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Bonjour Tristesse

Seniors
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23.08.2001
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Bonjour Tristesse

Morgens bin ich nicht ansprechbar. Mein Kopf will zurück ins Kissen, darf aber nicht. Er straft mich, indem er mir vormacht, meine Wohnung drehe sich um mich. Ich besteche ihn mit einer Blutorange. Keine Ahnung, wie ich darauf gekommen bin, seit Jahren esse ich morgens eine Blutorange. Keinen Kaffee dazu, keinen Tee. Ich bekomme sonst nichts runter, muss mich bei allem augenblicklich übergeben, nur meine Blutorange behalte ich bei mir.
Es ist schon fast ein Ritual: Aus dem Bett klettern, an der Wand festhalten, im Regal nach der Orange tasten, aus der Spüle ein Messer angeln, hinsetzen, abpellen, jedes Stückchen einzeln in den Mund schieben. Kauen, schlucken, dem herbsüßen Saft nachspüren, wie er die Kehle hinunter rinnt und mit einer Explosion im Magen die Lebensgeister weckt.

Im Treppenhaus steht die alte Zora und macht ein trauriges Gesicht. Keiner weiß, wie sie wirklich heißt, der Name ihres Klingelschildes ist längst abgeblättert, nur "...zora..." kann man noch entziffern. So kam sie zu ihrem Spitznamen. Ich mag sie, auch wenn die anderen auf sie schimpfen. Sie kommt mit der Schnellebigkeit der Zeit nicht mehr zurecht, aber wie auch? Als sie in meinem Alter war, herrschte Krieg und die Post brauchte Monate. Heute scheint unser Land trügerisch friedlich und E-Mails brauchen nur noch Sekunden um die Welt. Ihr Blick hält sich an mir fest, zieht an meiner Jacke. Ich bleibe stehen, müsste das Kleidungsstück sonst wohl hier zurücklassen. Sie erzählt mir, dass das Briefkastensterben nun auch unseren Stadtteil erreicht hat. Eben wollte sie einen Brief wegbringen, aber dort, wo der gelbe Kasten seit Jahrzehnten hing, gähnte nun eine Lücke, wie eine Wunde in der Haut der Stadt. Ich kann Zoras Blick nicht ertragen und verspreche, ihren Brief einzuwerfen. Er soll nach Panama, zu ihrer Tochter.
Der Absender lautet "Eva Katzorak".

Von meinem Büro aus sehe ich die Kuppel der neuen Arena. Sie steht da nun schon eine Weile und ich weiß immer noch nicht, ob sie mir gefällt. Sie ist hell und strahlt weit in die Gegend hinaus, aber das alte Stadion war Nostalgie, war Erinnerung, war meine Kindheit, meine Jugend. Im angrenzenden Freibad habe ich viele Sommer verbracht, habe hier die ersten Jungs getroffen, den ersten Kuss getauscht, bin hier erwachsen geworden. Das Bad musste dem Neubau weichen, und mit ihm starb meine Vergangenheit. Meinen Kindern werde ich davon erzählen können, doch vorstellen kann man sich nur, was man gesehen hat. Sie werden nur moderne Bäder kennen, mit Rutsche und Whirlpool. Zwei Becken, ein großes, ein kleines, sechs Bahnen mit Startblöcken und lediglich ein Einmetersprungbrett, das wird ihre Fantasie übersteigen.
Ich sehe die Kuppel an und bin nach wie vor nicht per Du mit ihr.

Mein letzter Freund hatte ständig Migräne. Vor dem Aufwachen, nach dem Sex. Einmal habe ich ihn gefragt, ob es psychosomatisch sei, sein verständnisloser Blick war göttlich. Seine Reaktion, nachdem ich den Begriff erklärt hatte, weniger. Drei ganze Tage war er eingeschnappt, an Sex war auch ohne Migräne nicht mehr zu denken. Ich hab' ihm schließlich Aspirin ins Müsli gemischt. Keine Ahnung, ob es was gebracht hat, er ist dann mit meiner Kollegin abgehauen. Nach drei Wochen stöhnte sie über seinen sexuellen Appetit und wollte sich von ihm trennen.

