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Das bewegte Boot

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17.12.2005
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Das bewegte Boot

Draußen fielen dicke Tropfen von den Palmen auf die breiten Blätter der Bananenstauden und aus dem lichten Urwald hinter den provisorischen Hütten drang das Kreischen fremder Vögel. Ich strich mit meiner Hand über die Brust, auf der ein dünner Film kalten Schweißes glänzte. Erschöpft und benommen musterte ich die dünnen Bastfäden, mit denen die krummen Äste des Daches an den senkrechten Streben befestigt waren. Eine dicke Schicht bräunlicher Wedel lastete auf den fast schwarzen Sparren, eine kleine Echse huschte nervös durch die einzelnen Lanzetten.
Unten am Strand hörte ich leise die Wellen gegen den nassen Sand schlagen, lauschte dem geschäftigen Treiben des Kamerateams, das hier unter erschwerten Bedingungen versuchte, die noch fehlende Szene aufzubauen. Sarah hatte längst geduscht, ihren ausgeprägten Hintern in viel zu weite Shorts gehüllt.
Auch gestern war sie in dieser unförmigen Hose um die Meute geturnt, hatte Anweisungen geflüstert, gerufen, geschrieen. Immer motivierend, unablässig antreibend und wenn die Stimmung der fluchenden Beleuchter wegen der einsetzenden Regengüsse gegen Mittag ihren Tiefstand erreichte, stand sie, einen Fuß auf den ausgebeulten Lederstuhl gestellt, vor uns und munterte alle mit kleinen Geschichten auf, die sie in ihrer Vergangenheit als Scriptgirl schon erlebt hatte. Kleine Episoden aus dem irrwitzigen Leben bekannter Filmstars, pointenreich gespickt und zum Lachen komisch.
Nie vergaß sie dabei, wie sie sich zu bewegen hatte. Wir Männer versuchten unbemerkt, in eines der weiten Hosenbeine zu schielen, um einen Blick auf ihren nackten Schamhügel zu erhaschen, aber dank ihrer Lebhaftigkeit wusste sie genau, wie oft und wie lange sie dieses Schauspiel inszenieren durfte.
„Oscar, bist Du wach?“ Sie stand hinter den Vorhängen, flüsterte fast. „Wenn ja, lass uns beginnen, bevor der Regen wieder einsetzt. Du kannst hinterher duschen.“
Müde warf ich die Beine über den Rand der Matte, strich mir mit den Händen durch das Haar, schob es hinter die Ohren. Als meine Finger den Schlaf aus den Augen wischten, blieb es nicht aus, dass mir der schwere Geruch unserer Körpersäfte in die Nase stieg. Im kleinen Spiegel auf dem flachen Bambustischchen konnte ich sehen, wie ich an meinen Fingern schnupperte. Unwillkürlich musste ich lächeln und diese Bewegung im Gesicht ließ fast meine Augen verschwinden, so dick hingen die geschwollenen Tränensäcke unter den Lidern. In meinem Mund schob die Zunge den dickflüssigen Speichel bis kurz vor die Zähne, ich schürzte die rissigen Lippen und spie den weißlichen Schleim gegen die sich leicht bewegende Stoffwand.
Dieser Film hatte alle meine Kräfte verzehrt. Hier, an den einsamen Ufern Venezuelas, wollte Werner seinen ehrgeizigsten Streifen drehen. Nein, er musste hier drehen, am Rande der Zivilisation, um authentisch zu sein. Diese Betonung fiel häufig in seinen Ansprachen. Allerdings hatte er das Team mehrmals beurlaubt, hatte sich in die nächste Stadt fahren lassen, um nicht ganz zu verwahrlosen, wie er sich ausdrückte.
Das Wasser schmeckte abgestanden - den Rest aus dem Kanister goss ich über meinen Kopf, meine Schultern. Schlupfte in die abgewetzte Lederhose, die mir nur knapp bis unter die Knie reichte. Ich stank nach Schweiß, nach Lust, nach feuchtem Bast. Schwerfällig griff ich nach dem Mantel und schob den Vorhang zur Seite.
Wir hatten schon einige Filme zusammen gemacht – er hinter, ich vor der Kamera. Beide waren wir alt geworden; seine Haare hingen mittlerweile schütter über den Kragen, tiefe Furchen links und rechts der unförmigen Nase prägten sein stets fettiges Gesicht und doch war auch meist ein leises Lächeln vorhanden, das zumindest mich immerzu aufforderte, die nächste Szene hundertprozentig echt zu spielen.
„Du musst das leben, sonst ist es nicht genug. Ich hasse es zu sehen, wenn ihr nur so tut, als wäre es echt. Ich will, ist das klar?“ Eine Braue schob sich in die Falten seiner Stirn, das Auge darunter glomm wie ein rotgeäderter Dolomit mit einem schwarzen Loch in seiner Mitte.
