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02.06.2006
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Michael stand unten auf der Straße in einem Hauseingang. Die Nacht war eiskalt und sternenklar. Er zog sich seinen Kragen noch höher und verschränkte die Arme, als ob er die Kälte damit überlisten könnte. Er schaute wieder hoch zu der Wohnung, wo Gina lebte. In ihrem Schlafzimmer brannte noch Licht. Den letzten Schatten von ihr hatte er vor etwa fünf Minuten gesehen – oder war es schon länger her? Die Zeit kam ihm endlos vor. „Ich krieg’ dich schon du Schlampe“, dachte er bei sich und zündete sich die nächste Zigarette an. Er sog gierig daran und spürte dabei die kalte Novemberluft. Doch plötzlich – war da nicht eine Bewegung gewesen? Michael besann sich wieder und dachte an seine Mission diese Frau inflagranti mit einem anderen Mann zu erwischen. Er konzentrierte sich auf das kleine Licht, das er schon den ganzen Abend anstarrte. Tatsächlich – er sah zwei Schatten, die sich, wild umschlungen, hinter dem Vorhang leidenschaftlich küssten. Er grinste. „Wusste ich es doch du Flittchen“, sagte er in die Leere der Nacht. Er blies den Rauch hörbar nach oben aus, der langsam in der Schwärze verschwand. Dann lief er über die Straße auf den Hauseingang zu.
***

Der Raum war geschwängert von Rauch, Schweiß- und Alkoholgeruch. Gina spürte ein unendliches Verlangen nach diesem Mann, den sie irgendwo in einer Bar vor nicht mal vier Stunden kennen gelernt hatte. Ihr T-Shirt war schweißnass und klebte am Rücken. „Wie war noch sein Name?“ – ging es ihr durch den Kopf. Sie wusste es nicht mehr. In den letzten Wochen hatte sie einfach zu viele Männer mit in ihre Wohnung genommen. Der Mann liebkoste gerade ihren Nacken und Ginas Haare stellten sich schlagartig auf – er hatte eine ihrer vielen erogenen Zonen gefunden. Sie stöhnte kurz auf und ein leichtes Kribbeln durchfuhr ihren Körper. Gleichzeitig erforschten seine Hände ihren Körper. Ihr kam es vor, als ob er fünf oder sechs gleichzeitig hätte. Sie bewegten sich langsam auf das Bett zu.

***

Michael stand auf einmal mitten im Zimmer. Eine unbändige Wut kam in ihm hoch. Er schnaubte und sein Puls raste. Gina schrie kurz auf. Der Mann auf ihr drehte sich blitzartig herum und sah Michael, der wie ein Berserker vor ihm stand. Michaels gewaltige Pranke packte ihn am Hals und warf ihn von Gina herunter. Wie ein Häufchen Elend saß er auf dem Boden und suchte nun schnell seine Sachen zusammen. Ein ‚wie’ oder ‚warum’ war nicht nötig. „Nur raus hier“, dachte er sich. Gina hatte sich die Bettdecke über ihren Körper gezogen und saß zitternd auf dem Bett – mit dem Rücken zur Wand. Michael sah sie verächtlich an. Der Mann verschwand.

„Und nun zu dir“, sagte Michael. Er zog ihr die Bettdecke weg und Gina saß nackt auf dem Bett. Sie zog die Beine hoch, um ihre Scham zu verbergen. Michael entledigte sich seines Mantels und seines Pullovers. Er hatte nur ein Muscle-Shirt darunter an. Seine Muskeln glänzten unter seinem Schweiß. Ginas Augen weiteten sich. In ihr stieg auf einmal Wollust hoch. Ihr ganzer Körper prickelte. Dann nahm er sie.

***

Michaels Augen öffneten sich. Gina lag noch schlafend neben ihm. Draußen war die Sonne bereits aufgegangen und ein diffuser Lichtstrahl, der durch den Spalt beim Vorhang kam, warf seinen Kegel auf das Ende des Bettes. Er ordnete seine Gedanken und versuchte sich an das zu erinnern, was geschehen war. Als er seinen Mantel auf dem Boden sah, fiel es ihm wieder ein und er musste lachen. Gina erwachte. Schlaftrunken nahm sie ihren Mann in die Arme und gab ihm einen Kuss auf die behaarte Brust. Er streichelte ihr liebevoll über den Kopf. „Wie spät ist es?“, hörte er sie sagen. Er drehte seinen Kopf und sah, dass es erst 08:34 Uhr war. „Halb neun Liebes“, antwortete er und setzte sich langsam auf. „Wem gehört diese Hose?“, fragte Michael. Gina warf einen Blick auf das Beinkleid und grinste. „Dem Typ von heute Nacht vermutlich“, sagte sie. „Du meinst, der ist ohne Hose hier raus?“, entgegnete Michael und musste schallend lachen. „Haben wir nicht etwas übertrieben?“, wollte Gina wissen. Michael zündete sich eine Zigarette an. „Nicht wirklich. Wer sich auf einen One-Night-Stand einlässt, muss mit so was rechnen. Außerdem hat unser Eheberater gesagt, wir sollten unsere Rollen sehr ernsthaft spielen. Und ich habe doch sehr glaubwürdig gewirkt als Privatdetektiv, oder?“ Gina zog sich mittlerweile an und sah bei diesen Worten auf den Mantel. Sie musste grinsen. „Ja – und was machen wir das nächste Mal?“

 

Also ich muss ehrlich gesagt sagen, mir hat die Geschichte gefallen. Also es ist kein literarischer Höhenflug, aber irgendwie war doch alles ein bisschen drin: Spannung, Action, Erotik und Humor. Was will man mehr?
Was ich für diese sehr kurze Geschichte nicht unbedingt ganz gut finde, ist dein Perspektivensprung, der hat mich ein bisschen rausgerissen. Aber ich verstehe, warum dus reingenommen hast...

Also was soll ich sagen? Ein netter Happen für zwischendurch;).

Thomas

 

Hech...

Der arme Kerl, wollte doch nur in Ruhe sein Bier in der Bar trinken :D

Die Story war nicht schlecht.
Aber um die Pointe nicht zu verderben, musstest du ein paar Widersprüche einbauen. Trotzdem, ganz nett ;)

BB, Jussy

 

Hallo Cristalli,

eine schöne Unterhaltungsgeschichte ist dir gelungen. Du weihst den Leser eigentlich am Anfang ein („Michael besann sich wieder und dachte an seine Mission diese Frau inflagranti mit einem anderen Mann zu erwischen“), doch was es genau mit der „Mission“ auf sich hat, erfährt man erst am Schluss. Schön auch der Hinweis auf den Männerkonsum.
Die letzte Szene spiegelt die Stimmungslage des Paares treffend wider, leichte Zweifel über ihr Verhalten plus etwas Schadenfreude.

L G,

tschüß Woltochinon

 

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