Auf dem Weg nach Hause blockiert eine prall gefüllte Plastiktüte die Fahrbahn. Ich umfahre sie gekonnt, mein Auto hat Allradantrieb. Dass ich dabei fast einen alten Mann umfahre, bemerke ich nur noch an seinen wütenden Gesten, die ich im Rückspiegel erkenne. Ich ducke mich, als könne ich so mein Nummernschild unkenntlich machen und hoffe, dass er kurzsichtig ist. Ich fahre gut, nur sammeln sich die Knöllchen wegen Geschwindigkeitsübertretungen. Manchmal falte ich Schiffchen draus und lasse sie bei Regenwetter auf den Pfützen schwimmen.

Im Treppenhaus begegnet mir wieder Zora. Ich kann nicht anders, als sie so zu nennen, auch wenn ich ihren Namen jetzt kenne. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, und sie hat sich längst an ihren Spitznamen gewöhnt. Vielleicht hat sie die rote Zora als junge Frau ihren Kindern vorgelesen und genauso geliebt wie ich. Mit dem Namen eines starken Mädchens bedacht zu werden, ist keine Schande. Sie fragt nach dem Brief. Ich nicke, ja, ich habe ihn eingeworfen. Sie lächelt, dankt mir, reicht mir eine Tafel Schokolade. Ich bin gerührt, stammele ein Dankeschön. Sie sagt, solange es Menschen wie mich gäbe, sei die Hoffnung noch nicht verloren. Ich frage, was sie meint, sie raunt nur "Roboter", ich weiß nicht recht, was sie mir damit sagen will. Vielleicht hat sie Angst vor ihnen, glaubt, bald von ihnen ersetzt zu sein. Sie muss nichts befürchten, sie ist zu alt für dieses Schicksal.

In meinem Flur steht ein Schaukelpferd. Es ist alt und abgewetzt, schon meine Mutter saß darauf und wiegte sich in eine Glückseligkeit voller Freiheit und Wind. Die Fantasie versetzt Berge, und auch ich hatte manches Mal einen langen Weg aus der Steppe in die Küche, wenn es Abendessen gab.
Heute, wenn ich abends nach Hause komme, gebe ich ihm lediglich einen sanften Stupser mit dem Fuß und sehe zu, wie es ohne mich ins ferne Amerika fliegt, wie seine Mähne im Wind flattert, wie es sich mit der Herde vereint. Meine Vorstellungskraft reicht nicht mehr für uns beide, und ich habe Wichtigeres zu tun, als Träume zu jagen. Mein Schreibtisch quillt auch hier über, der Whisky erleichtert meine Nachtschicht.

Eine Geschäftsreise ins Ruhrgebiet hat mich einst erschüttert. Die Häuser waren graubraun, die Straßen schmutzig, die Luft quoll dick und fast schon sichtbar durch die Gassen. Ich hustete noch Tage später, der Bergbau und die Kohlekraftwerke hatten sich nicht nur in mein Gedächtnis eingeprägt.
Heute sieht es anders aus dort, aber mein Kopf hat dieses Bild gespeichert, es ist eingebrannt, wie eine Radierung lässt es sich nicht mehr rückgängig machen. Ich saniere die Häuser vom Rechner aus. Keinen Schritt muss ich vor die Tür machen und doch geschieht alles wie von Zauberhand. Die Arbeiter, die vor Ort ans Werk gehen, sind in meiner Vorstellung kaum vorhanden, ich habe sie nie gesehen.
Was wird mich aus der Zeit katapultieren, so wie einst Zora von den neuen Medien hinausgeworfen wurde? Könnte ich es mir vorstellen, hätte es keine Macht über mich. Ich werde abwarten und alt werden und eines Tages neben dem Geschehen stehen.

