Fliegen eine solche Affinität zu Augen haben?“
„Diese Frage habe ich mir nie gestellt“, meinte Martin höflich, „man muß nicht immer alles zu genau wissen.“
„Und das sagt ausgerechnet jemand, der sein halbes Leben bei der Polizei verbracht hat! – Es liegt an der feuchten und leicht durchdringlichen Oberfläche“, erklärte Werck, die angedeutete Bitte Martins ignorierend. „Die Haut ist eine problematische Barriere für Insekten. Sie finden Larven deshalb bevorzugt dort, wo die Schleimhäute exponiert sind – oder aber in offenen Wunden, so sie denn existieren.“
„Na, lassen Sie mal den Herrn Grandinger in Ruhe, der wird noch gebraucht“, polterte Vossen, der Vertreter des Justizministeriums.
„Das macht mir keine Angst“, sagte Martin, obwohl er sich dessen nicht sicher war. „Ich habe so etwas früher fast jeden Monat gesehen.“
„Na, wenn Sie sich dafür begeistern können, dann fachsimpeln Sie beide nur weiter. Ich für meinen Teil gehe zurück ins Haus, ich hab schon jetzt genug gesehen.“
„Aber das Beste kommt doch erst noch“, meinte Werck. „In dem Teich dort sind die Wasserleichen. Sie müssen sich das doch ansehen, wie können Sie sich sonst ein Bild von der Sache machen?“
„Nein danke. Tut mir sehr leid, Herr Professor Werck, aber mir ist jetzt schon schlecht.“
„Ich hoffe, nicht vom Essen“, lächelte Werck. Er hatte lange, fleckige Zähne.
„Nein nein“, beeilte sich Vossen zu versichern und klopfte sich dabei auf den Kugelbauch. „Das Essen war das Beste, was ich seit Jahren gegessen habe. Respekt vor dem Koch.“
„Ich werde es ihm ausrichten.“
Vossens Gesicht verzerrte sich für einen Moment, und er griff sich an den Magen.
„Ist Ihnen nicht gut?“ fragte Werck.
„Nur etwas Sodbrennen.“ Vossen ging zurück zum Verwaltungsgebäude.
„Ihnen geht es aber noch gut, Herr Polizeipräsident?“ erkundigte sich Werck nun bei Martin, der zusammenzuckte, so förmlich angesprochen zu werden. „Oder möchten sie auch lieber im Haus warten, bis ich mit den anderen den Rundgang beendet habe?“
„Mir geht es blendend“, sagte Martin. Was nicht ganz stimmte. Ihm war leicht übel. Aber es war auszuhalten. Die paar Leichen zu Versuchszwecken würden ihn nicht abschrecken.
Die anderen Gäste – zumeist Oberkommissare der umliegenden Bezirke – hatten sich bereits am Teich mit den Wasserleichen versammelt. Die stark veralgte Oberfläche verdeckte gnädig das meiste der darunterliegenden Körper.
Werck war halbkreisförmig von seinen sechs wesentlich jüngeren Institutsmitarbeitern umringt. Er wirkte auf Martin in diesem Moment wie das graue Oberhaupt eines Familienclans.
„Wir haben das Becken erst vor vier Monaten in Betrieb genommen“, erklärte Werck, „deswegen besitzen wir noch keine Erkenntnisse über längerfristige Veränderungen. Die USA sind uns in dieser Hinsicht – wie immer – um einiges Voraus, dort hat man schon vor sechs Jahren solch einen Body Park eingerichtet.“
Er nahm einen langen Stock, der aussah wie eine Mischung aus Harpune und Angelhaken und stieß ihn zielsicher ins trübe Wasser, um eine der Leichen emporzuheben.
Die meisten Gäste wandten ihren Blick diskret zur Seite. Was an die Oberfläche kam, war etwas, das selbst Martin noch nie gesehen hatte: Es erinnerte entfernt an einen mit Gips beschmierten Zombie. Von der Haut war kaum noch etwas zu sehen, sie war entweder aufgelöst, oder von einer weißen Masse überwuchert. Niemand hätte auf Anhieb sagen können, ob es sich um einen Mann oder eine Frau gehandelt hatte.
„Wie Sie sehen, ist hier die sogenannte Fettwachsbildung weit fortgeschritten“, dozierte Werck. „Das Fettgewebe zerfällt im Wasser in völlig anderer Weise. Die Esterbindungen brechen auf, und das Ergebnis ist eine Substanz, die mit gewöhnlicher Kernseife verwandt ist. Eine chemische Analyse gibt erstaunlich genau Aufschluß über die bisherige Dauer des Vorgangs, im Falle eines Mordes kann man so das Datum, wann das Opfer ins Wasser geworfen wurde, auf etwa drei Tage genau eingrenzen.“
Martin fand, daß es dem Alten eine offensichtliche Freude bereitete, seine Gäste das Gruseln zu lehren. Seine Übelkeit verstärkte sich. Am Anblick der Wasserleiche lag es aber definitiv nicht. Er hatte sich offenbar eine Magenverstimmung zugezogen. Na gut, das war nicht weiter tragisch; dreimal kotzen, einen Tag arbeitsunfähig sein, und dann war es ausgestanden.
Allerdings mußte das mit dem Kotzen nicht hier sein.
Martin wollte Vossen aufsuchen, mit dem er an diesem Tage eine Fahrgemeinschaft gebildet hatte, und nach Hause fahren. Dort wartete seine Familie schon auf ihn, seine zwölfjährige Tochter hatte Geburtstag. Und ausgerechnet heute kam er wegen dieses Termins im Body Park so spät nach Hause.
„Ich bitte mich zu entschuldigen“, sagte er zu seinem Gastgeber und den anderen Anwesenden. „Ich fühle mich nicht wohl, es ist besser, wenn ich mich jetzt verabschiede.“
„Das tut mir sehr leid“, meinte Werck. „Sie sehen wirklich etwas blaß um die Nase aus. Gehen Sie nur. Wir treffen uns sicher bald wieder.“ Er reichte Martin die Hand zum Abschied.

