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Das Ende des Wartens

Seniors
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22.10.2011
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Das Ende des Wartens

Manchmal glaubte Anna, das Warten habe sich in die Erinnerung ihrer Wohnung geprägt. Ein geisterhafter, blasser Pfad, der von der Küche zum Bad führte. Manchmal glaubte sie, das Warten habe ein Gesicht.
Noch fünf Stunden.
Sie rückte Bilder zurecht, die gerade hingen, und Sessel, die dort standen, wo sie sollten. Dann begann sie von vorn. Sie zupfte am Goldlack, der in einem Kübel auf dem Balkon blühte, und schnitt trockene Blüten heraus. In ihrer linken Hand häuften sich Blättchen, sie vergrub ihr Gesicht darin und sog den Duft ein.
Nur noch diesen Vormittag musste sie überstehen und die Zeit, bis der Arzt sie hineinrief, dann war das Warten vorbei. Für eine Weile. Dann konnte sie weinen oder glücklich sein. Sie würde mit allem zurechtkommen, sie würde es müssen. Für eine Weile.
Noch vier Stunden.
Anna wanderte weiter, durchmaß die Räume, um die Zeit voranzutreiben. Endlich, endlich losfahren, das Warten abkürzen bis zu dem Moment, wenn sie vor dem Arzt saß.
Sie hatte gedacht, sie sei geduldiger. Doch dann war das Warten in ihren Leib gekrochen und hatte die Furcht geboren. Sie nährte sich von Anna, fraß sie bei lebendigem Leib. Und als das Warten genug hatte von der Hülle, zu der Anna geworden war, schickte es die zweite Tochter: die Hoffnung. Anna wusste nicht, welche der beiden Töchter grindiger war.
Noch drei Stunden.
Sie schminkte sich, kirsch und schiefergrau, zog den knallroten Tanga an. Der Arzt würde ihn nicht sehen, diesen zu engen Fetisch, aber Anna würde ihn spüren, wenn der String beim Hinsetzen in die Haut kniff. Ihre Gedanken konnten sich mit den Bändchen in die Schenkel bohren, während ihr Oberkörper sich mit ruhiger Gelassenheit dem Arzt entgegenneigte. Was immer er sagen würde, das Warten wäre vorbei. Endlich.

Eine Bahn kam, spuckte Menschen aus, Anna trat zurück, ließ Platz für die Aussteigenden. Graue Gesichter, die zu Boden stierten, Stimmen, die in ihren Ohren stachen. Geplärre. Die Tür schloss mit einem Schmatzen und stieß einen Schwall säuerliche Luft auf das Gleis. Es roch nach ungewaschener Kleidung.
Die Ziffern der Anzeigentafel rückten vor, noch eine Minute. Anna schaute in den Tunnel, überlegte, von welcher Seite die Bahn einfuhr. Ein Luftzug erfasste sie, etwas schrillte, eine Hand riss sie zurück. „Sind sie wahnsinnig?“ Der Mund der alten Frau sprühte Speichel, schwere graue Haare, gewunden zu einem unordentlichen Knoten. Anna sah ihr nach, als sie davonging. Der Dutt schwang im Rhythmus ihrer Schritte von links nach rechts. Vorsichtig stieg Anna in die Bahn, wich Kaugummiblasen und Kopfhörern aus, streifte einen Schenkel, kniff die Falte in ihrem grauen Hosen-Anzug gerade. Jemand aß Pommes frites. Um sie herum schwirrten Stimmen, die alle gleichzeitig quäkten, „und dann hab ich … aber ich … und dann ist er ...“ Ein Mädchen strich ihr Haar zurück. Affektierte, gezupfte Augenbrauen, der Mund klaffte. Noch eine Stunde.

Sie erinnerte sich.
Ihr Leben hatte schon immer aus Warten bestanden. Auf den Job, die Tochter, den Mann, auf den Erfolg und wieder auf den Mann. Darauf, dass das Leben schöner wurde. Oder wenigstens blieb. Zuletzt hatte sie darauf gewartet, dass die Infusionen austropften und sich durch ihren Körper brannten, darauf, dass ihr übel wurde. Sie hatte sich müd und trüb gewartet.
Im Wartezimmer blätterte sie sich durch eine Zeitung, überlegte, was dagegen spräche, die Bilder an den Wänden gerade zu rücken. Von draußen kreischte und bimmelte es. Schließlich schloss sie das Fenster.
Die Sprechstundenhilfe wies mit ausgestreckter Hand auf das geöffnete Sprechzimmer, eine Galionsfigur mit Klettslippern. Nachdem Anna die Tür geschlossen hatte, blickte sie zaghaft zu dem Arzt hin. Er starrte auf den Schreibtisch. Als er sie anschaute, verzog sich sein Gesicht zu einer Maske. Die Fältchen an seinen Augen sahen tot aus.
„Frau Mönig, da sind Sie ja!“ Von draußen brauste noch immer der Straßenlärm, manchmal gellte eine Hupe. Mit durchgestrecktem Rücken schritt sie vor seinen Schreibtisch, nahm Platz. Hier war es still. Ganz still. Das Warten stand im Zimmer. Noch hatte es ihr den Rücken zugekehrt.
„Ich habe gute Nachrichten.“ Der Arzt öffnete beide Arme. „Sie haben es geschafft.“ Er strahlte, sein Lachen erreichte die Augen, ließ den Kranz von Fältchen flirren. „Die Quälerei hat sich gelohnt.“ Er streckte die Hand nach ihr aus. „Wir haben gewonnen.“ Zögernd ergreift sie seine Finger. Von draußen tönt Gelärme, das Bimmeln einer Fahrradglocke, ein paar Kinder, die sich ihr Lieblingseis zurufen. Himbeer, fällt ihr ein. Und Joghurt, obwohl keiner sie gefragt hat. Direkt vor dem Fenster singt eine Amsel. Ein Männchen, denkt Anna.
Zuhause würden sich die Schatten nicht mehr in den Ecken ihrer Wohnung sammeln, sie würden zu Boden sinken und sie würde sie wegfegen mit einem rauen, fröhlichen Besen. „Ja“, antwortet sie.

