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Buena Vista

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08.01.2018
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Buena Vista

Der Atlantik schien bemüht zu sein, Compays Gitarre mit der tosenden Brandung zu übertönen, scheiterte aber an dessen unverkennbarer Art, die Saiten zum Singen zu bringen. Ibrahim hatte sich einen ganzen Straßenzug lang Mühe gegeben, seinen Schritten eine gewisse Zielstrebigkeit abzunötigen. Das gelang inzwischen leidlich, reichte für den Heimweg, nicht aber für den Umweg über Compays Straße, die er um keinen Preis auslassen wollte.

Er grinste über seine Versuche, den unsicheren Gang wie einen beabsichtigten Tanz wirken zu lassen, ließ sich aber von Compays Rhythmus treiben und locken, wie jeden Samstag, jeden Freitag, jeden Abend. Noch ein kühner Sprung bis zur Häuserecke, dann würde er mit ausladender Geste nach links hin abbiegen und in die Straße blicken, deren Schönheit nur durch eine Erscheinung übertroffen wurde: Margherita!

Da war sie, wiegte sich in Compays gezupfter Aufforderung, das Leben zu nehmen, wie es war, als Auf und Ab, Vor und Zurück, „mal mehr und mal weniger Glück“, wie er es nannte, „aber eben Glück.“ Ihre Arme schienen zu versuchen, einen Schwan das Fliegen zu lehren, ein Vorhaben, das sie jeden Abend scheitern, lächeln und am Ende lauthals lachen ließ. Ibrahim tänzelte auf sie zu, grüßte winkend den Gitarrenspieler, nippte an dessen Flasche kubanischen Rums und drehte sich mit allem noch aufzubringenden Bedacht um die eigene Achse.

Mit jeder Runde seines vom Wind angefachten Drehens näherte er sich der feurigen Tänzerin, rang seinem Rücken eine tiefe Verbeugung ab und gab ein paar Zeilen der Bewunderung für sein Land, seine Stadt und seine große Liebe zum Besten. Der Dank, den er erntete, waren ihre Arme, die sich um seine legten, wie jeden Abend, seit sie einander das erste Mal berührt hatten.

Amadito begann, eindringlicher auf Eimern, Gittern und Deckeln zu trommeln, als unternähme er den ungestümen Versuch, die anwesenden Herzen zu weit mehr Schlägen und weit weniger Zurückhaltung zu bewegen. Bei Ibrahim wäre das nicht nötig gewesen, bei Margherita zeigte es die gewünschte Wirkung. Binnen Minuten schwebten ihre schlanken Beine über dem Boden, ließen sich von Ibrahims Armen im Kreis und um die ganze Welt tragen und schienen den Boden nicht zu vermissen, der sich unter ihnen drehte.

Ein paar Jungs saßen auf einem alten Ford Mercury, der auf Steinen statt Reifen stand. Sie versuchten, mit ihren klatschenden Händen Amaditos Tempo zu folgen, kamen aber ständig aus dem Takt und lachten einander aus, wann immer das geschah. Jeder von ihnen kannte Margherita, jeder kannte Ibrahim, aber keiner kannte deren Geschichte. Vielleicht hätte ihnen die zum passenden Rhythmus verholfen.

Ibrahim beugte sich vor, ein wenig, mit einer kreischenden Margherita in den Armen, die wie immer darauf vertraute, dass er sie hielt. Ihre Gesichter näherten sich einander, berührten sich beinahe, weil das so sein musste, weil das immer so war. Ihre Augen glühten und seine auch, Runde um Runde. Er setzte sie ab, deutete einen Handkuss an, verneigte sich ein weiteres Mal und lüftete seinen Hut für Compay, für Amadito und – mit einer kleinen Verbeugung – für das Publikum auf dem Mercury. Er tänzelte zur nächsten Ecke, drehte sich elegant, reckte seinen Hut dem Atlantik entgegen und verschwand um die Ecke, noch ehe Margherita sich auf ihrem Rollator abstützen konnte. Er hielt sich den Rücken und wusste doch genau, dass er morgen denselben Weg nehmen würde. Es gab keine andere Straße nach Hause, nicht seit er Margherita kannte.

 

Hola @joycec

Buena Vista! Da geht mir gleich das Herz auf. Ich flieg nun mal auf alles Espagnolische. Und Cubanische (Wie kann man Cuba nur mit K schreiben?!). Der Seitenblick auf den ‚Social Club‘ ist okay, und die Alten sind wie überall auf der Welt.

Einspruch? Die sind viel lebensfreudiger, agiler als unsere Tchibo-Kunden in den gedeckten Farben, die auch Musik mögen, wenn man dazu schunkeln kann. Kampf der Klischees.

