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Da unten

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08.05.2005
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Da unten

Woher kommt sie denn jetzt, Ihre Frau?

Sie ist Kroatin.

Aha. Oh. Ach.

Hat sich ja ganz schön gemausert, dieses Jugoslawien, oder wie es heißt. Hört man zumindest immer. Ist ja auch schön da, bestimmt. Dubrovnik. Split. Die Plitvicer Seen. ’66 waren wir mal da, mein Mann und ich. Schön, hübsch, dieses Jugoslawien, sicherlich, durchaus.

Dann Stille. Verzerren der Gesichter. Leises Räuspern.

Also, ich geh‘ mal was holen, in der Küche.

Ich weiß nicht, was in der Küche passiert. Kann ja aber nichts mit mir zu tun haben, ich habe ja gar nichts gesagt, nichts gefragt, nur die Aussage, die Antwort: Sie ist Kroatin. Nun denn.

Ich gehe näher an die Küchentür, splinze durchs Schlüsselloch. Mindestens zu siebt stehen sie da vor dem Herd. Einige rauchen, andere gönnen sich ein Bier.

Ich verstehe nur Bruchstücke. Warum denn eine von da unten, warum nicht Frankfurt – oder wenigstens Frankreich, wenn es schon eine aus dem Ausland sein muss. Und der Krieg da unten. Fürchterlich. Gestern noch, zwei Polizisten von der UNO erschossen, in Pristina, wo ist das denn? Ist doch da unten, nicht?

Dann kommen sie, lächeln, verzerrt. Draußen regnet es. Ich sage:

Nächste Woche fahren wir runter. Mit dem Auto. Bisschen Abwechslung.

Erstaunte Gesichter. Wieder leises Räuspern.

Fahren Sie bloß vorsichtig, hören Sie? Sollen noch vermint sein, die Pisten da unten, im Kosovo.

 

Hallo olimax,

die Szene skizziert Du nur knapp, wodurch mir nicht genau klar wird, _was_ du eigentlich beschreibst. Ich vermute, eine "Party" oder wie diese Generation noch dazu sagte : eine Fete, vermutlich der Elterngeneration. Mitgebracht haben sie ihre Vorurteile und ihr Halbwissen.
Leider verschenkst du Potential, indem Du zum einen die wörtliche Rede nicht kennzeichnest und Du ein Gespräch scheinbar von drei Menschen abbildest, ohne diese zu benennen oder anzudeuten. Bei einem Dialog von zwei Menschen geht das noch relativ problemlos, da dann die Sprecher sich abwechseln, bei mehr als zwei Redenden wird es dann schwieriger, diese auseinander zu halten.

So lässt mich Deine kleine Moral etwas zwiegespalten zurück, den Flair bringst Du rüber, die Oberflächlichkeit der Veranstaltung und ihrer Teilnehmer, doch so bleibt sie absolut schemenhaft, und das finde ich auch bei mehrmaligem lesen schade, da mehr drin wäre.

Aha. Oh. Ach.
Hier wird auch nicht ganz klar, spricht nur eine Person, ist es ein mehrstimmiges Raunen ?

Ich verstehe nur Bruchstücke. Vielleicht konstruiere ich diese, vielleicht reden sie ja auch über etwas ganz anderes, vielleicht über das Wetter oder den Verkehr in der Stadt. Aber ich höre:
Das ist ein Logikfehler, entweder versteht der Prot nichts, dann kann er sich was zusammenreimen, oder er versteht die Gesprächsinhalte, dann kann es nur Wunschdenken sein, daß sie über Wetter, Verkehr und den ganzen Rest parlieren. so wie Du es formulierst passt es jedenfalls nicht.

Grüße,
C. Seltsem

 

Hallo olimax!

Auch ich kann leider nicht sehr viel mit Deiner Geschichte anfangen - C. Seltsem hat die Gründe dafür schon aufgezählt.