Der Body Park wirkte bei Nacht beinahe wirklich wie ein Park. Es gab viele Bäume mit kiesbedeckten Wegen dazwischen, die von Straßenlaternen erhellt wurden. Die eingezäunten Bereiche mit den Leichen lagen im Dunkeln, nur der allgegenwärtige Gestank verriet ihre Präsenz, das dafür umso deutlicher.
Martin beeilte sich, die Übelkeit wurde mit jedem Schritt stärker. Auf halbem Wege zum Verwaltungsgebäude, wo sich der Ausgang befand, fiel ihm nachträglich auf, daß die anderen Gäste und die Institutsmitarbeiter nichts gesagt hatten. Sie hatten alle nur – gegafft? Sie hatten angespannt und erschrocken gewirkt.
Die Übelkeit erreichte ihren Höhepunkt, und Martin spürte, wie es ihm hochkam. Er blickte sich kurz noch einmal um, ob ihn jemand sah, dann lief er hinter einen Busch, bückte sich und ergoß seinen Mageninhalt in vier aufeinanderfolgenden Schwällen auf den Boden. Schon nach dem dritten Mal hatte er das Gefühl, zu ersticken, weil die Verkrampfung das Luftholen verhinderte.
Aber dann war es vorbei, ein fünfter Stoß blieb aus. Nur der bittersaure Geschmack im Mund war kaum loszuwerden. Martin dachte daran, daß die Magensäure nicht gut für seine Zähne war - zu Hause hätte er sich den Mund mit Wasser ausgespült – und spuckte solange aus, bis sein Mund sich ganz trocken anfühlte.
Danach stelle Martin fest, daß er sich besser fühlte. Erleichtert. Die ganze Übelkeit war wie verflogen. Vielleicht war es ja doch das Essen gewesen, vielleicht mochte sein Magen keine französische Küche.
Als er wieder auf den beleuchteten Parkweg trat, wäre Martin fast mit Vossen zusammengestoßen, der wie aus dem Nichts vor ihm erschien.
Er sah schlecht aus. Hielt sich den Bauch und war schmerzgebeugt. Aus einem Mundwinkel lief ein dünner Speichelfaden.
„Grandinger“, keuchte er, „helfen Sie mir... muß ins Krankenhaus, etwas stimmt nicht...“
„Selbstverständlich“, erwiderte Martin, ohne zu überlegen. Natürlich würde er Vossen ins Krankenhaus fahren, es sah ziemlich bedrohlich aus, was immer es war.
Lebensmittelvergiftung? Er selbst hatte ja auch gerade... – aber den anderen Gästen ging es gut, insofern...
Was soll´s, der Tag war so oder so nicht mehr zu retten, Martin würde seine Tocher an diesem Abend nicht mehr sehen. Wäre er alleine gewesen, hätte er jetzt getobt und geflucht, doch die Situation erlaubte nicht einmal einen Seufzer. Murphy´s Law galt doch immer und überall.
„Stützen Sie sich bei mir ab“, meinte Martin, „ich hab mich gerade schon verabschiedet, wir können also sofort los.“
„Das Gebäude ist... abgeschlossen“, schnaufte Vossen. „Wir müssen zu Werck... Schlüssel...“
In der Tat, daran hatte Martin nicht gedacht. Da sich niemand im Gebäude aufhielt, war es verschlossen. Nicht, daß jemand Leichen stehlen würde, aber Unbefugte brauchten keinen triftigen Grund, um ein Gebäude zu betreten; das wußte er aus Erfahrung.
Obwohl Martin versuchte, ihn abzustützen, brach Vossen schon nach wenigen Schritten zusammen und legte sich auf den Boden. Er atmete schwer und stöhnte auch leise.
„Oh, verdammt, was ist das? Diese Schmerzen...“
„Warten Sie hier, ich hole Hilfe!“ rief Martin und lief zum Wasserleichen-Teich. Dabei fiel ihm auf, daß sich seine Beine schwer und müde anfühlten.
Am Teich war schon längst keiner mehr, die Prozession war weitergezogen. Martin fand sie hundert Meter weiter auf einer kahlen Lichtung. Leichen sah er gottseidank keine, dafür Gräberhügel. Werck erzählte gerade etwas über den Unterschied zwischen der Verwesung über und unter der Erde.
Die Übelkeit meldete sich wieder. Wirklich zu einem passenden Zeitpunkt. Martin unterdrückte mit Mühe einen Kraftausdruck.
„Kommen Sie schnell“, rief er, „Vossen muß ins Kr...“
Der Rest seiner Worte verschwand in einem Strahl brauner Flüssigkeit, der ohne besondere Mühe seinen Weg aus dem Rachen bahnte und – gebremst durch die Zähne – anstatt in weitem Bogen auf dem Gras zu landen auf Hemd und Krawatte floß.
Martin erstarrte. Sein Entsetzen galt nicht nur der verlorenen Kontrolle über seinen Körper und dem besudelten Hemd, sondern auch der Situation an sich. Er hatte soeben Gesprächsstoff für die kommenden zehn Jahre geliefert. Die anderen blickten ihn mit einer Mischung aus Ekel und Entsetzen an. Er selbst sagte kein Wort, weil er fürchtete, sich dabei erneut zu erbrechen.
„Kommen Sie“, brach Werck das Schweigen und faßte ihn mit seiner sehnig-altersfleckigen Hand an der Schulter. „Ich habe den Eindruck, Vossen und Sie haben sich den Magen verdorben. Sprechen Sie jetzt besser nicht, ich werde dafür sorgen, daß Sie umgehend behandelt werden.“ Dann drehte er sich um zu seinen Assistenten. „Kommen Sie bitte, wir brauchen vielleicht Hilfe beim Tragen.“
Moment, schoß es Martin durch den Kopf, ich habe gar nicht gesagt, daß Vossen sich nicht mehr rühren kann! Doch als er zum Sprechen ansetzte, spürte er wieder ein Würgen im Hals. Dazu kamen Wadenkrämpfe und ein ziehendes Gefühl in den Unterarmen. Nicht nur Vossen mußte ins Krankenhaus... - was für ein Scheiß-Tag!