Ibrahim und Margherita gehören zu den Grauen Panthern wie Margot und Hennes. Von den Alten, die vor sich hinstarren und grübeln, sprechen wir nicht.

Du hast das Positiv-Paar gut gezeichnet, warum sollten sie sich von der Rolle trennen, die sie zeitlebens gespielt haben? Die Eroberungsfeldzüge sind passé, bleiben Wahrgenommenwerden, Aufmerksamkeit, Freude. Tja – und Klugheit, das eingedampfte Programm so zu managen, dass möglichst viele Tage lebenswert sind. Deine beiden können das. Schöne Geschichte!

Gibt’s einen Haken? Nee, eigentlich nicht – bin nur ausgebremst worden im schönsten Lesefluss:

… drehte sich mit allem noch aufzubringenden Bedacht um die eigene Achse.
Unnötig gespreizt, finde ich.
Noch ‘ne Kleinigkeit:
Amadito begann, nachhaltiger auf Eimern, Gittern und Deckeln zu trommeln, …
‚Nachhaltig‘ ist in unseren Tagen einseitig vergeben. Vielleicht ‚eindringlicher‘ oder so.

Aber das Beste zum Schluss, wie auch in Deinem Text:

joycec schrieb:
… wusste doch genau, dass er morgen denselben Weg nehmen würde. Es gab keine andere Straße nach Hause, nicht seit er Margherita kannte.

Dafür kriegst Du die Goldene Literatur Nobelmedaille. Klasse!

Liebe joycec, es hat mich (seit langer Zeit:) wieder einmal) gefreut, mit Dir zu konferieren. Sicherlich hast Du noch einen ganzen Güterzug Geschichten in petto? Mir wär’s gerade recht.

Ich verabschiede mich etwas weniger galant als Ibrahim, der alte Schlawiner, und rufe noch ein lautes Gerne gelesen! in die Nacht.

Jetzt gehen überall die Lichter an – Tschüss!

José

 

Mein lieber @josefelipe

Wie kann man Cuba nur mit K schreiben?!
das kommt mir spanisch vor. Und in Ermangelung eines dortigen Dudens wird das consequent mit nem K und hinterherfahrender Mitfahrgelegenheit eingedeutscht. Dat dat mal klar is.

Der Seitenblick auf den ‚Social Club‘ ist okay
Hab ich ja noch mal Glück gehabt. Der lief nämlich beim Schreiben zum einen Ohr rein und nach Umweg über diverse hormonförderliche Drüsen zum anderen wieder raus.

und die Alten sind wie überall auf der Welt.
Oder wie sie sein sollten, weil wir so sein wollten, wären wir alt. :D

Zu den Flusen, die du aufgewirbelt hast:

Amadito begann, nachhaltiger auf Eimern, Gittern und Deckeln zu trommeln, …
‚Nachhaltig‘ ist in unseren Tagen einseitig vergeben. Vielleicht ‚eindringlicher‘ oder so.
Ist gekauft (ist ja für Umme), weil es besser klingt und ich genau das sagen wollte. Warum hab ichs nicht? Keine Ahnung.

… drehte sich mit allem noch aufzubringenden Bedacht um die eigene Achse.
Unnötig gespreizt, finde ich.
Also bitte! "mit allem noch aufzubringenden Bedacht" ist ja wohl ... also ... nähme ich Preise überhaupt entgegen oder zöge sie auch nur in Betracht, dann hierfür. Das bleibt an Ort und Stelle. Ich insistiere.

Aber das Beste zum Schluss, wie auch in Deinem Text:

joycec schrieb:
… wusste doch genau, dass er morgen denselben Weg nehmen würde. Es gab keine andere Straße nach Hause, nicht seit er Margherita kannte.

Dafür kriegst Du die Goldene Literatur Nobelmedaille. Klasse!
Eine der Stellen, die mich befürchten ließen, komplett in den Kitsch abzudriften. Wurde mir ausgeredet, dass dem so sei, und nun adelst du es noch. Einer der Gründe, weshalb ich in jüngerer Vergangenheit von mir gab (sinngemäß), es ließe sich nur von Text zu Text an Mut gewinnen. Ohne Texte wird das nix.

Liebe joycec, es hat mich (seit langer Zeit:) wieder einmal) gefreut, mit Dir zu konferieren. Sicherlich hast Du noch einen ganzen Güterzug Geschichten in petto? Mir wär’s gerade recht.
Tatsächlich halten mich vor allem Güterzüge und deren Eigenarten gerade vom Schreiben ab. Anderes Thema, viel zu real. Da wird noch manches Gefahrgut dabei sein, wart mal ab.

Und auf dein willkommenes
"Gerne gelesen!"
soll ein "Gern geschrieben!" nicht ausbleiben.

