Mitglied
- Beitritt
- 28.06.2003
- Beiträge
- 23
- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 4
Das bessere Leben des R.M.
Das bessere Leben des R.M.
Laues Lüftchen. Buschige Bäume. Super Sonne. Da muss man doch nach draußen! Rembert legte die Urlaubsgrußkarte weg und schaute durch die Scheibe seines in der Küche befindlichen Fensters nach außen. Rauschender Regen. Nasse Nischen. Kalte Katzen. Das war für ihn nicht angesagt. Sein Auswärtsgang wird, darin bestand nicht der Hauch eines Zweifels, vertagt.
Rembert ließ sich einiges einfallen, um die Zeit niederzuschlagen. Zu nennen sind eben sein beständiges Vorgehen gegen diverse Spinnengewebe webende Weberspinnen, Skandinavisches Scrabble und Brot.
Wie aus heiterem Himmel schien plötzlich die Sonne. Rembert war total geschockt und schlenderte fluchs nach außerhalb seines Hauses. Da waren weder tote Tiere, noch billige Blitze oder was man sonst so erwartet hätte. Perfekt! Rembert zog seinen feinsten Anzug von allerbestestem Tuche an und stolzierte gen anderer Straßenseite. Auf Autos brauchte er nicht zu achten, er hatte ja guten Stoff am Leibe. So kam es, dass er die andere Seite erreichte und sich gelassen umblickte, ob auch genügend Leute zu ihm lugten. Da war keiner. Na schön, man kann nicht jeden Tag bewundert werden, sagte Rembert laut. Hörte niemand.
Er zog sich die Kapuze enger ins Gesicht und schritt weit aus, um sich fortzubewegen. An seinem Hut nisteten Reflektoren, die seinen Hut vor Räubern oder Verkehr schützen wollten. Seine laminierten Lackledermokassins staubten bei jedem Kontakt mit dem Belag auf dem Boden, der Teer sein mochte oder Asphalt. Es hätten auch quadratisch angeordnete Steine sein können. Aber dazu später mehr. Zuallererst stolperte Rembert über seinen grünen Mantel, der ihm kurz zuvor, vielleicht waren es nur einige Augenblicke, vor die Latschen geflattert war.
Der gesamten Nase nach fiel die Schranke, die Rembert sein mochte, auf das, was jeder Beobachter als Boden bezeichnet hätte. Rembert nannte es "Elender Eseldreck! Was flatterst du, Wind, mir Mantel und Hut vor die Füße, die mich tragen!" Dabei ballte er die Fäuste zu Händen und sah sehr kämpferisch aus im Gegenlicht. Doch das war nicht alles, was passierte. Es passierte noch etwas. Und zwar: Eine Frau mit Kleid rannte hilflos auf unseren Rembert ein und schrie. Sie schrie so markerschütternd und beinerweichend, dass Rembert sich die Ohren feste zuhielt und sich wegdrehte, bis die Frau vorbei war.
Rembert setzte seinen Weg zum Schwimmbad fort und traf obendrein noch einen Nachbarn, den er seit etlichen Jahren nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte. Es war Herr Made und er hieß Kurt. Herr Made geleitete Rembert den bescheidenen Weg zum Freibad. Die beiden redeten kein Wort, verstanden sich aber bestens.
Nach dem verdienten Bad, trat Herr Made den Heimweg an, nicht ohne vorher zu gähnen. Er war ja schon seit 6 auf den zwei Beinen, die er hatte. So ging Kurt zu seinem Haus und stellte fest, dass ihm jemand folgte. Vorsichtig versteckte sich Herr Made vor der Haustür. Die schreiende Frau entdeckte ihn in seinem durchaus guten Versteck jedoch sofort und rannte auf ihn ein, immer wieder. Herr Made bat um Aufschub, doch die Frau hörte kaum auf.
Eine unbestimmte Zeit später traf endlich Rembert ein, der nach dem Schwimmbad nichts Besonderes mehr getan hatte.
Er sah sofort, dass etwas nicht stimmte. Etwas beunruhigte ihn zutiefst, etwas... Unaussprechliches. Sein Nachbar Kurt Made lag ganz offenbar mal wieder völlig drogenüberladen vor dem Eingang, doch noch etwas war seltsam. Der Groschen fiel nicht. Stattdessen fiel nur der Regen. Ein Tropfen, dann noch einer. Der Regen sammelte sich zu Pfützen und in einer davon stand Rembert. Er ahnte, dies war der Regen des Vergessens. Er durfte nicht vergessen. Hier war etwas geschehen, das er, Rembert Rodel, nicht vergessen durfte...
Da er sich aber an nichts Dolles erinnerte, ging er rein und schloss die Tür hinter sich.
Draußen wurde Rembert langsam, aber sicher fortgeschwemmt, während Kurt Made ihm von innerhalb nachsah.
Der Regen hörte erst am nächsten Tag auf und dann kam die Post.