Auf dem kleinen Platz vor der Arztpraxis herrscht Getriebe, ein vergnügtes Menschenkarussell. Fahrradfahrer klingeln sich vorbei, aus einem Korb am Lenker linst ein aufgeregter, kleiner Hund. Männer mit Baskenmützen schwatzen über das letzte Spiel der Borussia, eine alte Frau wirft Brot für die Tauben. Zwei Teenies plagen sich mit riesigen Einkaufstüten, schnattern von den neuen Schuhen, die sie gleich anziehen werden. Ein junger Mann streift Anna im Vorbeigehen mit seinem Blumenstrauß, honiggelber Freesienstaub haftet an ihrer Jacke. „He, hoppla, mein Anzug ist frisch gewaschen.“ Ihre Stimme zittert.
„Na dann ziehen Sie ihn doch aus, sieht bestimmt noch hübscher aus.“ Er sagt es frech und mit einem bewundernden Blick. Dabei zieht er die Nase kraus und fängt sie mit seinen Augen. Nur mit Mühe und kichernd reißt sie sich los. Sie stöckelt vorbei an der älteren Dame auf der Parkbank, die mit einer riesigen Zeitung kämpft, und setzt sich. Neben ihr hockt ein Mädchen, das ihrem Opa ein iPhone zeigt. Ihre Stimme überschlägt sich, so sehr preist sie dessen Vorzüge. Der Opa zieht die Stirn in Falten und starrt auf das kleine Kästchen in ihrer Hand, dann deutet er auf seine Zeitung, nimmt das iPhone und packt es liebevoll ein. Das Mädchen jauchzt und zeigt seinem Opa die geöffnete Hand, prustend schlägt er ein. Und Anna lacht mit, einmal iPhone der Herr, wie hätten Sie es denn gern, eingewickelt und to go?
Gegenüber von dem kleinen Platz, in einem kleinen, frischen Park, blühen Pfingstrosen. Nur durch eine Böschung und Gleise von ihr getrennt. Zwischen Skulpturen und Fliederbüschen führt ein Weg zu einem weißen Pavillon. Ist das nicht der junge Mann von vorhin, der gerade dort läuft? Klar, das sind seine breiten Schultern, der wippende Haarschopf. Neben ihm schlenkern die Blumen. Und jetzt klingt Musik aus dem Park, ein Saxophon setzt ein, nein, nicht nur eines, es sind drei Bläser. Anna steht auf. Vielleicht tanzen sie da drüben im Park? Vielleicht geht sie ja selbst dorthin? Vielleicht tanzt sie mit dem jungen Mann, der eben so frech war? Worauf wartet sie? Sie braucht nicht länger zu warten, sie wird erwartet. Von Blumen, der Musik, dem jungen Mann. Klänge fluten in ihren Körper, ihr Becken wiegt sich, ganz sacht, ein Schritt vor, zurück, eine Drehung. Es ist Pantera Mambo, ihr Lieblingsstück. Ihre Hüften kennen den Takt, schwingen und kreisen, tanzen und sich verlieben, das erwartet sie. Die Hand eines Mannes wird sich auf ihren Rücken legen, er wird an den Hüften entlangfahren, mit glühenden Händen, und die Bänder ihres Strings tasten und das Weiche ihrer Haut. Sie fühlt sein Bein zwischen ihren, die Vorfreude, den Rhythmus, das Wiegen und Fühlen und Spüren. Ihr ist ganz heiß. Sie will nicht warten, nein, sie will tanzen, sie hat keine Zeit, eine Ampel zu suchen, einen Übergang über die Gleise. Schnell klettert sie die Böschung hinunter. Der Schotter strahlt Hitze, die ihre Sohlen durchdringt. Sie überklettert den ersten Schienenstrang, balanciert die Holzschwelle entlang. Von Weitem schmettert das Saxophon, fast ein bisschen grell, aber das ist egal, sie wird tanzen, sich drehen, die Wärme seiner Hände genießen. Etwas ruckt an ihrem rechten Fuß, sie zieht, doch der Pump hängt fest. Mit aller Kraft reißt sie an dem Schuh, zerrt, holt Schwung, um sich zu befreien, zerrt noch mehr, strauchelt, knickt um und schlägt lang hin. Der Schotter bohrt sich in ihr Fleisch. Als sie sich aufstützt, ihre verdrehten Beine bewegen will, fährt ein scharfer Schmerz durch ihr Knie, etwas reißt, als wäre ein Stück des Knorpels abgefräst. Der Ton hallt jetzt, dehnt sich, ganz lang, ganz hell, ganz grell, bis er über ihr zusammenschlägt. Es ist kein Saxophon, das ist schon lange verstummt. Es ist ein Brausen, das sie hört, ein Kreischen und Schrillen, das immer lauter wird. Dann ist es still. So still, dass Anna es hören kann, das Wispern, mit dem das Warten sich zu ihr dreht.

 

Hallo Novak!

Mir ist vollkommen klar, dass du mit der Geschichte niemanden absichtlich ärgern oder provozieren wolltest.