Zu Martins Erleichterung sah Vossen nicht viel schlimmer aus, als er ihn zurückgelassen hatte. Zwar wimmerte er, doch das war allemal besser, als wenn er bereits still dagelegen hätte.
Martin spürte, wie seine Übelkeit nachzulassen begann, obwohl in diesem Teil des Parkes der Gestank am furchterregendsten war. Es roch nach Küchenabfällen, die lange in der Sonne gelegen hatten, und besonders intensiv darin war das Aroma faulender Bananen. Es dauerte einen Moment, bis Martin angeekelt realisierte, daß zumindest die Bananen von seinem feuchten Hemd kamen.
Dann knickte sein Bein weg, und er stürzte überrascht zu Boden. Er wollte sofort wieder aufstehen, doch zuerst kam der Wadenkrampf. Er war so heftig, daß Martin aufschrie.
„Na also“, meinte Werck, „ich hatte mir schon Sorgen gemacht.“
Martin verstand nicht so recht, was das heißen sollte, doch es fiel ihm auf, daß niemand Anstalten machte, ihm oder Vossen aufzuhelfen. Er selbst beschloß, für einen Moment auf dem Boden sitzen zu bleiben. Eine starke Müdigkeit hatte seine zunehmend schmerzenden Glieder befallen, und es tat so unendlich gut, einen Moment nicht stehen zu müssen.
Werck beugte sich zu Vossen herunter. „Können Sie mich hören, Herr Vossen?“
„Ja...“, seufzte dieser. „Bitte... helfen...“
Werck machte eine wegwischende Handbewegung. „Später. Wichtiger ist, daß Sie wissen, daß ich informiert bin.“
„Was meinen Sie?“ flüsterte Vossen.
„Ich weiß genau, daß Sie versucht haben, diesem Institut die Gelder streichen zu lassen.“
„Können wir das nicht ein andermal besprechen?“ mischte sich Martin ein, und wunderte sich beinahe, wie leicht ihm diese Worte über die Lippen gingen. Keine Spur von Übelkeit mehr. „Der Mann braucht dringend ärztliche Hilfe – und mir geht es auch nicht besonders gut.“
„Ich bedaure sehr, daß Sie in diese Sache hineingezogen worden sind, Herr Polizeipräsident“, erwiderte Werck. „Es war auch nicht geplant, das kann ich Ihnen versichern. Aber unseligerweise sind Sie beide zusammen in einem Fahrzeug hergekommen, weshalb wir gezwungen waren, unsere Pläne kurzfristig zu ändern.“
„Was reden Sie da?“ Martin versuchte, das bleierne Gefühl abzuschütteln. „Geschieht das etwa alles hier auf Ihre Anweisung?“
„Nun, sofern Sie eine Prise Maladinsulfat im Eiskrokant als Anweisung bezeichnen wollen...“
„Sie sind ja wahnsinnig“, keuchte Vossen. „Jedes Jahr werden Dutzende von Instituten geschlossen, so ist das nun mal, wenn das Budget aus dem Ruder läuft. Das ist ein ganz normaler Vorgang. – Aber falls ich je Zweifel an meiner Entscheidung hatte, jetzt habe ich sie bestimmt nicht mehr. Wenn Sie nicht sofort...“
„Für einen am Boden liegenden Mann zeigen Sie eine denkbar unrealistische Einschätzung der Situation“, bemerkte Werck kühl. „Ich bin froh, daß Sie es zumindest nicht mehr leugnen. Wenn ich nämlich eines nicht ausstehen kann, dann ist es Unaufrichtigkeit. Sie wären imstande gewesen, sich heute Abend bei mir gemütlich vollzufressen, ohne ein Wort zu verraten, was Sie vorhaben, und in drei Wochen wäre mir dann der Bescheid ins Haus geflattert, der die Existenz dieses Instituts beendet hätte.“
„Ich wollte Ihnen allen nur nicht den Abend verderben“, keuchte Vossen. „Bitte... es tut so weh...“
„Wenn das Ihre einzige Sorge ist, kann ich Sie beruhigen. Es wird gleich nicht mehr weh tun. Nie mehr. – Jellinek, bringen Sie ihn nach hinten, Sie wissen schon. Da, wo der Serafimowitsch liegt. Kirsch, helfen Sie ihm.“
Martin kam der russisch klingende Name irgendwie bekannt vor, doch er war jetzt nicht in der Lage, darüber nachzudenken.
Zwei der Assistenten griffen sich Vossen und schleiften ihn zurück in Richtung Teich. „Nein, lassen Sie mich, ich will nicht“, jammerte dieser.
Martin hatte genug gesehen. Er rappelte sich auf und stellte sich vor Werck. „Lassen Sie ihn sofort los! Sehe ich das etwa richtig, daß Sie hier einen Mord planen? Da hat die Polizei auch noch ein Wörtchen mitzureden!“
„Ja, bedauerlicherweise“, nickte Werck. „Wie ich Ihnen schon sagte, tut es mir leid für Sie. Sie waren zur falschen Zeit am falschen Ort. Ich kann Ihnen das nicht ersparen. – Erle, Moser! Greifen Sie ihn.“
Zwei weitere Assistenten griffen sich Martin an den Armen.
„Lassen Sie Ihre Finger von mir!“ rief Martin. „Sie wissen genau, daß Sie damit niemals durchkommen werden! Selbst wenn Sie es schaffen, mich zu überwältigen: Ihnen muß doch klar sein, daß alle Spuren dahin führen, wo man uns zuletzt gesehen hat!“
„Lassen Sie das nur meine Sorge sein. – Kommen Sie, ich habe Ihnen interessante Dinge zu zeigen.“
Werck ging voran in die Richtung, in die man Vossen gebracht hatte. Die beiden Assistenten zogen Martin unsanft mit sich.
„Der Ersatz für Vossen ist schon vorbereitet, oder?“ fragte Werck.
„Ist schon im Auto“, antwortete einer der beiden Assistenten, die noch frei waren.
„Das Programm muß leicht abgeändert werden. Wir brauchen auch einen Ersatz für Grandinger, und er muß am Steuer sitzen. Nehmen Sie möglichst einen, der noch nicht zu verwest ist.“
„Wird gemacht, Herr Professor.“
Werck griff in Martins Hosentasche und fischte geschickt die lederne Brieftasche heraus, die ihm seine Frau neulich zum 20. Hochzeitstag geschenkt hatte.
„Da!“ Werck drückte dem freien Assistenten die Brieftasche in die Hand. „Das muß mit dazu. – Am besten auch die Kleidung, bleiben Sie mal bitte alle stehen.“
Obgleich die Situation eindeutig war, war sie doch so bizarr, daß Martin eine Weile brauchte, um zu erkennen, daß er sich als unerwünschter Zeuge eines kaltblütigen Mordes in Lebensgefahr befand. Dann jedoch mobilisierte der Überlebenswille seine letzten Kraftreserven.
Mit einem Ruck befreite er seine Arme aus dem Griff der Assistenten. Die Versuchung war groß, ihnen den Ellbogen in die Rippen zu schmettern, oder mit einem gezielten Fausthieb den Kiefer zu brechen, aber sie waren in der Überzahl. Martin nutzte deswegen die Überraschung, um sich sofort in die Büsche zu schlagen, wo es dunkel war.
„Schauen Sie nicht so dumm!“ hörte er Werck hinter sich rufen. „Holen Sie ihn zurück, na los!“
Irgendwie kam Martin bei weitem nicht so schnell voran, wie er sollte. Es war wie in einem dieser Alpträume, in denen man verfolgt wird, sich aber nur im Zeitlupentempo bewegen kann. Obwohl er aufgrund der Dunkelheit ohnehin nicht schnell laufen konnte, weil er auf jeden Schritt achtgeben mußte, benötigten seine Beine jedesmal eine Extra-Aufforderung, um sich vom Boden abzuheben. Ein grauenhaftes Gefühl.
Zugleich peitschten Martin Zweige ins Gesicht. Er hielt den Kopf leicht gesenkt und die Arme etwas vorgestreckt, was jedoch nur wenig half.
Zwischendurch lauschte er auf seine Verfolger, doch er hörte sie nicht. Er hörte nur seine eigenen Schritte und sein eigenes schweres Atmen. Untermalt vom fauligen Bananenaroma, das er mit sich schleppte.
Er mußte die Grundstücksgrenze erreichen, er konnte sich noch daran erinnern, daß es ein Drahtzaun gewesen war, den er würde überklettern können. Vielleicht mußte er sich die Schuhe ausziehen...
„Da, ich hab ihn!“ hörte er, rechts von sich und in weiter Entfernung. Er mußte lächeln: Gar nichts hatten diese Kerle. Dies gab ihm neuen Auftrieb.
Er sah den Maschendrahtzaun erst, als er dagegengelaufen war. Es schien ihm, als müsse das Geräusch, das er dabei machte, bis Grönland zu hören sein, und er stieß einen heftigen Fluch aus, wenn auch nur flüsternd.
Dann zog er seine Schuhe aus und begann zu klettern.
Es war nicht einfach nur schwer, es war die reinste Quälerei. Martins Gliedmaßen wollten sich nur noch unter allergrößter Kraftanstrengung rühren, seine Arme hatte es dabei offenbar noch schlimmer getroffen als seine Beine. Jetzt erst bemerkte er, wie sehr Bewegungsabläufe bei einem gesunden Menschen automatisiert waren. Normalerweise dachte man nicht darüber nach, wie man etwas greift oder wieder losläßt. Martin jedoch mußte sich auf jeden einzelnen Finger konzentrieren. Und auch sein Arm drohte ihm ins Gesicht zu fallen, wenn er nicht aufpaßte.
„Er muß hier sein“, hörte er hinter sich, bedrohlich nahe, und er sah unter sich den suchenden Strahl einer Taschenlampe durch das Buschwerk streifen. Er mußte schon drei Meter hoch sein, er schloß die Augen und wagte nicht zu atmen.
Er hörte Schritte unter sich, die sich näherten – und dann wieder entfernten. Martin riß die Augen auf und sah den Lampenstrahl in der Ferne verschwinden. Heute mußte sein Glückstag sein. Sein rechter Arm, der ihm kraftlos ins Gesicht fiel, erinnerte ihn daran, daß alles relativ zu sehen war.
Er war beinahe ganz oben, drei weitere Klimmzüge brachten ihn schließlich über die Kante.
Er hatte gehofft, der Abstieg auf der anderen Seite würde einfacher werden, doch das Gegenteil war der Fall. Seine Gliedmaßen gehorchten ihm immer weniger, und Martin geriet bei dem Gedanken in Panik, daß er kurz vor dem Erreichen der rettenden Landstraße vollkommen „erstarren“ würde.
Die letzten zwei Meter fiel er. Irgendetwas knackte in seiner Schulter. Nicht wichtig, aufstehen. Wie ein Wesen, das nicht für die Fortbewegung auf zwei Beinen geschaffen war, humpelte Martin vorwärts in die Richtung, wo er die Landstraße vermutete.
Nach zehn Schritten schon stolperte er über etwas Großes, Weiches und fiel auf etwas, das sich wie Stoff anfühlte.Die linke Hand landete in einer Matschpfütze.
Es war stockdunkel, das Objekt nicht zu identifizieren. Aber wen scherte es auch? Martin schaffte es mit letzter Kraft, wieder auf die Beine zu kommen, wischte sich den Dreck von der Hand an seiner Hose ab und stolperte weiter vorwärts – bis er wieder gegen einen Maschendrahtzaun lief.
Gottverflucht, er hatte beim Sturz die Orientierung verloren und war wieder zurückgelaufen!
Er wandte sich um und ging weiter. Weg von diesem elenden Zaun. Er mußte entkommen! Er mußte der Welt sagen, was hier geschah, und er mußte zurück zu seiner Familie.
Kurz darauf verfing sich sein Bein wieder in etwas Weichem, aber diesmal fiel er nicht. Er ging weiter und stieß nach wenigen Schritten abermals gegen einen Zaun.
Die Panik ließ sich nun nicht mehr verleugnen. Martins Herz klopfte bis zum Hals, und er zitterte am ganzen Leib. Fast wollte er schreien, doch nur ein dünner Singsang entrang sich seiner Kehle. Wieder wandte er sich um, dabei stellte er fest, daß sein Arm am Zaun festhing.
Er konnte ihn nicht mehr loslassen.
Mit einem Schrei der Verzweiflung versuchte Martin, sich loszureißen, und in seiner Raserei hätte es ihm möglicherweise auch nichts mehr ausgemacht, wenn er sich dabei die Finger abgerissen hätte, aber es half nichts. Schließlich nahm er seine linke, noch halbwegs funktionstüchtige Hand zu Hilfe, um die Finger der rechten Hand zu öffnen. Er fragte sich, ob das nur eine vorübergehende Sache war, oder ob er für den Rest seines Lebens ein Krüppel bleiben würde.
Als er seinen Arm endlich abgelöst hatte, stürzte er zu Boden und schaffte es nicht mehr, sich zu erheben. Er kroch noch unzählige Male von Zaun zu Zaun, bis er sich nicht mehr fortbewegen konnte.
Das ist also das Ende, dachte er.
Doch das war es nicht. Noch nicht.

