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Brief an Dr. Eugen Spiegel
Caracas, 27/10/05
Dr. Eugen Spiegel
Institut für Hypnotherapie
50932 Köln
Wiesenbergstr. 10
Alemania
Sehr geehrter Dr. Spiegel
Ihr Buch “Hypnose” hat mein Leben in ungeahnte Bahnen gelenkt. Ich wende mich an Sie in der Überzeugung, dass meine, durch die Lektüre dieses Buches verursachten Erlebnisse, Ihr Interesse verdienen. Möglicherweise könnte mir Ihre Intervention auch aus der misslichen Lage helfen, in der ich mich gegenwärtig befinde.
Bitte, entschuldigen Sie, wenn dieser Bericht nicht immer der wissenschaftlichen Sachlichkeit gerecht wird und persönliche Angelegenheiten und Umstände vielleicht zu ausschweifend beschreibt. Die Einzelheiten dieser Ereignisse sind in mein Gedächtnis gemeisselt und ihre minuziöse Wiedergabe ist meiner Ansicht nach ausschlaggebend zu ihrer Analyse.
Ich bin Beinahe-Kaukasier, 39 Jahre alt, verheiratet, habe zwei Kinder, einen Hund, von Beruf bin ich Informatiker, wohnhaft in Caracas, Venezuela. Meine Gesundheit ist ausgezeichnet. Ich kann mich nicht entsinnen während der vergangenen zehn Jahre wegen Krankheit einmal nicht an meinem Arbeitsplatz gewesen zu sein. Ich unterscheide strikt zwischen Wirklichkeit und Fantasie. Meine Vorstellungskraft ist begrenzt durch das hexadezimale, beziehungsweise das binäre Zahlensystem. Letzteres erwähne ich um etwaigen Bedenken bezüglich meines Wirklichkeitssinns vorzubeugen.
Sonderbarer Weise begann alles mit einer durchzechten Nacht. Sonderbar, weil wohl niemand unter solchen Umständen das Erwachen übersinnlicher Fähigkeiten erwartet. An jenem Abend, vor nun fast zwei Jahren, feierte ich in Frankfurt Wiedersehen mit einigen Studienfreunden. Wir tratschten und tranken die ganze Nacht . Ein hochprozentiger Frühschoppen am Flughafen verhalf uns schliesslich zu einem schmerzlosen Abschied.
In einem Buchladen suchte ich etwas zum Lesen für den langweiligen Zehnstundenflug der vor mir lag. Normalerweise rüste ich mich zu solchen Gelegenheiten mit Abenteuergeschichten oder Science Fiction. Warum in aller Welt ich aber dann ausgerechnet das Buch “ Hypnose “ kaufte ist mir ein Rätsel. Vielleicht hatte der übermässige Alkoholgenuss etwas damit zu tun oder es war einfach mein Schicksal. Dies soll keineswegs als eine abfällige Einschätzung Ihres Werkes verstanden sein. Lediglich möchte ich damit zum Ausdruck bringen, dass die nun folgenden aussergewöhnlichen Ereignisse schon mit einer merkwürdigen Buchwahl ihren Anfang nahmen.
Das Flugzeug war glücklicher Weise ziemlich leer und ich ergatterte eine Reihe von drei Sitzen für mich ganz allein. Mit dem offenen Buch über den Augen übermannte mich der Schlaf noch vor dem Start. Die nächsten Stunden verbrachte ich abwechselnd lesend und schlafend. Während das Flugzeug über den Atlantik stürmte, liess meine Müdigkeit langsam nach und ich las zügiger. Das Kapitel in dem Sie telepathische Beeinflussungen beschreiben reizte mich einen Versuch zu riskieren und ich sah mich nach einem geeigneten Objekt um. Sie empfehlen jemanden auszusuchen, der sich offensichtlich langweilt. Reisende in einem Zug oder Bus, vor allem Kinder seien dazu geeignet. Das musste selbstverständlich auch auf Fluggäste zutreffen. Auf der anderen Seite des Ganges bohrte ein kleines Mädchen in ihrer Nase. Wie Sie raten, entspannte ich mich, atmete tief und regelmässig und stellte mir vor sie würde das Tablett vor ihr herunter- und sogleich wieder heraufklappen. Das Blut schoss mir ins Gesicht als sie dies augenblicklich tat. Ich versichere Ihnen, das war kein Traum. Ich war hellwach und das Mädchen hatte zweifelsohne genau das getan was ich mir bildhaft vorgestellt hatte.