Aber: Du schießt in deinem Kommentar auch übers Ziel hinaus und äußerst Unterstellungen, die sich nicht mehr allein auf die Geschichte beziehen oder auf deine Wahrnehmung der Geschichte, sondern auf meine Motive. Und da gehst du mir zu weit. Denn die kannst du nicht beurteilen.
Ich weiß natürlich nichts über deine tatsächliche Motivation, diese Geschichte zu schreiben, aber ich denke, ich sag auch gar nichts über deine Motive, sondern bleibe immer bei der Geschichte. Wenn ich sage, das Ende ist ein etwas billiges Ende, dann meine ich die Mittel, die du in der Geschichte einsetzt und nicht deine Motivation dazu. Wenn mitten in einem Moment der übermütigen Lebendigkeit der Tod dann doch kommt (er ist ja die ganze Geschichte hindurch präsent), dann ist das der größtmögliche Fall (im Sinn von Sturz), den ich mir vorstellen kann, oder auch der stärkste Effekt, der möglich ist. Und ich bekomm hier nicht mit, warum das passiert. Natürlich kann man sagen, so ist das halt, es muss keinen Sinn haben oder das war hier eben ein schrecklicher Zufall. Aber ich glaub nicht an Zufälle in literarischen Texten. Man schreibt doch, weil man etwas zeigen will, neue Zusammenhänge, die Gestalt eines Textes legt einen Sinn nahe, ja, ich gehe so weit zu sagen, dass literarische Gestaltung die Suche ist, einen neuen Sinn herzustellen, zu einer neuen Erkenntnis zu gelangen. Wozu sollte man eine Geschichte schreiben wollen, wenn man nicht etwas Bestimmtes, etwas Unerhörtes damit sagen will? Und hier wird mir eben nur gesagt, dass der Tod im Leben immer präsent ist. Und das ist keine neue Auseinandersetzung mit dem Tod, birgt für mich keine neue Erkenntnis. Vielleicht kann man auch nichts Neues über den Tod sagen, ja, und genau deswegen würd ich auch aufpassen, wenn ich darüber schreibe. Das Motiv des Wartens verselbständigt sich, zeigt leichte Anzeichen von Selbstverliebtheit, was sich auch darin zeigt, dass es am Ende selbst das Gesicht des Todes zeigt. Es wandelt sich ja, zeugt zuerst zudem die Kinder Furcht und Hoffnung in ihr. Das find ich eine schöne Beobachtung, aber dass es dann auch noch mit dem Tod gleichgesetzt wird, find ich eine Unschärfe.
Ja und? Weil es eine allgemeine Erkenntnis ist, kann/darf/soll man nicht darüber schreiben? Du schreibst später selbst, dass der Tod der größte Konflikt des Menschen ist. Da ist es dann doch wohl klar, dass Menschen sich schreiberisch oder auf andere kreative Weise damit auseinandersetzen. Gleichzeitig schreibst du, es sei immer billig, einen Text mit dem Tod enden zu lassen.
Es ist ein Unterschied, ob sich ein Text inhaltlich mit dem Tod beschäftigt oder ob er am Ende sozusagen wie ein negativer deus ex machina auftritt wie hier, als ihn niemand mehr erwartet. Ja, vielleicht ist das zu dogmatisch, zu sagen, dass man eine Geschichte nicht mit dem Tod enden lassen sollte, aber verdammt vorsichtig wär ich schon damit. Unter anderem deswegen werden hier die ganzen Selbstmordgeschichten eher schief angesehen, weil sie eben mit dem "berührenden" Schockmoment am Ende "rechnen".
Den ersten Teil unterschreibe ich. Den zweiten nicht. Ich weiß, dass die meisten Menschen einen Sinn in ihrem Leben suchen. Was ist aber, wenn es den außerhalb der Dinge, die wir tun, gar nicht gibt? Oder was ist, wenn es zwar einen inneren Zusammenhang gibt, der sich aber ganz anders darstellt? Wenn jemand beispielsweise aus einem Job fliegt, dann in aller Regel doch deswegen, weil er aus Geschäftsgründen wegrationalisiert wird. Und nicht, weil der Mensch auf eine Bewährungs- und Sinnreise geschickt werden soll. Warum soll/muss man das, was man selbst als Zweck hat, genauso wie das, was einem von außen widerfährt, immer mit einer höheren Weihe versehen? Ich halte davon nichts.
Es ist völlig egal, ob es einen Sinn gibt oder nicht, die Menschen brauchen einen, das ist das Wesentliche. Das hat auch nichts mit höherer Weihe zu tun, man braucht einen Grund, um zu leben und sein Leben zu rechtfertigen.

Danke für deine ausführliche Antwort auf meinen Kommentar. Nichts für ungut, ich mag scharfe Auseinandersetzungen und widerspreche sehr gerne! ;)

Gruß
Andrea

G

 
Zuletzt bearbeitet:

liebe Novak,

zunächst mal, wenn ich so die Kommentare und deine Antworten lese ... ist doch klar, dass ein Schreibender es nie allen recht machen kann, oder? Und komm' bloß eines Tages nicht wieder auf die Idee, mit dem Schreiben aufzuhören (eine gruslige Vorstellung).
Mir hat die Geschichte gefallen, weil solche beschissenen Zufälle wirklich passieren und genau so sinnlos sind - bzw. sinnlos erscheinen können - wie von dir geschildert. Ich kenne aus meinem Drumherum mindestens 2 (in einem Fall genauso ein 'Geschafft' und Hirnschlag in der nächsten Nacht), also kommt es mir überhaupt nicht an den Haaren herbeigezogen vor. Aber klar, du hast auch da recht, der Mensch braucht unabhängig davon, wie es wirklich ist, einen Sinn. Über diese Spannung angesichts der Tatsache des Todes kommt man ins Nachdenken - was will eine Geschichte mehr?
Und eine gute Warnung steckt drin: 'Verwarte nicht dein Leben'!

Du formulierst wie immer stimmig, bildhaft, bis auf eine Ausnahme aus meiner Sicht, "Die Fältchen an seinen Augen sahen tot aus", darunter kann ich mir gar nichts vorstellen und es passt für mich auch nicht in den Zusammenhang. Aber das ist eine Kleinigkeit. Ich habe es gern gelesen,

liebe Grüße,

Eva

 

Und weiter gehts mit den Antworte an ernst offshore und Quinn:

Hallo, lieber ernst offshore,
schluck, mit dem Folgenden hattest du mir dann ja einen gehörigen Schrecken eingejagt:

Also da hatte ich schon mal gleich zu Beginn gehörige Bedenken, das wird wohl so eine elende Betroffenheitskiste werden, befürchtete ich, und tatsächlich kommt die Geschichte anfangs nur schwer vom Fleck, nimmt nur ganz langsam Fahrt auf.
Zum Glück fandst du sie danach ja dann besser. Und also nee, Betroffenheitskisten will und werde ich nur unabsichtlich schreiben. Die mag ich selbst nicht. Aber da ich ein Faible für so eine Mischung aus Horror, aber eben auch Psychodramen habe, kann ich mir vorstellen, dass man sich auch mal vergaloppiert.
Warum dir das so ein bisschen schwergängig vorkam der Beginn, ich weiß es nicht, anderen ging es wohl nicht so.
Ich denk drüber nach, ob man da noch was kürzen kann, aber andererseits braucht man den etwas langsameren Beginn ja auch. Es ist nicht einfach, das auszutarieren. Ich denke natürlich darüber nach, wie ich ja mittlerweile über die ganze Geschichte nachdenke. Ich weiß nicht, was draus wird. Im Moment hab ich etwas die Lust an dieser Geschichte verloren. Aber sprachliche Sachen, die mir einleuchten, die ändere ich natürlich sowieso noch. Ist nur eine Frage der Zeit. Und genau die fehlt mir im Moment.

Endlich, endlich losfahren, das Warten abkürzen zu dem Moment, wenn sie vor dem Arzt saß.
Den Satz verstehe ich in dieser Formulierung nicht recht. Meinst du, Anna will das Warten bis zu dem Moment, in dem sie vor dem Arzt sitzt, abkürzen, oder das Warten soll sich reduzieren auf den Moment dann beim Arzt? Das ist mir ein bisschen zu nachlässig formuliert.
Schiet aber nochmal, ich weiß schon, dass das grammatikalisch nicht ganz korrekt ist, ich wollte durch diese Formulierung den Prozess des Wartens auf diesen Moment hin verdeutlichen, hatte mir also was dabei gedacht. Naja, vielleicht hast du Recht, hattest du ja schon öfter. :D Werd ich es wohl mal korrigieren. Ist ja auch doof, wenn eine Grammatik“spielerei“ nicht als die bewusste Brechung ankommt, sondern als Nachlässigkeit.