Als der Himmel endlich heller wurde, war Martin bereits dem Wahnsinn nahe. Er hatte mehrere Stunden bei vollem Bewußtsein auf dem Gras gelegen, ohne sich bewegen zu können, und ohne etwas zu sehen. Und als sei dies nicht schon grauenvoll genug, war etwas in sein Hosenbein gekrabbelt. Und immer höher und höher gekommen. Irgendwann ab der Mitte des Oberschenkels hatte es sich dann nicht mehr gerührt, und Martin begann bereits die Hoffnung zu hegen, daß es sich nur um eine gräßliche Halluzination gehandelt hatte.
Das Verschwinden der Dunkelheit brachte keine guten Neuigkeiten. Martin erkannte, daß er sich immer noch auf dem Gelände des Body Parks befand. Der Zaun, den er so mühsam überklettert hatte, war nicht die Außenabsperrung gewesen, sondern die Begrenzung eines der zahlreichen „Leichengehege“.
Martin lag auf der Seite. Er konnte noch atmen und seine Augen bewegen, sonst konnte er nichts mehr. Etwa einen Meter vor ihm lag der Körper einer Frau. Zumindest schloß Martin aus dem geblümten Kleid, daß es eine Frau war. Jemand hatte ihr die Haut abgezogen, und das grünstichige Fleisch wimmelte von gelbschwarzen, raupenartigen Larven.
Martin schloß die Augen. Er versuchte, sich seine Frau, seinen Sohn und seine Tochter vorzustellen. Er stellte sich vor, wie bereits Dutzende von Polizeistreifen nach ihm fahndeten.
Ein seltsames Gefühl am Bein riß ihn aus seinen Gedanken: Das Krabbeln begann wieder.
Martin stellte sich vor, wie er aufsprang, schrie und sich den Käfer – oder was auch immer – aus dem Hosenbein schüttelte und ihn zertrat. Doch mehr als vorstellen konnte er es sich nicht.
Dann hörte er Schritte hinter sich, und eine Stimme: „Das gibt´s doch nicht. Hier ist der Kerl!“
Eine andere Stimme sagte „Wir könnten ihn jetzt noch austauschen.“
Eine dritte Stimme, die eindeutig Werck gehörte, sagte nun „Sind Sie verrückt? Grandinger und Vossen liegen in diesem Moment ganz offiziell als verbrannter Verkehrsunfall im Kühlhaus. Was mehr kann man sich wünschen? Heute Nachmittag werde ich nach der Obduktion die Papiere unterzeichnen, den Familien mein Beileid aussprechen, und kann kann man sie beide begraben. Den hier müßten wir dagegen erst verbrennen und dann mit ihm durch die Stadt kutschieren. Von der Entsorgung des anderen ganz zu schweigen.“
Noch mehr Schritte. „Sollen wir ihn dann auch zu Serafimowitsch bringen?“
„Nein, ist schon recht“, sagte Werck. „Er kann hier bleiben. Ist zu spät, ihn jetzt noch umzulagern, er ist ja schon tot und die Uhr läuft.“
„Ich bin nicht tot“, schrie Martin. Doch er schrie es nur in seiner Vorstellung.
Die Schritte entfernten sich, das Krabbeln blieb.
Martin erinnerte sich nun daran, daß Serafimowitsch ein wichtiger Zeuge in einem Prozeß gegen Drahtzieher der russischen Mafia gewesen war. Er war jedoch kurz vor seiner gerichtlichen Vernehmung verschwunden. Ganz offensichtlich war dieser Body Park hier weit mehr, als es äußerlich den Anschein hatte – was auch erklären würde, warum Werck und seine Mitarbeiter sogar vor Mord nicht zurückschreckten, um den Betrieb aufrechtzuerhalten.
Doch wem sollte er all das erzählen?
Irgendwann erreichte das Krabbeln den Unterleib und wenig später auch Martins Schwanzspitze.
Nein, alles nur das nicht, dachte er noch, bevor er in seiner Harnröhre einen stechenden Schmerz spürte. Danach war Ruhe, doch Martin stellte sich vor, wie er vor Ekel einen Ozean erbrach.
Inwischen hatten sich auch Hunderte von Fliegen auf der Frauenleiche niedergelassen, und einige davon besuchten auch Martin. Sie flogen relativ zielstrebig zu seinen Augen, doch da er noch die Kontrolle über sie hatte, konnte er das Ungeziefer durch Blinzeln einigermaßen sicher fernhalten.