Danke dir, wie immer!
Liebe Grüße
Joyce

 

Hallo @joycec,

Ein paar Jungs saßen auf einem alten Ford Mercury, der auf Steinen statt Reifen stand. Sie versuchten, mit ihren klatschenden Händen Amaditos Tempo zu folgen, kamen aber ständig aus dem Takt und lachten einander aus, wann immer das geschah. Jeder von ihnen kannte Margherita, jeder kannte Ibrahim, aber keiner kannte deren Geschichte. Vielleicht hätte ihnen die zum passenden Rhythmus verholfen.

Wie eigenartig. Ich habe deine Geschichte gelesen und sie, ehrlich gesagt, nicht verstanden. Ich hatte den Eindruck, bei einer Wortakrobatikprobe anwesend zu sein, da oben versucht jemand, sich von (Wort-)Trapez zu (Wort-)Trapez zu schwingen, aber von hier unten nehme ich größtenteils den Schweiß wahr, der mir auf den Kopf tropft, die Arbeit. Der Schweiß fließt, aber die Worte fließen noch nicht so, wie ich mir das bei der Hauptaufführung im Scheinwerferlicht erhoffe.

Deshalb fand ich den zitierten Absatz auch so eigenartig zutreffend. Da war ich dann nicht mehr der Probenbeobachter, sondern einer der Jungs auf dem alten Ford Mercury, weil auch ich versucht habe, deinem Tempo zu folgen, aber ständig aus dem Takt kam, ich kannte Margherita und ich kannte Ibrahim, aber ich kannte ihre Geschichte nicht. Vielleicht hätte die mir zum passenden Rhythmus verholfen.

Genug der Metaphern. Ich bin nicht reingekommen, ich habe nicht verstanden, was mir da erzählt wird, ich konnte die Geschichte nicht verorten, alles, was ich wahrgenommen habe, war eine Sprache, die auf ... poetischer Geschmeidigkeit aus zu sein scheint, dabei in meinen Ohren aber - vielleicht eine Stimmungssache - zu bemüht klingt.

Das war mein erster Eindruck. Im letzten Abschnitt wurde ich aber noch mal hellhörig, als Margherita sich auf ihrem Rollator abstützt, und erst da habe ich so richtig erahnt, dass hinter den Worten auch eine Geschichte steckt, und habe sie noch mal gelesen. Und beim zweiten Mal, als Margherita sich auf ihren Rollator stützt, da bekam ich eine kleine Gänsehaut, weil ich die Szene diesmal greifen konnte.

Jetzt weiß ich allerdings nicht, ob der erste, unbefriedigende Durchgang an meiner Unachtsamkeit lag, und weil ich mir ungerne selber die Schuld geben will, wälze ich sie auf dich ab und behaupte, dass die Geschichte, die ja tatsächlich mehr eine kleine Szene ist, zu ... verschwurbelt ist, um sie auf den ersten Blick zu begreifen. Das ist mir fast zu poetisch, mir fehlt da die Prosa - ich weiß nicht, ob das die korrekte Kategorisierung ist, weiß mich aber gerade nicht besser auszudrücken -, du schwebst da so ohne Anlauf, ohne mich vorher an die Hand zu nehmen, in die Szene, mit deinen gegen die Küsten anbrandenden Wellen und deinen singenden Saiten, du kennst deinen Sound schon, ich, der ich eine Geschichte erwarte, eine Verortung vielleicht, eine Ahnung, wer dieser Ibrahim ist, ich bin erstmal überfordert.

Wie auch bei deiner letzten Geschichte fällt mir ein abschließendes Urteil schwer. Ich empfinde die Geschichte hier nicht als Geschichte, dafür ist es zu wenig, es ist eine Momentaufnahme, die im zweiten Anlauf, mit ein bisschen Vorsortieren, auch gut funktioniert. Es wäre eine wunderbare Filmszene, glaube ich, oder, passender, eine wunderbare Szene in einer wirklichen Geschichte, einer mit Plot, mit Figurenentwicklung und so weiter.

Kleinigkeit:

ihre Arme, die sich um seine legten

Das habe ich versucht, mir bildlich vorzustellen, hat aber nur schwer geklappt. Arme, die sich um Arme legen ... Arme, die sich um Schultern legen, um Hüften, ja, aber um Arme? Vielleicht stelle ich mich auch nur blöd an.

Wie auch immer und was auch immer du daraus machst: Ein schöner kleiner Ausflug. Danke dafür.

Bas

 

Der Atlantik schien sich alle Mühe zu geben, ….