Stur aber bleib ich bei grindig. In Deutschland gebraucht man das Wort selten. Dass es in Österreih allunterste Schublade ist, das wusste ich nicht. Aber es ist so schön bildmalend, dieses Wort.

Auch bei kirsch bleib ich. Das geht so, denke ich. Und bei der ursprünglichen Formulierung „kniff“ auch. Es sei denn, Friedel legt ein Veto ein, das ich nachvollziehen kann. Ich freu mich schon drauf. Aber wird diesmal wohl nichts draus.

Es gibt keinen triftigen Grund, dieses Nominativkompositum mit einem Bindestrich zu zerstückeln.
Doch! Deine Entrüstung! :D Die lieb ich.

Die Rest“nörgeleien“ werde ich berücksichtigen und entsprechend abändern, vor allem, weils gar keine Nörgeleien sind. :)

Dass du hier mitten in einem Absatz vom Präteritum ins Präsens wechselst, erscheint mir als sehr gelungener Kunstgriff, weil ja mit des Arztes Befund Annas Leben gleichsam neu beginnt.
Ja genau so war das gemeint.

Und ganz wunderbar gelingt es dir, Annas Zurückkehren ins Leben, ins Jetzt zu beschreiben, und was und wie sie plötzlich wieder alles wahrnimmt, in diesem winzigen, großartigen Augenblick der Erlösung. (...)
Ab da wurde die Geschichte eigentlich eh ziemlich schön und berührend für mich, ich konnte mich förmlich mitfreuen mit der neugeborenen Anna. Und dass das alles jetzt ein bisschen dick aufgetragen ist (...) na ja, ich sag mal, wer würde die Welt nicht auch mit riesengroßen Augen neu wahrnehmen und sich darüber freuen, wenn er eben dem Tod von der Schippe gesprungen ist?
Ganz genau so war es gemeint. Schade, dass es bei anderen als Werbeästhetik angekommen ist. Dabei kenn ich das von mir und von anderen, dass man, wenn eine schlimme Zeit vorbei ist, alles völlig anders sieht, viel viel farbenfroher, viel deutlicher. Man hat das Gefühl, man sieht die Menschen anders. Es ist ein bisschen verrückter, überschwänglicher Zustand. Das wollte ich schildern.

Das Ende finde ich gnadenlos. Perfekt, perfide und gnadenlos gut!
Die Geschichte ist wirklich toll komponiert, mit einem betulichen, langsamen Intro, einem sich stetig steigernden Mittelteil und einem wahrlich furiosen Finale.
Naja, dieses Lob häng ich mir auf. Iwar schon sehr froh, dass es wenigstens bei eingen wenigen so angekommen ist, wie es gedacht war. Hab mich gefreut über dein Lob wegen des Endes und der Komposition der Geschichte. Aber da sind wir wohl ziemlich allein auf weiter Flur.

Und dann bist du ja noch mal vorbeigeschneit

war es also doch nicht so abwegig, dass ich beim Lesen des abrupten (existenzialistischen?) Endes der Geschichte an deinen Kommentar zu Bergs „Determinismus“-Geschichte (Gottes Fliegenklatsche) denken musste:
stimmt
Diese Thematik scheint dich momentan ja wirklich zu beschäftigen.
Genau. Hängt mit meinen früheren und besonders gegenwärtigen Erfahrungen zusammen.

Wobei ich die Idee nicht unbedingt als zu jugendlich, zu altbacken, zu simpel bezeichnen würde, sondern eher als folgerichtige, unvermeidliche Erkenntnis jedes denkenden (erwachsenen) Menschen und vielleicht war es genau diese Aussage, die mich das Ende deiner Geschichte so mögen ließ.
Was gibt es denn Versöhnlicheres, als den Löffel just in einem Augenblick purer Wonne, im Augenblick größter Lebensbejahung und schieren Übermutes abzugeben, gerade wenn man sich denkt „Alles wird gut. Zum Teufel, alles ist gut!“ (…)
So gesehen ist es ja sogar eine optimistische Geschichte eigentlich, fatalistisch hin oder her.
Das hat mir gefallen, dass du das so liest. Es war nicht so gemeint, aber ich kann andererseits verdammt gut damit leben. Wer wünscht sich das nicht, dass man ein Ende findet ohne das unsägliche Leid und das Dahinsiechen, das für so viele Krankheit und/oder Alter mit sich bringen.

Lieber ernst offshore. Ich danke dir sehr für deine Zeit und deine Anmerkungen, für deine Genauigkeit und auch für dein Lob. Das war gerade in diesem Fall einfach verdammt gut, auch mal etwas Bestätigendes dazwischen zu lesen.
Liebe Grüße Novak

Hallo Quinn,

die Geschichte ist so klar konstruiert, dass ich, während ich sie gelesen habe, mir überlegen konnte, wie sie wohl ausgeht.
Ich habe das nicht darauf angelegt, irgendwelche verblüffenden Wendungen einzubauen. Es kam mir auf ihre „Rückkehr zum Leben“ an und auf den Schluss. Aber natürlich sollte es auch nicht vorhersehbar im blöden Sinne sein. Ich glaub beim Geschichtenschreiben gibt es so furchtbar viel zu bedenken, vielleicht lass ich mich zu sehr davon faszinieren, eine Idee zu schreiben und sie fertigzustellen, hab aber nicht so einen inneren Geschichtenfilter eingebaut, der mir zur richtigen Zeit rote Ampelzeichen gibt: Halt, zu vorhersehbar, halt, Charakter noch zu platt, halt, zu viel oder zu wenig Sinnlichkeit, halt, nichts Neues. Irgendwie geht mir dieser Geschichtenfilter ab, jedenfalls als vernünftiges Korrektiv. Vielleicht installiert der sich ja noch mal. Eine Zeitlang hab ich das versucht, die Geschichte, die ich damals schrieb, ständig zu überprüfen mit diesem Filter, wie ich das nenne. Auf den Leser hinblickend, was würde der jetzt wohl sagen? Würde es dem Leser was bringen? … Ich denke fast, das war eine falsch verstandene Reaktion auf Diskussionen hier im Forum. Für mich war das furchtbar nervig. Wie eine riesengroße Bremse im Hirn. Jetzt schreib ich das, was mir beim Schreiben Spaß macht ohne diese Bremse. Und naja, das ist das Resultat. An anderer Stelle habe ich schon mal geschrieben, dass da vielleicht auch Geschichten rauskommen, die zu sehr für einen selbst gedacht sind.