Den Rest des Fluges mühte ich mich das Experiment mit anderen Passagieren zu wiederholen. Jedoch die Überraschung und Aufregung hatte meinen entspannten Gemütszustand weggefegt, der, wie Sie schreiben, unerlässlich dazu ist. Ausserdem drängte sich mir eine Frage auf: Wer hatte seine Gedanken wem aufgezwungen? Hatte wirklich ich den Befehl gegeben, oder hatte ich die Absicht des Mädchens geahnt und sie für meine eigene Idee gehalten?
Während der kommenden Tage versuchte ich dieses Rätsel zu lösen indem ich Passanten telepathisch dazu aufforderte ein Eis oder eine Zeitung bei einem Kiosk vor einem Bürogebäude zu kaufen. Nach anfänglichen Misserfolgen entwickelte ich ein beachtliches Geschick. Jedoch blieb immer noch ungeklärt, wer der Sender und wer der Empfänger der Idee war.
Ein weiteres Ereignis löschte die Zweifel darüber wer die Anweisungen gab. Ich joggte mit meinem Hund auf einer einsamen Schotterstrasse und rastete danach auf einem Felsbrocken, der von dem Berg gerollt war, durch den sich die Strasse nagte. Direkt zwischen meinen Füssen wuchs eine „Adormidera“. Die federförmigen Blätter dieses Unkrauts schliessen sich, wenn man sie berührt. Im Geist sah ich wie sich die Blätter zusammenzogen. Und wirklich sie schlossen sich. Mir sträubten sich die Haare, aber zugleich fühlte ich mich seltsam abgeklärt.
Das änderte sich, als ich mich verliebte. Ja, ich verliebte mich, obwohl ich verheiratet war, obwohl ich ein vorsorgender Vater bin und obwohl, -warum soll man es nicht sagen,- ich ein treuer, ehrlicher Mann bin. Die verlockende junge Frau mit den geheimnisvollen Augen nistete sich ein in meinem Herz, Hirn und Hoden und was die Sache verschlimmerte, auch sie verliebte sich in mich, grenzenlos, hilflos. Hilflos, weil ich ihr dieses Gefühl telepathisch aufgedrängt hatte.
Als mir das bewusst wurde, wandelte sich meine Freude in Niedergeschlagenheit. Zum ersten Mal fühlte ich mich unwohl wegen meiner Begabung, ja sogar abnorm. Ein paar Tage stolperte ich geknickt und angewidert herum. Aber dann gewann meine Frohnatur wieder die Oberhand und ich argumentierte, dass Telepathie etwas Natürliches zwischen Liebenden sei. Es gibt eine Menge Geschichten über Frauen, die gerade im Augenblick des Ankommens ihres Geliebten die Wohnungstür öffnen.
Aber ich haderte mit mir, weil ich meine Frau und Kinder täuschen musste. Zum anderen schmerzte es mich meine Geliebte in der Nacht allein zu lassen. Hin und her gerissen zwischen Treue und Liebe, zwischen Pflicht und Leidenschaft, wanderte ich ruhelos und missgelaunt in schlaflosen Nächten im Haus herum, was ein plausibler Anlass war um schliesslich ins Gästezimmer zu ziehen.
Eines Nachts kam eine erlösende Ruhe über mich. Ich sah mich im Bett meiner Geliebten, fühlte ihre Nähe, roch den Duft ihrer Haut.