Hoppla, war ich nicht gerade auf isegrimschem Havanna Blues und nun das - ein Ibrahim (Ferrer? - und kommt da nicht Ry Cooder auf dem Motorrad angerauscht mit wem auch immer im Beiwagen),

liebe Joyce,

ach, jetzt erkenn ich Joachim im Beiwagen und Wenders‘ Wim lächelt – aber wie sich Atlantik und Ibrahim auch mühen, Deine Sprache – da geb ich Bas recht – wirkt, als wäre die Leichtigkeit des Seins dahin und könnte sich der Atlantik auch mal als ein stehendes Gewässer tarnen. Aber warum ich unbedingt hier rein musste, findet sich hier

Ihre Arme schienen zu versuchen, einen Schwan das Fliegen zu lehren, …
meine ich, dass die Arme nicht „wen oder was“ das Fliegen zu lehren versuchen, sondern „wem“ auch immer ...

Und nun hör ich “Margarita“ von den Traveling Wilburys, während ich schau, was ich mir zu Mittag mach …

Tschüss und bis bald

Friedel

 

Hi @Rob F !

Hat mir gut gefallen!
Das freut mich, denn dank deines Wohlwollens steht es jetzt unentschieden. :D
Vielen Dank für den Besuch samt Kommentar!

Dabei habe ich dem hiermit gegrüßten @Bas gehörig den Lesespaß verhagelt durch

eine Sprache, die auf ... poetischer Geschmeidigkeit aus zu sein scheint
und darüber die Szene nur schwer erfassbar macht. Wieso steht das Ding eigentlich bei den Kurzgeschichten und nicht bei Flash Fiction, wo es hin sollte?
Gut, das löst dein Problem auch nicht, dass du aber bereits zu meinem gemacht hast:
und weil ich mir ungerne selber die Schuld geben will, wälze ich sie auf dich ab und behaupte, dass die Geschichte, die ja tatsächlich mehr eine kleine Szene ist, zu ... verschwurbelt ist, um sie auf den ersten Blick zu begreifen.
Ich wälze gleich weiter und schiebe alles auf die Musik, die das Schreiben untermalte. Eigentlich ist der Text also Ausdruck des puren Neids musikalischen Menschen gegenüber, die Melodie und Rhythmus ganz ohne Worte schaffen können und dürfen. Nicht die beste Ausgangslage, wie auch der ebenfalls gegrüßte @Friedrichard festhält, wenn er schreibt:

Deine Sprache – da geb ich Bas recht – wirkt, als wäre die Leichtigkeit des Seins dahin und könnte sich der Atlantik auch mal als ein stehendes Gewässer tarnen.

Ich gelobe Besserung - seit Monaten! Haltet durch!

Zu Flusen und Kleinigkeiten:

ihre Arme, die sich um seine legten
Das habe ich versucht, mir bildlich vorzustellen, hat aber nur schwer geklappt. Arme, die sich um Arme legen ... Arme, die sich um Schultern legen, um Hüften, ja, aber um Arme? Vielleicht stelle ich mich auch nur blöd an.
Ich stelle mir das so vor, dass er sie in die Arme nimmt und durch die Luft wirbeln lässt, da ist an Schultern und Hüfte nicht zu denken, also umklammert sie seine Arme (dann schreib das doch!). Das geht besser, stimmt.

Aber warum ich unbedingt hier rein musste, findet sich hier
Ihre Arme schienen zu versuchen, einen Schwan das Fliegen zu lehren, …
meine ich, dass die Arme nicht „wen oder was“ das Fliegen zu lehren versuchen, sondern „wem“ auch immer ...
Da komme ich jetzt wieder mit den Gepflogenheiten bei Dudens:
Duden schrieb:
jemanden/(veraltend:) jemandem das Reiten, Kochen, Schreiben lehren
Das soll nichts über deinen Frischegrad aussagen und ich bin offen für verlässlichere Quellen. Wäre ja nicht das erste Mal. ;) (grammis kennt in diesem Zusammenhang aber augenscheinlich auch nur den Akkusativ)

Wie auch immer! Vielen Dank für eure Zeit und Kommentare!
Liebe Grüße in die Runde
Joyce

 

grammis kennt in diesem Zusammenhang aber augenscheinlich auch nur den Akkusativ

Moin Joyce,

meine Güte, hastu mich erschreckt ... Nee, da merk ich, dass ich aus dem 17. Jh, kommen muss - da begann sich der Akkusativ durchzusetzen. Da wichtigste ist noch immer, dass man weiß, was gemeint ist. Die Dudenredktion ist auch manches Mal inkonsequent, wenn sie bei "sowas" auch die alternative Schreibung "so was", beides das verkürzte "so etwas", aber beim "erstmal" auf getrennter Schreibung besteht, erst mal als ein verkürztes erst einmal.

Na, vllt. hat sich unterm Schreiben was geändert.

