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Chatroom
"Tschüss Kathi ich gehe!"
Ich gehe. Wie lang hatte Kathi schon auf diesen Satz gewartet?
"Ja Tschüss Mama." Kaum klappte die Tür zu, saß Kathi auch schon am PC ihrer Mutter.
Ruhe... Dachte sie. Vier Stunden Ruhe und Zeit zum Chatten bis Mama wieder von ihrem Treffen wiederkommt. Normalerweise müsste Kathi ja nicht heimlich den PC ihrer Mutter zum Chatten benutzen, aber leider hatte sie es auf ihrer letzten Geburtstagsparty mit dem Alkohol übertrieben. Sie konnte jetzt noch das Geschrei ihrer Mutter hören. "Du bist erst 14, Kathi! Und du hast schon Alkohol auf deinem Geburtstag!", hatte ihre Mutter sie angebrüllt. Und dann gabs drei Wochen Hausarrest und zwei Monaten PC Verbot. Da gab es nichts dran zu ruckeln. Wenn ihre Mutter etwas sagte, dann war es Gesetz. Aber ihre Mutter war ja nicht da...
Kaum hatte Kathi den Chatroom betreten wurde sie auch schon begrüßt.
Misa: Hey Kathi!
Nyu: Hi Misa
Nyu war der Name von Kathis Lieblings Anime Charakter. Misa war ein Kathis beste Schulfreundin, mit der sie oft chattete. Ihre Mutter ah es nicht gerne wenn sie chattete. Zu gefährlich, sagte sie.
Misa: Wie gehts so?
Nyu: Naja geht. Hab halt immer noch PC Verbot. Ich kann nur chatten wenn meine Mutter nich da is. Und bei dir so?
Misa: Ist O.K. mein Freund hat mit mir Schluss gemacht. Ich wäre ihm zu langweillig.
Nyu: Ich hab doch gesagt der ist ein Trottel.
Misa: Hey ich war verliebt! Sucht man sich das aus?
Nyu: Ja Ja o.k.
Misa: Und wie läufts so mit Max?
Nyu: Ganz gut gestern hat er mich ins Kino eingeladen. Wir haben uns geküsst. Mein erster Kuss! Mama würde mich umbringen wenn sie das rausfindet. Sie war ja schon immer gegen einen Freund.
Misa: Versteh einer die Eltern. Ist es nicht unsere Sache wann wir mit wem zusammen sind? Glückwunsch zu deinem ersten Kuss. Muss jetzt übrigens leider weg.
Nyu: Was schon so früh??? Warum?
Misa:Wir schreiben Morgen Mathe. Ich muß noch üben.
Nyu: Aber dann kann ich doch mit niemandem mehr chatten!
Misa. Ich weiß. Aber vielleicht geht ja gleich noch jemand Online.
Nyu: O.K. ciao!
Misa: Sayonara!
=Misa logged out=
Wunderbar. Ein Abend an dem ihre Mutter nicht da ist und niemand da zum Chatten. Kathi war sauer.
=Chain logged in=
Glück gehabt. Es gibt wohl doch noch jemanden, dem an diesem Abend langweillig ist.
Nyu: Hi
Chain: Hallo
Nyu: Wie gehts?
Chain:Ich kann dich sehen...
Nyu: Was?
Chain: Nichts. War nur ein Scherz xD Wollt mal sehen ob du mich Ernst nimmst
Nyu: Mach das bloss nicht nochmal. Ich hätt fast nen Herzinfarkt gekriegt. Muss mal kurz weg.
Chain: Bis gleich!
Kathi ging in das Badezimmer, das an ihr Zimmer angrenzte. Sie schaute in den Spiegel.Im Chat trat sie ganz cool auf aber in Wirklichkeit hatte sie wahnsinnige Angst. Ihre braunen Haare lagen glatt auf ihren Schultern. Ihre Haare waren schon immer das, was den Jungs am meisten an ihr gefiel. Sie hatte schöne grüne Augen und ein niedliches Gesicht, aber ihre dunkelbraunen Haare die, egal wie sie sie trug, immer gut aussahen, waren das schönste an ihr. Was will der Kerl? dachte sie Wer macht denn solche Scherze? Und dann der Name "Chain". Ganz ruhig bleiben. Du gehst einfach zurück und schaltest den PC ab. Bestimmt ist es wirklich nur ein blöder Scherz.
