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Darlehen

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05.07.2020
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Darlehen

Böhm saß auf seinem Sofa und starrte auf den stummen Fernsehbildschirm. Als es klingelte, fuhr er zusammen. Er sah auf seine Armbanduhr. Eigentlich erwartete er keinen Besuch. Er stand auf, ging zur Tür und öffnete. Vor ihm stand ein Mann in einem gut geschnittenen, schwarzen Anzug und mit einer Aktentasche in der Hand. Wie alt der Mann war, konnte Böhm nicht genau sagen. Er sah jung aus. Einzig der Ausdruck in seinen Augen machte ihn etwas älter. Er war groß, ziemlich dünn, beinahe dürr, hatte schmale Schultern und lange Arme.
„Guten Tag, Herr Böhm!“, sagte der Mann. Er hielt ihm die Hand hin und lächelte freundlich. Dabei entblößte er eine Reihe auffällig weißer Zähne. Böhm ergriff die Hand des Fremden, bevor er wusste, was er tat und er war erstaunt über den festen Händedruck.
„Guten Tag“, sagte er. „Was kann ich für Sie tun?“
„Mein Name ist Reinstark. Ich würde mit Ihnen gerne etwas Geschäftliches besprechen, Herr Böhm.“
Böhm runzelte die Stirn. „Jetzt?“, fragte er und zog die Augenbrauen hoch. „Entschuldigung, aber es ist wirklich schon recht spät für ein geschäftliches Gespräch, meinen Sie nicht? Rufen Sie mich nächste Woche an, dann können wir immer noch miteinander sprechen.“ Er überlegte einen Augenblick. „Woher haben Sie überhaupt meine Adresse?“
„Sie steht in unserer Kartei, Herr Böhm.“
Böhm lächelte freudlos. „Aha, na, wie gesagt, momentan ist es wirklich sehr unpassend. Probieren Sie es nächste Woche.“ Er nickte Reinstark knapp zu, trat einen Schritt zurück und wollte die Haustür schließen.
„Verständlich“, sagte Reinstark. „Sie kommen ja auch gerade von Ihrem Arzt. Müssen sich vermutlich erst einmal sammeln.“
Böhm hielt inne und sah Reinstark verdutzt an.
„Was haben Sie gesagt? Wie meinen Sie das?“
„Na, dass Sie bei Ihrem Arzt waren. Vor drei Stunden. Sie haben Ihre Diagnose erhalten.“
Böhm schluckte. Seine Hand wanderte zum Türrahmen.
„Bedauerlicherweise eine wirklich unschöne Diagnose, nicht wahr?“ Reinstark hatte aufgehört zu lächeln. Er sah Böhm mit einem Ausdruck distanzierten Bedauerns an.
„Woher wollen Sie das wissen?“
„Das gehört zu meinem Geschäft“, erklärte Reinstark. Das Grinsen hatte sich zurück in sein Gesicht geschlichen. Er machte eine vorsichtige Geste mit der Hand und zeigte ins Innere des Hauses.
„Was halten Sie davon, wenn wir unsere Unterhaltung drinnen fortsetzen? Dann erkläre ich Ihnen sehr gerne und in aller Ruhe, worum es geht.“
Böhm zögerte. Schließlich trat er zur Seite und ließ Reinstark herein.

Denn es stimmte. Vor nicht ganz drei Stunden hatte Böhms behandelnder Arzt nur einen kurzen Blick auf die Unterlagen geworfen, bevor er sich zurückgelehnt und Böhm ernst angesehen hatte. Dann hatte er geseufzt und mit seiner tiefen Stimme gesagt: „Wissen Sie, auch nach all den Jahren gibt es keinen guten oder einfachen Weg dafür. Daher werde ich es kurz halten. Sie haben Krebs, Herr Böhm. Bauchspeicheldrüsenkrebs, um genau zu sein.“
Danach hatten sie geschwiegen. Nur das Ticken der Uhr an der Wand war zu hören gewesen. Irgendwann hatte Doktor Gutmann wieder zu sprechen begonnen. Er hatte erklärt, dass sich der Krebs bereits in einem fortgeschrittenen Stadium befände, das es notwendig mache, so schnell wie möglich mit einer Strahlentherapie zu beginnen. Für kommenden Montag hatten sie deshalb einen ersten Termin vereinbart. Böhm hatte alles dumpf abgenickt, was Gutmann erläutert hatte. Am Ende, er hatte bereits seine Jacke wieder angezogen und stand in der Tür, wollte er es wissen. Er hatte gefragt und Doktor Gutmann hatte ehrlich geantwortet.

„Unheilbar, stimmt´s?“ Reinstark hatte sein Vertretergrinsen abgewischt und eine geschäftsmäßige Miene aufgesetzt. „Man hat Ihnen zwar empfohlen, mit einer Strahlentherapie zu beginnen, aber dass es mit Ihnen zu Ende geht, das steht außer Frage. Sicher, ganz so hat man es Ihnen natürlich nicht gesagt. Das tut man ja nie. Aber zwischen den Zeilen? Ob in drei Monaten oder in neun, es ist vorbei.“
Böhm schwieg. „Sie haben mit meinem Arzt gesprochen.“, sagte er schließlich. „Sie haben meine Akte gelesen und Sie haben sich warum auch immer miteinander abgesprochen, um mir Angst zu machen. Niemand sonst weiß etwas davon. Ich rufe Doktor Gutmann an.“ Er griff nach seinem Handy in der Hosentasche.
„Tun Sie das nicht!“, sagte Reinstark ruhig. Aber ein drohender Unterton in seiner Stimme ließ Böhm in der Bewegung innehalten. Er sah Reinstark an. In seinen Augen, die nun so gar nicht mehr zu dem jungen Gesicht passen mochten, lag etwas Altes und Lauerndes. Böhm wandte den Blick ab und ließ das Handy, wo es war.
„Ihr Arzt und ich haben nicht über Sie gesprochen“, sagte Reinstark. „Doktor Gutmann hat mich tatsächlich noch nie gesehen. Aber er ist ein guter Mann und ein guter Arzt, der etwas von seinem Job versteht. Er hat Recht mit dem, was er gesagt hat, Böhm. Der Tumor hat gestreut. In Ihrem Körper befinden sich bereits überall Metastasen. Sie haben Strahlentherapie hin, Chemo her, keine Chance. So sieht es nun einmal leider aus.“
Böhm schüttelte den Kopf und schwieg. „Es ist ungerecht!“, brach es aus ihm heraus. „Ich habe gesund gelebt! Ich habe Sport getrieben, wenig Alkohol getrunken. Jede Vorsorgeuntersuchung gemacht, die es gibt. Ich, … ich habe alles getan! Und aus dem Nichts …?“ Er machte eine Pause und atmete durch. „Die Welt ist nicht gerecht“, fügte er hinzu. „Mir egal, wer Sie eigentlich sind und was zum Teufel Sie von mir wollen, aber so sehe ich das.“
Reinstark sah ihn unbewegt an. Dann beugte er sich zur Seite und griff nach seiner Aktentasche auf dem Boden.
„Es liegt nicht an mir, das zu bewerten. Ich bin hier, weil ihr Name in unserer Kartei steht.“ Er holte eine Mappe mit Unterlagen hervor. Eine Seite davon reichte er Böhm, während er konzentriert weitere Papiere durchsah. Böhm sah auf das Blatt. Sein Name stand dort zusammen mit einer Art Kundennummer, seinem Geburtsdatum und noch einigen Chiffren und Zahlenkombinationen, die er nicht einordnen konnte.
„In was für einer Kartei soll mein Name hinterlegt sein? Ich habe mich nie bei Ihnen oder sonst wem angemeldet!“
„Das ist richtig“, entgegnete Reinstark zerstreut.
„Wie kommen Sie dann dazu, meinen Namen in irgendeiner Art Kartei zu führen?“ Böhm wurde ungehalten. Reinstark blätterte weiter in seinen Unterlagen und murmelte: „Das darf ich Ihnen nicht sagen, Geschäftsgeheimnis.“ Schließlich sah er auf. „Reden wir nicht drum herum, Böhm. Sie wollen nicht sterben, richtig? Jedenfalls nicht jetzt, nicht so.“ Reinstark schüttelte den Kopf. „Die Aussicht auf ein paar wenige Monate voller Schmerz, Übelkeit und Leid sind nicht gerade berauschend. Nein, Sie wollen weiterleben. Und hier kommen ich und die altehrwürdige Gesellschaft, die ich vertrete, ins Spiel. Wir bieten unseren Vertragskunden einen speziellen Service in solchen Fällen.“
„Was soll das heißen? Behaupten Sie allen Ernstes, dass Sie oder ihre Firma verhindern können, dass ich an diesem verfluchten Krebs zugrunde gehe? Habe ich Sie richtig verstanden?“
Reinstark lächelte freundlich und nickte. „Ganz genau. Wir bieten Ihnen ein Leben.“
„Sagen Sie, wollen Sie mich eigentlich verarschen?“ Böhm war kein vulgärer Mann, aber das hier ging zu weit. „Ich weiß nicht, wie sie an meine Krankenakte gekommen sind, aber versuchen Sie nicht, mich für dumm zu verkaufen! Verschwinden Sie!“
Reinstark schwieg und ließ die Papiere, die er zwischen seinen Händen gehalten hatte, sinken. Das Grinsen war aus seinem Gesicht verschwunden. Er schlug die Beine übereinander und sah Böhm lange an.
„Sie haben Angst“, sagte er schließlich kühl. „Ich verstehe das. Das haben die allermeisten Menschen, denen ich gegenübersitze. Es ist keine einfache Situation, in der Sie sich befinden. Aber ich empfehle Ihnen, den Mund zu halten und mir zuzuhören.“
Böhm schwieg. Er hatte das Gefühl, in den Augen Reinstarks zu versinken. Das Lodern hielt seinen Blick gefangen. Er begann zu schwitzen. Bemerkte, wie sein Herz schneller schlug und wie ihm die Luft wegblieb. Als Reinstark wieder zu lächeln begann und gut gelaunt ansetzte, mit seinem Vortrag fortzufahren, ging das Gefühl vorbei. Keuchend schnappte Böhm nach Luft.
„Ich will Ihnen nichts vormachen, unser Angebot basiert auf dem Prinzip Geben und Nehmen. Das haben Sie sich wahrscheinlich schon gedacht, nicht wahr? Also, wir geben Ihnen ein Leben. Nicht das schlechteste Angebot, wenn Sie mich fragen. Sollten Sie sich in den kommenden Monaten nicht vor den nächsten Bus werfen, ist das eine ziemliche langfristige Angelegenheit. Bei Ihrer gesunden Lebensführung?“ Reinstark grinste einnehmend.
„Wir nehmen im Gegenzug aber auch etwas von Ihnen, Böhm. Ihr Hörvermögen wird eingeschränkt, vielleicht verlieren Sie ein paar ihrer Zähne?“ Böhm deutete auf sein strahlend weißes Lächeln. „Eine Neurodermitis bricht aus, Sie verlieren ihren Sinn fürs Gleichgewicht oder werden inkontinent? Irgendetwas in der Art, darauf haben wir keinen Einfluss. Lassen Sie es mich so sagen. Am Ende zahlt man als Vertragsunterzeichner doch immer drauf. So läuft das eben.“ Böhm setzte an, um etwas zu entgegnen, doch Reinstark hob einen Finger und er schwieg.
„Sie erhalten ein Leiden, eine Einschränkung. Nennen Sie es, wie Sie wollen. Das ist jedenfalls die eine Sache. Aber das ist noch nicht alles. Sehen Sie, Böhm, normalerweise würden Sie sterben. Irgendeine Macht hat das so entschieden. Hat aus Gründen entschieden, dass ihr ehemals gesunder Körper nun voller Metastasen ist, die sie von innen zerfressen.“
„Gott?“, unterbrach Böhm leise.
Reinstarks Augen blitzten und er deutete ein kaum wahrzunehmendes Schulterzucken an. „Ich bin nicht religiös“, sagte er schmunzelnd und fuhr fort. „Wenn Sie nun also weiterleben, dann liegt da etwas im Argen. Sie spielen nicht nach den Regeln, eine Schieflage entsteht, Sie verstehen? Diese Schieflage muss behoben werden, sonst gerät alles aus den Fugen. Es ist natürlich deutlich komplexer, aber ich denke, das Grundproblem sollten Sie nachvollziehen können.“ Reinstark machte eine Pause und lehnte sich zurück. „Stellen Sie es sich also als eine Art Darlehen vor, das wir gewähren. Nun ist unser Darlehen das Leben. Wie wollen Sie das jemals zurückzahlen, sie wollen ja schließlich nicht krepieren? Ergo braucht es ein weiteres Leben.“
Böhm war fassungslos ob des Unsinns, der ihm hier erzählt wurden. Er schüttelte stumm den Kopf, während Reinstark aufgeräumt weiter plauderte.
„Nun denken Sie vielleicht: Ach, nichts einfacher als das! Soll doch irgendwer am anderen Ende der Welt sterben, was schert´s mich? Aber ganz so einfach ist das leider nicht. Das ganze System basiert im Wesentlichen auf Familienbande. Zugegeben, vielleicht etwas angestaubt dieser Tage. Aber so ist es nun mal in unseren Policen festgelegt. Es muss jemand aus der Verwandtschaft sein. Eine Person, die Sie kennen, zu der sie eine gewisse Bindung haben.“ Reinstark machte eine Pause und schien zu überlegen. „Sie haben Kinder, richtig? Zwei Töchter?“
„Das kann alles nicht ihr Ernst sein“, flüsterte Böhm. „Sie sind ja wahnsinnig.“
Reinstark schüttelte mit dem Kopf. „Ich unterbreite Ihnen hier nur die Möglichkeiten. Eine Entscheidung treffen Sie selbst.“
Böhm reichte es. Er richtete sich auf. „Verschwinden Sie aus meinem Haus und belästigen Sie wen anders mit diesem Irrsinn!“, sagte er mit aller Kraft, die er aufbringen konnte. Reinstark sah ihn ausdruckslos an. Dann schnippte er mit seinen Fingern. Eine plötzliche Welle unglaublicher Schmerzen fuhr durch Böhms Körper. Die Wucht, die ihn völlig unvorbereitet traf, ließ ihn auf das Sofa zurückfallen. Seine Hände wanderten zu seinen Eingeweiden, wo der Schmerz besonders stark wütete. Tränen liefen ihm die Wangen hinab, er bekam keine Luft mehr und sank langsam zur Seite. Er wollte etwas sagen, wollte, dass Reinstark einen Rettungswagen rief, aber er brachte außer einem wimmernden Stöhnen nichts über die Lippen. Eine zweite Welle noch stärkerer Schmerzen ließ ihn die Augen verdrehen und laut aufschreien. Böhm war sich sicher, dass er sterben würde. Dann hörte der Schmerz auf. So schnell und zerstörerisch wie er gekommen war, verschwand er auch wieder. Böhm atmete schwer. Kalter Schweiß stand ihm auf der Stirn. Unsicher richtete er sich auf. Er fürchtete, jede Sekunde von einer neuen Welle erfasst zu werden.
„Schrecklich, nicht wahr?“ Reinstark hatte noch immer die Beine übereinandergeschlagen und sah ihn mitleidig an. „Zur Wahrheit gehört natürlich, dass Sie mit starken Schmerzmitteln betäubt würden, wenn es dann so weit ist. Aber leider helfen auch die irgendwann nicht mehr. Und dann erwartet Sie das, was sie gerade empfunden haben. Schmerzen, die einen in den Wahnsinn treiben können. Nicht wenige Menschen machen dem im Vorfeld ein Ende. Und ganz ehrlich, wer sollte es Ihnen verdenken?“
„Wie … wie haben Sie das gemacht?“
Reinstark antwortete nicht. Seinen Augen loderten. „Nachdem Sie nun verstanden haben, worum es hier geht, können wir vielleicht mit dem Geschäftlichen fortfahren, was meinen Sie, Böhm?“