Jedoch sagt mir der Titel und auch Deine Formulierungen von "fahren wir runter" und "die Pisten da unten" daß es Dir wohl um diese Sichtweise/Wortwahl geht. Offenbar gefällt sie Dir nicht, und schon gar nicht, wenn jemand sie verwendet, der so danebensteht wie Deine Protagonisten.
Aber die eigentlichen Gründe werden mir nicht klar, obwohl sie mich jetzt wirklich interessieren, denn ich kenne diese Ausdrucksweise auch von Menschen, die selbst von "da unten" kommen, und verwende sie ebenfalls. Wobei das nichts mit dem Wert der Menschen o. ä. zu tun hat, sondern deshalb so ist, weil erstens die Donau und auch kleinere Flüsse in diese Richtung fließen (flussaufwärts ist immer "oben" und flussabwärts ist "unten", egal wo) und wir auch nördlicher (also auf der Landkarte oben) liegen. - Will ich nach Tschechien, Polen oder Rußland, muß ich hinauf! Selbst, wenn ich nach Holland fahre, fahre ich "da rauf", obwohl es höhenmäßig für mich ziemlich tief unten liegt. ;)

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hallo C. Seltsem und Häferl,

danke erstmal für die Lektüre meines kurzen Abrisses.

Ich habe diesen Text - zunächst einmal - lediglich einmal in den Raum gestellt. Es geht, wie du richtig festgestellt hast, C. Seltsem, um Vorurteile und Halbwissen - hier bezogen auf "Jugoslawien". Folgendes Problem ist sichtbar: In den letzten fünfzehn Jahren ist dieses "Jugoslawien" oder Ex-Jugoslawien aufgrund der zahlreichen Konflikte verstärkter Medienberichte ausgesetzt gewesen. Ein Land, mitten in Europa, kaum mehr als 1000 Kilometer von der Mitte Deutschlands entfernt, zerfällt in Teile, und der Großteil der Bevölkerung bekommt die Hintergründe gar nicht mit. Was hängen bleibt ist hingegen genau dieses Halbwissen, auf welches ich anzuspielen versucht habe. Zagreb - ist das jetzt in Serbien oder Kroatien? - na, egal, Hauptsache Jugoslawien. "Pauschale Konfliktherde" entstehen dann in den Köpfen der Menschen, Vorurteile auf immer und ewig. Kroatien ist nun schon seit über zehn Jahren frei von irgendwelchen gewaltsamen Konflikten und eine relativ eine stabile Demokratie. Trotzdem ist es eben für manche Menschen gleichbedeutend mit dem - zugegebenermaßen immer noch labilen - Kosovo.

Es schwingen hier keinerlei Vorwürfe mit, der Text soll nicht belehrend wirken. Die Hausfrau von nebenan, der Beamte von gegenüber - das werden keine Historiker oder Balkanwissenschaftler mehr. Und ich bin selbst keiner. Sondern habe lediglich, aus beruflichen sowie privaten Gründen, vielleicht ein wenig mehr Wissen über die Entwicklung Ex-Jugoslawiens sammeln können.

Der Text ist natürlich auch übertragbar auf ganz andere Regionen. Mag ja sein, dass es in Bagdad heutzutage auch sehr sichere Stadtviertel gibt, ohne marodierende Banden, feindselige Schiiten oder Sunniten und allzu schießwütige US-Soldaten. Eine pauschale Vorverurteilung eines solchen Bezirks würde dessen Bewohnern auch nicht schmecken. Aber die Medien zeigen uns eben nun einmal nicht das "normale" Leben, sollte es das denn in Bagdad wirklich geben, nein, sie zeigen uns das Leid, das Elend, die tägliche Gewalt, die Toten. Voll gefüllte Teller locken niemanden hinterm Often hervor, Hungersnöte aber wohl.

Die Medienberichte brennen sich ein in die Köpfe der "normalen" Menschen. Wo vor zwölf Jahren noch allerorts Bomben geschmissen wurden, kann ja jetzt nicht alles in Ordnung sein. Unglaubwürdigkeit breitet sich aus, wenn man die Leute aber von eben dieser "Ordnung" überzeugen möchte.

Zum Schluss zu der Kritik bezüglich wörtlicher Rede:
Ich habe mir den Text sehr schnell von der Seele geschrieben, die wörtliche Rede musste aufgrund dieser Schnelligkeit leider daran glauben. Ich bitte um Nachsicht :)

Und die angesprochene unlogische Textstelle werde ich herausstreichen. Sie leuchtet mir jetzt auch ein.


olimax

 

Hallo nochmal, olimax!