Schlaflos wälze ich mich hin und her. Irgendwo im Haus quietscht ein Bett. Nur Zora und ich leben allein, vor allen anderen Türen stapeln sich Kinderschuhe in verschiedenen Größen und zeugen von Fruchtbarkeit. Manchmal wünsche ich mir, eine von ihnen zu sein, doch das geht meistens schnell vorbei. Ich bin nicht häuslich, nicht mütterlich, ein Kind wäre gestraft mit mir.
Und doch gab es einen, mit dem hätte ich es gewagt. Für ihn hätte ich mich geändert, wäre zu Hause geblieben, hätte unsere Kinder großgezogen, sie zur Schule gebracht, ihnen aus der roten Zora vorgelesen und sie aus ihren wilden Reiterträumen an den heimatlichen Abendbrottisch geholt. An dem Tag, an dem ich ihm einen Antrag machen wollte, sagte er mir, dass er einen Mann liebe und ging am nächsten Tag mit diesem fort.

Als ich am Morgen erwache, fällt mein Blick aufs Fensterbrett. Meine Orchidee blüht, zum ersten Mal seit drei Jahren. Ich lächle sie an und gehe in die Küche. Die letzte Blutorange ist verschimmelt, und ich mache mir ein Käsebrot. Mein Magen ist gnädig zu ihm.
Vielleicht ist mein Leben doch nicht so trostlos, wie es mir immer erschien. Auf dem Weg zum Auto esse ich die Schokolade von Zora und nehme mir vor, ihr heute Abend meine Orchidee zu schenken.
____________________
11.01.2004 - 10.02.2004

 

Hey chasoqueen,

es gibt von meiner seite aus nichts zu beanstanden.
dir ist eine wirklich schöne geschichte gelungen, die mir den morgen versüßt hat.

lieben gruß pia

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi chaosqueen!

Schöne Geschichte, wirklich. Sehr wohl überlegte Formulierungen; mir ist nicht mal ein Rechtschreibfehler aufgefallen. So was macht mich depressiv. ;)
Ansonsten hinterlässt die Geschichte ein flaues Gefühl im Magen, da die Tristesse im Leben der Protagonistin sehr gut rüberkommt. Vielleicht hättest du die positive Wendung am Ende noch etwas verlängern können, aber das wäre wohl Ansichtssache.
Also: sehr schön!

viele Grüsse,
Llannagh

 

Hallo chaosqueen,

Zum Glück ist deine Geschichte ziemlich anders als dieses bescheuerte Buch von Francoise Sagan, das fällt schonmal gut auf. Ansonsten hat mir der Text aber nicht so wirklich gefallen, wobei ich annehme, dass das zum Teil auch was mit meinen persönlichen Vorlieben zu tun hat.

Ich finde du beschreibst zu viel, zB was die Protagonistin so denkt.

Sie ist hell und strahlt weit in die Gegend hinaus, aber das alte Stadion war Nostalgie, war Erinnerung, war meine Kindheit, meine Jugend. Im angrenzenden Freibad habe ich viele Sommer verbracht, habe hier die ersten Jungs getroffen, den ersten Kuss getauscht, bin hier erwachsen geworden. Das Bad musste dem Neubau weichen, und mit ihm starb meine Vergangenheit.

Der ganze Gedankeninhalt ließe sich viel eleganter rüberbringen, als ihn einfach zu beschreiben, meine ich. Show, don't tell - diese "Weisheit" kennst du ja auch, aber da ist auf jeden Fall viel wahres dran.

Bin mir auch nicht sicher ob manche deiner Bilder so gut funktionieren. Manchmal kommt's mir so vor als ob du einfach zum Selbstzweck eine Metapher verwendest, das klingt dann ein bisschen erzwungen. zB:

der Whisky erleichtert meine Nachtschicht.

Jaja, ich weiß, Whiskey = Einsamkeit, usw. aber ich würde damit Nachts jedenfalls keine Arbeit mehr zustande bringen. Kaffee oder Red Bull wäre da realistisch.

... vor allen anderen Türen stapeln sich Kinderschuhe in verschiedenen Größen und zeugen von Fruchtbarkeit.