Tschüss und bis bald

Friedel

 

da merk ich, dass ich aus dem 17. Jh, kommen muss
Gräm dich nicht, mein lieber @Friedrichard , das 17. Jahrhundert hat tolle Sachen hervorgebracht, unter anderem den Durchbruch des Akkusativs und den hiesigen Friedel. Stell dir vor, du hättest in den 2020ern als Quark das Schaufenster verlassen. Was für Aussichten!

Und wir, mein lieber @Manlio , müssen uns langsam eine Ausrede einfallen lassen, weshalb das so nach quid pro quo aussieht, was wir hier veranstalten.

Ich habe hier selten eine so leichte, melancholische Geschichte gelesen.
Mit dem stereotypen Blick auf das mir in Erinnerung befindliche Kuba hast du allerdings recht. Der Buena Vista Social Club ist genau mein Ding. Meine Jugend wollte ich heutzutage dort auch nicht verbringen. Geht halt alles den Bach runter, könnten wir resignierend feststellen. Aber es schadet ja auch nix, zwischendurch immer mal wieder aufzutauchen und die Revoluzzer-Faust in die Höhe zu strecken. :D

Danke dir für deinen Besuch und den schönen Kommentar!
LG
Joyce

 

liebe @joycec
Ich weiß nicht ob wir uns schon kenne, bin ich doch in letzter Zeit eher die stumme Mitleserin und alles andere, als ein aktives Mitglied. Wie war das noch mit den Güterzügen und dem Gefahrgut?Und wie war das noch mit dem viel zu real? Lassen wir das, soll ja hier nicht um mich, sondern um dich gehen. Also vorne weg: Schön eine Geschichte von dir zu lesen. Und noch vorniger: Ich habe die anderen Kommentare nicht gelesen. Mir fällt auch gar nichts ein was ich gemängeln könnte und doch hat mich deine Geschichte gewogen, einen Kommenar zu schreiben. Wieso? Nun, dass ist einfach erklärt. Die kurze Flucht aus dem, nicht mehr so einfachen, Leben von Imbrahim und Margherita hat mir sehr gut gefallen :-) gefühlt war ich einer von den Ford Jungs, nur ohne das Klatschen, so viel Rhythmus habe ich nicht. Aber ich haben den beiden sehr gerne bei ihrem Tänzchen zu geschaut und mich, ähnlich wie die beiden, gerne treiben lassen :-)
Das ist auch schon alles, was mich bewogen hat, dir einen Kommentar dazulassen.

Gerne gelesen!
Liebe Grüße
Shey :-)

 

Ibrahim tänzelte auf sie zu, grüßte winkend den Gitarrenspieler, nippte an dessen Flasche kubanischen Rums und drehte sich mit allem noch aufzubringenden Bedacht um die eigene Achse.

Locker-flockiger Text würde man, glaube ich, hier im Rheinland sagen. Im Jahre 2000 war ich das letze Mal in Kuba, in Holguin, wo ich gemeinsam mit dem Gehörlosenverband ANSOC gearbeitet habe. Das waren vier Wochen Kulturschock vom Feinsten. Diese Seite von Kuba, die du beschreibst, die gibt es sicherlich: diese rum-selige Romantik, das Tanzen, diese karibische Leichtigkeit, diese Eleganz der Menschen, ihre Schönheit, auch im Alter - ich bin da vielleicht auch voreingenommen, weil ich diese Insel eben anders kennengelernt habe, eher wie DDR el caribo, ein permanenter Mangel an Allem, an Schmerzmittel, die Fenster gingen zu, wenn man mal über Fidel sprechen wollte ... diese Stimmung, diese Atmosphäre ist auch oft ein Gegenleben, weil die Menschen dort eben nichts anderes haben, in der DDR gab es auch keine Solidarität mehr, sobald es Marlboro und die D-Mark gab.

Ich habe den Text nicht ungern gelesen. Das ist tatsächlich leicht, im Sinne von leicht zu lesen, dann dieser Twist mit dem Rollator, den hätte es jetzt nicht gebraucht, finde ich, aber ist ja alles Geschmackssache. Ist natürlich in Kombination mit dem Titel so eine Sache, wenn man den Film kennt, hat man die Bilder und die Musik in den Ohren, dann ergibt sich der Rest von selbst, wenn man böse wäre, könnte man sagen, der Autor macht es sich schon auch ein wenig einfach. Naja, aber heute sind wir mal nicht böse.

Gruss, Jimmy

 

Liebe @Shey ,
vielen Dank für deinen Besuch und den netten Kommentar! Wenn du schreibst

hat mir sehr gut gefallen :-) [...] gefühlt war ich einer von den Ford Jungs
dann ist im Grunde alles erreicht, was mich beim Schreiben angetrieben hat.
Und noch dazu hast du dich
gerne treiben lassen :-)
Was will ich denn mehr? Und wenn du dann so kleinlaut nachlegst
Das ist auch schon alles, was mich bewogen hat, dir einen Kommentar dazulassen.
dann sei dir entgegnet, dass die meisten von uns wohl kaum schreiben wollten, ohne solche Kommentare.
Also bleibt mir nur, dir noch einmal zu danken für das Schulterklopfen und die Ermunterung!
Liebe Grüße zurück
Joyce

 

Hi @jimmysalaryman und vielen Dank für deinen Besuch nebst Kommentar!

