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Claudias Geburtstagsparty
Kids, fünfundzwanzig bis dreißig Sechzehn- bis Achzehnjährige bevölkern Haus und Garten. Es wird gegrillt, für Salate und Getränke ist auch überreichlich gesorgt, Alkoholisches natürlich nur in Form von Bier und Biermixgetränken, keine harten Sachen, natürlich.
Claudias sechzehnter Geburtstag...
"Mama? Bist du sauer? Du hast mich noch nie betrunken gesehen, oder?".
`Kindchen, betrunken bist du erst, wenn du stundenlang über dem Klo hängst und kotzt!´ Gesagt habe ich es nicht, zu jung, das Küken...
Sing, sing, dieses Spiel, eine Art Karaoke... es dauert schon den ganzen Abend, immer wieder finden sich welche, die gegeneinander antreten, um sich in Grund und Boden zu singen...
Gut, es gibt das Gästezimmer im Keller, wohin ich mich zurückziehen kann...
Alleine mit der ganzen Bande, Mann, bin ich locker geworden, beim vierten Kind...
"Mama, wir müssen zur Tanke, wir haben kein Bier mehr und der Tequila ist auch schon alle".
`Wenn ich den gesehen hätte, hätte ich ihn eingezogen!´
Mein Mann ist vorsichtshalber schon heute Vormittag geflohen, ab in den Harz mit einen Freund.
"Weißt du, wann Papa wiederkommt?", habe ich gefragt, als ich nachmittags von der Arbeit nach Hause komme.
"Keine Ahnung, morgen? oder übermorgen?"
´O Gott, wie lange soll denn die Party hier gehen?´
Es findet sich noch ein Bier in meinem Beutel, meine eiserne Reserve, ich rücke sie bereitwillig raus.
"Da, für die Säufer", grinsend überreiche ich sie Kevin, der, nachdem er auf dem Weg hierher in einen Hagelsturm gekommen war, in den kurzen Hosen meines Mannes wie eine Schlenkerpuppe in übergroßen Klamotten aussieht.
Zur Tankstelle will ich eigentlich nicht mehr fahren, obwohl ich ein wenig wankelmütig bin in dieser Angelegenheit, verstehen kann ich es ja, aber schließlich trage ich auch Verantwortung, man hört doch so oft in letzter Zeit, dass Jugendliche sich bis zur Bewußtlosigkeit betrinken...
Zwei Achzehnjährige spielen schon die Aufpasser, sie sind halbwegs nüchtern geblieben.
Wollen mich die Kids völlig raushalten von jeglicher Aufsichtspflicht?
Meine Position als Oberhaupt der Familie, gefährdet!
Ich ziehe mich zurück, ab in den Keller.
"Die Verantwortung trage ich", habe ich zu den beiden Jungs noch gesagt.
Eine Gratwanderung zwischen locker sein und Grenzen setzen, und dabei als Mutter noch für voll genommen zu werden.
Moderner Erziehungsstil! Coole Mama! Die Schlagworte sind schon abgespeichert in meinem Kopf. "Du warst auch mal jung", habe ich zu meinem Mann gesagt.
Damals hat man sich nur hinter dem Rücken der Eltern betrunken, heimlich, und die Eltern haben so getan, als ob sie es nicht merken...
Bei dem Gedanken fange ich an zu lachen.
Offener Erziehungsstil! Ich bin eine moderne Mama!
Noch ein Kontrollgang durch das Erdgeschoß.
Ein Telefonanruf, es ist meine erwachsene Tochter, sie will ihre kleine Schwester sprechen, die weigert sich.
"Mama, ich kann nicht sprechen, ich bin ganz dusselig im Kopf".
"Du sollst doch auf die Kinder aufpassen", höre ich aus dem Telefon, meine kluge erwachsene Tochter!
Bin ich doch nicht so cool? Oder gar verantwortungslos?
Bevor dieser Gedanke sich in meinem Kopf festsetzen kann, flüchte ich lieber schnell wieder in den Keller.
Es gibt schließlich keinen Alkoholnachschub mehr, gemeinsam aufräumen können wir morgen.
Im Gästezimmer erwartet mich eine wohlige Atmosphäre, der Fernseher läuft, der Computer ist nutzbereit. Das Lachen der Kids, die Musik und der Lärm ihrer angeregten Gespräche dringt nur spärlich bis hierher.
Einfach super, als moderne Mama einen Rückzugsort zu haben.
Den nächsten Rundgang mache ich später, vielleicht erst, wenn oben Ruhe eingekehrt ist.
Hoffentlich langweile ich mich hier unten nicht.