Am späten Nachmittag wurden auch seine Augenlider zunehmend schwer, und Martin fragte sich, wie lange das Sterben wohl noch dauern würde. Oder war der Tod womöglich nichts anderes als ein Zerfall des Körpers bei vollem Bewußtsein? Welcher Gott dachte sich solch eine Hölle aus?

Am Abend beobachtete Martin den Sonnenuntergang. Er sah ausgesprochen romatisch aus, und als die erste Fliege begann, auf seinem gelähmten rechten Auge ihre Eier abzulegen, dachte Martin in erster Linie daran, daß es doch eine Sauerei war, ihm damit die Aussicht zu versperren.

 

Interessante Demonstration, wie man einen Kommentar ganz auf Icons aufbauen kann.

Es freut mich natürlich, daß meine Bearbeitung deiner Grundidee von dir so gut aufgenommen wird. Wobei - das mag jetzt vielleicht ultra-arrogant klingen - aber ich habe es eigentlich nur gemacht, um dir zu demonstrieren, was man aus der Story machen kann. Derartiger Brechstangen-Horror ist sicher nicht jedermanns Geschmack, aber es ist ein wenig wie mit der Bild-Zeitung: Keiner liest sie, dennoch ist sie die auflagenstärkste Tageszeitung.

r

 

Hi relysium,

suhl dich nicht so lange, so leicht mach ich es dir dann doch nicht! Mein erster Eindruck war: die Story ist gut, auch besser als meine. Aber nach eingehenderer Betrachtung des Textes kann auch die Krone eines Königs Kratzer bekommen;) . Wenn's differenziertere Icons gäbe... (wink wink an Admin), würde ich's noch mal probieren, also tu ich's texten:

Positiv:
- mehr Action
- mehr Ekel (ich mag Brechstangen-Horror, wenn er gut erzählt wird)
- gute Beschreibungen
- gute Recherche
- fieser Schluss

Negativ:
Die Idee verlangt neben dem Background auch eine Schlüssigkeit, die meiner Meinung nach fehlt oder zumindest zu kurz kommt. Warum will Vossen die Gelder streichen? Wie werden die Morde an so wichtigen Leuten vertuscht? Wozu erwähnst du den russischen Zeugen? Für mich sind das lose Enden, auf denen ich frustriert herumkaue. Schön wär's, wenn ein paar Hinweise auftauchten, wie der Prof die Fäden zieht und wo man sagt: aha, ausgefuchst!

Ziemlich lieblose Charakterausarbeitung. Mit dem Prot kann man noch mitfühlen, der Rest ist eigentlich Staffage. Ich finde (und hab auch versucht das irgendwie zu vermitteln) die Story braucht Skurrilität, selbst wenn das nicht megareal ist. Leute, die sich mit so was beschäftigen, müssen doch leicht abgedreht sein.

Alles in allem also ziemlich gut. Aber mal sehen, vielleicht kommt ja noch jemand und sagt: "Das werd ich mal überarbeiten..." :D

Peter

 

Hallo relysium!

Mir hat deine Version auch besser gefallen als Peterchens Urversion (sorry Peter!). Ganz einfach deshalb, weil diese Story spannend ist. Man leidet mit Martin mit, der verzweifelt versucht aus dem Bodypark zu entkommen. Das er es dann doch nicht schafft, ist zwar wenig überraschend, aber dennoch erschreckend. Das Ende hat mich auch ein wenig an "Darüber lacht die Zirbeldrüse" erinnert, aber da hat mir der Schluß ja auch gefallen ;-)

Ein paar kleine Fehler:
"Die meisten Gästen"
die meisten Gäste

"Martin spärte, wie seine Übelkeit nachzulassen"
Martin spürte

"Jellinek, bringen Sie ihn zusammen mit Kirsch nach hinten"
Das klingt so, als ob Jellinek Vossen UND Kirsch nach hinten bringen sollte. Aber eigentlich sollten Jellinek und Kirsch zusammen den armen Vossen wegschaffen.