Ich habe den Text nicht ungern gelesen.
Ich hab deinen Kommentar auch nicht ungern erhalten. ;)
Mit den kritischen Tönen hast du natürlich recht. Buena Vista trifft nur die Sonnenseite, die Wahrheit sieht vermutlich ganz anders aus. Das konnte ich der einen oder anderen Doku und einigen lesenswerten Artikeln entnehmen. Aber das ist eben eine andere Geschichte.
Ist natürlich in Kombination mit dem Titel so eine Sache, wenn man den Film kennt, hat man die Bilder und die Musik in den Ohren, dann ergibt sich der Rest von selbst, wenn man böse wäre, könnte man sagen, der Autor macht es sich schon auch ein wenig einfach.
Auch wenn das nicht die Intention und auch nicht das eigene Empfinden beim Schreiben waren, könnte man das sagen. Und so ganz falsch läge man damit nicht. ;)
Naja, aber heute sind wir mal nicht böse.
Hab ich ja noch mal Glück gehabt. ;)

Danke dir und liebe Grüße
Joyce

 

Hallo @joycec !

Schon viel geschrieben und kommentiert! Ich habe deine Geschichte (auch) sehr gerne gelesen. Ein schönes Ding. Seltsam, Deine Geschichte habe ich beim ersten Lesen gar nicht nach Kuba verortet. Vielleicht sind "Nostalgie/Melancholie", "Alter", "Lebensart" in einem karibisch-atlantischen Setting automatisch kubanisch. Kuba ... da kann man die Entstehung von Nostalgie live beobachten, besuchen Sie Kuba, solange es noch so ist, wie Sie es sich vorstellen: Alte US-amerikanische Autos, das Leben so nehmen, wie es ist, Rum, gutes Wetter.

Ich glaube, der "Antrieb" Deiner Geschichte, das, was sich durch alle Zeilen zieht, ist weniger Melancholie oder Alter oder "das alte Kuba" sondern der Atlantik -

Der Atlantik schien sich alle Mühe zu geben, mit seinen gegen die Küste anbrandenden Wellen Compays Gitarre zu übertönen, scheiterte aber an dessen unverkennbarer Art, die Saiten zum Singen zu bringen.

- lautet Dein erster Satz und mit dem Atlantik endet Deine Geschichte. Zwischendurch facht der Wind (vom Atlantik?) die Annäherung an die feurige Tänzerin an. So lese ich deine Geschichte weniger als die eines Kubas, das als touristisches Politfossil in der Karibik liegt oder als eine Geschichte der melancholisch verfärbten Lebensart, sondern als die eines Lebens am, mit und vom Atlantik. Vielleicht ist das ein Ausgangspunkt für eine Fortsetzung, Verlängerung, nichts sensationell neues, aber muss ja auch nicht. Andererseits droht das schnell plakativ und kitschig zu werden, jedoch glaube ich, dass du das ganz gut umgehen oder vermeiden kannst. Du hast ja die Fähigkeit, lange, lesbare Sätze zu bilden, ohne den Leser im Niemandsland stehen zu lassen ...

Ibrahim hatte sich einen ganzen Straßenzug lang Mühe gegeben, seinen Schritten eine gewisse Zielstrebigkeit abzunötigen. Das gelang inzwischen leidlich, reichte für den Heimweg, nicht aber für den Umweg über Compays Straße, die er um keinen Preis auslassen wollte.

... die deinen Text einfach schön werden lassen.

Lg
kiroly

 

Hi @kiroly und damit Dank für deinen Kommentar!

Ich glaube, der "Antrieb" Deiner Geschichte, das, was sich durch alle Zeilen zieht, ist weniger Melancholie oder Alter oder "das alte Kuba" sondern der Atlantik -
Da liegst du gar nicht falsch. Wenn ich mich recht entsinne, war die Brandung das Bild, das ich die ganze Zeit vor Augen hatte. Das sind ja geradezu seherische Fähigkeiten.
Hier allerdings neige ich zum Widerspruch:
Vielleicht ist das ein Ausgangspunkt für eine Fortsetzung, Verlängerung, nichts sensationell neues, aber muss ja auch nicht.
Ich mag diese 600er als Herausforderung. Vielleicht funktionieren die nur unter dieser Voraussetzung und deren Bekanntheit gut. Es wird allerdings mal Zeit für ein bedeutsames Thema und dessen Ausarbeitung. Ich arbeite dran.