Plötzlich war all das Wirklichkeit. Ich lag bei Liliana, auf ihrem Bett. Als ich sie berührte, erwachte sie und starrte mich entsetzt an. Sie schrie, strampelte die Decke von sich, sprang aus dem Bett. Dann, als sie mich erkannte, beruhigte sie sich. Nicht so ich. Ich war ausser mir, als ich begriff, oder besser gesagt nicht begriff, was geschehen war. Wie war ich hierher gekommen? Wie kam ich nach Guarenas, in eine dreissig Kilometer entfernte Stadt? War ich mondsüchtig, ein Schlafwandler? War ich verrückt geworden? Ich war vollkommen nackt. Wo waren meine Kleider? Stammelnd versuchte ich meiner Geliebten zu erklären, was ich selbst nicht verstand. Liliana war jetzt besorgt. Hatte ich mich gedopt? Ich umarmte sie und flüsterte ihr süssen Unsinn ins Ohr. Wir verflochten uns im Liebesakt, aber hernach übermannte uns wieder die beklemmende Frage. Wie war ich hierher gekommen?
Sobald die Geschäfte öffneten, kaufte mir Liliana etwas zum Anziehen. Kurz vor Mittag kam ich im Taxi zuhause an. Glücklicherweise war meine Frau nicht im Haus und auch die Kinder waren noch in der Schule. Ich fuhr zum Büro, murmelte etwas über unerträgliche Kopfschmerzen um meine Abwesenheit zu entschuldigen und stürzte mich erleichtert auf meine Arbeit. Nach Feierabend blieb ich alleine an meinem Arbeitsplatz und analysierte den Vorfall. Je länger ich grübelte umso stärker wuchs die Überzeugung; ich hatte mich teletransportiert.
Nach dem anfänglichen Schock überdachte ich die Möglichkeiten, die dieses neue Beispiel der Macht meiner Geisteskräfte bot. Nun konnte ich die Nächte bei Liliana verbringen. Im Morgengrauen musste ich mich zurücktransportieren. Von da an mühte ich mich jede Nacht meine Zauberreise zu wiederholen. Bald musste ich einsehen, dass sich der Erfolg nicht erzwingen liess.
Doch unverhofft gelang es wieder. Wieder war ich auf Lilianas Bett gelandet, aber wieder splitternackt. Offensichtlich wurde nur mein Körper transportiert. Auch wollte es mir nicht gelingen auf dieselbe Weise wieder heimzukommen. Meine hartnäckigen Anstrengungen blieben erfolglos. Der vorläufige Ausweg war ein paar Kleider bei Liliana zu lassen und im Taxi zurück zu fahren.
Allerdings löste auch dieses Mirakel meinen Konflikt keineswegs. Im Gegenteil ich grämte mich mehr denn je, betrog ich doch meine Frau, und konnte dennoch Lilianas Sehnen nach einem etwas konventionelleren Lebenspartner nicht verwirklichen.
Nach zwei Wochen verlor ich die Kontrolle über die Dinge. Ich teletransportierte jede Nacht sobald ich an Liliana dachte. Und schliesslich geschah es auch bei hellem Tageslicht. Das erste mal hatte ich Glück, da ich in Lilianas Wohnung materialisierte. Das zweite mal passierte es in einem Mall..
Ich schreibe diesen Brief in der „Clinica Mental, Pablo Aranguren“, wohin man mich nach meinem hüllenlosen Auftauchen im Einkaufszentrum verfrachtete. Clinica Mental ist eine merkantile Umschreibung für „Manicomio“ –Irrenanstalt. Seit ich hier festgehalten werde, habe ich versucht das ärztliche Personal von meiner absonderlichen Begabung zu überzeugen. Die freundlichste Resonanz ist ein mitleidiges Lächeln. Wie sollte es auch anders sein. Den ein-schlägigsten Beweis gegen meine Behauptungen liefere ich doch selbst. Ich bin immer noch eingesperrt.
Sollte dieser Brief Ihren Forscherdrang anspornen, zögern Sie bitte nicht mit mir Kontakt aufzunehmen.