"Arme etwas vorgestreckt, was jedch nur wenig half."
jedoch

Gute, spannende Geschichte!

Gruß
Mike

 

@Mike:
Danke für das Lob und die gefundenen Fehler. Ich werde sie gleich edieren.
Ja, eine gewisse Parallelität zur Zirbeldrüsen-Story ist nicht zu leugnen, was allerdings weder beabsichtigt, noch unbeabsichtigt ist. Es ist einfach nur Zufall.

@Peterchen:

Geschrieben von Peterchen
Die Idee verlangt neben dem Background auch eine Schlüssigkeit, die meiner Meinung nach fehlt oder zumindest zu kurz kommt. Warum will Vossen die Gelder streichen?
Es werden dauernd Gelder gestrichen; das ist etwas, das inzwischen zum Alltagsbild in allen Institutionen dieses Landes gehört, deshalb hielt ich es nicht für erklärungsbedürftig. Man kann es vielleicht in einem Nebensatz einflechten, daß dem so ist.

Wie werden die Morde an so wichtigen Leuten vertuscht?

Wozu erwähnst du den russischen Zeugen? Für mich sind das lose Enden, auf denen ich frustriert herumkaue.
Der russische Zeuge ist ziemlich wichtig, was die Schlüssigkeit betrifft. Mit etwas Überlegen solltest du darauf kommen, was vielleicht der wahre Zweck des Body Parks ist, und warum Leute bereit sind, zu töten, wenn seine Existenz bedroht wird. Institute werden säckeweise im Jahr geschlossen, deswegen begeht aber niemand einen Mord. Ich werde hier allerdings auch noch mal ein wenig Erklärung einflechten.

Schön wär's, wenn ein paar Hinweise auftauchten, wie der Prof die Fäden zieht und wo man sagt: aha, ausgefuchst!
Schwierig, sehr schwierig. Nicht, daß ich mir das nicht genau ausgedacht hätte, aber es ist problematisch, denn ich mag es nicht, wenn sich der Bösewicht hinstellt und seinem Opfer seinen Plan erklärt. Das find ich jedesmal sowas von Scheiße...
Aber auch hier kann ich einen Satz einflechten, der in die Richtung geht.

Ziemlich lieblose Charakterausarbeitung. Mit dem Prot kann man noch mitfühlen, der Rest ist eigentlich Staffage.
Ich bitte dich! Das ist eine Kurzgeschichte! Und ich glaube auch nicht wirklich, daß die anderen Charaktere außer dem Prot. so wahnsinnig interessant sind.

Ich finde (und hab auch versucht das irgendwie zu vermitteln) die Story braucht Skurrilität, selbst wenn das nicht megareal ist. Leute, die sich mit so was beschäftigen, müssen doch leicht abgedreht sein.
Das ist ein Vorurteil, dem ich nur ungern Nahrung verschaffe.

Alles in allem also ziemlich gut. Aber mal sehen, vielleicht kommt ja noch jemand und sagt: "Das werd ich mal überarbeiten..." :D
Möglich. Mein "Gom" erfuhr eine solche Behandlung ja von Aragorn.

r

 

Hi relysium,

coole Story.

Ich kenne zwar das Original nicht, aber die von Peterchen angesprochenen Dinge stören mich nicht wirklich, besteht der Hauptplot doch darin, ob der Prot. es schafft oder nicht.
Natürlich schafft er es nicht...

Allerdings finde ich es im Allgemeinen eine gefährliche Sache, Geschichten anderer Leute zu überarbeiten, weil das immer etwas von einem zweischneidigen Schwert hat, wie ich finde.

Nicht jeder mag sowas - insofern Gruss an Peterchen, dass er das so locker nimmt. Wüsste nicht, ob mir sowas gefallen würde...

Aber das nur ganz allgemein.

Jetzt zur Story:

Stilistisch gut geschrieben, die Dialoge sind nachvollziehbar und Fehler fallen beim flüchtigen Lesen auch nicht auf.
Es wird Spannung und Grusel erzeugt.
(Wer ist schon gerne allein unter Leichen?)
Im Grossen und Ganzen erinnert mich das an ne Mischung aus Anatomie (Lähmungsgift) und einer der Tales of Horror (Thema: Schmerzen enden nicht nach dem Tod, nur das Meldewesen funktioniert nicht mehr :D ).

Aber Deine Geschichte hat eine gewisse Eigenständigkeit zu bieten und ist in sich abgeschlossen, und Peterchens Fragen stellten sich mir nicht, da ich sie einfach mit meiner eigenen Phantasie beantwortete.
Jeder hat ja so seine Vorstellungen von bestimmten Situationen.

Tja, eigentlich müsste ich ja Peterchens Story noch lesen, allerdings würde ich sie zwangsläufig mit dieser Story vergleichen, was meiner Objektivität schaden würde.
Eine weitere Sache, die Neuinterpretationen (für mich so) gefährlich macht.

Trotzdem eine sehr gute Story, die ich gerne gelesen habe...

Bis zum nächsten Mal

Henry Bienek :cool:

 

Auch dir danke für deinen Kommentar.

Geschrieben von Henry Bienek
Allerdings finde ich es im Allgemeinen eine gefährliche Sache, Geschichten anderer Leute zu überarbeiten, weil das immer etwas von einem zweischneidigen Schwert hat, wie ich finde.

Nicht jeder mag sowas - insofern Gruss an Peterchen, dass er das so locker nimmt. Wüsste nicht, ob mir sowas gefallen würde...

Ich habe ihn ja vorher gefragt (im Thread des Originals).

Im Grossen und Ganzen erinnert mich das an ne Mischung aus Anatomie (Lähmungsgift)
Stimmt, da gab es sowas auch.

und einer der Tales of Horror (Thema: Schmerzen enden nicht nach dem Tod, nur das Meldewesen funktioniert nicht mehr :D ).
Daran hab ich zum Schluß auch gedacht. Ich hab die Folge übrigens vor ca. 3 Wochen wieder mal angesehen.

und Peterchens Fragen stellten sich mir nicht, da ich sie einfach mit meiner eigenen Phantasie beantwortete.
Jeder hat ja so seine Vorstellungen von bestimmten Situationen.
Die Frage ist aber: hast du die Geschichte vor oder nach 11:33 Uhr gelesen? Ich habe die Dialoge nämlich inzwischen auf seine Kritik hin etwas ausgebaut.