Sie wandte sich vom Spiegel ab und ging zurück in ihr Zimmer. Das Licht war aus und der Bildschirm glühte hell in der Dunkelheit. Als Kathis Blick auf die Zeilen in dem Chatroom fielen wurde ihr schlagartig eiskalt.
Chain: Ich beobachte dich jeden Tag!
Chain: Ich liebe deine braunen Haare!
Chain: Ich liebe deine grünen Augen!
Chain: Ich liebe deine roten Lippen!
Chain: Ich will dich!
Kaum hatte Kathi die verstörenden Zeilen gelesen war sie einer Ohnmacht nahe.
Ich hatte doch recht. Der Typ ist ein Verrückter. Er muss mich wirklich beobachten. Woher sonst sollte er all diese Dinge über mich wissen? Ich muss die Polizei rufen.
Mit diesen Gedanken stürzte sie zum Telefon. Sie hatte schon eins in ihrem Zimmer seit sie zwölf war. Nachdem sie mit ihren ständigen Telefonaten andauernd das Haustelefon besetzte, entschied ihr Vater das es besser wäre wenn sie ein eigenes bekäme. Kathi riss den Hörer vom Telefon und wählte 110. Gespannt wartete sie auf das Wählzeichen.... Nichts. Die Leitung war tot.
Plötzlich knallte etwas gegen ihr Fenster. Als sie hinsah stockte ihr der Atem. An das Fenster war ein mit einer Maske vermummtes Gesicht gepresst. Die Maske war ein männliches Gesicht, dass zu einer Hälfte vollig normal aussah, und zur anderen total verfault war. Sie hatte diese Maske vor einem Jahr schon einmal in einem Faschingsgeschäft gesehen und dort schon, trotz ihrer damaligen 13 Jahre, ziemliche Angst davor gehabt
Kurz nachdem sie bemerkt hatte, dass jemand vor ihrem Fenster saß und sie anstarrte,
rannte sie auch schon aus dem Zimmer in den stockdunklen Flur. Der Flur verband die Küche des Hauses mit dem Badezimmer und Kathis Zimmer. Da aus dem Badezimmer kein Weg nach draußen führte, lief Kathi in die Küche. Die Küche war ein quadratischer Raum mit drei Türen. Die eine vor der Kathi stand, eine die ins Wohnzimmer führte, und eine die zum Flur vor der Haustür führte. In der Mitte stand ein grosser runder Marmortisch. Kathi liess ihren Blick über die Küche schweifen. Irgendetwas war anders. Da bemerkte sie es. Am Kühlschrank klebte ein Zettel. Obwohl sie noch vollkommen schockiert war, ging Kathi wie magisch angezogen um den Tisch herum und las den Zettel. Darauf stand in einer krakeligen Handschrift: "Schau in den Wandschrank"
Normalerweise hätte sie dieser Aufforderung keine Beachtung geschenkt und wäre aus dem Haus gestürzt, aber da ihr Körper nur noch von Adrenalin gelenkt wurde, ging sie auf den Wandschrank zu, der neben der Tür zum Ausgang stand. Der Schrank war etwa zwei Meter hoch und einen halben Meter breit. Normalerweise bewahrte ihre Mutter darin Besen und Putzmittel auf. Kathi ergriff den kalten Eichenholzgriff des Schrankes mit ihrer schweissnassen Hand und zog ihn auf. Als sie in den Schrank sah wurde ihr schwarz vor Augen. Im Schrank hing, mit aufgeschlitzer Kehle, ihre Mutter. Das frische Blut auf ihrem Gesicht glich einer indianischen Kriegsbemalung. Kathi sank zu Boden.