„Hast Du mich verstanden, Oscar! Es ist die letzte Szene, also enttäusche mich nicht! Du weißt – es gilt, das Boot ins Wasser zu schieben. Es muss verzweifelt erscheinen.“
Die eine Hand in seiner abgewetzten, schwarzen Cordjeans vergraben, in der anderen das zerfledderte Drehbuch, aus dem etliche Papierschnipsel und Fahnen hingen, so stand er, dem Meer zugewandt, als ich mir neben ihm den langen Mantel über die nackten Schultern zog. „Verstehst Du – verzweifelt“, murmelte er hinaus in die kleinen Wellenberge, auf denen sich das frühe Sonnenlicht wie glitzernde Sterne spiegelte.
Meine Beine schmerzten oberhalb der Knie, in meinem Kopf taumelten Gedanken wie in einem Luftballon. Nirgends fanden sie einen Halt, rollten an den glatten Wänden entlang, versammelten sich wie Perlen auf einer zu langen Kette, deren Ende außerhalb jeder Sicht lag und doch verfolgten mich nur wenige Bilder, fanden die richtige Tür zu meiner Wahrnehmung. Wie Sarah gestern durch den Regen, durch die Dunkelheit hinter meine sichtschützenden Zeltbahnen geisterte. Eine blakende Gaslaterne hatte Schatten in all ihre weichen Kurven geworfen und mir wurde klar, dass es nicht mehr viele Tage nach dieser Nacht geben würde. Furchtlos sah ich ihm entgegen, dankbar für die Fülle, für das Geschenk in Form einer berauschenden Frau. Der Tod war großzügig.
Mein Leben hatte sich selbst gelebt, mich getragen wie einen Passagier, der mit wachen Sinnen durch die atemberaubende Einmaligkeit dieser Welt raste. In jungen Jahren schon folgte ich stets meinem Gefühl, ließ mich leiten von meinen Empfindungen. Herrisch, oft mühsam, aber keinesfalls unwillig lernend, exzentrisch und niemals zweifelnd.
Vollkommen befreit von jeder Angst, aber nie ohne Respekt vor dem Risiko. Ich kannte mich aus in den Abgründen meiner Sehnsucht, lebte immer die Leidenschaften bis an die Grenzen der Erträglichkeit. Ich hatte es sehr zu schätzen gewusst, doch in der letzten Nacht waren alle diese Vorzüge in den Hohlraum einer Körperzelle geflohen. Wie der Programmschalter einer Waschmaschine. Abgelaufen. Best before.
„Ja, Werner, ich mach das schon – hilft mir später jemand? Das Boot ist zu schwer für mich allein.“ Fünfhundert Kilo grob geschlagenes Holz, ohne Werg und Teer auf drei armdicken Rundhölzern galt es, von mir in die See geschoben zu werden. Mein letzter Akt. Wie im Film, wie im Leben. Symbolisch.
Ich hatte sie betrogen. Als mein Schiff unter den peitschenden Böen eines Sturmes an den Riffen draußen vor der Insel leck schlug und sank, konnte ich mich mit Georg bis auf den weißen Sand retten. Ein Film über den Konflikt zweier Kulturen. Unsere Kultur als starr, unbeweglich, anmaßend und immer nach dem Vorteil schielend, die Eingeborenen zeigten sich lernfähig, kompromissbereit und kooperativ.
Georg und ich versprachen ihnen die Erfüllung ihrer religiösen Vorstellungen, wenn sie uns halfen, ein Boot zu bauen, um die Insel wieder verlassen zu können. Wir nutzten die sexuelle Freizügigkeit der weiblichen Bewohnerinnen schamlos aus, gerieten nach dem Genuss einer bewusstseinserweiternden Pflanze in Streit und in dem folgenden Zweikampf erschlug ich meinen Freund. Diese Art der Tötung war verfemt, ich konnte mit ihrer Hilfe nicht mehr rechnen – das Boot stand ohne Mast, aber ich wollte ihre Geduld nicht länger strapazieren. Eines Morgens sollte ich die Flucht wagen. Dieser Morgen war angebrochen. Die Scheinwerfer hinter dem Boot zeichneten eine schwarze Kontur gegen die Kamera. Sarah verzog den Mund zu einem gehauchten Kuss.
Ich trat unter den noch vom Nebel nassen Bäumen hervor, stapfte barfuß durch den kühlen Sand. Hastig, mich unsicher umsehend. Warf das kleine Bündel meiner hier auf der Insel errungenen Habseligkeiten über die Bordwand, das Team bröckelte aus meinem Gesichtsfeld, entschwand bald ganz. Konzentrierte mich auf die jetzt folgende Tat.
„Aus – aus“, Werners Stimme bellte mich zurück in die Realität.
„Du sollst nicht denken, verdammt noch mal – seit wann denkst Du! Ist Denken ein Akt der Verzweiflung?“ Er kam nicht näher, um dem präparierten Sand keine unerklärlichen Spuren zu verpassen.
„Martin, mach den Sand noch mal neu – Oscar, hinter die Bäume, bitte!“ Er sah wieder hinaus zur Sonne, legte die Hand über die Augen, als wolle er ihre Bahn prüfen, als gehöre sie zum Set.
Ich hatte nur einmal geliebt. Zwei Jahre meines Lebens fühlte ich mich einem Menschen verbunden, genoss das Gefühl, angekommen zu sein. Aus dieser Beziehung ging eine Tochter hervor. Als Alanis mich vor siebenundzwanzig Jahren in ihren Semesterferien zum ersten Mal besuchte, war sie zu einer wunderschönen Frau herangewachsen. Am dritten Morgen kam sie splitternackt ins Bad, stellte sich neben mich, als ich dabei war, ins Waschbecken zu pinkeln.
In den Strahlen der kalifornischen Morgensonne tanzte der Staub vor dem Spiegel, in dem wir unsere Konturen abtasteten. Eine Augenhöhe, fast identische Gesichtszüge. Meine Brust wuchtig, klobig trainiert, ihre klein, spitz, vollkommen. Mit einer Hand strich ich über ihre Hüfte, ihren Hintern, zog mit der Fingerspitze ihren flachen Bauch hinab, umschloss heftig ihren Venushügel. Spärliches Haar, volle, fleischige Schamlippen. Wärme.
Sie verhielt sich vollkommen still, ein leises Lächeln spielte um ihre Mundwinkel.
Ich ließ Wasser in meine Handflächen rinnen, verteilte es im Waschbecken, um die letzten Spritzer des Urins zu beseitigen. Ein fader Geruch stieg aus dem Abfluss, mein Penis hing zerknautscht zwischen den haarigen Schenkeln.
„Gute Zucht“, kicherte ich schelmisch, sie nickte verhalten, drehte sich vorsichtig um, als wolle sie die Stimmung nicht zerstören und verließ das Bad. Unter der Tür blieb sie kurz stehen, wandte mir ihr Gesicht zu. Wortlos, aber genau dieser Blick hatte sich für immer in mein mentales Poesiealbum gebrannt. Ich hatte mich weitergereicht.
Wieder hastete ich hinab zum Boot. Das Bündel geworfen, meine Hände strichen über das raue Holz, suchten nach Scharten, ängstliche Blicke zwischen die mageren Stämme der Palmen, hinter denen der Nebel sich rasch auflöste. Erst zaghaft am Bug schiebend, dann das Treten gegen die Rundhölzer. Die Verzweiflung steigernd und ich lief voll wie ein Fass mit einem riesigen Loch an seinem Fuß. Schwitzend schob, zog ich, schrie, stöhnte. Schweiß troff und der Mantel färbte sich dunkel.
Erst flogen einige verwaschene Dias aus der Erinnerung empor, verharrten wie ein Standbild. Die Abstände zwischen den Bildern verkürzten sich rapide, bald sauste mein Leben wie in einem Kaleidoskop vor meinem inneren Auge vorbei.
Atemlos krallte ich meine Hände zwischen die Ritzen der Planken, hervorstehende Spreißel drangen in meine faltige Haut, Blut troff in den weißen Sand, gegen den sich meine nackten Füße stemmten. Meine Muskeln drohten zu reißen, Hitzewellen in den Armen und Beinen, ich war mittlerweile die personifizierte Sehnsucht, ganz Leidenschaft und mein Leben, mein Film schleuderte die letzten Bilder herauf. Sarah auf mir sitzend, das nächtliche Bad im Meer, die Zeit schwindet gegen Null, meine Tochter, der Klassenlehrer, die Anstrengung, die Freiheit, Gier, Lust, der Hunger, die Müdigkeit, die Schmach, der Glaube, das Spucken, die Neugier und das Fliegen.
Ein Zittern in mir übertrug sich auf das Boot, erstarkte zu einem Ruck und ich spürte, wie das Schiff zu gleiten begann. Herrgott, dies sei mein letzter Akt, mein letzter Wille. Wie ich immer die Bewegung genossen hatte. Ganz Sinnbild, ganz Sein. Tränen rannen durch die Täler meiner Falten, Rotz hing baumelnd, Spucke in zähflüssigen, weißlichen Fäden; selbst der Harn drang und verfärbte das Leder im Schritt. Alles lief aus. Das Boot, meine Körpersäfte, mein Leben.
Sarah hatte mich bei meinem Tun argwöhnisch beobachtet, hatte schon in der vergangenen Nacht mehrmals ihre Hand auf meine Lippen gelegt, um den eigenen Abgesang auf meine Person zu unterbinden. Ihr Protest kam meist halbherzig, oft glitzerten Tränen in ihren Augenwinkeln. Sie wusste, dass ich nie spielte. Weder im Leben, noch in den Filmen. Ich war ganz einfach immer ich.
Das Wasser umspülte bereits meine Hüfte, als ich endlich loslassen konnte. Das Boot trieb durch den Schwung an mir vorbei, all meine Energie aufgesogen in dem Holz. Da schwamm es hin, entfernte sich und jetzt stellte sich auch Wehmut ein. Gute Fahrt, als ich nach vorne kippte.
Sie zogen mich ans Ufer, Werner tätschelte meine nasse Schulter und ich sah noch, wie er Abschied nahm mit knappem Nicken. Lautlos schlug Sarah die Hände vor den Mund und dann wich es endlich in den blauen Himmel. So leicht, so spielend leicht.

 

Hallo Detlev,

irgendwie hatte ich gerade einen ganz müden Punkt, als ich die Geschichte gelesen habe. Es kann also sein, dass ich etwas überlesen habe.
Es vermischen sich, wenn ich es richtig verstanden habe, Realität und Fiktion. Bei den Dreharbeiten zu einem Filmprojekt, das offensichtlich Werner Herzog Ehre machen würde (heißt den Regisseur deshalb so?), lebt der Icherzähler seine Rolle bis zum Tod. Man kann nur hoffen, dass er zuvor nicht auch seinen Filmpartner real umgebracht hat.
Das Boot aufs Wasser zu ziehen ist natürlich lau gegenüber dem Boot Fitzcarraldos. Aber dein Darsteller heißt ja auch nicht Klaus.
Mir gefällt die Geschichte in ihrem ruhigen Aufbau, in ihrer undeutlichen Grenze eben zwischen Film- und Geschichtsplot.
Details:

lauschte dem geschäftigen Treiben des Kamerateams, die hier unter erschwerten Bedingungen versuchten, die noch fehlende Szene aufzubauen.
des Kamerateams, das hier
„Oscar, bist Du wach?“, sie stand hinter den Vorhängen, flüsterte fast.
wach?" Sie

Lieben Gruß, sim

 

Hallo Detlev,

unabhängig von sims Kritik, die ich erst im Anschluss an deine Geschichte las, musste ich auch sofort an Klaus Kinski denken und grinsen, als ich dann auch nach als Regisseur-Namen Werner las.

Deine Geschichte will natürlich auf etwas ganz anderes hinaus, jedenfalls war ich mir am Ende sicher, dass du sie nicht unbedingt als eine literarische Anspielung auf das legendäre Gespann Kinski/Herzog konzipiert hast - obwohl Set und ein paar andere Kleinigkeiten diesen Verdacht durchaus hätten erhärten könnten.

Deine Geschichte hat einen sehr nachdenklichen, melancholischen Grundton: ein letzter Film, die Schlussszene, der letzte Lebensfilm, der durch den Kopf zieht, eine Melange des Lebens und des Sterbens, interessant verwoben in Scheinwelt (Film) und Realität (Dreharbeiten), und ein schauspielender Prot, der eigentlich nie wirklich spielt, sondern immer nur er selbst ist, und so steigerte er sich auch im letzten Take verbissen in die Aufgabe, Ende des Films und das Finale des eigenen Lebens in einer Schlusssequenz zu vereinen.

Hat mir wirklich sehr gut gefallen, vor allen Dingen auch die stilistisch sehr entspannten Weise, mit der du diesen Plot entwickelst und deine Figuren zum Leben erweckst.

Grüße von Rick

 

Hallo Detlev,

im Gesamteindruck kann ich mich sim und Rick nur anschließen, eine gute Geschichte mit einem durchgezogenen Ton und einer sehr gut eingefangenen Stimmung.

Allerdings habe ich zwei Kritikpunkte. Für meinen ganz persönlichen Geschmack verwendest etwas zu viele beschreibende Adjektive:

Zitate vom Anfang:

Draußen fielen dicke Tropfen von den Palmen auf die breiten Blätter der Bananenstauden und aus dem lichten Urwald hinter den provisorischen Hütten drang das Kreischen fremder Vögel. Ich strich mit meiner Hand über die Brust, auf der ein dünner Film kalten Schweißes glänzte. Erschöpft und benommen musterte ich die dünnen Bastfäden, mit denen die krummen Äste des Daches an den senkrechten Streben befestigt waren.

Braucht wirklich beinahe jedes Hauptwort ein Adjektiv?

Zweitens:
Auch mir fiel als ich "Werner" las, sofort W. Herzog ein - das Filmsujet erzwingt das ja fast. Ich denke, dass das den Leser voreingenommen macht, und etwas erzeugt, eine Assoziation erzeugt, die du vielleicht gar nicht beabsichtigst. Vielleicht ist es ja nur Zufall, dass dann dein Ich-Erzähler auch noch Oscar heißt, aber da fällt mir dann eben Oscar Werner ein, auch ein großartiger Schauspieler, auf den vielleicht genau das zutrifft, was dein Oscar für sich beansprucht, nämlich dass er immer nur er selbst war.

Dies nur als kleine kritische Anmerkungen zu einer sonst sehr lesenswerten und sehr dichten Geschichte.

Beste Grüße vom Platoniker

 

Ich habe die Geschichte völlig unvoreingenommen gelesen, ohne Anspielung auf Verstorbene, und muss sagen: Gegeben hat sie mir nichts. Weder entwickelt der Protagonist Einsichten, die ich nachvollziehen kann, noch gibt es in diesem Text irgendeinen Moment, der mich in irgendeiner Weise berührt. Nein, ich glaube nicht, dass man allein mit unappetitlichen Äußerungen seines Protagonisten eine Geschichte schreiben kann.

Viele liebe Grüße
Estrel

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Detlev,
nach krankheitsbedingter KG-Abstinenz war ich neugierig auf meine "Favoriten" und las deine Geschichte.
Mir fiel auch sofort der Film von W.Herzog ein, aber es war klar, so leicht machst du es dir nicht! Es gelingt dir auf fast kraftvolle Weise, deine Prots zum Leben zu erwecken. Mich fasziniert immer wieder, wie du mit der Sprache, ja, jonglierst und intensive Bilder erzeugst und damit meine Aufmerksamkeit fast zu einem Sog wird.
Sehr gerne gelesen!
Ciao,
jurewa

 

Hallo Jurewa

Danke für Deine lieben Worte - hast ja auch nicht ganz unrecht - für mich ist Kinski ein unglaublich guter Schauspieler, also lag ein Versuch nahe, seiner Leidenschaft auf die Finger zu sehen - wird dem natürlich nicht gerecht, aber allein schon, was an Sichbarem von ihm abfällt, ist mehr als beeindruckend.
Wünsche Dir gute Besserung.
Liebe Grüße
Detlev

 

Hallo Detlev,

ich bin einem Tipp Jurewas gefolgt und habe endlich mal eine deiner Geschichten gelesen und ich muss sagen, sie hat keinen schlechten Geschmack. ;)

Beeindruckende Geschichte, einnehmend beeindruckend und für mich eine Art Homage an Klaus Kinski und Werner Herzog, aber mehr an Kinski. Aber genau darin erschöpft sich das Ganze nicht. Bei weitem nicht, denn du packst neben einer lebendig vor mir entstehenden Schauspielerfigur auch noch sehr viel Sinnhaftes in diese Geschichte.

Es geht um das Leben und um den Tod und um die Frage, wie man mit dem Leben versöhnt Abschied nehmen kann von ihm.
Man kann es im Zorn, Wut, Trauer, Entsetzen, aber auch in Ergebenheit, Gelassenheit und in der Erkenntnis tun, dass alles einen Sinn macht und man sich nur dieser Erkenntnis öffnen muss.

Diese Szene zwischen Vater und Tochter, die mich für Momente den Atem anhalten ließ, weil ich befürchtete, es würde jetzt eine sexuell inzestöse Begegnung geschildert, die halte ich für eine Schlüsselszene. Der Protagonist fühlt sich in seiner Tochter fortgesetzt, in ihr lebt er weiter und kann somit sich seinem Schicksal seiner Endlichkeit hingeben.

Er ist bereit, alles aus sich herausfließen zu lassen und sich in die Leichtigkeit des Seins zu verwandeln, den Tod.

Hat mir sehr viel gegeben, deine Geschichte.

War bestimmt nicht die letzte Geschichte, die ich von dir lesen werde!

Eine Formulierung ist mir aufgefallen, die ich nicht so recht stimmig fand:

wie ein rotgeäderter Dolomit mit einem schwarzen Loch

rotgeäderter Dolomit...da entsteht kein Bild in meinem Kopf und somit wirkt es irritierend.

Lieben Gruß
lakita

 

Hallo Detlev!

Möchte dem Platoniker Recht geben. Auch mir verwendest du zu viele Adjektive. Das ist am Anfang deines Textes auffällig, später nicht mehr.

in meinem Kopf taumelten Gedanken wie in einem Luftballon. Nirgends fanden sie einen Halt, rollten an den glatten Wänden entlang, versammelten sich wie Perlen auf einer zu langen Kette
Den ersten Teil des Sprachbildes finde ich nur gewagt, den zweiten definitiv too much.

Mein Leben hatte sich selbst gelebt, mich getragen wie einen Passagier, der mit wachen Sinnen durch die atemberaubende Einmaligkeit dieser Welt raste. In jungen Jahren schon folgte ich stets meinem Gefühl, ließ mich leiten von meinen Empfindungen. Herrisch, oft mühsam, aber keinesfalls unwillig lernend, exzentrisch und niemals zweifelnd.
Das ist mir zu direkt, würde ich streichen.

galt es, von mir in die See geschoben zu werden
Ist nach meinem Sprachgefühl nicht korrekt: galt es, in die See zu schieben.

Insgesamt aber eine Geschichte, die vor allen Dingen durch ihre Atmosphäre überzeugt und mir gut gefallen hat.

Viele Grüße

Knäckebrot

 

Hallo sim, Rick, Platoniker, lakita und Knäckebrot

... hatte die Geschichte völlig aus den Augen verloren und ... ja ... Nachlässigkeit meinerseits. Sorry - ich mache es wieder gut! Jeder bekommt einen neuen Kommi.
Bedanke mich herzlich für Eure aufrichtige Kritik, für die lieben Worte.
Das mit Kinski ist näher als ihr glaubt, allerdings nicht aus dem Film Fitzcarraldo, sondern dieses Südseedrama ... er soll tatsächlich beim Schieben eines Bootes von Werner Herzog nicht unterbrochen worden sein und in einem Interview sprach Herzog davon, dass er glaubt, in dieser Szene habe Kinski sich so verausgabt, dass er sich davon nie wieder erholte - Spekulationen, Gerüchte, Wahrheit, Fiktion - mich hat immer diese Emotion begeistert, mit der u.a. Kinski ab und an seine Leidenschaften auslebte - nicht immer, aber wenn, dann sehr prägnant. Manchmal schoss er dabei auch über das Ziel hinaus, so wie ich mit Verwendung der Adjektive.
... Schäden am Kopf repariert bei uns der Schreiner - lt. Der Firma

Hallo Estrel

tut mir leid, dass ich Dich nicht erreichen konnte, aber hier wimmelt es ja nur so von Geschichten und ich denke, dass auch Du bald Deine Favoriten findest. Wünsche Dir viel Spaß beim Stöbern.

Vielen Dank nochmal an alle.
Liebe Grüße
Detlev

 

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