Für mich der Höhepunkt der Geschichte ist:
Ihr Leben hatte schon immer aus Warten bestanden. Auf den Job, die Tochter, den Mann, auf den Erfolg und wieder auf den Mann. Darauf, dass das Leben schöner wurde. Oder wenigstens blieb. Zuletzt hatte sie darauf gewartet, dass die Infusionen austropften und sich durch ihren Körper brannten, darauf, dass ihr übel wurde. Sie hatte sich müd und trüb gewartet.
Das finde ich einen wunderbaren Absatz.
Da hab ich mich sehr gefreut. Denn diesen Absatz find ich auch total gut. Er entstand ehrlich gesagt so nebenbei. Und als ich ihn geschrieben hatte, fand ich ihn selbst so gut, dass ich überlegt hab, dass man von dieser Zeit ja eigentlich noch viel mehr zeigen müsste. Und von ihr, wenn sie immer nur wartet und wartet. Was macht das denn mit ihr. Da geh ich mit dir völlig einig. Ich hab das dann nicht weiterverfolgt, ich kann mich noch genau an diesen Moment beim Schreiben erinnern, ich hab gedacht, dass ich doch aber was ganz anderes will und wollte, eben dass sie da fast ein bisschen außer sich ist und es zu diesem schrecklichen Zufall kommt. Hab es also fallen lassen, das weiterzuverfolgen.

Dann kam für mich der Teil, der Geschichte, der mich so ein bisschen … hm, ich weiß nicht „geärgert“ ist das falsche Wort, aber ein bisschen enttäuscht hat. Also zu sagen: Lebensfreude besteht letztlich darin, sich im Park treiben zu lassen und zu tanzen, dem Opa beim Albern mit seiner Enkelin zuzusehen – das war mir wirklich zu viel Werber-Ästhetik.
Enttäuschen will man als Autor sicherlich nicht, von daher ist das schade, so ganz nachvollziehen kann ich sie an dieser Stelle aber nicht. Es ging mir um diesen speziellen Moment, den sie erlebt. Ich hab ja nie behauptet, Lebensfreude bestehe letztlich darin, zu tanzen oder durch den Park zu flanieren. Aber all das gehört sicherlich auch dazu. Ich wollte zeigen, wie sie alles intensiver empfindet, ganz harmonisch, farbenfroh, weil ihre Scheißangst alles grau gemacht hatte. Nach einer verdammt großen Angst und nachdem es einem dreckig ging, geraten Leute oft in so einen Überschwang. Man sieht die Farben bunter und reingewaschener als sonst. Ich wollte nicht Lebensfreude an sich oder als Lebenskonzept oder als Grundgefühl zeigen, sondern einen bestimmten Moment, in dem man sich einfach forttreiben lässt, so ein bisschen von Sinnen gerät.
Und die Lösung der Geschichte ist dann – schon sehr naheliegend, fand ich – diese ironische Wendung am Schluss, wie aus so einer bunten Meldung: Frau hat erfahren, dass sie geheilt ist, 2 Minuten später wurde sie von einem Klavier erschlagen.
Das ist so eine typische schwarzhumorige Wendung, so eine poetische Gerechtigkeit – ich finde als Pointe des Textes, als Zweck des Textes ist mir das zu wenig.
Ja kann ich nachvollziehen von deinem Standpunkt aus. Und vielleicht wäre es lohnender gewesen, dem Warten nachzugehen. Aber so war es nun mal nicht in meinem Kopf. Die Betonung lag in meinem Kopf auf dem Moment, in dem sie von ihrer Angst erlöst wird und dann aus dem Übermut heraus doch stirbt. Das Warten war da in diese Idee eingebaut, aber es war nicht das Hauptthema.

Ich find diesen Absatz mit dem „müd und trüb“ gewartet – den find ich wirklich großartig, und ich hätte mir gewünscht, wenn man aus dem Kern heraus etwas macht. (…) Was macht man denn mit seinem Leben, wenn man das Gefühl hat, dem Tod noch einmal von der Schippe gesprungen zu sein? Was hat dann noch Bedeutung? Gibt es da einen Wandel? Lebt man danach anders? Was wenn nicht? Wenn man einfach weitermacht und nicht mehr auf den Tod wartet, sondern darauf, dass irgendetwas anderes passiert?
Du hast Recht, es ist wirklich ein wichtiges Thema. Und dass es mich als Thema trifft oder für mich wichtig ist, das merkt man daran, dass auch mir dieser Absatz selbst so gut gefällt. Es ist eine existenzielle Frage, von daher sehe ich das auch nicht so, dass ich in meinem Leben an einer anderen Stelle wäre, wie du das später ausdrückst oder mir prinzipiell andere Sachen überlegen würde. Die Betonung war für mich nur hier eine andere.

Ich finde der Text bleibt dem Thema gegenüber seltsam zahm und vorsichtig. Was machen Menschen denn, wenn sie hören, das sie doch weiterleben? Was wenn da gar nichts passiert?
(…)
Ich hab bei dem Text das Gefühl, die Frage, die er stellt, ist hochaktuell. Die Antwort, die er gibt, scheint mir nicht zeitgemäß zu sein. Die ist mir zu zahm.
Hmmm, wer möchte shon gern zahm schreiben oder zahm mit einem Thema umgehen, das trifft mich natürlich anspornmäßig, und zwar hier wie auch schon beim "Blauen Leuchten" oder bei der Froschhochzeit, du sagst mir ja immer Ähnliches. Und ich reagier immer etwas hilflos, weil mir deine Argumentation einserseits immer einleuchtet und gefällt. Aber trotzdem bin ich halt an einem anderen Punkt geblieben. Ich wüsste gar nicht, wie ich das ändern kann oder soll. Du zeigst oft Punkte auf, die ich in dem Moment des Schreibens und Überarbeitens so nicht wollte oder so klar nicht gesehen habe, aber ich kann es jedes Mal nachvollziehen, was du meinst. Da wird man nachdenklich und überlegt, ob das nun tatsächlich ein anderer Punkt des Lebensabschnitts ist. Oder anderer Geschmack. Oder meine „Schreibpubertät“, wie ich das nenne. Wie schreibt man denn unzahm? Wie dreht man denn das Rädchen weiter? Verstehst du, was ich meine?
Ein Unterschied ist sicherlich, dass ich da überhaupt nicht so bewusst rangehe wie du. Ich hab auch schon überlegt, gerade bei deinem Kommentar, dass es vielleicht manchmal eine sehr lohnenswerte Sache ist, eine Geschichte zu schreiben, und sich dann die Stelle rauszupicken, die einen selbst am meisten berührt hat, und zwar eine Stelle neben der Hauptidee, nicht die Idee selbst. Und auch nicht irgendeine sprachliches Bild, in das man sich verliebt hat, sondern naja, was einen eben berührt. Und sich dann zu fragen, warum die Stelle einen so berührt. Vielleicht erhält man da andere Linien zu einer vielleicht neuen Interpretation und damit neuen Geschichte.

Es gibt so einen Ratschlag zum Plotten, da hält sich ja kein Mensch dran: Schreib die ersten 5 Einfälle auf, die du als Lösung für den Konflikt hast, und verbiete dir jeden einzelnen.
Kannte ich nicht. Aber der Ratschlag ist auf jeden Fall richtig gut. Ich merk aber auch daran, dass es einen vielleicht zu sehr einschränkt, eine Geschichte von hinten her zu denken, wie ich das hier gemacht habe. Damit will ich nicht meine Geschichte infrage stellen, sondern den Prozess des Geschichten Schreibens anders bewerten oder sehen. Durch deine Kommentare komme ich oft auf solch prinzipiellere Dinge und das find ich gut. Lieber Quinn, wie so oft schon, vielen lieben Dank für deine Auseinandersetzung, deine Zeit und deine Gedanken.
Viele Grüße, Novak

 

Liebe Novak!

Meine Güte, auf was ich in meinem Leben schon gewartet habe, mit hoffen und bangen, das darf ich gar keinem erzählen. Die Geschichte wirkt durch ihren Wiedererkennungswert. Das wäre ein bisschen zu wenig, für eine interessante Story, wenn ich nicht einige besondere Eindrücke darin finden würde.
So wie hier:

Manchmal glaubte Anna, das Warten habe sich in die Erinnerung ihrer Wohnung geprägt. Ein geisterhafter, blasser Pfad, der von der Küche zum Bad führte.
Ja, das ist ein ganz eigenes Bild. Find ich gut!

Manchmal glaubte sie, das Warten habe ein Gesicht.
Auch gut, hängt aber in der Luft, weil nicht näher drauf eingegangen wird wie beim ersten Beispiel.

Sie hatte gedacht, sie sei geduldiger. Doch dann war das Warten in ihren Leib gekrochen und hatte die Furcht geboren. Sie nährte sich von Anna, fraß sie bei lebendigem Leib. Und als das Warten genug hatte von der Hülle, zu der Anna geworden war, schickte es die zweite Tochter: die Hoffnung. Anna wusste nicht, welche der beiden Töchter grindiger war.
Auch das, sehr interessant. So was mag ich.

Also, von solchen „eigenen“ Bildern zum Thema „Warten“ hätt ich mir mehr gewünscht. Streckenweise wird ein Verhalten gezeigt, das wohl alle an den Tag legen, wenn sie warten:
Sie zupfte am Goldlack, der in einem Kübel auf dem Balkon blühte,
Mache ich auch, jedes Mal, und wenn ich mit Zupfen fertig bin, gieße ich sie zu Tode (was haben meine Blumen schon gelitten!).

Auch dieses übergenaue Beobachten, aus Langeweile, ist vermutlich üblich.
Eine Bahn kam, spuckte Menschen aus, Anna trat zurück, ließ Platz für die Aussteigenden. Graue Gesichter, die zu Boden stierten, Stimmen, die in ihren Ohren stachen. Geplärre. Die Tür schloss mit einem Schmatzen und stieß einen Schwall säuerliche Luft auf das Gleis. Es roch nach ungewaschener Kleidung.

Dieses ist wieder ungewöhnlich, jedenfalls für mich:
zog den knallroten Tanga an. Der Arzt würde ihn nicht sehen, diesen zu engen Fetisch, aber Anna würde ihn merken, wenn der String beim Hinsetzen in die Haut kniff. Ihre Gedanken konnten sich mit den Bändchen in die Schenkel bohren,

Also, insgesamt empfinde ich das Mischungsverhältnis zwischen „normalen“ Bildern, die so eine Geschichte sicherlich auch braucht, und speziellen Bildern, die das Salz in der Suppe sind, noch positiv. Das ist für eine Alltagsgeschichte schon außergewöhnlich. Daher ist diese Geschichte eine der wenigen Alltagsgeschichten, die ich gerne gelesen habe.

Noch drei Stunden.
Der Countdown erfüllt gleich zwei Aufgaben: Er verdeutlicht das Warten auf der zeitlichen Ebene und erzeugt zusätzlich Spannung. Eine einfache, aber gute Lösung.

Der Zweite Teil,
ja, ab da wird’s schon ein wenig philosophisch.
Da wird das Leben, im Gegensatz zum ersten Teil, stark komprimiert. Am Ende findet man die Erkenntnis: Das Warten nimmt erst mit dem Tod ein Ende. Der zweite Teil nimmt (noch einmal!) direkt Bezug auf den Titel.
Beide Teile zusammen bringen auch die Erkenntnis, dass man nicht bewusst auf den Tod wartet wie z.B. auf einen Termin. Auf den Tod, obwohl vom Leben sozusagen garantiert, wartet man erst, wenn man ihn vor Augen hat.
Also, aus der Geschichte kann man einiges herauslesen.

Lieben Gruß

Asterix

Ach:
Der zweite Teil kann auch als separate Geschichte stehen. Was dort geschieht, entspricht dem „Weder Tag noch Stunde“ Thema – da gab es in den Siebzigern mal einen grandiosen gleichnamigen Film, Stichwort: tödliche Achterbahnfahrt.

 

Und weiter gehts:

Hallo lieber Rick,
du hast mir mit deinem Kommentar große Freude gemacht.

Nicht nur die Geschichte an sich, sondern auch ihre beiden Teile haben einen guten Rhythmus, und das Gesamtkonzept wirkt fast wie eine Komposition, sagen wir mal eine literarische Symphonie mit einem ersten Satz des Wartens (Adagio), einem zweiten Satz der Hoffnung, einem dritten Satz der Offenbarung und einem fröhlichen Allegro, das in einem bösen Finale mündet. Es steckt viel Musik in deinem Text, jedenfalls für mich, und seit ich zuletzt sehr viele bildhafte, fast filmische Arbeiten kommentiert habe, entdecke ich in deiner Sprache und in deinen Formulierungen eher viel Klang, Ton und Melodie. Vielleicht sprichst oder summst du die Worte, während du sie schreibst ;-)

Was für ein wunderschönes Kompliment. Ich will da gar nicht viel zu sagen, sondern es einfach nur genießen, genießen, genießen. Und rot werden dabei. Wie eine Ampel.

Auffällig ist auch eine - wenn auch gemäßigte - aber doch spürbare Lust an sinnlicher Beschreibung und der doch recht sorgfältige Blick auf bestimmte Einzelheiten, deren vermeintliche Nebensächlichkeit mit Sorgfalt im Text plaziert wird, und in der Gesamtwirkung des Textes viel mehr Bedeutung hat, als man zunächst annimmt. Das ist schon wohl durchdacht, ein Text, an dem gearbeitet wurde, und der auch pure Lust am Schreiben verrät.
Sorry, dass ich mich gerade an deinem Lob wärme wie an einem Ofen. Aber das brauchte ich jetzt grad mal. Und: Ja das stimmt schon, ich überlege an vielen Stellen, ob die Einzelheit passt und welche weitere Bedeutung sie im Text haben kann. Wunderbar, dass es so bei dir angekommen ist. Aber ansonsten klingt das so gut, ich erkenn mich da gar nicht wieder.
Überhaupt Rick, ich bin so glücklich über deine Betrachtung und dein Lob, weiß ich doch, dass du auch ordentlich zur Sache gehen und streng sein kannst, wenn dir was nicht gefällt (und das ist ja auch richtig so). Vielleicht gerade deswegen spielt dein Lob für mich hier eine ganz besondere Rolle. Ja, es bedeutet sehr viel für mich.
Liebe Grüße von hier und dort
Novak


Hallo, lieber Anakreon,

Ich finde es nicht uninteressant, diese Themenwahl die ich da vorfinde, jedoch schwierig umzusetzen. Ein solches Psychogramm ist nicht einfach auszuloten, da es sich an einem Punkt festmacht, der die unendliche Länge von bangen Gefühlen, dem Versuch möglicher Ablenkungen, zu einem kompakten Gefüge festmachen muss.
Das stimmt, es ist natürlich schwierig. Wobei nicht im Vordergrund stand, die Zeit der Erkrankung darzustellen, das würde ich mich ehrlich gesagt nicht trauen. Mir ging es als Ausschnitt um diesen letzten Moment und die Folgen.

Die Präsentation der Problematik erfolgt mir eher zähflüssig, muss sich an raumfüllenden Details festbinden. Die Ungeduld und die bange Furcht, welche sich in fantasievollen Momenten auch in panische Angst wandeln könnte, zu einem Bild skizzierend.
Die Frau ist ausgesprochen streng mit sich selbst, um die äußere Form bemüht, diszipliniert, sie hat sich diese Disziplin zulegen müssen, um die Zeit der Erkrankung zu überstehen. Ihr Umgang ist nicht panische Angst (während der gesamten Zeit) sondern sie unterdrückt sie, indem sie körperlich agiert, blättert, rückt, richtet, die Blumen ausputzt. Das ist ihre Art, mit dem Warten klar zu kommen.

Dies ist einer der Sätze, der mir suggestiv darauf hindeutet, dass sich die Autorenschaft weiblich identifiziert, wenn es nicht gewollt kaschiert wurde. Ein Mann als Autor würde mich hier jedoch überraschen, wirkte mir beinah wie ein Paradigmawechsel.
Das fand ich lustig. Dein Kommentar liest sich streckenweise wie der Versuch dem Autor auf die Sprünge zu kommen. Das fand ich sehr nett. Es war hier aber gar nicht so, dass ich mich extra verstellt hätte. Es sollte nur mal keine Horrorgeschichte sein. Ansonsten waren andere Gründe für mich ausschlaggebend, z. B. die Personengestaltung, ob das stimmig ist für mich usw. als ein Versteckspiel. Ich finde, das sollte man beim Maskenball auch nicht hauptsächlich machen, ein bisschen damit spielen, das vielleicht aber nicht viel mehr, etwas anderes ausprobieren, das auf jeden Fall.

Es sind starke Worte, als wollten sie mich als Leser ablenken, vor der Identitätsfrage ebenso wie vom Vakuum des Wartens. Zugleich erinnert es mich an die Bildsprache einer Autorin, die mit viel Liebe zum Detail arbeitet. Wenn sie es ist, versucht sie möglicherweise mehr oder weniger bewusst von sich abzulenken, indem sie mir mehr maskulin wirkende Worte einbringt. Obwohl, diese Trennung, hob sich gerade in den vergangenen Jahrzehnten allgemein vermehrt auf, wenn sie sich auch nicht gänzlich verwischen lässt. Ein Hirngespinst von mir?
Das fand ich interessant. Nein, auch hier habe ich mich nicht verstellt. Mir ging es um den Unterschied, den sie erlebt, ihre Wahrnehmung vor der Nachricht und ihre Wahrnehmung danach. Das sollte sich deutlich unterscheiden. Deshalb diese starken Worte, wie du es nennst. Dass du das als maskulin empfindest? Eigenartig. Versteh ich gar nicht. Auch Frauen sagen doch solche Worte?

kein Mann käme auf die Idee über einen wippenden Haarknoten zu sprechen, ein mir merkwürdiges Bild, mir so kaum nachvollziehbar. Doch ich weiss es nicht mit Sicherheit. Gibt es auch lockere, die nicht mit Haarnadeln derart festgemacht sind, dass sie ein ruhender Pol sind?
Oh, oh, ich kenne viele Damen, deren Haarknoten nicht das tut, was er tun sollte. Die wenigen Male, z. B., als mein Haar lang genug war, in eine sogenannte Banane gewunden zu werden, hat diese sich innerhalb kürzester Zeit in Wohlgefallen aufgelöst und dödelte sonstwo hin und her.