Als sie wieder aufwachte saß sie auf einem der Küchenstühle. Sie wollte ihre Hände ausstrecken aber stellte fest das sie gefesselt war. Plötzlich bemerkte sie, dass sie nicht allein war."Na aufgewacht?", fragte eine Stimme die ganz klar durch ein Gerät verzerrt war, "Ich hatte schon Angst, dass du vor Schreck gestorben wärst. Du warst mehrere Stunden Ohnmächtig." Die Figur die vorher nur eine Sillhoutte in der Dunkelheit der Küche war trat vor Kathi. Es war der Mann (falls es ein Mann war) mit der Maske der noch vor ein paar Stunden sein Gesicht an ihre Zimmerfenster gedrückt hatte. "Wer sind sie?",fragte Kathi mit leiser Stimme. Er antwortete ohne zu zögern: "Oh nenn mich wie du willst. Heimlicher Verehrer, Unglücklich Verliebter. Alles in der Richtung passt."
"Und was willst du von mir?"
Der Mann hielt sein Gesicht so nah vor Kathis das sie seinen Atem hinter der Maske hören konnte."Das" ,sagte er, "ist schon interessanter. Ich habe dich schon seit mehreren Monaten beobachtet. Ich weiß alles über dich. Deine Lieblingssendung, dein Lieblingsessen, deine Art zu gehen. Es tut mir sehr Leid das ich dich umbringen muss."
Kathi war geschockt.
"Warum?",fragte sie laut.
"Weil ich dich Liebe!" ,antwortete er ohne sein Gesicht von Kathi abzuwenden,"leider hätte unsere Beziehung wohl kaum eine Chance. Wo du doch schon einen Freund hast..."
Sogar das wusste er. Niemand ausser Misa wusste etwas von Max, und auch der hat sie es erst erzählt, nachdem sie in der Schule von ihr dauernd darauf angesprochen wurde, mit wem sie den nun zusammen sei. Misa hatte eine Art sechsten Sinn für sowas. Wenn jemand aus der Klasse einen Freund oder eine Freundin hatte, bekam sie es raus.
Was sollte sie tun? Sie saß gefesselt auf einem Küchenstuhl. Unfähig ihre Hände zu bewegen. Wenn diese Fesseln doch nur nicht da wären. Dann könnte sie schnell eines der Küchenmesser aus dem Holzmesserblock neben sich ziehen und ihn damit attackieren. Kathi ruckelte an ihren Fesseln. Da! Haben sie leicht nachgelassen? Sie wackelte nochmal. Vorsichtig damit der Mann vor ihr nichts davon bemerkte. Der Knoten gab wirklich nach. Dieser Typ ist wohl doch nicht so perfekt wie man es von Psychopathen erwartet. Aber sie brauchte Zeit um den Knoten zu öffnen. Also redete sie weiter mit ihm.
"Wenn du mich liebst, warum willst du mich dann umbringen?"
Ziehen an den Fesseln.
"Nun", sagte er während er aufstand und durch die Küche ging, "Da du ja schon jemanden hast, würdest du mich nicht wollen. Ich kann nicht mit dem Gedanken leben das du mit jemand anderem zusammen bist! Das du in den Armen eines anderen Jungen liegst!"
Er ist verrückt dachte Kathi während sie weiter versuchte den Knoten zu öffnen Er ist vollkommen Wahnsinnig! Der Knoten wurde immer lockerer.
"Lass mich doch bitte gehen! Wenn du mich umbringst, wirst du sowieso von der Polizei erwischt."
"Pah Polizei!", rief er während er weiter durch die Küche ging, "die werden nichts anderes bemerken als eine Vermisstenanzeige über ein kleines 14 jähriges Mädchen und ihre Mutter die wahrscheinlich einfach unbekannt verzogen sind.
Nachdem ich dich umgebracht habe, werde ich dich und deine Mutter irgendwo in einen Fluss werfen. Danach fahre ich nach Hause und nehme eine Überdosis Schlaftabletten. Dann muss ich nicht mehr mit dem Gedanken leben, dich nicht haben zu können."