Schade, daß Du auf meine Gedanken bezüglich "da unten" nicht eingegangen bist. Da Du nicht darauf hinaus wolltest, würde ich da etwas bügeln, da es auf eine falsche Fährte locken kann.

Was Du mit der Geschichte alles aussagen willst, kommt für mich nicht rüber, das mag vielleicht daran liegen:

Wo vor zwölf Jahren noch allerorts Bomben geschmissen wurden, kann ja jetzt nicht alles in Ordnung sein.
Ich kenne niemanden, der so denkt, sehe aber, wie voll die Prospekte der Reisebüros mit diesen Ländern sind und kenne auch Menschen, die in den letzten Jahren dort waren. Die Vorurteile, die Du hier nennst, sind mir absolut fremd. :confused:

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Susi, du hast recht mit den Prospekten der Reisebüros. Der Tourismus in Kroatien und anderswo auf dem Balkan floriert und produziert seit mehreren Jahren tolle Wachstumsraten.

Doch die Vorurteile, die dir fremd sein mögen, sind es mir leider nicht. Es sind jedoch eher latente, eher versteckte Vorurteile und Annahmen. Deswegen habe ich die "Unterhaltung der anderen" ja auch in die abgeschlossene Küche "verbannt". Man lobt die Gegend, so wie ja am Anfang meines Textes auch beschrieben. Man zeigt Wohlwollen, versucht sich an die "guten Seiten" der Gegend zu erinnern, und diese zu erwähnen, wie als Beweis dafür, dass man ja durchaus vertraut ist mit der Region.

Wie die Anwesenden sich "das Maul zerreißen" in der Küche, das habe ich gewollt ein wenig überspitzt dargestellt. Ich habe es selbst noch nie miterlebt, dass jemand mir gegenüber solche Vorurteile erwähnt (habe allerdings auch noch nie auf einer Party durch ein Schlüsselloch gesplinzt :) ). Doch habe ich sehr wohl erlebt, dass manche Leute, nach meinem "Geständnis" (meine Frau IST Kroatin) etwas reservierter mir, uns, gegenüber waren und es immer noch sind.

Zu deinen Gedanken bezüglich "da unten": Ja, mir gefällt die Wortwahl nicht. Sie soll hier einerseits abschätzig klingen, aber im Grunde genommen ist es nur ein weiteres Beispiel für die "Pauschalisierung" des Balkans oder Ex-Jugoslawiens, die ich ja schon in meinem ersten Kommentar angesprochen habe. Aus "geographischen Gründen" habe ich diesen Titel, diese Bezeichnung nicht gewählt, obwohl, da hast du recht, ich nie "da oben" geschrieben hätte. Oben ist Norden, unten Süden, das ist halt so :)

Einmal (am Ende) spricht der Protagonist ja selbst von "da unten":

Nächste Woche fahren wir runter.

Das soll signalisieren, dass hier keinerlei Vorwürfe meinerseits gegenüber den anderen (Prots) gemacht werden (die Anderen stellvertretend vielleicht für die Gesellschaft als Ganzes).

Ich würde mir, um noch einmal auf den Tourismus zurückzukommen, nur wünschen, dass wenigstens die Pauschaltouristen, die ja immer mehr werden, sich etwas ausführlicher auch mit Land und Leute und der Geschichte des Gastgeberlandes beschäftigen. Dann wäre vieles gewonnen.

Aber das ist ja auch auf Mallorca bezogen eine Mär.

Ich drifte jetzt ab, glaub' ich. Egal, hoffe, ich habe mit diesem Kommentar einiges bezüglich des Textes klarer gemacht.


olimax

 

Hy. Bin selber Jugo... und stolz drauf ;-) schmäh, nur, obwohl ich all die genannten Orte vom Sehen oder zumindest definitionsmäßig kenne, weiß ich nicht, was die da für eine Rolle spielen... nur mir is klar: sie fahren nach Kroatien und die anderen checken nicht, dass dieses Land nix mit dem Kosovo zu tun hat ... offiziell... und scheren alles über einen Kamm. Das ist die Aussage, nicht? lg

 

Hi olimax!!