Dafür gehörst du allerdings dauerhaft umarmt:

Du hast ja die Fähigkeit, lange, lesbare Sätze zu bilden, ohne den Leser im Niemandsland stehen zu lassen ...
... die deinen Text einfach schön werden lassen.
Danke!
Es darf ja auch mal gebauchpinselt werden. Muss es sogar. Was Gescheiteres als ein Dank fällt mir gerade nicht ein.
Also noch ein Dank für deinen Besuch nebst Kommentar!
Liebe Grüße
Joyce

 

Hallo @joycec ,
ja, ja, die Macht der mitreißenden Rhythmen, die Macht lateinamerikanischer Musik!
Da werden nicht die Knie weich, sondern alte Körper biegsam und steife Glieder schmiegsam.

Ich besitze heute noch etliche Schallplatten mit kubanischer Musik, die ich Anfang der 70-er Jahre kaufte.
Dem Reiz lateinamerikanischer Rhythmen kann man sich nur schwer entziehen, sie graben sich förmlich in die Synapsen und durchströmen die Muskeln, da muss man tanzen, zumindest aber mit den Füßen wippen!

Es wäre mal sinnvoll, die Seniorenresidenzen anzuregen, den älteren Leutchen seltener „den Mond von Wanne-Eickel“ vorzusingen und sie „alle meine Entchen“ klatschen zu lassen, sondern ihre Beweglichkeit mithilfe heißer kubanischer Rhythmen zu fördern.
Selbst, wenn sich der eine oder andere Senior bewegungsmäßig überschätzen sollte, so wie Ibrahim in deiner Geschichte, schmälerte dies wohl die Begeisterung für die Tanzrhythmen kaum.

Ja, der arme Ibrahim, in seinem Alter ist es wohl dem Rücken nicht zuträglich, eine halbgelähmte Tanzpartnerin zu tragen.
Er hielt sich den Rücken und wusste doch genau, dass er morgen denselben Weg nehmen würde.

Buena Vista y buena vida, die Aussicht auf den nächsten Tanztag vitalisiert.

Liebe Joycec, damit ich dich auch am Hüppen halte, gebe ich dir noch ein paar Kinken zum Be- und Überdenken, dabei traue ich dir zu, dass du selbst draufkommst, ob und was wie zu ändern ist:

Der Atlantik schien sich alle Mühe zu geben, mit seinen gegen die Küste anbrandenden Wellen Compays Gitarre zu übertönen, scheiterte aber an dessen unverkennbarer Art, die Saiten zum Singen zu bringen. Ibrahim hatte sich einen ganzen Straßenzug lang Mühe gegeben, seinen Schritten …

Hier doch mal mein Vorschlag zur Vermeidung der doppelten Mühe:
Der Atlantik schien Compays Gitarre mit aller Gewalt der Brandungswellen übertönen zu wollen, scheiterte aber …

Er grinste über seine Versuche, seinen den unsicheren Gang wie einen beabsichtigten Tanz wirken zu lassen,

dann würde er mit einer ausladenden Geste nach links hin abbiegen und in die Straße blicken,
dann würde er mit ausladender Geste nach links abbiegen und …

Ihre Arme schienen zu versuchen, einen Schwan das Fliegen zu lehren,

und drehte sich mit allem noch aufzubringenden Bedacht um die eigene Achse.
Vielleicht: und drehte sich mit höchstem Bedacht um die eigene Achse.

… rang seinem Rücken eine tiefe Verbeugung ab und gab ein paar Zeilen seiner Bewunderung für sein Land, seine Stadt und seine große Liebe zum Besten.
Vorschlag:
… rang seinem Rücken eine tiefe Verbeugung ab und gab rezitierte ein paar Zeilen der Bewunderung für das Land, die Stadt und seine große Liebe. zum Besten.

, als unternähme er den ungestümen Versuch, die anwesenden Herzen zu weit mehr Schlägen und weit weniger Zurückhaltung zu bewegen.
Vielleicht: die Herzfrequenz der Anwesenden zu steigern und Zurückhaltung zu mindern

Ein paar Jungs saßen auf einem alten Ford Mercury, der auf Steinen statt Reifen stand.
Vielleicht: … der sich auf Steinen aufgebockt präsentierte

Sie versuchten, mit ihren klatschenden Händen Amaditos Tempo zu folgen, kamen aber ständig aus dem Takt
Vorschlag: Sie versuchten, Amaditos Tempo mit Klatschrhythmen zu folgen, kamen aber …

Jetzt erschlag mich nicht, weil ich doch etliche Stellen angemerkt habe.
Klatsch lieber in die Hände und folge dem Rhythmus deiner Wortfolge.