Tja, eigentlich müsste ich ja Peterchens Story noch lesen, allerdings würde ich sie zwangsläufig mit dieser Story vergleichen, was meiner Objektivität schaden würde.
Eine weitere Sache, die Neuinterpretationen (für mich so) gefährlich macht.
Lies sie ruhig.
Peterchens Story hat einen völlig anderen Focus. Man könnte fast sagen: Meine beginnt dort, wo seine aufhört. Ich fand die Idee einfach nur gut, hab mich aber etwas darüber geärgert (nein, geärgert ist eigentlich nicht das richtige Wort, aber ich weiß nicht, was das richtige wäre), daß er das Potential, das ein Park voller verwesender Leichen bietet, überhaupt nicht genutzt hat.
Mein Anliegen war es eigentlich gar nicht, meinem Portfolio eine weitere coole Story hinzuzufügen, sondern zu demonstrieren, was man daraus machen kann. Insofern ist es mir viel wichtiger, wenn Peterchen in seiner nächsten Story die Anregung mitnimmt, und vielleicht sogar versucht, mich zu toppen, als mich nun im Ruhm "zu suhlen". Man kann obige Geschichte sozusagen als den ausführlichsten Verbesserungsvorschlag bezeichnen, den ich je geschrieben habe.

r

 

Nabend!

@relysium
Jep, das gefällt mir besser und wirkt geschlossener. Dich beim nächsten Mal toppen? Man will ja nicht größenwahnsinnig werden (grins). Das Feedback auf meine erste Horrorstory war ja schon ganz gut, aber so genial schätz ich mich noch nicht ein, ausserdem bin ich zu faul.

@Henry
Die Idee aufgreifen zu lassen wird bestimmt eine Ausnahme bleiben. Vielleicht war etwas Trotz dabei, weil ich nach den Kommentaren selbst nicht mehr ganz zufrieden war. Aber ich hab noch Ideen, wo ich es mir auf jeden Fall verbieten würde.

Alles in allem würde ich sagen, dass jeder seine Plots unterschiedlich verarbeitet. Mir schwebte bei der Idee immer eine schrullige Pathologin vor, die ihr kleines Reich vor den Betonköppen schützen will, daher sehe ich sie als Prot und alles geht mehr ins Humorige. Wenn die Sache noch länger in der Schublade gelegen hätte, wer weiß, vielleicht hätte ich auch alles noch umgeschmissen. Aber R.'s Horrorvision reisst schon mehr.

 

Boah! Relysium!

Das ist ja mal wieder ganz krankes Zeug hier, willst du uns um den Schlaf bringen? Also mir hat die Geschichte spitzenmässig gefallen, voll die ekligen Szenen und so. Eigentlich müsste ich sie empfehlen. Aber ich weiss nicht, ob das statthaft ist, wenn die Idee gar nicht von dir selber ist. Ausserdem hab ich schon zwei deiner Geschichten empfohlen, am Ende denken die Leute, wir sind verheiratet, hihi.
Falls du übrigens mal meine Beelzebub-Geschichte auch so aufpeppen willst, tu dir keinen Zwang an.

Liebe Grüsse
Arry

 

Hallo relysium!

Ich muss vorausschicken, dass ich die andere Geschichte, auf die du dich beziehst, nicht kenne, aber ich denke, dass diese Geschichte für sich steht.

Ich bin etwas zwiegespalten bei der Story.
Die Grundidee hat mir gefallen, auch die Enthüllung in Sachen Mafia gegen Ende – eine neue Variante des alten Betonfundaments. :D
Die zweite Hälfte war spannend – für mich eindeutig der bessere Teil der Story. Auch der Schluss hat mir gefallen – bis auf den Schlussgag mit der versperrten Aussicht. Klar ist der arme Kerl völlig durchgedreht zu diesem Zeitpunkt, aber der etwas laue Schlussgag hat mir den ansonsten guten Schluss ein bisschen vermiest.

Was mich in der ersten Hälfte gestört hat, waren die vielen Ekelszenen, die bei mir etwas den Eindruck hervorriefen, dass sie teilweise Selbstzweck sind und nicht die Story an sich transportieren. Für mich bist du unnötig weit ins Detail gegangen. Das ist natürlich auch Geschmackssache, aber mir hätte diese Story – die mir von der Idee her ja zugesagt hat – besser gefallen, wenn du nicht ganz so ins Detail gegangen wärst und mehr der Fantasie des Lesers überlassen hättest.

Sprachlich fand ich die Geschichte gelungen. Sie ist flüssig geschrieben, die Formulierungen passen bis auf wenige Ausnahmen. Sehr gut lesbar, finde ich. :thumbsup:

Die Ausnahmen:

„Seine regelmäßigen Einsätze im Außendienst waren schon fast ein Jahrzehnt her, und das letzte Mordopfer, das er als Oberkommissar zu Gesicht bekommen hatte, kaum weniger lange.“
>>> wenig elegante Formulierung, klingt nicht gut

„hatte einiges an Aufwand getrieben:“
>>> „betrieben“, oder?

„ „Nein, lassen Sie mich, ich will nicht“, jammerte dieser.“
>>> Wieso nicht „er“ statt „dieser“? „Dieser/diese“ etc. hört sich nicht gut an – jedenfalls nicht als Ersatz von „er/sie“.

„Er versuchte, sich seine Frau, seinen Sohn und seine Tochter vorzustellen. Er stellte sich vor, wie bereits Dutzende von Polizeistreifen nach ihm fahndeten.
Ein seltsames Gefühl am Bein riß ihn aus seinen Gedanken: Das Krabbeln begann wieder.
Martin stellte sich vor, wie er aufsprang, schrie und sich den Käfer – oder was auch immer – aus dem Hosenbein schüttelte und ihn zertrat. Doch mehr als vorstellen konnte er es sich nicht.“
>>> ein bisschen zuviel „vorstellen“ in diesem Absatz ;)

„Heute Nachmittag werde ich nach der Obduktion die Papiere unterzeichnen, den Familien mein Beileid aussprechen, und kann kann man sie beide begraben. Den hier müßten wir dagegen erst verbrennen und dann mit ihm durch die Stadt kutschieren. Von der Entsorgung des anderen ganz zu schweigen.“
Noch mehr Schritte. „Sollen wir ihn dann auch zu Serafimowitsch bringen?““
>>> einmal „dann“ statt „kann“
(„dann“ verwendest du recht häufig)

Wenn ich meinen persönlichen Geschmack, was die Ekelszenen betrifft, mal außer Acht lasse, würde ich sagen, eine für kg.de überdurchschnittlich gute Geschichte. :)

Viele Grüße
Christian

 

Vielen Dank für eure Kommentare.

@Arya:
Danke für das Lob.

