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Das Böse in mir
„Ich habe dieses Leben gewählt. Ohne Einfluss durch irgendwelche Leute. Es war mein eigener Entschluss. Mein Entschluss, all das zu tun für das ich mich verantwortlich fühle. Ich habe viele Grenzen überschritten, jedoch nicht die ultimative und letzte, die alles entscheidende und alles beendende Grenze. Ich stehe kurz davor und werde mich langsam herantasten. Ich habe gefunden, wonach ich mich vier verdammte Jahre lang gesehnt habe.
Ich tötete Kinder, Frauen, Männer und Tiere um dort anzukommen, wo ich mich nun befinde. Jeder Mensch hat diese gewisse Ader. Jeder Mensch könnte so weit gehen. Die Grenzen überschreiten. Das wahrhaftig letzte Stückchen Menschlichkeit von sich lassen um dahin zu kommen, wo er sonst nie hin finden würde. Es sind nicht bloß die Grausamkeiten, die Machtvorstellung, die absolute Kontrolle über Leben und Tod. Es ist viel mehr. Es ist der Segen, die Bestimmung und das Schicksal. Ich habe es gefunden und werde es ausleben. Bis zum letzten Tropfen. Die Zelebrierung dieses Zustands der absoluten Boshaftigkeit soll mein Vermächtnis an alle sein. Ich habe den Schritt gewagt. Habe meinen ganzen Körper, jede Pore, jedes noch so kleine Detail meines menschlichen Daseins infiziert, um das ultimativ Böse in mir zur etablieren. Es zu pflegen und keine Sekunde jeden Tages zu vernachlässigen ist meine Aufgabe. Mein Ziel. Mein Leben.“
„Joanna? Joanna, hörst Du mich?“ Fragte Mrs. Bethanny.
Nach kurzem zögern antwortete die gedanklich kurz abwesende Joanna.
„Ja. Entschuldigen Sie Mrs. Bethanny. Mir ging gerade etwas durch den Kopf.“
„Aha“ machte die Lehrerin und bat um Auskunft. “Würdest Du uns teilhaben lassen, an dem was Dir durch den Kopf gegangen ist.“
„Natürlich“.
„Nun, wir sind gespannt.“
Joanna stand auf und schaute sich einmal kurz in der Klasse um. Alle beobachteten sie und warteten gespannt auf ihre Ansage.
„Nun, liebe Mrs. Bethanny. Ich habe mich gefragt, wann Sie das letzte Mal einen richtig dicken Schwanz gelutscht haben.“
„Es begann vor vier Jahren. Ich hatte das Bedürfnis etwas anormales zu tun. Etwas nicht typisch menschliches. Etwas verabscheuungswürdiges. Etwas, das mein Verlangen stillte, Böses zu tun. Ich schlich in das Zimmer meiner jüngeren Schwester Roseanna und vergewisserte mich, ob sie auch tatsächlich schlief. Nachdem ich beruhigender Weise meine Bestätigung erhielt, lief ich zum Käfig. Budboy war ein unheimlich niedliches Kaninchen mit braunen und schwarzen Flecken auf seinem weichen Fell. Rose hatte ihn zum Geburtstag von unserem Vater erhalten. Budboy war der absolute Liebling unserer Familie. Ich holte ihn aus dem Käfig und besorgte mir das nötige Werkzeug. Still und leise verschwand ich aus der Tür und ging bereits fertig angezogen in die warme Sommernacht. Nach kurzer Zeit kam ich an mein Ziel. Schon die ganze Zeit zitterte Rosebud am ganzen Körper und schien kurz vor einem Herzstillstand zu stehen. Dies wäre eine überaus große Enttäuschung für mich und würde meinen Plan durchkreuzen. Mein Ziel war drei Häuserblocks von unserem Haus entfernt. Es war der Garten der Jamesons. Ich hasste diese spießige Durchschnittsfamilie. Ich setzte mich also in den Garten und holte zunächst die Stichsäge. Sie war einwenig rostig, war aber für meine Bedürfnisse noch ganz brauchbar. Ich hielt das vordere rechte Beinchen Budboys und begann mit Kraft, aber auch sorgfältig zu sägen. Nun zappelte das Vieh wie verrückt und ich konnte es kaum halten. Als es mir dann kurz entwich, hatte Budboy nun leider nicht die Möglichkeit schnell wegzuhoppeln. Ich fing ihn wieder ein und nahm einen Schraubenzieher zur Hand. Ich steckte ihm das Ding komplett in den Hintern und freute mich über seine Reaktion. Er zappelte und versuchte sich los zu reißen. Ich schob den Schraubenzieher relativ langsam rein. Ich wollte nicht, dass der kleine Kerl sofort stirbt. Es dauerte dann leider dennoch nicht mehr lange und Budboy hörte auf zu zappeln. Ich zerstückelte ihn anschließend und legte alles ordentlich vor die Haustür der Jamesons. Nun freute ich mich auf vielerlei Dinge. Die Reaktion meiner Familie, der Jamesons und meiner gespielten Traurigkeit. Ich hatte auch die Idee, Jameson Jr. zu verdächtigen. Das wäre der absolute Höhepunkt. Ich fuhr glücklich und zufrieden nach Hause.“
Joanna war ein absolutes Problemkind. Doch dies kam nicht von ungefähr. Vor einigen Monaten verschwand ihre Mutter spurlos. Joanna verlor das wichtigstes Standbein ihres Lebens. Immer wieder schwärmte Sie von ihrer geliebten Mutter. Nun wurde sie mit der Ungewissheit nicht fertig und attackierte ihre Mitmenschen um sich in allen Teilen ihres Lebens abzulenken. Mrs. Bethanny war eine sehr fürsorgliche und gute Lehrerin. Sie liebte und lehrte ihr Unterrichtsfach Sozialkunde mit absoluter Hingabe. Obwohl Sie noch relativ jung war mit 26 Jahren, kümmerte sie sich rührend um Joanna und ließ ihr alle Zeit der Welt, mit dem fertig zu werden was sie belastete. Doch nun wurde es ihr zuviel und sie war mit ihrem Latein am Ende. Sie bat Joanna, nach dem Unterricht dort zu bleiben und ein klärendes Gespräch zu führen.