Mit freundlichen Grüssen
Byron Monjes Hauser
Clinica Mental - Pablo Aranguren-
Avda. Principal El Sebucan
Caracas-Venezuela
Schon einen Tag nachdem Liliana diesen Brief aufgegeben hatte, fand ich ihn lächerlich, sowohl den Inhalt als auch die Absicht. Nicht nur bei Vollmond oder Föhn mussten arme Spinner regel-mässig solche Leserzuschriften an Dr. Spiegel schicken. Natürlich würde das Geschreibsel un-verzüglich im Papierkorb landen. Womöglich vermutete Dr. Spiegel sogar jemand versuchte ihn auf den Arm zu nehmen. Zum anderen war mein eigener Verstand Tag für Tag weniger bereit mein ungewolltes Erscheinen an unpassenden Orten auf mystische Ursachen zurückzuführen. Stutzig hatte mich vor allem gemacht, dass Kleidungsstücke, die bei meiner „Transportationen“ verschwunden waren, wieder in meinem Kleiderschrank auftauchten.
Eigentlich wusste ich nicht mehr so recht, warum ich Anfangs so voreilig zu dieser esoterischen Erklärung gelangt war. Wunschdenken wahrscheinlich. Bestimmt hatten die Erfolge mit meinen telepathischen Experimenten mich dazu verleitet. Sie hatten offenbar meinen Glauben an psychische Kräfte überspitzt. Verwarf ich also die Hypothese der Teletransportation, wohin führte das? Zu dem Phänomen des Schlafwandelns. Bei hellichtem Tag. Das wäre doch Irrsinn. Ja und deshalb war ich folgerichtig in einem Irrenhaus.
Wie Zirkuspferde in der Manege kreisten meine Gedanken um meinen Geisteszustand. Die Ärzte gaben sich ehrliche Mühe mich möglichst lange in ihrer Anstalt zu behalten, da meine Versicherung grosszügig bezahlte. Unzählige Tests wurden an mir verübt. Wehmütig dachte ich an die Gepflogenheit der chinesischen Kaiser, ihre Ärzte nur dann zu bezahlen, solange sie selbst gesund waren.
Meine Gattin, Nancy, besuchte mich nur einmal, wie unter den Umstaenden auch nicht anders zu erwarten, und zwar in Begleitung eines Anwalts und eines weiteren Individiums von dem sie mir nur den Namen nannte, Guaicaipuro Zuniaga. Und ausgerechnet dann, als vollkommen unerwartet Dr. Spiegel einen Abstecher von seinem Karibikurlaub gemacht hatte und gerade hier in der Klinik in angeregter Unterhaltung mit mir meinen Geisteszustand analysierte. Ich hatte sie abweisen wollen, doch Spiegel wollte meine Frau kennenlernen, aus beruflichen Gründen, wie er betonte. Wie alle Männer geriet auch er sofort in ihren Bann. Bestimmt bezweifelte er meine Zurechnungsfähigkeit nun mehr denn je. Wie konnte ein Mann diese Frau auch nur eine Sekunde für eine andere eintauschen.
Der Schnösel von Anwalt hatte einen Entwurf des Scheidungsvertrags mitgebracht. Nancy leistete sich einen miesen Rechtsbeistand. Man brauchte nicht Jura studiert zu haben um zu wissen, dass meine Unterschrift nichts wert war, solange meine Zurechnungsfähigkeit offiziell angezweifelt wurde. Jetzt weiss ich, dass der Besuch mit dem Anwalt nur als Vorwand gedient hatte um Guaicaipuro einzuschleusen. Ein eigenartiger Mensch, Guaicaipuro Zuniaga, mehr als eigenartig, rätselhaft und obskur wie seine Haut. Dennoch schien er mir irgendwie bekannt. In einen makellosen weissen Anzug gekleidet stand er etwas abseits. Ein Wulst von Armbändern aus vielfarbigen Glasperlen umspannten seine kräftigen Handgelenke. Seine schwarzen Augen saugten sich an mir fest. Als Nancy ihn Dr. Spiegel vorstellte, musterten sich die beiden wie zwei Boxer die vom Ringrichter ermahnt werden die Regeln zu achten. Tatsächlich zogen sich beide in entgegengesetzte Ecken zurück, während der Anwalt mir Nancys Bedingungen auseinandersetzte. Ich hörte ihm nicht zu. Meine Gedanken