Böhm schob das Formular zurück über den Tisch. Reinstark nahm es in die Hand und begutachtete lange den Namen, den Böhm aufgeschrieben hatte. Schließlich blickte er auf. Das breite Grinsen war zurück. „Wunderbar!“, sagte er. „Dann haben wir ja alles geregelt.“ Er nahm den Vertrag, legte ihn behutsam in eine Mappe, verstaute alles ordentlich in seiner Aktentasche und stand auf.
„Das war´s?“, fragte Böhm. „Wie geht es jetzt weiter?“
„Gehen Sie zum Arzt. Lassen Sie sich untersuchen. Der Krebs ist nicht mehr länger ein Problem. Den Rest wird die Zeit zeigen.“
Eine halbe Stunde später saß Böhm noch immer wie betäubt auf seinem Sofa und fragte sich, ob er geträumt hatte. Doch die Visitenkarte auf dem Tisch bildete er sich nicht ein. Reinstark stand dort drauf. Und eine Adresse. Sonst nichts.

Böhm hatte in seinem bisherigen Leben noch nie Probleme mit Migräne gehabt. Seit einem erneuten Besuch bei seinem Arzt vor einem Monat, der Gutmann völlig verständnislos zurückgelassen hatte, überfielen ihn die Schmerzen zuverlässig vier oder fünfmal die Woche. Die Beschwerden waren nie übermäßig stark, aber unangenehm. Was solls?, dachte er. Was sind schon Kopfschmerzen?
Heute war er bislang verschont geblieben. Zufrieden saß er am Esstisch seiner Tochter und nahm einen Schluck Rotwein. Sie hatte ihn zum Essen eingeladen. In den letzten Wochen hatten Rebecca und er kaum etwas voneinander gehört und er war froh, sie wiederzusehen. Er genoss es, Zeit, mit ihr zu verbringen. Seit der Trennung von ihrem Mann hatte sich das enge Verhältnis zwischen Ihnen noch mal mehr angenähert.
Rebecca deutete auf ein Bild an der Wand. „Hast du gesehen, Papa? Ich habe es rahmen lassen. Wir alle zusammen in unserem alten Garten.“
Böhm grinste. „Wie alt warst du da? Vielleicht zehn Jahre?“
Rebecca nickte. „Ja, ungefähr. Und Kathrin muss so sechs gewesen sein.“
„Ein schönes Bild.“
„Hast du in letzter Zeit etwas von ihr gehört?“, fragte Rebecca.
Böhm schüttelte den Kopf. „Nein“, sagte er. „Es ist lange her. Das letzte Mal habe ich vor drei oder vier Monaten mit ihr gesprochen.“
Rebecca nickte. „Wir haben vor einer Woche telefoniert.“ Sie machte eine Pause und spielte mit dem Finger am Rand ihres Glases. „Es geht ihr nicht gut, Papa. Sie hat mir nicht gesagt, was los ist, aber sie war fahrig, wirkte aufgekratzt. Sie hat auch viel geweint. Ich weiß nicht, ich dachte vielleicht, dass …“
Böhm bemerkte, dass sich seine Kiefermuskulatur anspannte. „Ich habe versucht, sie zu erreichen, Rebecca. Aber sie ignoriert jeden meiner Anrufe. Ich weiß nicht, was ich noch machen soll. Wenn Sie nicht mit mir sprechen möchte, kann ich sie nicht zwingen. Sie ist erwachsen und ich bin nicht in der Position, meine Hilfe aufzuzwingen.“
Rebecca schwieg.
„Es … ich bin mir sicher, dass es nicht so schlimm ist, wie es am Telefon klang. Du kennst doch deine Schwester. Seit Jahren macht sie mal dies, mal macht sie das. Ich bin mir nicht mal sicher, wo sie momentan wohnt. Und über ihr Studium will ich gar nicht erst sprechen.“
Rebecca sah ihren Vater an.
„Ich werde versuchen, Sie zu erreichen, in Ordnung?“, sagte Böhm.
Rebecca nickte. „Danke, Papa“, sagte sie. Eine Weile schwiegen sie. Draußen regnete es und die Tropfen prasselten gemütlich gegen die Fensterscheiben.
„Ich soll dich von Thomas grüßen“, sagte Rebecca.
Böhm nickte und nahm einen Schluck aus seinem Glas.
„Ihr habt also wieder Kontakt?“, fragte er schließlich.
Rebecca nickte. „Seit einigen Wochen.“
Böhm sagte nichts.
„Es ist auch für ihn nicht einfach, Papa.“
„Bestimmt“, sagte Böhm.
„Ich will Thomas nicht in Schutz nehmen, aber er versucht es wirklich. Er arbeitet daran. Wir beide arbeiten daran, Papa.“
„Ich begreife nicht, wie du an ihm festhalten kannst, Rebecca. Nach allem, was er dir angetan hat.“
„Ich verstehe, dass du dir Sorgen machst, aber es ist gut. Wir gehen unsere Probleme an und haben uns professionelle Hilfe geholt. Thomas macht außerdem eine Therapie. Er trinkt keinen Alkohol mehr.“
Böhm schnaubte, aber Rebecca fuhr unbeirrt fort.
„Wir gehen zu einer Beratungsstelle für verheiratete Paare. Wenn es trotz allem nicht funktioniert, ja, dann ist es so. Aber ich werde unsere Ehe nicht einfach so hinschmeißen. Und ich wäre sehr froh, wenn ich dich dabei an meiner Seite hätte, verstehst du?“
Böhm sah seine Tochter an. Du wirst mich an deiner Seite haben, Rebecca, dachte er. Wenn es so weit ist. Plötzlich fuhr es in seinen Kopf. Unwillkürlich fasste er sich an die Stirn. Der Schmerz war blitzartig gekommen.
„Was ist?“ Rebecca sah ihren Vater besorgt an.
„Nur Kopfschmerzen, alles in Ordnung.“
„Kopfschmerzen? Das hast du doch früher nie gehabt!“
„Migräne. Seit einiger Zeit habe ich mitunter Migräneattacken. Aber es ist nicht weiter schlimm. Was soll ich sagen, man wird eben älter. Da gehören kleinere Wehwehchen dazu.“ Lächelnd beugte er sich vor und küsste Rebecca auf die Stirn.
Nachdem er wieder zu Hause angekommen war, zog er sich die Schuhe aus und wollte ins Bad. Noch auf der Treppe nach oben, überfielen ihn die Kopfschmerzen erneut mit solcher Wucht, dass er taumelte und sich auf die Stufen setzen musste. Dieses Mal blieben die Schmerzen.

Eine Woche später saß Böhm in seinem Büro und blätterte in einem Prospekt. Das Telefon klingelte und er griff nach dem Hörer. „Böhm“, sagte er und legte den Prospekt beiseite. Dann hörte er zu. Wurde blass. Und legte auf.