Hab’s gerne gelesen und „durchgearbeitet“

Liebe Grüße
kathso60 , die Solweig

 

Hallo liebe @kathso60 , geborene Solweig ;) und vielen Dank für deinen Besuch und Kommentar!

Es wäre mal sinnvoll, die Seniorenresidenzen anzuregen, den älteren Leutchen seltener „den Mond von Wanne-Eickel“ vorzusingen und sie „alle meine Entchen“ klatschen zu lassen, sondern ihre Beweglichkeit mithilfe heißer kubanischer Rhythmen zu fördern.
Sinnvoll oder nicht, wünschenswert allemal. Ich schiebe meinen pflegerischen Bedarf einfach hinaus, bis dem so sein wird. Hoffentlich.

Liebe Joycec, damit ich dich auch am Hüppen halte
haste mir gleich einen ganzen Hürdenlauf gegönnt. Voll nett von dir. :D Dann wollen wir mal.

Der Atlantik schien sich alle Mühe zu geben, mit seinen gegen die Küste anbrandenden Wellen Compays Gitarre zu übertönen, scheiterte aber an dessen unverkennbarer Art, die Saiten zum Singen zu bringen. Ibrahim hatte sich einen ganzen Straßenzug lang Mühe gegeben, seinen Schritten …
Wäre ja sehr peinlich, gleich an der ersten Hürde zu scheitern. Da wird noch mal nachgebessert.

Er grinste über seine Versuche, seinen den unsicheren Gang wie einen beabsichtigten Tanz wirken zu lassen,
Merkwürdig, Friedels Leidenschaft, mir meine Possessivpronomen um die mittlerweile abstehenden Ohren zu hauen, kommt gleich nach meiner, sie zu verwenden. Wird grummelnd eingestanden und mit größtem Widerwillen ersetzt.

dann würde er mit einer ausladenden Geste nach links hin abbiegen und in die Straße blicken,
dann würde er mit ausladender Geste nach links abbiegen und …
Och nö! Echt jetzt? Einigen wir uns auf ein fehlendes "einer"?

Ihre Arme schienen zu versuchen, einen Schwan das Fliegen zu lehren,
Da liegt aber doch das Scheitern schon im Satz. Da musst du mich überzeugen. Also, musst nicht, darfst es aber versuchen. :D

und drehte sich mit allem noch aufzubringenden Bedacht um die eigene Achse.
Vielleicht: und drehte sich mit höchstem Bedacht um die eigene Achse.
Da muss(!) ich drauf bestehen. Wie viel Bedacht vermag er noch aufzubringen, wenn seine Angebetete daran sägt? Da fehlte mir was!

… rang seinem Rücken eine tiefe Verbeugung ab und gab ein paar Zeilen seiner Bewunderung für sein Land, seine Stadt und seine große Liebe zum Besten.
Hatten wir schon über Possessiv... hatten wir ... "der Bewunderung" kaufe ich. "sein Land, seine Stadt und seine große Liebe" waren volle Absicht.

, als unternähme er den ungestümen Versuch, die anwesenden Herzen zu weit mehr Schlägen und weit weniger Zurückhaltung zu bewegen.
Fand ich auch treffend. Denke ich drüber nach ... und finde es immer noch. Da müssten wir noch mal in den Ring steigen.

Jetzt erschlag mich nicht, weil ich doch etliche Stellen angemerkt habe.
Klatsch lieber in die Hände und folge dem Rhythmus deiner Wortfolge.
So soll es sein! Wie du eingangs vorschlugst, wird verarbeitet, was sich aufdrängt, und das war ja nun mehr als ein Vorschlag.

Danke dir für deinen konstruktiven Kommentar und noch einen schönen Abend
von der Joyce

 

Hey @joycec

diese Geschichte stand auch auf meiner Liste. Freue mich, jetzt ein paar Zeilen dazu zu schreiben. Wirklich gut geschrieben. Ganz souverän, kein Wort an der falschen Stelle und so ein gewisses Lebensgefühl, das ich aus @josefelipe Texten kenne, finde ich hier auch wieder. Das Lebensgefühl und Setting ist das eine, das andere der Twist. Auf dieses Wort:

Rollator

scheint die Geschichte hin zu arbeiten. Ja, ein Effekt. Aber gut gemacht, finde ich, und da gefällt es mir. Es ist eine ganz einfache, bescheidene Geschichte von dem, was erzählt wird (nicht vom Setting). Kubanischer Straßenmusiker spielt mit seiner Lieblingstruppe einen Gig, als plötzlich die bezaubernde Margherita auftaucht. Das funktioniert. Ich finde, der Text romantisiert schon auch und bedient sich einiger Klischees. Es ist eben ein Text fürs Herz. Ich denke, er tut, was er soll.

Gruß
Carlo

 

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