Hmm... Stapel von Kinderlatschen suggerieren für mich eher was negatives. Vergänglichkeit, Tod, usw. Aber das ist wohl individuell verschieden.

Nunja, hat mich insgesamt zwar nicht so eingefangen, der Text, aber ich muss trotzdem sagen: Hübsch die 10 Worte in Szene gesetzt! Ich hab mir den Wettbewerb zwar auch angeschaut, konnte mich aber leider nicht inspirieren lassen. :(

Gruss,

I3en

 

@Pia: Danke für Dein positives Feedback! :)

@Llanagh:

Schöne Geschichte, wirklich. Sehr wohl überlegte Formulierungen; mir ist nicht mal ein Rechtschreibfehler aufgefallen. So was macht mich depressiv.
Hehe, normalerweise sind immer Rechtschreibfehler drin, aber den hier habe ich ja erst gepostet, nachdem ich ihn bei Leumond eingereicht habe, daher ist alles akribisch ausgebügelt! ;)
Auch Dir danke für das Lob!

@I3en:
Mit show, don't tell hast Du sicher Recht, andererseits hätte es den Ramen des Textes gesprengt, den ich schon absichtlich recht lakonisch-kurz gehalten habe.
Was den Whisky (bei mir ohne e!) angeht: Das ist ein winziger Insider im Text, da ich (nachzulesen im Leumond-Thread) diesen mitten in der Nacht mit einem Glas Whisky neben mir geschrieben habe. Es komtm darauf an, was man macht, wenn ich nachts schreibe, hab ich aber lieber diesen als Red Bull (flüssige Gummibärchen! :urks:) neben mir.
Danke auf jeden Fall für Deine Kritik, auch wenn ich hier nicht mehr viel ändern werde, sind es gute Hinweise für zukünftige Texte!

Lieben Gruß

chaosqueen

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Chaosqueen,

Atmosphärisch gefällt mir deine Geschichte wie deine anderen gut.
An dieser stören mich die z.T. klischeehaften Wendungen, die insbesondere mit Zora auftauchen. z. B.

Sie kommt mit der Schnellebigkeit der Zeit nicht mehr zurecht, aber wie auch?

Heute sieht es anders aus dort, aber mein Kopf hat dieses Bild gespeichert, es ist eingebrannt, wie eine Radierung lässt es sich nicht mehr rückgängig machen. Ich saniere die Häuser vom Rechner aus.
Verstehe das Bild nicht. Radierung im Sinne der gleichnamigen druckgrafischen Technik? Selbst Radierplatten lassen sich korrigieren.

lg Pe

PS: den Titel würde ich nicht "klauen". Im Gegensatz zu 13ten fand ich den Sagan-Roman, als ich ihn vor Jahren las, sehr ansprechend und ich war sehr beeindruckt, zu erfahren wie jung die Sagan war, als sie ihn schrieb...

 

Hej Petdays,

dass das ein Klischee ist, mag stimmen, trotzdem trifft es auf viele Menschen leider auch zu. Mal sehen, ob ich vielleicht an der Formulierung noch etwas feile. Danke jedenfalls für den Hinweis!

Was die Radierung angeht: Ja, kann man schon ändern, aber schwieriger, denn immerhin ritzt man bei einer Radierung Striche in eine Platte, und die lassen sich nicht so einfach entfernen wie Bleistiftstriche von einem Blatt Papier.

Und was den Titelklau angeht: Ursprünglich hieß der Text nur "Tristesse", das Bonjour habe ich auf Anregung einer Bekannten davor gehängt, uns fiel jedoch nur das gleichnamige Lied, nicht jedoch der Roman ein - den ich nach wie vor nicht kenne. Danke für den Hinweis! :shy:

Liebne Gruß

chaosqueen

 