„Wir hatten einen Vertrag!“, schrie Böhm.
„Absolut“, entgegnete Reinstark gelassen. „Und würden Sie behaupten, dass wir unseren Teil der Vereinbarung nicht eingehalten haben? So kerngesund, wie sie hier vor mir stehen?“
„Meine Tochter liegt im Koma! Sie … wir hatten eine klare Übereinkunft. Es war nicht ihr Name! Es ging überhaupt nie um Rebecca!“
Reinstark nickte. „Bedauerlich ja“, sagte er. „Wirklich äußerst bedauerlich. Aber das sind nun einmal Dinge, die geschehen. Dass ihre Tochter nun ausgerechnet am Tag des vertraglich festgelegten Todes in das Fahrzeug ihres Schwiegersohns steigt, nun, das ist sicher unglücklich. Aber damit haben wir nichts zu tun.“ Reinstark hob die Hände und seufzte.
„Machen Sie das rückgängig!“ Böhms Fingernägel krallten sich in die Haut seiner Fäuste.
„Rückgängig?“ Reinstark lächelte und schüttelte den Kopf. „Wie stellen Sie sich das vor, Böhm? Soll ich etwa die Gesetze von Zeit und Raum aushebeln? Das ist selbstverständlich nicht möglich. Was geschehen ist, ist nun einmal geschehen. Zumal die Wahl ihres Schwiegersohns vertraglich ohnehin eine ziemliche Grauzone war. Allerdings ...“ Reinstark beugte sich zu seinem Schreibtisch hinunter und zog eine Schublade auf. Böhm meinte, flackerndes Licht aus der Schublade fallen und Reinstarks Gesichtszüge erhellen zu sehen. Dabei fiel ihm auf, dass Reinstark anders aussah als noch vor einigen Wochen. Er war nicht mehr dünn, sondern wohlgenährt. Seine Haut wirkte rosig und belebt, als ob er soeben aus einem langen und entspannten Urlaub heimgekehrt wäre. Reinstark schloss die Schublade wieder und das Licht verschwand.
„Was wir natürlich machen könnten, wäre, einen neuen Vertrag aufzusetzen.“ Reinstark legte einen Umschlag auf den Tisch und entnahm einige Papiere daraus.
„Einen Vertrag für ihre Tochter Rebecca. Alles, was es braucht, ist ein weiterer Name, Böhm. Sie kennen die Regeln.“ Reinstark machte eine Pause und runzelte die Stirn. „Wenn ich mir allerdings hier so ihren Familienstammbaum ansehe, sieht es recht dünn aus, nicht wahr?“ Er machte ein unglückliches Gesicht. „Viel Auswahl scheint es da nicht mehr zu geben. Nun, Sie könnten natürlich ihren eigenen Namen nehmen, das wäre eine wirklich edle Geste, meinen Sie nicht?“ Er lachte schallend. „Aber“, sagte er und wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. „Ich will Ihnen da nicht reinreden. Das steht mir auch gar nicht zu.“
„Fahren Sie zur Hölle!“,murmelte Böhm. Dann schnappte er nach dem Vertrag, setzte sich auf den Stuhl gegenüber von Reinstark und überlegte. Und überlegte.

Böhm humpelte den Eingangsbereich des Krankenhauses entlang. Seit ein paar Wochen war sein linkes Bein steif und die Knie schmerzten bei jeder Bewegung. Er hatte sich einen Stock besorgt und stützte sich bei jedem Schritt, den er tat, darauf. Er drückte auf den Knopf des Aufzuges und wartete. Die Schwester, die ihn im Eingangsbereich begrüßt hatte, stand mit einer Kollegin im Mitarbeiterzimmer am Ende des Flurs. Sie konnten ihn nicht sehen, aber er konnte hören, was sie miteinander redeten.
„Der Herr Böhm ist wieder da. Ich sag dir, mir bricht es das Herz, wenn ich diesen armen Mann sehe. Weißt du, dass seine Tochter vor einem halben Jahr zusammen mit ihrem Mann einen schweren Autounfall hatte?“
„Wie?“
„Die Ältere! Lag bei uns auf Intensiv.“
„Nein! Das ist ja schrecklich!“
„Mmh, der Ehemann ist bei dem Unfall verstorben und sie sitzt seitdem im Rollstuhl. Sah erst so aus, als würde sie es auch nicht schaffen. Soweit ich weiß, kümmert Herr Böhm sich jetzt um sie.“
„Wie schlimm, und jetzt auch noch seine andere Tochter! Was für ein Unglück!“
„Will ich mir gar nicht vorstellen, wie er das bloß alles aushält?“
Die Aufzugtüren öffneten sich und Böhm stieg ein. Er lehnte sich gegen die Wand. Eine Migräne verfolgte ihn seit dem Aufstehen. Vom Spiegel blickte ihm ein ausgemergeltes Gesicht entgegen. Er war alt und dürr geworden. Die letzten Monate hatten an ihm gezehrt. Auf Station zwei stieg er aus. Eine Schwester kam herbeigeeilt.
„Herr Böhm!“, sagte sie. „Gut, dass Sie da sind, kommen Sie schnell!“
Etwas in seinem Magen verkrampfte sich. Er hatte gewusst, dass der Tag unweigerlich kommen würde, aber er hatte dennoch gehofft. Irgendwie gehofft. Die Schwester ging voraus und er versuchte trotz der Schmerzen in seinem Bein mit ihr Schritt zu halten. Vor ein paar Tagen war seine Kathrin schon so schwach gewesen, dass sie kaum miteinander hatten sprechen können. Er hatte Angst, als sie das Zimmer betraten. Kathrin saß aufrecht in ihrem Bett. Sie hatte sich die Sauerstoffmaske abgenommen und strahlte ihren Vater mit Tränen in den Augen an.
„Es geht mir wieder besser, Papa! Es geht mir viel besser!“, sagte sie und Böhm sah, dass seiner Tochter beinahe alle Zähne ausgefallen waren.

 

Hallo @Habentus

Was neues von Dir, Sparte Horror. Da konnte ich nicht widerstehen, haha. Hab das Teil folglich gelesen und mir paar Dinge währenddessen notiert. Was dabei rumgekommen ist, findest Du unten. Gleich vorneweg: Hat mir insgesamt ziemlich gut gefallen. Hie und da hatte ich manchmal das Gefühl, das Gespräch zwischen Reinstark und Böhm zieht sich ein wenig, ist aber nur mein subjektiver Eindruck. Vielleicht kannst Du hie und da was rausstreichen, was nicht direkt relevant ist. Den Twist am Ende fand ich gelungen. Ich steig mal direkt ein:

„Irreparabel stimmts?“
Mmmh, irreparabler Krebs. Sagt man das so? Krebs hinterlässt im Erbgut irreparable Schäden, sowas, ja, aber ich finde es hier im Kontext irgendwie seltsam formuliert von Reinstark. Bin aber ehrlich gesagt auch sehr weit weg von der Materie, meine Anmerkung also mit Vorsicht geniessen ;-)

„In was für einer Kartei soll mein Name hinterlegt sein? Ich habe mich nie bei Ihnen oder sonst wem angemeldet!“
Reinstark hat bisher nur seinen Namen genannt, fragt Böhm nicht eventuell nach, in wessen Auftrag dieser komische Vetreter (oder was auch immer er ist) handelt? Später wird das einfach 'die Firma' oder 'die Gesellschaft' genannt. Ich persönlich wäre da unnachgiebiger, um zu erfahren, woher der Typ kommt. Nun, in deiner Story ist es vielleicht auch unrelevant, musst Du entscheiden.

Jedenfalls nicht jetzt nicht so.
Jedenfalls nicht jetzt, nicht so. Da gehört ein Komma hin, denke ich.

Wie bieten Ihnen ein Leben.
Wir bieten Ihnen ein Leben. Anmerkung hier: Reinstark nennt ihn einfach Böhm, wie der Erzähler, wieso siezt er ihn gleichzeitig? Macht für mich nicht wirklich Sinn oder es ist regional irgendwie unterschiedlich, aber im Falle des Siezens würde ich auf jeden Fall Herr Böhm sagen.

Das Lodern hielt seinen Blick gefangen.
Ist dieses Lodern also das Alte und Lauernde in seinem Blick? Zumindest erzählt der Text zuvor von Ersterem, jetzt kommt plötzlich dieses Lodern. Naja, vielleicht lese ich auch was falsch oder es ist zu pingelig, mir aber aufgefallen.

Er begann zu schwitzen. Bemerkte, wie sein Herz schneller schlug und wie ihm die Luft wegblieb.
Er bemerkt das? Wieso so umständlich und distanziert? Er begann zu schwitzen, sein Herz schlug schneller und ihm blieb die Luft weg. Sowas fände ich runder.

Reinstark machte eine Pause und lehnte sich zurück. Stellen Sie es sich also als eine Art Darlehen vor, das wir gewähren. Nun ist unser Darlehen das Leben. Wie wollen Sie das jemals zurückzahlen, sie wollen ja schließlich nicht krepieren? Ergo braucht es ein weiteres Leben.“
Nach dem ersten Satz fehlen die Anführungszeichen der direkten Rede.

Böhm war fassungslos ob des Unsinns, der ihm hier erzählt wurden.
wurde

Er schüttelte stumm den Kopf, während Reinstark aufgeräumt weiter plauderte.
Was ist denn aufgeräumt plaudern? :D

„Wir nehmen im Gegenzug aber auch etwas von Ihnen, Böhm. Ihr Hörvermögen wird eingeschränkt, vielleicht verlieren Sie ein paar ihrer Zähne?“ Böhm deutete auf sein strahlend weißes Lächeln. „Eine Neurodermitis bricht aus, Sie verlieren ihren Sinn fürs Gleichgewicht oder werden inkontinent? Irgendetwas in der Art, darauf haben wir keinen Einfluss.
Das ganze System basiert im Wesentlichen auf Familienbande. Zugegeben, vielleicht etwas angestaubt dieser Tage. Aber so ist es nun mal in unseren Policen festgelegt. Es muss jemand aus der Verwandtschaft sein. Eine Person, die Sie kennen, zu der sie eine gewisse Bindung haben.“ Reinstark machte eine Pause und schien zu überlegen. „Sie haben Kinder, richtig? Zwei Töchter?“
Dieser Reinstark schenkt also Leben, aber ein Leben mit Krankheit und Gebrechlichkeiten. Wieso das? Er wirkt im zweiten Gespräch gesünder und erstärkt, gibt er dadurch also seine eigenen Leiden ab? Dann nimmt er als Preis für das Leben aber auch ein anderes. Wieso muss das jemand aus der Familie, aus der Verwandtschaft sein? Das hätte ich gerne irgendwie geklärt bekommen, vom Text. Der Reinstark hat übernatürliche Kräfte, der scheint so ziemlich alles zu können, wieso also braucht es da die Familienbande? Versteh mich nicht falsch, es muss nicht alles auserklärt werden, aber hier wirkt es für mich, so ohne jeglichen diesbezüglichen Hinweis, als wäre das nur dazu da, um die Fallhöhe für Böhm künstlich zu erhöhen bzw. ich finde, man durchschaut das einfach, dass das eine Art Trick vom Autor ist. Kann aber gut sein, dass es nur mir so geht.

Draußen regnete es und die Tropfen prasselten gemütlich gegen die Fensterscheiben.
Auch hier: Ich weiss nicht, ob ein Prasseln gemütlich ist, zumindest macht es im Kontext nicht so viel Sinn für mich, die Atmosphäre zwischen Vater und Tochter, in diesem Gespräch, ist ja eher angespannt. Wieso also spricht der Erzähler hier von 'gemütlich'? Soll das so eine Kontrastwirkung erzeugen? Für mich hat es nicht funktioniert.

Wir gehen unsere Problemen an und haben uns professionelle Hilfe geholt.
Probleme

Wieso wird hier das mit der (gescheiterten) Beziehung von Rebecca und Thomas erörtert? Klar können sie darüber sprechen, aber es lenkt von der übrigen Story ab, wirkt dazuwischengeschoben, unrelevant für die sonstigen Geschehnisse. Würde ich mir überlegen. Könntest es ja in einem oder zwei Sätzen kurz anreissen, was da geschehen ist, aber so nimmt mir das zu viel Raum ein und lenkt ab. Ich würde es ehrlich gesagt komplett rausstreichen. Lass ihn doch einfach ihren Mann wählen, als Opfer, das Drumherum mit der Trennung auf Zeit bzw. ihren Eheproblemen bräuchte es für mich gar nicht und eine Andeutung, dass er ihren Ehemann nicht mag, würde komplett ausreichen.

„Meine Tochter liegt im Koma! Sie … wir hatten eine klare Übereinkunft. Es war nicht ihr Name! Es ging überhaupt nie um Rebecca!“
Reinstark nickte. „Bedauerlich ja“, sagte er. „Wirklich äußerst bedauerlich. Aber das sind nun einmal Dinge, die geschehen. Dass ihre Tochter nun ausgerechnet am Tag des vertraglich festgelegten Todes in das Fahrzeug ihres Schwiegersohns steigt, nun, das ist unglücklich sicher. Aber damit haben wir nichts zu tun.“
Cooler Twist! Hat für mich an der Stelle die Spannung gut erhöht.

„Wie schlimm, und jetzt auch noch seine andere Tochter! Was für ein Unglück!“
Die war ja vorher schon krank, zumindest wurde das angedeutet. Kathrin geht es besser, ihm, Böhm immer schlechter. Ist Kathrin auch einen Deal mit diesem seltsamen Reinstark eingegangen? Ich komme darauf, weil Reinstark im initalen Gespräch was von ausfallenden Zähnen gesagt hat und Kathrin fallen sie jetzt aus. Hat Kathrin also ihn, Böhm, als Opfer ausgewählt? Ich interpretiere es zumindest in diese Richtung und so würde sich dann auch in dem Sinne der Kreis schliessen :D Finde es von der Storyanlage her cool gemacht!

Das also mein Feedback. Danke fürs Einstellen, habe die Story gerne gelesen.

Beste Grüsse,
d-m

 
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Hallo @deserted-monkey! Freut mich, dass du die Geschichte gelesen hast und dass sie dir insgesamt gefällt. Du bist wirklich eine sichere Bank, was gute und konstruktive Kommentare hier im Forum angeht! Danke dir dafür!

Nun aber zu deinen Anmerkungen:

Hie und da hatte ich manchmal das Gefühl, das Gespräch zwischen Reinstark und Böhm zieht sich ein wenig, ist aber nur mein subjektiver Eindruck.
Ja, das kann schon sein. Ich war mir da auch unsicher. Andererseits habe ich nicht das Gefühl, da wirklich was streichen zu können, da das Gespräch vom Inhalt schon so laufen müsste. Ursprünglich war die Geschichte sogar noch mal 3-4 Seiten länger gedacht. Ich werde aber dennoch mal schauen, ob ich vielleicht ein paar einzelne Formulierungen streichen oder kürzen kann.

Mmmh, irreparabler Krebs. Sagt man das so? Krebs hinterlässt im Erbgut irreparable Schäden, sowas, ja, aber ich finde es hier im Kontext irgendwie seltsam formuliert von Reinstark.
Genau genommen sagt er ja nicht irreparabler Krebs, sondern nur irreparabel, stimmts? Und diese Formulierung kenne ich aus Krankenhaus so schon. Ich warte mal ab, ob da noch wer drüber stolpert. Vielleicht gibt es diese Formulierung in Zusammenhang mit Krebs auch nur in meinem Kopf :)

Reinstark hat bisher nur seinen Namen genannt, fragt Böhm nicht eventuell nach, in wessen Auftrag dieser komische Vetreter (oder was auch immer er ist) handelt? Später wird das einfach 'die Firma' oder 'die Gesellschaft' genannt. Ich persönlich wäre da unnachgiebiger, um zu erfahren, woher der Typ kommt.
Das war in einer anderen Fassung drin. Dann dachte ich mir aber, dass er so überrumpelt ist und dann ja auch so viel passiert und er ja auch immer noch mit seiner Diagnose gedanklich beschäftigt ist, dass das auch unter den Tisch fallen könnte. Aber ich versteh, was du meinst. Ich überlege mir eine Formulierung und baue es wieder ein.

Ist dieses Lodern also das Alte und Lauernde in seinem Blick? Zumindest erzählt der Text zuvor von Ersterem, jetzt kommt plötzlich dieses Lodern. Naja, vielleicht lese ich auch was falsch oder es ist zu pingelig, mir aber aufgefallen.
Das eine ist der Ausdruck. Ein wissender, alter und lauernder Ausdruck, der sich in Reinstarks Augen findet. Klischeebeladen, ich weiß. Aber in meiner Vorstellung hat das gepasst. Das andere, das Lodern, ist tatsächlich ein Vorgeschmack auf die später einsetzenden Kräfte Reinstarks.

Was ist denn aufgeräumt plaudern?
Ohje, vielleicht ist die Formulierung zu angestaubt. Ich kenne das als Synonym für locker und gut gelaunt, haha.
Dieser Reinstark schenkt also Leben, aber ein Leben mit Krankheit und Gebrechlichkeiten. Wieso das? Er wirkt im zweiten Gespräch gesünder und erstärkt, gibt er dadurch also seine eigenen Leiden ab? Dann nimmt er als Preis für das Leben aber auch ein anderes. Wieso muss das jemand aus der Familie, aus der Verwandtschaft sein? Das hätte ich gerne irgendwie geklärt bekommen, vom Text. Der Reinstark hat übernatürliche Kräfte, der scheint so ziemlich alles zu können, wieso also braucht es da die Familienbande? Versteh mich nicht falsch, es muss nicht alles auserklärt werden, aber hier wirkt es für mich, so ohne jeglichen diesbezüglichen Hinweis, als wäre das nur dazu da, um die Fallhöhe für Böhm künstlich zu erhöhen bzw. ich finde, man durchschaut das einfach, dass das eine Art Trick vom Autor ist. Kann aber gut sein, dass es nur mir so geht.
Also, Reinstark ist ein Vertreter einer Gesellschaft, die im Sinne einer Bank Darlehen für Strebende verleiht. Zusätzlich fallen dann aber noch eine Art Zinsen an (das Leiden). Insgesamt erhält der Kunde also ein Leiden (seine Zinsen) sowie das Darlehen (sein Leben), das er dann aber wieder zurückzahlen muss (ein anderes Leben). Das mit der Familienbande wirkt vermutlich noch zu sehr vom Autor eingebracht, das sehe ich. Da muss ich mir noch was Überlegen. Ich bin auch am überlegen, ob es wert wäre, die Geschichte noch mal anders aufzuziehen und diesen Bank- und Verkaufsaspekt viel mehr in den Vordergrund zu stellen? Bin mir aber unsicher.
Dass Reinstark aber irgendwie (auch körperlich) von seinen Deals profitiert, wollte ich aber tatsächlich nicht auserklären, sondern maximal andeuten.

Auch hier: Ich weiss nicht, ob ein Prasseln gemütlich ist, zumindest macht es im Kontext nicht so viel Sinn für mich, die Atmosphäre zwischen Vater und Tochter, in diesem Gespräch, ist ja eher angespannt. Wieso also spricht der Erzähler hier von 'gemütlich'? Soll das so eine Kontrastwirkung erzeugen? Für mich hat es nicht funktioniert.
Mmh, bis dahin ist es ja eigentlich noch gemütlich. Erst danach beginnt ja die Tochter damit, das Thema Schwester und Ehe anzuschneiden.

Wieso wird hier das mit der (gescheiterten) Beziehung von Rebecca und Thomas erörtert? Klar können sie darüber sprechen, aber es lenkt von der übrigen Story ab, wirkt
Cooler Twist!
Ich denke, dass der Twist nicht funktioniert, ohne noch mal bisschen auf die gescheiterte Ehe der Tochter, den Schwiegersohn und Böhms Haltung dazu aufzuzeigen. Aber auch ich finde, dass das der deutlich schwächste Teil der Geschichte ist ...

Die war ja vorher schon krank, zumindest wurde das angedeutet. Kathrin geht es besser, ihm, Böhm immer schlechter. Ist Kathrin auch einen Deal mit diesem seltsamen Reinstark eingegangen? Ich komme darauf, weil Reinstark im initalen Gespräch was von ausfallenden Zähnen gesagt hat und Kathrin fallen sie jetzt aus. Hat Kathrin also ihn, Böhm, als Opfer ausgewählt? Ich interpretiere es zumindest in diese Richtung und so würde sich dann auch in dem Sinne der Kreis schliessen :D Finde es von der Storyanlage her cool gemacht!
Freut mich, dass es dir gefällt. Das Ziel war so ein wenig, dass die Leser am Ende denken: Moment mal, warum ist Böhm überhaupt krank geworden? War das etwa auch irgendwer (vlt Kathrin)? Und jetzt hat sie ja offensichtlich einen neuen Vertrag abgeschlossen. Aber wer steht dann diesmal als Name auf dem Papier? Böhm? Rebecca? Und wie lange geht das noch so weiter?

Danke dir für deine Anmerkungen! Hilft mir weiter!
Viele Grüße
Habentus

 

Hallo @Habentus,

es ist immer wieder interessant, was Autoren so alles einfällt und wie sie es umsetzen. Vorallem schätze ich, wenn, wie in deinem Text, eine konkrete Idee/Aussage verfolgt wird, nicht einfach ein Stimmungsbild vermittelt wird.

Einige Anmerkungen zum Text:

Dass ihre Tochter nun ausgerechnet am Tag des vertraglich festgelegten Todes in das Fahrzeug ihres Schwiegersohns steigt, nun, das ist unglücklich sicher.
das ist sicherlich unglücklich.

„Irreparabel stimmts?“
Kommt mir als medizinische Aussage seltsam vor: Unheilbar, nicht therapierbar? Irreparabel klingt nach Autowerkstatt.

Das Grinsen hatte sich zurück in sein Gesicht geschlichen.

Dieses 'Schleichen' passt super, überhaut eine schöne Idee die Mimik des Herrn im Text immer wieder aufzugreifen. Mag solche kleinen 'Zugaben'.

Aber etwas in seiner Stimme ließ Böhm in der Bewegung innehalten.
Dieses "etwas" ist mir zu unbestimmt, zu floskelhaft. Vielleicht kannst du es benennen?

Böhm schüttelte den Kopf und schwieg. „Es ist ungerecht!
Dieses Aufbäumen des bisher eher abwehrenden Herrn Böhm ist gut getroffen, genau die richtige Stelle.

Er hatte das Gefühl, in den Augen Reinstarks zu versinken.
Ich habe oft den Eindruck, dass in Texten die Aussagekraft bzw. die Macht von Augen überzeichnet ist. :teach:
Das ist weniger eine Kritik an deinem Text, als ein allgemeines Statement, musste ich mal los werden. ;)

Am Ende zahlt man als Vertragsunterzeichner doch immer drauf. So läuft das eben.“
Ein gelungener Seitenhieb auf die Finanzwelt, das hat Satirepotential!

Soll doch irgendwer am anderen Ende der Welt sterben, was scherts mich?
Ein wichtiger Punkt für den Plot - hiermit schiebst du einem leichten Ausweg einen Riegel vor.

Reinstark sah ihn ausdruckslos an. Dann schnippte er mit seinen Fingern. Eine plötzliche Welle unglaublicher Schmerzen fuhr durch Böhms Körper.
Dieser Abschnitt schwächt meinem Empfinden nach den Aspekt einer von Böhm eigenständig gemachten Entscheidung.

Dass ihre Tochter nun ausgerechnet am Tag des vertraglich festgelegten Todes in das Fahrzeug ihres Schwiegersohns steigt, nun, das ist unglücklich sicher. Aber damit haben wir nichts zu tun.“
Hier gelingt es dir, der schon interessanten Geschichte eine weitere Wende zu geben. Eine philosophische Frage wird aufgeworfen: Haben 'die' wirklich nichts damit zu tun? Schließlich wurde der Tag für einen unnatürlichen Tod festgesetzt. Der Schluss deines Textes war besonders ansprechend, da er aufzeigt, wie sich der Böhm immer mehr in den Fallstricken dieser Schicksalsmanipulation verfängt.

dass seiner Tochter beinahe alle Zähne ausgefallen waren.

Was solls -
die Zähne von Reinstark blitzen in weißer Pracht ... man muss eben zu den Gewinnern gehören ... (wie gesagt, Satirepotential).

LG,

Woltochinon

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Woltochinon! Hab mich sehr über deinen Kommentar gefreut! Deine Anmerkungen waren hilfreich und ich steige direkt mal ein:

das ist sicherlich unglücklich.
Habe es umgestellt. Jetzt passt es besser.

Kommt mir als medizinische Aussage seltsam vor: Unheilbar, nicht therapierbar? Irreparabel klingt nach Autowerkstatt.
Ja, das wurde bereits ein Mal angemerkt. Ich kenne das eigentlich schon so als Formulierung in diesem Zusammenhang. Da es dir aber auch aufgefallen ist, habe ich es jetzt geändert.

Dieses "etwas" ist mir zu unbestimmt, zu floskelhaft. Vielleicht kannst du es benennen?
Ich habe es abgeändert

Ich habe oft den Eindruck, dass in Texten die Aussagekraft bzw. die Macht von Augen überzeichnet ist. :teach:
Das ist weniger eine Kritik an deinem Text, als ein allgemeines Statement, musste ich mal los werden. ;)
Da gebe ich dir recht. Ich habe (zumindest in meinen Augen hier sowieso recht großzügig mit der Klischeekelle verteilt, haha. Da passen dann auch die "vielsagenden und übermächtigen" Augen. Aber das sollte natürlich keine Ausrede sein. Ich muss mir da noch mal Gedanken machen. Vielleicht fällt mir auch noch etwas dezenteres ein.

Dieser Abschnitt schwächt meinem Empfinden nach den Aspekt einer von Böhm eigenständig gemachten Entscheidung.
Ja, guter Punkt. Aber ich habe den eingebaut, weil ich dachte, dass es eine Motivation braucht, dass Böhm sich auf das Ganze einlässt. Es braucht etwas, das ihm zeigt, dass Reinstark kein Schwätzer ist und dass er offensichtlich tatsächlich Mittel und Wege hat, das, was er behauptet, auch in die Tat umzusetzen. Aber was du sagst, stimmt. Ich werde überlegen, ob mir da was besseres einfällt, ohne gleich die großen Geschütze aufzufahren.

Hier gelingt es dir, der schon interessanten Geschichte eine weitere Wende zu geben. Eine philosophische Frage wird aufgeworfen: Haben 'die' wirklich nichts damit zu tun? Schließlich wurde der Tag für einen unnatürlichen Tod festgesetzt. Der Schluss deines Textes war besonders ansprechend, da er aufzeigt, wie sich der Böhm immer mehr in den Fallstricken dieser Schicksalsmanipulation verfängt.
Das freut mich! Denn das war tatsächlich so auch beabsichtigt. Dass am Ende eben nicht mehr so ganz klar ist, wer und wie das Ganze angefangen hat. Dass das bei dir funktioniert, ist super!
Zu dem Satirepunkt: Ich denke, dass der Text mehr liefern müsste, als er momentan tut, um eine echte Satire zu sein. Momentan ist er das in meinen Augen noch nicht. Dass du aber Satire-Elemente erkennen magst, freut mich sehr und ich nehme das mal als Kompliment mit.

Liebe Grüße und Danke für deine Hinweise,
Habentus

 

Hallo,

ich fand deine Geschichte relativ spannend und im Grunde gut erzählt und in sich stimmig. Ein paar Dinge sind mir aufgefallen.

Rufen Sie mich nächste Woche an, dann können wir immer noch miteinander sprechen.
immer noch klang für mich zu umgangssprachlich

Er hatte gefragt und Doktor Gutmann hatte ehrlich geantwortet. „Unheilbar, stimmts?
es so zu schreiben betont das Doktor Gutmann ehrlich geantwortet hat. Es ist aber Aufgabe des Arztes, selbstverständlich, er hat keinerlei Gründe unehrlich zu antworten und wäre eine schlimme Verfehlung innerhalb seines Berufs nicht ehrlich zu sein, weshalb das ehrlich meiner Meinung nach nicht betont werden muss. Böhms Reaktion darauf bald zu sterben finde ich etwas zu blass.

Ich fand "Irreparabel" besser. Reinstark ist schon eine seltsame Figur, irgendwie passt es zu ihm sich so auszudrücken. Außerdem klingt es einfach interessanter.

Sicher, ganz so hat man es Ihnen natürlich nicht gesagt. Das tut man ja nie. Aber zwischen den Zeilen? Ob in drei Monaten oder in neun, es ist vorbei.“
Die Aussage "Das tut man ja nie, Aber zwischen den Zeilen" klingt für mich als wüsste man es, sagt es aber nicht. Das man nicht ganz genau wissen kann wann der Todeszeitpunkt ist, ist ja klar. Aber der Arzt ist verpflichtet im Rahmen des Möglichen möglichst genau mitzuteilen wie lange der Patient noch hat, und drei Monate oder neun wäre auch ein großer Unterschied.


„Doktor Gutmann hat mich tatsächlich noch nie gesehen. Aber er ist ein guter Mann und ein guter Arzt, der etwas von seinem Job versteht. Er hat Recht mit dem, was er gesagt hat, Böhm. Der Tumor hat gestreut.
Diese Sätze fühlten sich für mich holprig an. Zum einen die betonung er ist ein guter Mann und ein guter Arzt, das passt nicht zu Reinstarks Charakter weil es zu nett klingt (wahrscheinlich soll Reinstarks Charakter widersprüchlich sein, er wirkt für mich aber noch nicht ganz rund) ausserdem klingt der ganze Satz danach als müsste Reinstark Böhm von seiner Diagnose überzeugen- es wird betont was für ein toller Arzt Gutmann ist und das er doch Recht hat. Aber es gibt keine Anzeichen das Böhm überhaupt überzeugt werden muss.

Anschließend regt Böhm sich darüber auf, das die Welt nicht gerecht sei, wie gesund er gelebt hat. Hier war es für mich etwas befremdlich das er einem seltsamen, unheimlichen (wieso weiss er von der Diagnose, sagt das wäre sein Geschäft und steht spätabends vor der Tür?) fremden Mann den er gerade erst kennengelernt hat sein Herz ausschütten?

„In was für einer Kartei soll mein Name hinterlegt sein? Ich habe mich nie bei Ihnen oder sonst wem angemeldet!“
„Das ist richtig“, entgegnete Reinstark zerstreut.
Reinstark scheint eine glatte, souveräne und kontrollierte Persönlichkeit zu sein. Das zerstreut passt da für mich nicht.

Am Ende zahlt man als Vertragsunterzeichner doch immer drauf.
Nur Böhms Vertrag betrachtend stirbt jemand der ihm wohl egal ist und er darf mit Kopfschmerzen weiterleben. Wenn davon ausgegangen wird das Reinstark auch für das Dasein seiner Tochter beim Unfall verantwortlich ist macht es mehr Sinn
Ach, nichts einfacher als das! Soll doch irgendwer am anderen Ende der Welt sterben, was scherts mich? Die verrecken doch sowieso schon jeden Tag dutzendfach für unseren Lebensstandard
fehler beim zitieren von mir

Dann schnippte er mit seinen Fingern. Eine plötzliche Welle unglaublicher Schmerzen fuhr durch Böhms Körper.
Das er übernatürliche Kräfte hat hätte man auch anders zeigen können. So wirkt Böhm für mich auch ein Stück weit gezwungen
„Ich habe versucht, sie zu erreichen, Rebecca. Aber sie ignoriert jeden meiner Anrufe. Ich weiß nicht, was ich noch machen soll. Wenn Sie nicht mit mir sprechen möchte, kann ich sie nicht zwingen. Sie ist erwachsen und ich bin nicht in der Position, meine Hilfe aufzuzwingen.“
Das klingt für einen Vater ziemlich unbesorgt
„Wir gehen zu einer Beratungsstelle für verheiratete Paare. Wenn es trotz allem nicht funktioniert, ja, dann ist es so. Aber ich werde unsere Ehe nicht einfach so hinschmeißen. Und ich wäre sehr froh, wenn ich dich dabei an meiner Seite hätte, verstehst du?“
Böhm sah seine Tochter an. Du wirst mich an deiner Seite haben, Rebecca, dachte er. Wenn es so weit ist.
Ich finde die Passage über die Ehe der Tochter gut, vielleicht etwas lang. So sieht man Böhms Motiv. Als er denkt das er ihr beistehen will, wenn es soweit ist also Thomas tot ist, finde ich ihn wieder recht herzlos, vielleicht soll das aber so.
„Wir hatten einen Vertrag!“, schrie Böhm.
Etwas unvermittelt zur Passage vorher, man weiß nicht in welcher Situation er schreit
Rückgängig?“ Reinstark lächelte und schüttelte den Kopf. „Wie stellen Sie sich das vor, Böhm? Soll ich etwa die Gesetze von Zeit und Raum aushebeln? Das ist selbstverständlich nicht möglich.
Reinstark hat doch schon übernatürliche Kräfte bewiesen wieso ist das jetzt selbstverständlich nicht möglich?
„Viel Auswahl scheint es da nicht mehr zu geben. Nun, Sie könnten natürlich ihren eigenen Namen nehmen, das wäre eine wirklich edle Geste, meinen Sie nicht?“ Er lachte schallend. „Aber“, sagte er und wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel.
Wieder eine Stelle wo mir die Figuranlage von Reinstark nicht ganz rund vorkommt.


Allgemein:


Sätze sind tendenziell kurz, könnte sich harmonischer lesen.

Ende zu schwach: das mit den zähnen ist relativ schockierend aber nicht stark genug. Gut wäre vielleicht die Offenlegung bzw das Nahebringens eines in die Geschichte gewobenen Gedankens, so das der Leser überrascht ist, Tiefe entsteht.

Aus Interesse, warum hätte der Twist von Rebecca bezüglich des Autounfalls nicht funktioniert wenn nicht vorher über ihre Ehe gesprochen worden wäre?

Der Titel Darlehen passt für mich nicht ganz, weil ein Darlehen üblicherweise über längere Zeit abbezahlt wird, hier bekommt Böhm sein Leben im Tausch gegen ein anderes.

Ich hoffe die Punkte kommen insgesamt nicht unfreundlich weil zu sachlich rüber. Ich finde die Geschichte in vielen Punkten interessant, sie fühlt sich lebendig an :)

 

Hallo @KaterKarlo1564
Danke für deinen guten Kommentar! Ich steige direkt mal ein:

ich fand deine Geschichte relativ spannend und im Grunde gut erzählt und in sich stimmig
Danke :) freut mich

immer noch klang für mich zu umgangssprachlich
Stimmt. Kommt raus.

es so zu schreiben betont das Doktor Gutmann ehrlich geantwortet hat. Es ist aber Aufgabe des Arztes, selbstverständlich, er hat keinerlei Gründe unehrlich zu antworten und wäre eine schlimme Verfehlung innerhalb seines Berufs nicht ehrlich zu sein, weshalb das ehrlich meiner Meinung nach nicht betont werden muss. Böhms Reaktion darauf bald zu sterben finde ich etwas zu blass.
Das stimmt auf der einen Seite. Andererseits habe ich damit eher gemeint, dass er nicht um den heißen Brei redet, sondern ehrlich und offen sagt, was Sache ist. Aber ich werde mir überlegen, ob ich es nicht doch ändere.

Ich fand "Irreparabel" besser. Reinstark ist schon eine seltsame Figur, irgendwie passt es zu ihm sich so auszudrücken. Außerdem klingt es einfach interessanter.
Tja, fand ich eigentlich auch. Aber es wurde mehrmals angemerkt und jetzt finde ich es so eigentlich auch in Ordnung. Ich werds mir noch mal überlegen.

Aber der Arzt ist verpflichtet im Rahmen des Möglichen möglichst genau mitzuteilen wie lange der Patient noch hat, und drei Monate oder neun wäre auch ein großer Unterschied.
Das stimmt. Hier spricht aber ja nicht der Arzt, sondern Reinstark. Und er will damit eigentlich nur verdeutlichen, dass Böhm nicht mehr viel Zeit bleibt (3 oder 9 ist beides sehr kurz) und er sicher sterben wird.

das passt nicht zu Reinstarks Charakter weil es zu nett klingt
Mmh, sehe ich auch ein wenig anders. Er ist ja eigentlich die ganze Zeit über betont nett zu Böhm. Eben so höflich, wie man es von seinem gegenüber in einem Geschäftsgespräch erwarten würde.

Aber es gibt keine Anzeichen das Böhm überhaupt überzeugt werden muss.
Doch, und zwar wird Böhm ja misstrauisch, warum Reinstark überhaupt davon weiß und vermutet zunächst ja, dass der Arzt und Reinstark irgendwie unter einer Decke stecken würden. Daher macht Reinstark ihm hier klar, dass der Arzt in Ordnung ist, ein guter Arzt ist und er seiner Diagnose also vertrauen kann.

Hier war es für mich etwas befremdlich das er einem seltsamen, unheimlichen (wieso weiss er von der Diagnose, sagt das wäre sein Geschäft und steht spätabends vor der Tür?) fremden Mann den er gerade erst kennengelernt hat sein Herz ausschütten?
Weil ihm dann an dieser Stelle klar wird, dass er wirklich todkrank ist. Es bricht sozusagen (unabhängig von Reinstark) einfach aus ihm raus. Ein anderer Kommentar meinte, dass eben diese Stelle absolut passt. Ich habe das eigentlich auch so empfunden, aber ich werde da noch mal drüber nachdenken, ob es eine Änderung hier braucht.

Nur Böhms Vertrag betrachtend stirbt jemand der ihm wohl egal ist und er darf mit Kopfschmerzen weiterleben. Wenn davon ausgegangen wird das Reinstark auch für das Dasein seiner Tochter beim Unfall verantwortlich ist macht es mehr Sinn
Da verstehe ich leider nicht so ganz, was du meinst?

So wirkt Böhm für mich auch ein Stück weit gezwungen
Ja, da hast du recht. Das wurde auch bereits in einem anderen Kommentar angemerkt. Ich glaube aber, dass es diese Stelle braucht, da er sonst niemals abnimmt, dass Reinstark über diese Kräfte verfügt. Aber ja, ich muss das vielleicht eleganter lösen.

Das klingt für einen Vater ziemlich unbesorgt
Stimmt und ist gewollt. Es soll schon aufgezeigt werden, dass Böhm ein sehr unterschiedliches Verhältnis zu seinen Töchtern hat und zwischen den Zeilen auch diue eine der anderen vorzieht.

Als er denkt das er ihr beistehen will, wenn es soweit ist also Thomas tot ist, finde ich ihn wieder recht herzlos, vielleicht soll das aber so.
Mmh, er hat eine starke Abneigung Thomas gegenüber. Außerdem (das schimmert in der ganzen Geschichte ja durch) ist Böhm ohnehin ein recht selbstbezogener Mensch. Sonst würde er ja auch nicht auf die Idee kommen, zunächst seinen Schwiegersohn und dann sogar seine EIGENE TOCHTER vertraglich gegen das eigene Leben einzutauschen.

Etwas unvermittelt zur Passage vorher, man weiß nicht in welcher Situation er schreit
Das war gewollt. Wirft es zu sehr raus?

Reinstark hat doch schon übernatürliche Kräfte bewiesen wieso ist das jetzt selbstverständlich nicht möglich?
Naja, vielleicht ist es möglich. Vielleicht auch nicht. Aber natürlich hat Reinstark überhaupt gar kein Interesse daran, etwas rückgängig zu machen. Er steht ja kurz davor NOCH einen Vertrag abzuschließen. Win win sozusagen.

Wieder eine Stelle wo mir die Figuranlage von Reinstark nicht ganz rund vorkommt.
Was kommt dir konkret hier unrund vor?
Gut wäre vielleicht die Offenlegung bzw das Nahebringens eines in die Geschichte gewobenen Gedankens, so das der Leser überrascht ist
Das habe ich nicht verstanden. Was meinst du genau?

Aus Interesse, warum hätte der Twist von Rebecca bezüglich des Autounfalls nicht funktioniert wenn nicht vorher über ihre Ehe gesprochen worden wäre?
Weil dann der Schwiegersohn meiner Meinung nach zu sehr aus dem Nichts kommt. Außerdem muss ich herleiten, dass Böhm offenbar zu seinen beiden Töchtern ein unterschiedliches Verhältnis pflegt.

Der Titel Darlehen passt für mich nicht ganz, weil ein Darlehen üblicherweise über längere Zeit abbezahlt wird, hier bekommt Böhm sein Leben im Tausch gegen ein anderes.
Mmh, stimmt. Andererseits zahlt er ja so gesehen schon längere Zeit ab, wenn man sich die weitere Entwicklung anschaut. Aber im Grunde hast du recht. Da muss ich vielleicht tatsächlich noch mal über eine Umbenennung nachdenken!

Ich hoffe die Punkte kommen insgesamt nicht unfreundlich weil zu sachlich rüber
Überhaupt nicht! Du nennst ja valide Punkte.

Danke für deinen Kommentar!
Viele Grüße
Habentus

 

Hallo @Habentus,

hat mich an eine Mischung aus Faustschem Pakt und der Affenpfote erinnert, jeder neue Wunsch macht alles noch schlimmer. Ich fand die Erörterung der Eheprobleme Rebeccas sinnvoll. Verwandtschaft muss es sein und Böhm hegt eine gewissen Groll gegen seinen Schwiegersohn, also opfert er ihn. Was natürlich schief geht. Rebeccas Koma ist der erste gelungene Twist, der zweite Kathrin im Krankenhaus, er hat die Tochter geopfert, zu der er die weniger starke Bindung hat. Da nimmt die Geschichte auch mit Mitteln der Horrorstory ein Thema aus dem wahren Leben auf – ich habe mal ein Gespräch zwischen Kumpels mit mehreren Kindern mitgehört, da ging es darum, wie übel falsch es sich anfühlt, mit dem einen Kind mehr anfangen zu können als mit dem anderen, aber man kann es nun mal nicht ändern, ist menschlich –, das trägt auf jeden Fall zur Vielschichtigkeit bei.

Das alles unter dem Vorbehalt, dass ich die Geschichte richtig verstanden habe. Vielleicht habe ich sie auch so verstanden, wie ich sie versehen will, ich würde nämlich für ein bisschen Vereinfachung plädieren. Ein Leben für ein Leben ist simpel und gut als Prämisse, diese Sache mit dem Gebrechen oder die Zähne fehlen, und deine Erklärung, Kathrin und Vater haben sich irgendwie schon länger gegenseitig die Flüche an den Hals gewünscht, der letzte Absatz quasi, da wurde es mir ein bisschen zu wild.

Bis dahin hast du ja ein spannendes moralisches Dilemma: Die Tochter opfern für das eigene Leben? Dann die Überraschung: Er findet einen Weg drumherum, wird aber trotzdem von seinem Teufelspakt gekniffen. Und dann Dilemma zwei: Die eine Tochter für die andere opfern?

Das war übrigens eine Sache, die kam mir etwas bequem vor, dass man Verträge auch für andere Leute abschließen kann, also Böhm für Rebecca. Da überkam mich so ein bisschen das Gefühl, ah guck, die Magie, deren Regelwerk ja vom Autor stammt, funktioniert genau so, dass die Geschichte weitergeht.

Also unter dem Strich würde ich noch mal Affenpfote sagen, spannend und fies, wird am Ende für meinen Geschmack ein bisschen komplexer, als es der Story guttut. Ich musste an mein Leseerlebnis mit dem Manga Death Note denken, weiß nicht, ob du das kennst. Am Anfang einfach und packend: Dieser japanische Todesgott hat sein Death Note verloren, der Finder kann da Namen reinschreiben und die Leute sterben dann. Dann kommen mit jeder neuen Ausgabe neue Regeln hinzu, und am Ende bist du bei wer das Death Note mehr als drei Tage verliert und wiederfindet, kann nur noch Namen von nach 1990 Geborenen reinschreiben, es sei denn, er war mal verheiratet, was aber durch eine Masernerkrankung im Kindesalter ausgeglichen wird, sofern der Death-Note-Inhaber selbst nicht über vierzig Jahre alt ist, und außerdem klappt es nur noch mittwochs … Um zu verstehen, wie es funktioniert, musst du quasi eine mathematische Formel nachvollziehen können, die sich über mehrere Seiten erstreckt. Mag sein, dass das für einige genau den Lesespaß ergibt, aber ich bin da irre bei geworden, die spannende ethische Frage (Darf ich einen Gangsterboss töten, weil ich es kann?) vom Anfang geht für die eher technische unter, wie genau das Death Note macht, was es macht. Das Packende vom Anfang war damit für mich weg.

Kleinkram:

„Na, dass Sie bei Ihrem Arzt waren. Vor drei Stunden. Sie haben ihre Diagnose erhalten.“
Ich finde es merkwürdig, dass das erst hier durch Reinstark zur Sprache kommt. Dem Böhm kann doch nicht anderes durch den Kopf gehen die ganze Zeit. Es muss ja nicht platt sein, kein Satz „Böhm hatte seit drei Stunden seine Krebsdiagnose“, aber irgendwie andeuten, dass etwas nicht stimmt, würde ich schon. Das ist sonst so Mensch, müssen Sie mich daran erinnern jetzt?

um mir Angst zu machen.
Er weiß, dass er in absehbarer Zeit sterben wird. Wovor soll er denn noch Angst haben?

Die verrecken doch sowieso schon jeden Tag dutzendfach für unseren Lebensstandard.
Das mit dem Lebensstandard würde ich weglassen. Klingt wie Polit-Botschaft, der Figur in den Mund gelegt.

Tränen liefen ihm die Wangen herab,
Reinstark beugte sich zu seinem Schreibtisch herunter
Perspektive ist Tränen und Reinstark, also hinab und hinunter

Ich begreife nicht, wie du an ihm festhalten kannst, Rebecca. Nach allem, was er dir angetan hat.
Das finde ich ein bisschen steif für wörtliche Rede.

Er war nicht mehr dünn, sondern wohlgenährt.
Hier kommt so was Vampirisches durch, dass er durch sein Tun quasi Energie saugt, stärker wird. Wie eine Horrorsatire auf Provision für abgeschlossene Verträge. Alternative wäre Reinstark macht, was er macht. Wäre geheimnisvoller, aber mit der Motivation für ihn gefällt mir das auch.

Viele Grüße
JC

 

Aber der Arzt ist verpflichtet im Rahmen des Möglichen möglichst genau mitzuteilen wie lange der Patient noch hat, und drei Monate oder neun wäre auch ein großer Unterschied.
Das stimmt. Hier spricht aber ja nicht der Arzt, sondern Reinstark. Und er will damit eigentlich nur verdeutlichen, dass Böhm nicht mehr viel Zeit bleibt (3 oder 9 ist beides sehr kurz) und er sicher sterben wird.

Also angenommen Reinstark soll als Figur in die Richtung souverän "übermächtig" wirken, der "gefährliche Gegenspieler", dann finde ich es würde diese Wirkung schmälern wenn er etwas sagt das (offensichtlich?) so nicht stimmt. Nämlich das Ärzte Todkranken "nie" sagen würden wie lange sie noch haben/ob es unheilbar ist. 3 und 9 Monate ist beides sehr kurz, ich dachte dabei das es aus der Sicht eines Todkranken vermutlich anders ist, man hat mehr Zeit die letzten Dinge zu regeln bzw. zu erleben, diese können eine besondere Wichtigkeit haben da man normalerweise alle möglichen Dinge jetzt oder später machen kann, mit wenig Zeit übrig wird es bestimmt wichtig möglichst vieles noch zu tun.


das passt nicht zu Reinstarks Charakter weil es zu nett klingt
Mmh, sehe ich auch ein wenig anders. Er ist ja eigentlich die ganze Zeit über betont nett zu Böhm. Eben so höflich, wie man es von seinem gegenüber in einem Geschäftsgespräch erwarten würde.
Bedauerlicherweise eine wirklich unschöne Diagnose, nicht wahr?“ Reinstark hatte aufgehört zu lächeln. Er sah Böhm mit einem Ausdruck distanzierten Bedauerns an.
„Woher wollen Sie das wissen?“
„Das gehört zu meinem Geschäft“, erklärte Reinstark. Das Grinsen hatte sich zurück in sein Gesicht geschlichen.
Hier zum Beispiel, Reinstark spricht aus das Böhm bald sterben wird, direkt danach fängt er an zu grinsen. Das ist ja nicht nett. Und das er Böhm großen Schmerzen aussetzt auch nicht. Also eher eine aufgesetzte Nettigkeit, soll Reinstark eine widersprüchliche Figur sein?

Aber es gibt keine Anzeichen das Böhm überhaupt überzeugt werden muss.
Doch, und zwar wird Böhm ja misstrauisch, warum Reinstark überhaupt davon weiß und vermutet zunächst ja, dass der Arzt und Reinstark irgendwie unter einer Decke stecken würden. Daher macht Reinstark ihm hier klar, dass der Arzt in Ordnung ist, ein guter Arzt ist und er seiner Diagnose also vertrauen kann.

Ich sehe was du meinst. Vielleicht ist es sehr genaugenommen aber wenn Böhm vermutet das sie unter einer decke stecken ist das noch nicht synonym zu Böhm zweifelt an seiner Krebsdiagnose. Und wenn schon die Vermutung Böhms im Raum steht das die beiden unter einer Decke stecken/Zwielichtiges im Sinn haben, warum sollte er sich dann von einem von Ihnen sagen lassen Ne, das ist nicht so und fertig?


Nur Böhms Vertrag betrachtend stirbt jemand der ihm wohl egal ist und er darf mit Kopfschmerzen weiterleben. Wenn davon ausgegangen wird das Reinstark auch für das Dasein seiner Tochter beim Unfall verantwortlich ist macht es mehr Sinn
Da verstehe ich leider nicht so ganz, was du meinst?

Ich glaube ich habe mich da auch vertan, in dem Moment wo Böhm nur das Leben von Thomas weggegeben und Kopfschmerzen hat zahlt er ja noch nicht drauf, als sich seine Gesundheit aber weiter verschlechtert und Katrin die Zähne ausfallen passt es aber schon.


Etwas unvermittelt zur Passage vorher, man weiß nicht in welcher Situation er schreit
Das war gewollt. Wirft es zu sehr raus?

Nicht sehr, es ist mir nur aufgefallen.

Reinstark hat doch schon übernatürliche Kräfte bewiesen wieso ist das jetzt selbstverständlich nicht möglich?
Naja, vielleicht ist es möglich. Vielleicht auch nicht. Aber natürlich hat Reinstark überhaupt gar kein Interesse daran, etwas rückgängig zu machen. Er steht ja kurz davor NOCH einen Vertrag abzuschließen. Win win sozusagen.

Ja, das macht so Sinn. Ist wahrscheinlich auch nur eine Nuance die man überlesen kann. Aber wie ich schon vorhin erwähnt hatte habe ich den Eindruck das Reinstark schon überlegen wirken soll. Und wenn so eine Figur sich selbst widerspricht kann es etwas davon wegnehmen. Es kann natürlich auch extra so gemacht sein, das er verrückt rüberkommen soll. Dann frage ich mich aber ob es in dieser Richtung noch besser angelegt werden kann da es bei mir zum Beispiel noch keinen glatten Eindruck erzeugt hat. Für den Fall das er nicht überlegen/allmächtig, gruselig wirken soll, denke ich das das der Geschichte Spannung nehmen würde.

„Viel Auswahl scheint es da nicht mehr zu geben. Nun, Sie könnten natürlich ihren eigenen Namen nehmen, das wäre eine wirklich edle Geste, meinen Sie nicht?“ Er lachte schallend. „Aber“, sagte er und wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel.
Wieder eine Stelle wo mir die Figuranlage von Reinstark nicht ganz rund vorkommt.

Mir kommt das schallende Lachen in der Situation eindeutig verrückt vor, es kommt überraschend und fällt etwas aus dem Rahmen. Es trägt etwas zu dem Gefühl bei das Reinstark ingesamt noch nicht ganz stimmig ist.


Gut wäre vielleicht die Offenlegung bzw das Nahebringens eines in die Geschichte gewobenen Gedankens, so das der Leser überrascht ist
Das habe ich nicht verstanden. Was meinst du genau?

Schwer auf den Punkt zu bringen.
Unter anderem dass das Ende einen stärkeren Eindruck hinterlässt. Hier ist es ja zum Beispiel so das Katrin die Zähne ausfallen- der Leser wäre davon schockierter wenn er Katrin zuvor kennengelernt hätte. Auch soll angedeutet werden das Katrin einen Vertrag für Böhm abgeschlossen hat, trotzdem wird sie als freudestrahlend ihn zu sehen beschrieben, eigentlich hätte sie ein ziemlich schlechtes Gewissen haben müssen und sollte daher kaum in der Lage sein ausgelassen mit ihm umzugehen.


 

Hallo @Proof
hab mich sehr über deinen Kommentar gefreut! Nun komme ich auch endlich mal zum Antworten. Ich steige mal direkt ein:

Das alles unter dem Vorbehalt, dass ich die Geschichte richtig verstanden habe. Vielleicht habe ich sie auch so verstanden, wie ich sie versehen will
Du hast sie genau richtig verstanden :)

diese Sache mit dem Gebrechen oder die Zähne fehlen, und deine Erklärung, Kathrin und Vater haben sich irgendwie schon länger gegenseitig die Flüche an den Hals gewünscht, der letzte Absatz quasi, da wurde es mir ein bisschen zu wild.
Ja, das kann ich verstehen. Ich dachte aber, dass ich irgendwas brauch, damit klar wird, dass es eben so läuft, wie du es beschrieben hast. Dass die sich wohmöglich schon länger gegenseitig den Tod auf den Hals hetzen. bzw. zumindest das die Ursache für Böhms Erkrankung am Anfang war. Deshalb dachte ich, dass es diese Hinweisebene mit den (offensichtlichen) Gebrechen braucht, die durch eine Vertragsschließung auftreten.
Außerdem dachte ich mir, dass ich das dann mit den Zähnen (eben genau die Stelle, die dir dann zu viel wurde, haha) gut an das Ende packen könnte. Als offensichtlicher Twist. Aber ich denke, dass du mit dem Vorschlag der Vereinfachung recht hast. Ich bin noch nicht so ganz zufrieden mit der Geschichte. Auch in anderen Kommentaren wurden ja noch so ein paar Unstimmigkeiten angemerkt. Ich denke, dass ich die in den nächsten Wochen noch mal überarbeiten werde. Wenn es in Ordnung ist, pinne ich dann noch mal an?

Das war übrigens eine Sache, die kam mir etwas bequem vor, dass man Verträge auch für andere Leute abschließen kann, also Böhm für Rebecca. Da überkam mich so ein bisschen das Gefühl, ah guck, die Magie, deren Regelwerk ja vom Autor stammt, funktioniert genau so, dass die Geschichte weitergeht.
Mmh, klar. Die Sache funktioniert nur so, wie ich als Autor das will, stimmt schon. Andererseits ging es mir da auch ein bisschen um Reinstark bzw um dessen Motivation. Der will ja so viele Verträge abschließen wie irgendwie möglich. Warum sollte er dann nicht solche Zweit-Verträge ermöglichen? Hauptsache er macht seinen Schnitt, sozusagen. Außerdem wollte ich da andeuten, dass er neben dem reinen Abschlussstreben und dem vampirischen Element (freut mich, dass dir das aufgefallen ist) vielleicht auch noch eine Portion Schadenfreude und Bösartigkeit mitschwingt. Er weiß ja, dass durch immer mehr Verträge das alles verworrener wird.

Dann kommen mit jeder neuen Ausgabe neue Regeln hinzu, und am Ende bist du bei wer das Death Note mehr als drei Tage verliert und wiederfindet, kann nur noch Namen von nach 1990 Geborenen reinschreiben, es sei denn, er war mal verheiratet, was aber durch eine Masernerkrankung im Kindesalter ausgeglichen wird, sofern der Death-Note-Inhaber selbst nicht über vierzig Jahre alt ist, und außerdem klappt es nur noch mittwochs … Um zu verstehen, wie es funktioniert, musst du quasi eine mathematische Formel nachvollziehen können, die sich über mehrere Seiten erstreckt.
Also ich kenne death note nicht, finde aber ja, dass das (gerade mit diesen auftauchenden und verkopften Zwischenregeln) wahnsinnig gut klingt, haha! Wandert auf jeden Fall auf meine Liste!
Aber ich glaube, dass du recht hast. Vereinfachung wäre bestimmt gut hier, zumal ja das eigentliche Thema alleine ausreicht. Ich muss mir das auf jeden Fall noch mal anschauen, wo ich das umbauen könnte, dass es dann trotzdem noch Sinn macht, auch was das Ende angeht.

Ich finde es merkwürdig, dass das erst hier durch Reinstark zur Sprache kommt. Dem Böhm kann doch nicht anderes durch den Kopf gehen die ganze Zeit. Es muss ja nicht platt sein, kein Satz „Böhm hatte seit drei Stunden seine Krebsdiagnose“, aber irgendwie andeuten, dass etwas nicht stimmt, würde ich schon. Das ist sonst so Mensch, müssen Sie mich daran erinnern jetzt?
Ja, geht ihm schon die ganze Zeit durch den Kopf. Ich wollte aber nicht mit der Tür ins Haus fallen. Außerdem sollte schon von Beginn an rauskommen, dass Reinstark eben mehr weiß, als eigentlich möglich ist. Aber ich schau mir die Stelle beim Überarbeiten noch mal an. Danke für den Hinweis.

Er weiß, dass er in absehbarer Zeit sterben wird. Wovor soll er denn noch Angst haben?
Ich hab mir das so gedacht, dass er ja sowieso nervlich ziemlich in einem Ausnahmezustand ist. Durch die Situation mit Reinstark wird das natürlich auch noch mal verstärkt. Und dass er dann kurzzeitig denkt, dass eine Verschwörung seines Arztes und Reinstarks gegen ihn im Gang ist. Die Krankheit als Ganzes eben nur eine Erzählung, um ihm Angst zu machen.

Das mit dem Lebensstandard würde ich weglassen. Klingt wie Polit-Botschaft, der Figur in den Mund gelegt.
Ah, ich häng ja an solchen Sätzen. Aber wahrscheinlich hast du recht. Ich nehme es mal raus und schaue, was das mit mir macht.

Perspektive ist Tränen und Reinstark, also hinab und hinunter
Gekauft.

Das finde ich ein bisschen steif für wörtliche Rede.
Stimmt! Ich überlege mir für die Stelle etwas.

Alternative wäre Reinstark macht, was er macht. Wäre geheimnisvoller, aber mit der Motivation für ihn gefällt mir das auch.
So hatte ich Reinstark auch zuerst angelegt. Als kühlen Bürokrat, der macht, was er macht. Aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass das so besser passt.

Danke für Zeit und Kommentar!
Viele Grüße
Habentus


Hallo @KaterKarlo1564 und Danke für deinen erneuten Besuch!

Nämlich das Ärzte Todkranken "nie" sagen würden wie lange sie noch haben/ob es unheilbar ist
Stimmt. Andererseits weiß man das doch auch nie so genau, oder? Also es gibt ja immer nur eine Zeitspanne bei so was und kein konkretes Datum. Das wäre vlt eher was für eine neue KG, haha.

Hier zum Beispiel, Reinstark spricht aus das Böhm bald sterben wird, direkt danach fängt er an zu grinsen. Das ist ja nicht nett. Und das er Böhm großen Schmerzen aussetzt auch nicht. Also eher eine aufgesetzte Nettigkeit, soll Reinstark eine widersprüchliche Figur sein?
Aufgesetzte Nettigkeit trifft es eigentlich ganz gut. Natürlich ist er nicht einfach nett. Er ist ja auch absolut überlegen und spielt seine Überlegenheit aus. Und das zeigt sich dann u.a. in solchen Momenten. Aber vielleicht habe ich da auch zu sehr ein Bild im Kopf und es wirkt von außen nicht so stimmig. Muss ich mal noch überprüfen.

Ne, das ist nicht so und fertig?
Nein, er bleibt ja schon so lange misstrauisch und will ihn ja sogar rauswerfen, bis er eben seine wahren Kräfte aufzeigt.

Mir kommt das schallende Lachen in der Situation eindeutig verrückt vor, es kommt überraschend und fällt etwas aus dem Rahmen. Es trägt etwas zu dem Gefühl bei das Reinstark ingesamt noch nicht ganz stimmig ist.
Ja, weiß schon, was du meinst. Aber so soll Reinstark ja schon auch rüberkommen. Natürlich tritt er so nicht zu Beginn auf. Da will er ja erst mal ein Gespräch mit Böhm aufbauen. In der späteren Situation hat er ihn aber ja sozusagen schon am Haken. Da kann er sich dann auch mal ein wenig gehen lassen und eben darüber lachen, dass er wohl statt nur einem Vertrag gleich zwei (oder drei mit der Tochter? Oder vielleicht ja sogar noch mehr?) abschließen wird. Goldgrube sozusagen. Und dann kommt seine Häme eben durch. Ich finde eigentlich, dass das schon passt, werde aber beim Überarbeiten noch mal genau lesen, ob ich es vielleicht doch ändern muss.

Auch soll angedeutet werden das Katrin einen Vertrag für Böhm abgeschlossen hat, trotzdem wird sie als freudestrahlend ihn zu sehen beschrieben, eigentlich hätte sie ein ziemlich schlechtes Gewissen haben müssen und sollte daher kaum in der Lage sein ausgelassen mit ihm umzugehen.
Das ist ein guter Punkt. wie ich finde! Da muss ich mir eindeutig noch mal Gedanken machen, denn das passt nicht. @Proof hatte ja auch plädiert eher noch mal zu vereinfachen. Vielleicht werde ich das in dem Zuge dann noch mal ändern. Ich werde dich auf jeden Fall anpinnen, wenn es so weit ist, dann kannst du ja schauen, ob es dann für dich besser funktioniert.

Danke auf jeden Fall für deinen Kommentar!
Viele Grüße
Habentus

 

Sie haben sich warum auch immer miteinander abgesprochen, um mir Angst zu machen.
...
„Sie haben Angst“, sagte er schließlich kühl.

Er hatte Angst, als sie das Zimmer betraten.

„Angst“ kennen und erleben wir alle und der Gleichklang der Angst vor pluralen Ängsten mit dem Superlativ zur „engen“ Eigenschaft/-heit, im „engsten“ bringt es auf den Punkt, wenn wir uns von der Gefahr umzingelt fühlen - wobei nie vergessen werden darf, dass sie auch ihre Funktion erfüllt – denn wie sich vermeintliche „Angstfreiheit“ auswirkt verdeutlicht uns alltäglich der Straßenverkehr und derzeit ein Tanz um einen Ritt auf der Kanonenkugel zu Genüge.

Aber es ist Zeit, mal einige Schnitzer auszuräumen, aber warum nicht schon beim Bildschirm mit Gebrechen beginnen, statt

Böhm saß auf seinem Sofa und starrte auf den ausgeschalteten Fernsehbildschirm.
" Gebrechen" benennen als „stummen“ und „blinden“ Bildschirm?

„Guten Tag, Herr Böhm[!]“, sagte der Mann.

Hier fehlt was
„Sie steht in unserer Kartei, Herr Böhm“

… „Sie kommen ja auch gerade von Ihrem Arzt. …
...
„Na, dass Sie bei Ihrem Arzt waren. Vor drei Stunden. Sie haben Ihre Diagnose erhalten.“
Kommt wohl öfters vor, als einfach noch mal mit der Suchfunktion und „ihre“ durchgehen ...

Vor nicht ganz drei Stunden hatte Böhms behandelnder Arzt nur einen kurzen Blick auf die Unterlagen vor sich geworfen, bevor er sich zurückgelehnt ….
eigentlich entbehrlich. Wäre es nicht nennenswert, wenn es Unterlagen vor einem andern wären?

Danach hatten sie geschwiegen. Jeder für sich.
Für wen oder was sonst?

Er hatte erklärt, dass sich der Krebs bereits in einem fortgeschrittenen Stadium befände, das es notwendig mache, so schnell wie möglich mit einer Strahlentherapie zu beginnen.
Warum Konj. II in Konkurrenz zu Konj. I, der doch Wahrhaftigkeit unterstellt

Für kommenden Montag hatten Sie deshalb einen ersten Termin vereinbart.
sie

„Unheilbar, stimmts?“
warum die Verweigerung des „`“?

„Tun Sie das nicht[!]“, sagte Reinstark ruhig.

In ihrem Körper befinden sich bereits überall Metastasen.

Hier klappt’s doch
„Das darf ich Ihnen nicht sagen, Geschäftsgeheimnis.“
und hier
Nein, sie wollen weiterleben.
Wieder nicht – Du bist doch nicht auf der Flucht ...

... kommt nochmals vor – also Suchfunktion nutzen

Nennen Sie es, wie sie wollen.
Ich fordere Gleichbehandlung!

„Nun denken Sie sich vielleicht: Ach, nichts einfacher als das!
Ja, so sagt man wohl …
weg mit dem sich ...

Soll doch irgendwer am anderen Ende der Welt sterben, was scherts mich?
Schon mal beim mündlichen Vortrag an einen „Scherz“ erinnert?

Reinstark hatte noch immer die Beine überschlagen und sah ihn mitleidig an.
Nee, ne Rechnung oder beim Salto mag es vorkommen, aber die Beine schlägst Du gelegentlich übereinander ...

„Zur Wahrheit gehört natürlich, dass Sie mit starken Schmerzmitteln betäubt werden würden, wenn es dann so weit ist.
Genügt nicht ein „werden“ oder „würden“?

„Das wars?“, fragte Böhm. „Wie geht es jetzt weiter?“
was wirstu anwenden, wenn des Genitiv s in Konkurrenz zum verkürzten [e]s auftritt?

Seit einem erneuten Besuch bei seinem Arzt vor einem Monat, der Gutmann völlig verständnislos zurückgelassen hatte, überfielen ihn die Schmerzen zuverlässig vier bis fünfmal die Woche.
Wäre da nicht eher ein „oder“ angesagt?

Die Beschwerden waren nie übermäßig stark, aber unangenehm. Was solls?, dachte er sich.
Weg mit dem sich!

Hoppela, geht doch

Wenn Sie nicht mit mir sprechen möchte, kann ich sie nicht zwingen.

„Wir gehen zu einer Beratungsstelle für verheiratete Paare. Wenn es trotz allem nicht funktioniert, ja, dann ist es so.
„funktionieren" kommt aus Ingenieurswesen und Verwaltung. Warum nicht „gelingt“ oder „klappt“?

„Fahren Sie zur Hölle!“,murmelte Böhm.

Seit ein paar Wochen war sein linkes Bein steif und sein Knie schmerzte bei jeder Bewegung.
Ja, wessen Bein und Knie könnte ihn schmerzen? Ein "sein" ist m. E. entbehrlich ...

Dat sins

von Het windje

 

Aber es ist Zeit, mal einige Schnitzer auszuräumen
@Friedrichard da hast du wohl recht! Immer wieder erstaunlich, wie blind man für seinen eigenen Text wird, denn ich war eigentlich der Meinung, dass sich da relativ wenig Fehler drin verbergen bzw. ich das meiste ausgeräumt habe. Danke fürs Aufzeigen! Fehler werden verbessert!

Viele Grüße und eine schöne Restwoche!
Habentus

 

Wenn es in Ordnung ist, pinne ich dann noch mal an?
Können wir machen.

Warum sollte er dann nicht solche Zweit-Verträge ermöglichen?
Ich würde das nicht machen, weil es dadurch ein bisschen beliebig wird. Dieses sehr Persönliche, inwieweit bin ich bereit, jemand anderen ins Elend zu stürzen, um mein eigenes abzuwenden, das wird für mich irgendwie … aufgelöst dadurch, dass das theoretisch jeder mit jedem anderen machen kann. Oder für jeden anderen. Da fehlt mir dann so ein bisschen die gerade Linie.

Er weiß ja, dass durch immer mehr Verträge das alles verworrener wird.
Okay, wenn das die Absicht ist. Aber verworren, weiß nicht, ob der Geschichte das wirklich gut tut. Ist natürlich auch nur meine Einschätzung.

dass es dann trotzdem noch Sinn macht, auch was das Ende angeht.
Für mich wäre der finale Schocker, dass er die weniger geliebte Tochter opfert. Also mir würd das reichen.

Und dass er dann kurzzeitig denkt, dass eine Verschwörung seines Arztes und Reinstarks gegen ihn im Gang ist. Die Krankheit als Ganzes eben nur eine Erzählung, um ihm Angst zu machen.
Das wäre mir zu viel Interpretationswille beim Leser vorausgesetzt. Und dann müsste die Interpretation ja auch noch in genau die eine Richtung gehen.

Viele Grüße
JC

 

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