@criss:
Die Ekelszenen sind bewußt gesetzt, das soll so sein, ich stehe dazu.
Die einzelnen Formulierungen werde ich noch mal überdenken, aber hier ein paar spontane Gedanken dazu:

„Seine regelmäßigen Einsätze im Außendienst waren schon fast ein Jahrzehnt her, und das letzte Mordopfer, das er als Oberkommissar zu Gesicht bekommen hatte, kaum weniger lange.“
>>> wenig elegante Formulierung, klingt nicht gut
Da hast du einen Satz erwischt, an dem ich etwas länger herumgedoktert habe, weil ich keine flüssige Formulierung des Gedankens hinbekam. Mit dieser Formulierung konnte ich leben. Wenn du einen Verbesserungsvorschlag hast, schreib ihn, meinerseits ist das die beste Idee.

„hatte einiges an Aufwand getrieben:“
>>> „betrieben“, oder?
Da es heißt "Aufwand treiben", sollte das so richtig sein.

(„dann“ verwendest du recht häufig)
Ja, wenn auch in der wörtlichen Rede, und da gelten bei mir andere Regeln.

@ProgMan:
Freut mich, daß es dir gefallen hat.
Die neue Rechtschreibung lehne ich ab aus 2 Gründen:
1. Ich habe 13 Jahre Schule hinter mir, in der man mir die alte RS eingetrichtert hat. Ich bin nicht bereit, das über Bord zu werfen.
2. Ich lasse mir nicht gerne von einer Kommission von Neunmalklugen vorschreiben, wie ich schreiben soll.
Zu deinen Kritikpunkten:

1. Der Bodypark ist ein schaurige, aber auch ziemlich unrealistische Umgebung
2. Das Motiv ist doch sehr schwach.
Unrealistisch? Darüber habe ich mir keine Gedanken gemacht. Aber warum sollte es das nicht geben?
Wieso ist das Motiv schwach? Du meinst doch das Mordmotiv, oder?

r

 

Geschrieben von relysium
Die Ekelszenen sind bewußt gesetzt, das soll so sein, ich stehe dazu.
Wie ich geschrieben hatte: Ein bisschen Selbstzweck. Aber das ist - wie z.B. Splatter auch - natürlich Geschmackssache

Da hast du einen Satz erwischt, an dem ich etwas länger herumgedoktert habe, weil ich keine flüssige Formulierung des Gedankens hinbekam. Mit dieser Formulierung konnte ich leben. Wenn du einen Verbesserungsvorschlag hast, schreib ihn, meinerseits ist das die beste Idee.
Vorschlag:
"Aber, so mußte er sich eingestehen: Seine regelmäßigen Einsätze im Außendienst lagen schon fast ein Jahrzehnt zurück, und es war beinahe ebenso lange her, daß er als Oberkommissar ein Mordopfer zu Gesicht bekommen hatte."

 

Okay, Vorschlag angenommen.
Wie bist du eigentlich zu deiner Alternativ-Bezeichnung gekommen? (Ortho-Graf)

r

 

Hi ProgMan,

aber wenn der Karren eh schon im Dreck ist, darf man doch wenigstens seinen Spass an der Rache haben, oder?

Merke: Rache wird meist (leichen)kalt genossen. :D

Henry Bienek

 
Zuletzt bearbeitet:

Hier geht es zum Trailer der Kinoversion: (ca. 4,5 MB AVI, benötigt DivX Codec)
http://www.revulsion.de/download/Trailer_DivX.avi

Man ist von der Vorlage ein wenig abgewichen, wie ich an der Vorankündigung sehe, aber wen schert's (außer mir)?

r

 

Ein schon älteres Machwerk?!

Hi rel,

nachdem mein Drucker wieder heiß gelaufen war, konnte ich mich dieser Geschichte widmen. Habe die Version von Peterchen auch nicht gelesen (werde es aber nachholen, falls sie noch hier ist).

„Wissen Sie eigentlich“, Wercks brüchige Stimme riß ihn aus seinen Gedanken, „warum Fliegen eine solche Affinität zu Augen haben?“
Das habe ich mich auch schon immer gefragt. Sehr anschaulich erklärt.

„Das Essen war das Beste, was ich seit Jahren gegessen habe. Respekt vor dem Koch.“
Hier hatte ich zunächst angenommen, Werck hätte ihnen verfaultes Menschenfleisch aufgetischt. Sehr schön in die Irre geführt...

„Wir haben das Becken erst vor vier Monaten in Betrieb genommen“, erklärte Werck, „deswegen besitzen wir noch keine Erkenntnisse über längerfristige Veränderungen.
Gibt es keine Erkenntnisse über Wasserleichen???

„Wie Sie sehen, ist hier die sogenannte Fettwachsbildung weit fortgeschritten“, dozierte Werck. „Das Fettgewebe zerfällt im Wasser in völlig anderer Weise. Die Esterbindungen brechen auf, und das Ergebnis ist eine Substanz, die mit gewöhnlicher Kernseife verwandt ist. Eine chemische Analyse gibt erstaunlich genau Aufschluß über die bisherige Dauer des Vorgangs, im Falle eines Mordes kann man so das Datum, wann das Opfer ins Wasser geworfen wurde, auf etwa drei Tage genau eingrenzen.“
Ein sehr interessanter Aspekt. Schön, dass man bei deinen Geschichten immer was lernen kann.

Gottverflucht, er hatte beim Sturz die Orientierung verloren und war wieder zurückgelaufen!
Er wandte sich um und ging weiter. Weg von diesem elenden Zaun. Er mußte entkommen! Er mußte der Welt sagen, was hier geschah, und er mußte zurück zu seiner Familie.
Kurz darauf verfing sich sein Bein wieder in etwas Weichem, aber diesmal fiel er nicht. Er ging weiter und stieß nach wenigen Schritten abermals gegen einen Zaun.
Ein wahrer Horror innerhalb der Horrorstory.

Heute Nachmittag werde ich nach der Obduktion die Papiere unterzeichnen, den Familien mein Beileid aussprechen, und kann kann man sie beide begraben.
Hat sich da doch tatsächlich noch ein Fehlerchen eingeschlichen...

Er sah ausgesprochen romatisch aus, und als die erste Fliege begann, auf seinem gelähmten rechten Auge ihre Eier abzulegen, dachte Martin in erster Linie daran, daß es doch eine Sauerei war, ihm damit die Aussicht zu versperren.
Unrealistisch, aber genial sarkastisch. Typischer "relysium-Satz".

Eine herrlich kranke Idee mit dem Body Park; nette Vorstellung.
Am Stil natürlich mal wieder nix großes auszusetzen; obwohl ich gestehen muss, dass du schon tiefgründiger geschrieben hast (soll jetzt nicht heißen, dass der Story was fehlt).
Hat mir mal wieder sehr gut gefallen, auch wenn die Idee nicht von dir zu sein scheint.

Danke für die gute Unterhaltung! Salem

 

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom