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Das Duell

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18.05.2020
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Anmerkungen zum Text

Diesmal ein etwas längerer Text. Hoffe er gefällt.

Das Duell

Nervös öffnete ich meine Dose.

„Hey, ich hab Kuchen mitgebracht. Möchte jemand ein Stück?“

Es war als hätte jemand das Horn zur Hetzjagd geblasen. Meine Klassenkameraden konnten nicht schnell genug sich zu mir durchdrängen. Freudestrahlend stand ich da und reichte allen ein Stück. Ich nahm alle Komplimente dankend entgegen, witzelte, dass, nur wenn man nett zu mir sei, auch ein großes Stück bekommt und bekam sogar ein freundliches Schulterstrahlen vom hübschesten Jungen der Klasse. Die Freude darüber hielt jedoch nicht lange an. Denn auf einmal musste er seinen Mund aufmachen:

„Hey, ähm, ich würde am Samstag ne Party steigen lassen, jeder ist eingeladen, der kommen will. Für alkoholische Genussmittel wird natürlich gesorgt.“, erwähnte er mit einem so aufgesetzten Lachen, dass ich es ihm runterreißen wollte. Es war als hätten die Jaghunde eine neue Fährte aufgenommen. Sie bewegten sich, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, auf seine Seite des Klassenzimmers. Ich starrte ihn an, mein Blick voller Hass und Verzweiflung. Als die Stunde anfing saß ich neben ihm.

„Marcel, kommst du nicht?“, fragte er mich mit einem leicht enttäuschten Blick, den ich gekonnt ignorierte.

„Nein, ich bin kein Typ für Partys. Zu viele Menschen.“ Antwortete ich, ohne ihn eines Blickes zu würdigen.

„Oh ja, ich wollte mir Moonlight ansehen, aber dann kam die Party dazwischen, du weißt ja.“, erwiderte er darauf. Was ein schleimiger Bastard. Erst versuchte er die anderen mit der Party um den Finger zu wickeln und jetzt probierte er es bei mir mit meinem Lieblingsfilm. Ich antwortete nicht und lies den Rest des Schultages, ohne ihm ein Wort zu sagen, vorübergehen.

Es war Montag. Ich kam ins Klassenzimmer und hörte nur Gerede über die Party. Der eine hat hier hingepisst, der andere hat dort hingekotzt und jeder hat irgendein heißes Mädel begrabscht. Typisch. Mit gesenktem Kopf ging ich in meine Ecke des Raumes. Natürlich wartete er da schon auf mich.

„Hi, Marcel.“, grüßte er mich fröhlich, aber dennoch schüchtern.

„Morgen, Timo.“, antwortete ich und warf meine Tasche in die Ecke. „und wie war deine Party?“, fragte ich ihn mit einem sarkastischen Unterton, dass meine Intention nicht zu überhören war.

„Naja es ging, es wäre viel toller mit dir gewesen, wir hätten uns über Moonlight unterhalten können.“

Das wars. Ich stand auf und der Stuhl fiel hinter mir um. Alle guckten zu uns herüber. Ich raste wutentbrannt davon, aus dem Augenwinkel sah ich den entsetzten Ausdruck in Timos Gesicht. Ich stürmte in den Gang. Wie konnte er es wagen, diesen Film so in den Dreck zu ziehen? Schlimm genug, dass er sich schon bei den anderen einschleimt, aber das geht zu weit. Dieser Film bedeutet mir zu viel, dass er es einfach als Mittel nutzen kann um mich auch noch auf seine Seite zu ziehen.

„Weißt du, was mir dieser Film bedeutet?“

Ich drehte mich um. Timo stand im Gang und sah mir tief in die Augen.

„Er hat mir Mut gegeben. Mir gezeigt, wie wichtig es ist man selbst zu sein.“

Ich starrte Timo nur an, meine Wangen gerötet vor Scham. Ich hatte es nie realisiert, nie wahrgenommen.

„Weißt du, warum ich die Party geschmissen habe?“

„Weil, du beliebt sein willst?“, krächzte ich hervor. Es war als hätte ich einen Stein im Hals.

„Nein. Ich wollte, dass du kommst.“, er kam näher auf mich zu „Ich will, dass du mich kennenlernst, nicht den Köder, den ich für die anderen spiele.“

Ich starrte nur noch beschämt auf den Boden, nicht gewillt ein Wort zu sagen. Doch plötzlich spürte ich, wie Timo meine Hand nahm. Ich blickte hoch und er lächelte mich an. Ich hatte ihn gehasst und behandelt wie Dreck, doch er lächelte mich trotzdem noch an. Er machte seinen Mund auf und wollte etwas sagen, doch bevor auch nur ein Wort über seine Lippen kamen, küsste ich ihn.

 

Hallo @Rob F,

vielen Dank für dein Feedback. Ich find es schade, dass du der Geschichte nicht mehr abgewinnen kannst. Die Charakterisierung der beiden Charaktere läuft mehr zwischen den Zeilen ab. Beispielsweise kann man durchaus darauf schließen, dass Marcel ziemlich einsam ist, was aufgrund seiner Sexualität auch ziemlich leicht erklärt ist. das sieht man daran, dass er Kuchen für die anderen mitbringt, was für 17/18 jährige eigentlich schon ein ziemlich kindischer Versuch ist, um an Beliebtheit zu gewinnen.

„Marcel, kommst du nicht?“, fragte er mich mit einem leicht enttäuschten Blick, den ich gekonnt ignorierte.

„Nein, ich bin kein Typ für Partys. Zu viele Menschen.“ Antwortete ich, ohne ihn eines Blickes zu würdigen.

Hier scheint er sich auch darüber zu ärgern, dass ihm jemand die "Show" gestohlen hat und ihm so seinen kurzen Moment der Beliebtheit genommen hat, auch wenn er das niemanden wissen lassen will.

Ich weiß nicht, vielleicht siehst du das ja anders, aber das war zumindest meine Intention dahinter. Ich hab versucht dem Leser die Fähigkeit zugeschrieben den Sprung zu machen, aber vielleicht wäre es besser gewesen das offensichtlicher zu machen.

Damit ist auch die Länge bzw. die fehlende Ausführlichkeit zu begründen. Ich wollte nicht alles impliziert aufschreiben, was ich mir gedacht habe, weil ich es gern kurz lassen wollte und dem Leser die Möglichkeit geben wollte, selbst sich einige Details vorstellen zu können.

Der Grund, warum ich den Text geschrieben hab? Ich wollte eine Geschichte schreiben, die die komplexe Realität des Schullebens widerspiegelt und mal ein positives Ende hat, was bei meinen sonstigen Geschichten eher selten der Fall ist.

Was die Kommata und die Zeichensetzung allgemein angeht, muss ich gestehen, dass ich einfach Angst habe zu wenig Kommas und Punkte zu haben und deswegen lieber zu viele hinmache. Manchmal geht´s gut, manchmal aber auch nicht.

Hallo @Lenz Harjesd,

ich würde nicht sagen, dass die beiden Charaktere ihre Sexualität wirklich extrem in der Öffentlichkeit zur Schau stellen. Ihre Liebe zueinander gestehen sie sich ja alleine auf einem Gang in der Schule. Alles davor, von Timos Seite, kann ja noch nur als schlechte Smalltalk-Versuche gelten.

 

Hey K. Wannstedt,

Mir gefällt das Thema sehr, welches du für die Kurzgeschichte gewählt hast, weil es eine gute Identifikationsplattform für andere bieten kann (u.a. auch für mich). Deine Umsetzung des Themas gefällt mich gar nicht, da, wie schon Rob F angemerkt hatte, es auf das Ende hinausläuft, kein wirklicher Spannungsaufbau und kein Raum für die Protagonisten selbst vorhanden ist. Weiterhin ist man im Unklaren, in welcher Beziehung die beiden Hauptfiguren stehen bzw. was die Vorgeschichte der beiden ist (Stand Marcel schon länger auf Timo?). Ohne diese Aufarbeitung der Vorgeschichte der Beiden fühlt man sich als Leser ganz schnell verloren und fragt sich, wie auf einmal Timo seine Liebe gesteht. Man hat auch nicht wirklich Lust die Fragen, die der Text dem Leser aufgibt, zu beantworten, da der Text nicht wirklich den Leser dazu einlädt, begründet durch die fehlende Spannung, Rhetorik etc.

Etwas mehr Pathos würde deinem Text auch nicht schaden, da es sich ja schließlich um Jugendliche handelt, die alles doppelt so stark fühlen und sich auch in der Selbstfindungsphase befinden, was ihre Sexualität angeht. Das könnte vielleicht auch helfen mehr Spannung aufzubauen und trägt zur Betonung des komplexen Schullebens bei, welches du illustrieren wolltest.

Den Titel find ich auch sehr unpassend, weil es kein wirkliches Duell gibt. Als ich den Titel sah, dachte ich, es käme etwas dramatisches und spannendes auf mich zu, was nicht der Fall war. Ein Duell bedeutet für mich ein aufregendes Hin und Her.

Das Bild der Jagdhunde, welches du verwendet hast, fand ich sehr lebendig, weil ich mir gut vorstellen konnte, wie alle Schüler wegen einem Stück Kuchen auf denjenigen, der den Kuchen verteilt, zu stürmen. Mehr davon!

Zum Spannungsaufbau könntest du dir ja den gängigen Aufbau eines Dramas anschauen (Exposition, steigende Handlung, Klimax, Retardation und Lösung des Konlfikts) und dem vielleicht etwas abgewinnen.

Ich hoffe, dass ich dir in irgendeiner Art weiterhelfen konnte.

Viele Grüße,
schoele

 

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