Hi,
wenn man die zehn Wörter schon kennt bevor man die Geschichte gelesen hat, kommt man natürlich nicht umhin, sie im Text zu suchen ... und während ich las, fiel mir auf, wie schön sie sich in einer verschlungenen Bahn durch die Sätze ziehen und dabei die Geschichte mit sich nehmen. Dieses Zusammenspiel von Eindrücken, Meinungen und Erinnerungen des Prot. wird für mich zu einer von grauer Stadtatmosphäre durchdrungenen, ungeordneten Fahrt durch ihr Leben (wobei die zehn Worte irgendwie immer eine kurze Haltestelle darstellen und man sich sozusagen ein Sightseeing-Andenkenfoto machen kann) - und das gefällt mir an Deinem Text sehr gut. Die Fahrt endet ja auch nicht mit Ende der Geschichte, sondern lässt mich mir einen weiteren Tag denken, der abends irgendwann vor Zoras Tür enden wird. Das gibt so ein angenehmes alles-geht-weiter-Gefühl, das vor allem dadurch, dass es mit Geben und Nehmen zu tun haben wird, beruhigend rüberkommt.
Aber die Geschichte lebt nicht nur durch die zehn Worte, sondern hat ihre eigene Atmosphäre, die Du, wie ich finde, sehr schön eingefangen hast.

Herzlichen Glückwunsch, dass das mit dem Wettbewerb geklappt hat! :)

Gruß, baddax

 

Hi baddax,

wow, was für ein Lob! Danke Dir! :shy:
Anscheinend ist meine Geschichte bei Dir ziemlich genau so angekommen, wie ich sie gemeint habe, das freut mich natürlich ganz besonders!
Lieben Gruß

chaosqueen

 

Liebe chaosqueen!

Erst einmal ein paar verspätete Glückwünsche zu Deinem Geburtstag! :)

Eine schöne Geschichte vom langsamen Draufkommen, daß alles gar nicht so trist und traurig ist, wie es manchmal wirkt, weil man alles so negativ sieht.
Schön dargestellt zum Beispiel in diesem Widerspruch, den ich ursprünglich schon zu meinen Anmerkungen schreiben wollte, bevor ich die Aussage dahinter entdeckt habe:

Ich bekomme sonst nichts runter, muss mich bei allem augenblicklich übergeben, nur meine Blutorange behalte ich bei mir.
Die letzte Blutorange ist verschimmelt, und ich mache mir ein Käsebrot. Mein Magen ist gnädig zu ihm.
Erst die negative Sicht, daß sie nichts anderes verträgt und das deshalb schon seit Jahren so macht, und als sie es dann versucht, geht es doch. Und dann sogar noch hintennach die Schokolade, also insgesamt das genaue Gegenteil: Erst flüssig und sauer, dann fest und einmal pikant, einmal süß.
Auch wollte ich eigentlich »Morgens bin ich nicht ansprechbar« kritisieren und zum Streichen vorschlagen, bevor ich draufgekommen bin, daß das ebenfalls die negative Sicht der Protagonistin darstellt, die ja anschließend offenbar keine Probleme hat, als Zora sie anspricht. Aber vielleicht könntest Du es in dem Fall noch ein wenig hervorheben, indem Du zum Beispiel noch »besser, niemand kreuzt meinen Weg« oder sowas dazuschreibst.

Was mir auch gut gefallen hat, waren die Gedankengänge über die Veränderungen der Zeit, obwohl ich der Protagonistin da gern an einer Stelle widersprochen hätte…;)

Welche Wörter die vorgegebenen waren, weiß ich jetzt natürlich nicht – bei dem Link hab ich nichts mehr gefunden, und auswendig weiß ich nur mehr das Briefkastensterben. Daher hab ich bei den Änderungsvorschlägen natürlich auch nicht drauf Rücksicht nehmen können. Aber vielleicht fügst Du sie ja noch in Dein Posting unter der Geschichte ein?

»Morgens bin ich nicht ansprechbar. Mein Kopf will zurück ins Kissen, darf aber nicht.«
– Wiederholung von »nicht« – würde »unansprechbar« schreiben

»Keine Ahnung, wie ich darauf gekommen bin, seit Jahren esse ich morgens eine Blutorange. Keinen Kaffee dazu, keinen Tee.«
– Vor »Keinen Kaffee dazu, keinen Tee« würde ich den Satz eher nicht mit »Keine Ahnung« beginnen.