„Ich versuchte die verschiedenste Dinge aus, um soviel Böses wie nur möglich aus meinem verseuchten Körper, meiner abgrundtief Hasserfüllten Seele heraus zu kitzeln. Mein Sport bestand darin, all die Bilder von Terror, Tod und Grauen aus meinem Kopf in die Tat umzusetzen. Das Böse in mir sollte regieren. Ich machte vor nichts und niemanden mehr Halt. Nicht mal vor meiner eigenen Familie. Budboy war der Anfang. Der Icebreaker. Ja, das Eis war gebrochen und bahnte sich unaufhaltsam seinen Weg durch die Umgebung, in der ich mich befand. Wie ein Nebel würde ich plötzlich über das Land herfallen und ebenso schnell wieder verschwinden.
Jameson Jr. wurde mein nächstes Opfer. 14 Jahre alt, blondes, lockiges Haar, Sommersprossen und ein All American - blank geputztes – ich wünsche mir Weltfrieden – Lächeln. Fuck You. Ich lotste den Hosenscheißer in den Kellervorraum eines Nachbarn meiner Eltern und zerschlug seinen Schädel mit einer Axt. Das Blut spritzte auf den Boden, gegen die Wand und in mein Gesicht. Jameson Jr. zappelte weiterhin auf dem Boden und winselte. Ich trat ihn in die Magengrube und schlug anschließend mit der Axt so oft auf den Schädel, bis er einfach nur noch da lag. Mausetot.“
Joanna und Mrs. Bethanny saßen nun im Klassenzimmer und die Lehrerin begann zu reden. „Willst Du mir vielleicht etwas sagen?“
„ich wüsste nicht was.“
„Wie wäre es mit – Entschuldigung Mrs. Bethanny. Es tut mir leid, dass ich Sie beleidigt habe.“
„Ich habe Sie doch nur etwas gefragt.“
„So was fragt man nicht und das weißt Du genau. Hör zu Joanna, Du machst eine schwierige Zeit durch und es ist bemerkenswert wie gut Du mit der Situation umgehst. Ich halte eine Menge von Dir und bin absolut sicher, dass Du deinen Weg machen wirst. Aber dazu musst Du den ersten Schritt in die richtige Richtung wagen. Ich würde Dir gerne helfen. Was hältst Du davon?“
„Ich weiß nicht.“
„Ich mache Dir einen Vorschlag. Nach Schulschluss werde ich Dich nach Hause fahren und wir beiden können uns im Auto in Ruhe unterhalten. Ist das OK?“
„Ja.“
„Super. Und übrigens, ist schon ziemlich lange her.“
„Was?“
„Du hattest mich doch etwas gefragt.“
Joanna lächelte nach langer Zeit mal wieder.
„Ich war nicht immer so. Ich hatte ein ganz normales Leben und war eher zurückhaltend. Irgendwann jedoch begann ich wie aus dem Nichts mit diesem Experiment. Es nahm die Kontrolle über mich und mein Wesen. Ich begann, mich selbst zu finden. Mich kennen zu lernen. Töten allein befriedigte mich nicht mehr. Ich quälte und folterte meine Opfer in meinem nun umgebauten Keller. Ich probierte alles aus. Qualvolle Foltermethoden. Psychologischen Schnick Schnack. Ein kleiner Junge musste seine eigene Mutter töten und essen. Ein alter Mann musste sich selbst zerstückeln, bevor ich ihm seinen eigenen Penis in den Rachen schob und ihn ersticken ließ. Mrs. Jameson ließ ich drei Monate lang nichts außer ihre eigenen Fäkalien essen, bevor ich Ihr ein Messer in den Magen jagte. Doch nach jedem Opfer, nach jedem Mord begann das Spiel von vorne. Irgendwie stellte mich das nicht zufrieden. Ich kam zu dem Entschluss, das dass wahrhaftig Böse eine dauerhafte und immer wiederkehrende Form der Qualen sein muss. Ich beschloss mein nächstes Opfer nicht zu töten. Dem Opfer das Leben nehmen – Ja. Es töten – Nein. Das war die Lösung. Meine Bestimmung. Meine Glückseligkeit. Ein Opfer hatte ich mir auch schon ausgesucht.
Als Mrs. Bethanny und Joanna im Auto saßen, begann Joanna zu erzählen. Von ihrer Mutter die seit Monaten verschwunden sei. Ihrem Vater, der seitdem unerträglich war. Ihrer jüngeren Schwester, die Ihr auf die Nerven ging. Es wurde ein amüsantes und lockeres Gespräch und Mrs. Bethanny erzählte einwenig von sich. Ihrem Werdegang, ihrem Zuhause, ihrem Privatleben, ihrer Familie, den Eltern, ihrer jüngeren Schwester Roseanna und ihrem Kaninchen Budboy.