beschäftigten sich mit Zuniaga. Seine Aufmachung verriet, dass er ein Santero war, ein Babalawo, ein Priester der Santeria. Die Santeria ist eine geheimnisisvolle Religion in der afrikanische Götter die Namen christlicher Heiligen angenommen haben. Ihre Anhänger versammeln sich im Dschungel in der Nähe von Sorte, einem Dorf in den von Urwald überwucherten Bergen von Yaracuy. Manchmal erscheint dort Maria Lionza, die indianische Göttin des Urwalds, in Gestalt eines handtellergrossen Schmetterlings, oder eines Rehs. Im Dschungel heilen Babalawos Krankheiten, weissagen die Zukunft, inszenieren Riten zum Schutz vor realen und eingebildeten Widersachern, brauen und verabreichen Liebestränke, bannen Nebenbuhler, fertigen Amulette gegen el mal de ojo - den bösen Blick. Wieso hatte Nancy einen Santero zu diesem Besuch mitgebracht? Was hatte er mit ihr zu schaffen. Sie war Schauspielerin und arbeitete beim Fernsehen in sogenannten Telenovelas - soap operas. Zweifelsohne kannte sie eine Menge absonderlicher Typen, aber was hatte sie dazu bewogen ausgerechnet in Begleitung dieses Menschen zu kommen. Was führte sie im Schilde? Fürchtete sie mich etwa? Glaubte sie sich vor der Macht meines irren Geistes schützen zu müssen? Sollte mich der Mann gar verhexen? Welches immer auch der Grund war, Tatsache blieb, dass dieser Santero nicht zufällig mitgekommen war und keineswegs um mir zu helfen.
Die Ausführugen des Anwalts summten in meinen Ohren, sinnlos. Mein ganzes Wesen war ausgefüllt von einer einzigen Frage. Wer ist Guaicaipuro? Urplötzlich wusste ich, dass mir Dr. Spiegel diese Frage stellte, telepathisch.
Hexer dachte ich.
Jäh drangen Erinnerungen in mein Bewusstsein, zuerst zerfahren und unklar und dann immer deutlicher. Die Nacht meiner ersten „Transportation“ hatte ich ein Glas Passionfruchtsaft getrun-ken, mit einem eigentümlichen Beigeschmack. Burundanga? Burundanga (1) ist der karibische Zaubertrank, der Menschen zu gedächtnislosen Zombies macht, sie vollkommen willenslos jeder Einflüsterung ausliefert. Ich erinnerte mich an den unüberwindlichen Drang nach Guarenas zu fahren und verstand nun, dass ich dem telehypnothischen Befehl Guacaipuros gefolgt war. Er hatte mich sogar dorthin gefahren. Wahrscheinlich hatte ich mich in seinem Auto ausgezogen. Jetzt durchschaute ich den Verlauf der Dinge. Nancy musste all das angezettelt haben. Wie die meisten in ihrem Milieu war sie mehrere Male nach Sorte gepilgert. Sicher hatte sich der Babalawo in sie vergafft. Nancy musste von meiner Affaire mit Liliana irgendwie erfahren haben und war tief in ihrem Stolz gekränkt gewesen. Wie konnte ein Mann eine andere Frau ihr vorziehen und dazu noch „una marginal“, - eine Vorstadtschlampe -, wie sie Liliana verächtlich nannte. Wütend hatte sie auf Vergeltung gesonnen und in boshafter Überreaktion gemeinsam mit ihrem Babalawo den soap-opera artigen Plan ausgeheckt, mich mittels Burundanga und hypnotischen Anweisungen ins Irrenhaus zu bringen.
Ich spürte einen dumpfen Druck an meinen Schläfen, kniff die Augen zusammen und starrte fest auf einen braunen Fleck an der weissen Wand, nur Guaicaipuro nicht ansehen. Ein fauchender Laut presste sich aus meiner Kehle. Mein Faustschlag knallte gegen den Schädel Guaicaipuros. Ungeachtet der Proteste Dr. Spiegels kostete mich das zwei weitere Wochen in der Clinica Mental.
(1) Burundanga wird aus „Cacao sabanero“ ("Datura arborea") gewonnen. Im nördlichen Südamerika häufig von Kriminellen angewandt um die Wohnung ihrer Opfer mit deren protestloser Beihilfe auszuräumen