»Es ist schon fast ein Ritual: Aus dem Bett klettern, an der Wand festhalten, im Regal nach der Orange tasten, …«
– Meiner Meinung nach handelt es sich hier nach dem Doppelpunkt um keinen Satz, sondern um eine Aufzählung, daher klein: aus dem Bett …

»Sie kommt mit der Schnellebigkeit der Zeit nicht mehr zurecht,«
– Schnelllebigkeit – würde nach »zurecht« einen Punkt machen.

»Ich bleibe stehen, müsste das Kleidungsstück sonst wohl hier zurücklassen.«
– Den Satz fand ich nicht so gut zu lesen, Vorschlag: Ich bleibe stehen, will meine Kleidung nicht hier zurücklassen.

»den ersten Kuss getauscht,«
– Würde »den ersten Kuss bekommen« schreiben, da »getauscht« ja normalerweise nach der Mehrzahl verlangt: die ersten Küsse getauscht.

»Einmal habe ich ihn gefragt, ob es psychosomatisch sei, sein verständnisloser Blick war göttlich.«
– sei/sein läßt sich vielleicht noch vermeiden?

»Ich ducke mich, als könne ich so mein Nummernschild unkenntlich machen und hoffe, dass er kurzsichtig ist.«
– machen, und hoffe, …

»der Bergbau und die Kohlekraftwerke hatten sich nicht nur in mein Gedächtnis eingeprägt.
Heute sieht es anders aus dort, aber mein Kopf hat dieses Bild gespeichert, es ist eingebrannt,«
– »eingeprägt« und »eingebrannt« sind zwar nur zur Hälfte gleich, lesen sich aber trotzdem wie eine Wiederholung, Vorschlag: »hatten nicht nur in meinem Gedächtnis Spuren hinterlassen«

»Die letzte Blutorange ist verschimmelt,«
– Verschimmelte Zitrusfrüchte haben einen derart penetranten Gestank, daß ich den da nicht auslassen würde. Wenn bei mir eine Orange verschimmelt, rieche ich das schon am Weg zur Küche.


Alles Liebe,
Susi :)

 

Salut Chaosqueen,

es ist einfach ein schöner Titel, auch wenn er von der Sagan schon sehr eingenommen ist. Mir hat es viel Freude gemacht, diese Geschichte zu lesen, weil sie in mir ein Gefühl von Melancholie und auch ein bisschen Mitleid mit der Prot erzeugt hat.

Witzig fand ich trotz der allgemeinen Stimmung folgendes:

Ich hab' ihm schließlich Aspirin ins Müsli gemischt. Keine Ahnung, ob es was gebracht hat, er ist dann mit meiner Kollegin abgehauen

Aber:

An dem Tag, an dem ich ihm einen Antrag machen wollte, sagte er mir, dass er einen Mann liebe und ging am nächsten Tag mit diesem fort.

Ich fände es viel schöner, wenn es nicht so spektakulär wäre. Das hat die Geschichte nicht nötig.

Lieber Gruß
ber

 

Hallo chaosqueen,

du hast deine Prot gut beobachtet und ihre Geschichte und ihre Gefühle schön wiedergegeben. Deine kg stimmt mich als Leser traurig und regt zum Denken an. Wir sollten lernen die Zeit nicht allzu wichtig zu nehmen, denn mithalten können wir mit ihr sowieso nicht. Versuchen wir das, geschieht genau das beschriebene. Sie haut uns förmlich aus der Kurve.
Gern gelesen!

Sie kommt mit der Schnellebigkeit der Zeit
- Schnelllebigkeit

Ich umfahre sie gekonnt, mein Auto hat Allradantrieb. Dass ich dabei fast einen alten Mann umfahre
- das zweite umfahre würde ich durch anfahre ersetzen

Einen lieben Gruß...
morti

 

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