- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 9
Da unten
Woher kommt sie denn jetzt, Ihre Frau?
Sie ist Kroatin.
Aha. Oh. Ach.
Hat sich ja ganz schön gemausert, dieses Jugoslawien, oder wie es heißt. Hört man zumindest immer. Ist ja auch schön da, bestimmt. Dubrovnik. Split. Die Plitvicer Seen. ’66 waren wir mal da, mein Mann und ich. Schön, hübsch, dieses Jugoslawien, sicherlich, durchaus.
Dann Stille. Verzerren der Gesichter. Leises Räuspern.
Also, ich geh‘ mal was holen, in der Küche.
Ich weiß nicht, was in der Küche passiert. Kann ja aber nichts mit mir zu tun haben, ich habe ja gar nichts gesagt, nichts gefragt, nur die Aussage, die Antwort: Sie ist Kroatin. Nun denn.
Ich gehe näher an die Küchentür, splinze durchs Schlüsselloch. Mindestens zu siebt stehen sie da vor dem Herd. Einige rauchen, andere gönnen sich ein Bier.
Ich verstehe nur Bruchstücke. Warum denn eine von da unten, warum nicht Frankfurt – oder wenigstens Frankreich, wenn es schon eine aus dem Ausland sein muss. Und der Krieg da unten. Fürchterlich. Gestern noch, zwei Polizisten von der UNO erschossen, in Pristina, wo ist das denn? Ist doch da unten, nicht?
Dann kommen sie, lächeln, verzerrt. Draußen regnet es. Ich sage:
Nächste Woche fahren wir runter. Mit dem Auto. Bisschen Abwechslung.
Erstaunte Gesichter. Wieder leises Räuspern.
Fahren Sie bloß vorsichtig, hören Sie? Sollen noch vermint sein, die Pisten da unten, im Kosovo.