Da! Der Knoten war offen. Kathi hielt die beiden Seilenden fest damit er es nicht merkte. Sie musste nur noch warten bis er ihr den Rücken zukehrte und dann das Messer neben ihr greifen. Einfach wenn man es recht bedenkt aber wenn man vor einem Mann, der ohne zu zögern Menschen umbringt, auf einem Stuhl sitzt, scheint es schier unmöglich. Bestimmt würde er es merken und sie doch noch umbringen. Denk nicht an sowas, ermahnte sie sich wenn du so denkst schaffst du es sowieso nicht. Da kannst du dich auch gleich töten lassen.
Er ging weiter durch den Raum und redete unzusammenhängende Sätze von Liebe und Gewissen die sie nicht verstand. Und dann sah sie ihre Chance. Er stand mit dem Rücken zu ihr vor dem Kühlschrank. Kathi griff nach dem Messer, sprang auf und rannte auf ihn zu. Jedoch hatte sie nicht bemerkt das er im Stahlkühlschrank ihr Spiegelbild sehen konnte. Mit einer Schnelligkeit die sie ihm niemals zugetraut hätte drehte er sich um und schlug ihr ins Gesicht.
Sie hörte ein leises Knacken als ihre Nase brach und ein starker Schmerz ihren Kopf durchzuckte. Kathi sah schwarze Punkte vor ihren Augen tanzen. Nicht ohnmächtig werden! dachte sie Wenn du jetzt ohnmächtig wirst, wirst du niemals überleben. Sie hatte immer noch das Messer. Wenn ich mich beeile kann ich es noch schaffen! Mit diesem Gedanken lief sie erneut auf ihn zu und stach ihm das Messer mit aller Kraft in die linke Schulter. Er schrie laut auf und griff sich mit der rechten Hand an die Schulter. Es sah seltsam aus wie er dort stand, mit Messer, dass aus der Schulter ragte.
"Nicht schlecht, hätte nicht gedacht das du es mir so schwer machen würdest. Ich meinte immer so etwas gäb es nur in Filmen, dass sich das Opfer in letzter Sekunde noch wehren kann. Leider folgt darauf meistens der Tod des Opfers." Mit diesen Worten zog er sich das Messer aus der Schulter. Sie hätte nie gedacht das er nach diesem Angriff noch sprechen, geschweige denn sich bewegen könnte. Er hätte sie mit Sicherheit erstochen wenn sie nicht im letzten Moment die Glasflasche neben sich gesehen hätte. "Im Film vielleicht, aber hier nicht!", schrie sie, ergriff die Flasche und zog sie ihm mit letzter Kraft über den Kopf. Völlig unvorbereitet hatte er keine Chance mehr auszuweichen. Das Knacken als sein Schädel brach hörte sich an wie zerbrechendes Porzellan. Er flüsterte noch etwas, dass sie nicht verstand und sackte dann tot zu Boden.
Ich habe ihn tatsächlich umgebracht. Dachte sie erleichtert
Sie ging auf die Leiche am Boden zu und zog ihr die Maske vom Kopf.
Kathi erkannte das Gesicht unter der Maske sofort. Es war ein Junge aus ihrer Klasse, mit dem sie noch nie mehr als 3 Sätze gesprochen hatte. Er saß meistens allein an einem Tisch und war in sich selbst vertieft. Nicht sehr beliebt. Er hatte fettige schwarze Haare und mehr Pickel als eine normale Teenagerakne verursachen könnte. Oft wurde er deshalb von den anderen gemobbt. Sie hatte ihn schon immer für seltsam gehalten, hätte ihm etwas in der Art aber nie zugetraut.
So stand sie auf und sah aus dem Fenster. Die Sonne ging mit blutrotem Licht auf und kündigte das Ende dieser schrecklichen Nacht an. Wenn sie genau darüber nachdachte, würde sie sich in der nächsten Zeit nicht mehr im Chatroom blicken lassen.
=Nyu logged out=