Aha. Oh. Ach.
Hört sich an, wie was, was kein Mensch sagt;)
Schreib doch: Ach so.
oder
Aha.
Reicht vollkommen.

Hat sich ja ganz schon gemausert
...schön...

splinze durchs Schlüsselloch
Das Wort kenn ich gar nicht. Kannst dus mir erklären? Blicken? Blinzeln? Gucken? Spionieren?

Deine Geschichte verwirrt mich ein bisschen.
Erst die Dialoge am Anfang: keine Anführungsstrichchen oder kursiv gekennzeichnet.
Absatz.
Geschichte aus Ich-Perspektive erzählt. Redet jemand, weiß ich nicht, ist ja nicht gekennzeichnet.

Außerdem kann ich nicht feststellen, was mir diese Story (wirklich ausgesprochen kurz) sagen soll.
Irgendwas mit Bomben, irgendein weibliches Geschöpf aus Kroatien, sie wollen hin fahren.

Ich kapier die Geschichte einfach nicht. Schreiben könntest du bestimmt gut, aber aus der Geschichte kann ich nichts entnehmen, und es ist nie gut, wenn du deine Story in einem extra Posting erklären musst;)

Naja, bis denne.

MFG
T2

 

Hallo olimax,

jetzt ist es etwas schade, daß ich so wenig über die Herkunft meines Opas (Serbe) und meiner Tante (Kroatin) weiß.
Ich finde, Du hast die kritische Stimmung sehr gut rüber gebracht. Das hat mir gefallen.
Einspruch muß ich bei den Anführungszeichen erheben, die immer wieder bemängelt werden, weil sie fehlen: Grass, Walser, Judith Hermann, Juli Zeh und und und benützen auch keine. Sicher, das macht das Lesen nicht einfacher sondern schwieriger, aber was spricht dagegen, wenn man beim Lesen etwas mehr als sonst mitdenken muß? ;)
Von daher hab ich hier überhaupt nichts zu beanstanden. Ich persönlich halte Anführungszeichen für völlig überflüssig, eine Art Modetrend, der sich durchgesetzt hat und inzwischen wieder zurückgeht (siehe aufgezählte, sehr gute Autoren, die sie nicht benutzen). :D

Gruß
stephy

 

Hallo Antti1, Torsten2 und stephy,

danke erstmal an alle für die Lektüre meines Textes.

Zu Antti1:

Die genannten Orte (Dubrovnik, Split, Plitvicer Seen) sind alles Touristenziele (in Kroatien). Ich habe sie hier erwähnt, weil sie auch den meisten "Nicht-Balkan-Kennern" geläufig sind. Und ja, du hast richtig erkannt, dass das Problem hier das Überdenkammscheren ist (unter anderem).

Zu Torsten2:

Das falsche "schön" werde ich ausbessern.
Du kritisierst das "Aha. Oh. Ach" mit der Begründung, das sage keiner. Das stimmt. Es soll hier eine Art "Chor" darstellen, nicht die (wörtliche) Rede eines Einzelnen.
Es tut mir Leid, dass du die Geschichte "nicht kapierst". Sie thematisiert in aller Kürze, wie im Übrigen ja auch schon in meinen bisherigen zwei Postings erläutert, die anhaltende "Pauschalisierung" von gewissen Gegenden (hier halt der Balkan). Ich stelle das hier so dar, wie ich es erlebt habe. Es mag durchaus Leute geben, die eine andere Meinung diesbezüglich haben, die keine, wie die im Text beschriebenen, vorverurteilenden Personen kennengelernt haben. Es ist, zusammengefasst, eine Darstellung dieses Problems aus meiner Sicht.
Jetzt zum Splinzen: Zwar findet man dieses Verb (hab' nachgeguckt) nicht in den (Online)wörterbüchern (hab leider keinen Duden zur Hand), doch meiner Überzeugung nach bedeutet er so etwas wie "Blicken". Wer kennt das Wort denn noch nicht? Also mir ist's geläufig, ich benutze es öfters.

Zu stephy:

Bin ganz deiner Meinung, was die Kennzeichnung der wörtlichen Rede angeht. Endlich ein Mitstreiter :)

 

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