Mir etwas überzeichnet wirkend, vor allem mit der Geste wie ein Erlöser ab einem Heiligenbildchen, die Absolution aussprechend. Da war es mir nahe an Kitsch, wenngleich der Moment die emotionale Entlastung der Protagonistin darstellen soll, den Sturzbach von Gefühlen, die die Wahrnehmung trübt.
Das hab ich nicht nachvollziehen können, warum dir das überzeichnet vorkommt und auch nicht, warum dir das kitschig wirkt. Aber muss ich akzeptieren. Wenn ich auch finde, dass der Arzt ja wirklich was Erlösendes hat in diesem Moment. Und warum soll ich nicht genau dieses Gefühl beschreiben? Vielleicht neige ich oft zur Überschwänglichkeit, aber die Gefahr geh ich ein. Die Gefahr des Kitsches ist mir ja bewusst. Aber dieses coole Schreiben, dieses Abgeklärte, was viele können, und was ich ja selbst auch oft schön finde, aber mein Ding ist es einfach nicht, ich kann so nicht schreiben, ich müsste mich regelrecht verstellen.

Zitat:
Er strahlte, sein Lachen erreichte die Augen, ließ den Kranz von Fältchen flirren.
Hier verstärkt es sich nochmals, eine vollkommene Entlehnung von Devotionalien.
Warum verstäkt es sich hier noch? Ich weiß echt nicht, was an der Stelle so schlimm ist. Sie gefällt mir sogar ausgesprochen gut. Also sie bleibt. Aber insgesamt musste ich total lachen über die Devotionalien, du bist ja später nochmal drauf eingegangen und fandst deine Devotionalien etwas hart formuliert.
Hätte ich entfernt geahnt, eine Ex-Kickboxerin damit zu provozieren, wäre mir vor Angst und Schreck ein blaues Auge einzufangen, diese Worte nie über die Tastatur gegangen. Das hab ich nun davon, ehrlich zu sein, den dialektischen Ansatz ausser Acht lassend, der mir vorgibt, nicht immer alles Aussprechen zu müssen was ich meine, wenngleich ich stets nur das sage, was ich wirklich denke.
Herrje, ich schwöre dir, ich kann zwar vermutlich wesentlich besser boxen als du, aber wenn sich jemand sicher fühlen darf, dann du. Deine hübschen Augen werd ich mit Sicherheit nicht farblich verunstalten, :dagegen:
denn im Grunde meines Herzens bin ich ja Pazifistin, und (das ist der Hauptgrund) zu sehr musste ich darüber lachen, dass selbst kleine Seitenhiebe aus deinem Munde sehr elegant formuliert sind. Da freu ich mich dann lieber statt zu boxen.

Schön formuliert, doch er wirkt mir etwas unwirklich, dieser Dialog. Es ist das Bemühen der Autorin – ich bin mir nun einer weiblichen Stimme dahinter sicher –, die emotionale Entlastung der Protagonistin voll durchbrechen zu lassen.
Du weißt ja nicht, wie Anna aussieht. Du kennst sicherlich noch Anna Magnani oder? So ähnlich habe ich sie mir vorgestellt. Und so, dass sie äußerlich sehr ruhig wirkt und diszipliniert, aber innerlich, da ist es ganz anders. Und immer fiel mir Anna Magnani ein. Wahrscheinlich kennt die keiner mehr, aber wem Vittorio de Sica noch ein Begriff ist, der wird wissen, wer sie war.
Natürlich hast du Recht, wenn du den Dialog etwas unwirklich findest. Aber eigentlich finde ich ihn nur leicht übertrieben. Wenn man sich unter Frauen unterhält, was Männer auf der Straße oder in der Bar oder im Club schon alles zu fremden Frauen gesagt haben, du würdest dich wundern.

Rückblickend muss ich sagen, meine anfängliche Skepsis dieses Thema in einer Kurzgeschichte einzufangen, hat sich weitgehend aufgelöst. Es ist ein sehr persönliches und individuelles Bild, wie eine Protagonistin mit einer solchen Situation umgehen könnte. Ob es in einem realen Leben so greifen würde, diese Frage ist müssig, da es sich hier auf Momentaufnahmen fokussiert. Von dem her wirkt es mir gelungen.
Vielen Dank für die schöne Zusammenfassung.
Vor allem aber auch vielen Dank für deine erneute Rückmeldung. Deine Meinung ist mir da sehr wichtig. Manchmal ist es schwierig, die Geschichte und die Kritik für sich selbst einzuordnen. Da freu ich mich einfach, wenn einem noch jemand anderes eine Rückmeldung gibt.
Hm, deine Selbstkritik will ich nun nicht kommentieren, aber vielleicht zur Differenzierung einwerfen:
Ich hatte an den Anfang meines Komms. gestellt, dass ich diese aufgegriffene Themenwahl schwierig umzusetzen finde. Und dies spricht für sich selbst. Von dem her, aus meiner Sicht, ein gewagter Versuch, der deshalb nicht falsch sein muss, weil er nicht einfach nur lobhudelnde Resonanz findet. –
Viele liebe Grüße, Anakreon, ein fettes Dankeschön für deine Zeit und deine Gedanken, für deine Geschichtenbegleitung. Das bedeutet mir sehr viel.
Novak

Hallo, lieber weltenläufer,

Das ist so eine Szene, die ist schon so oft bemüht worden, ich glaube, damit tut man sich in einer kg keinen großen gefallen, graue Gesichter, die aus den Öffentlichen gespuckt werden, unangenehmer Geruch, dazu das passend stechende Geräusch. Naja, es passt hier schon rein, also meine, es ist stimmig, aber ein bisschen so ist das wie mit dem ganzen Text - der gefällt, weil eben in sich stimmig und auf jeden Fall gut geschrieben. Aber ich habe das so auch schon diverse Male gelesen. So oder so ähnlich.
Ok, ich denke schon, dass ich weiß, was du meinst. Die hat dir so gar nicht gefallen, die Stelle. Und trotzdem bleib ich hier stur. Es war mein Anliegen, diesen Weg zu ihrem Arzt zu beschreiben in dieser Angst vor dem Arzturteil, in dem Warten. Da sollte nichts normal erscheinen. Gelesen habe ich sowas jetzt auch noch nicht so oft. Hmm, eigentlich noch gar nicht, zumindest nicht in dieser Zusammenstellung. Kannst ja trotzdem Recht haben, dass da abgegriffene Teile drin sind.

Damit will ich die Geschichte nicht schlecht machen, ich würde nur behaupten, dass sie insgesamt recht brav geraten ist. Was ein Spiegel der Protagonistin ist und damit wieder ein kleiner Kunstgriff irgendwie. Erst als sie aus dem kontrollierten/ braven ausbricht, da kommt dann auch inhaltlich der Bruch.
Himmel, der erste Teil deines Satzes. Die Bravheit verfolgt mich noch in den Schlaf! :D Erst Quinn, dann du. Ihr treibt mich noch zum Äußersten!

da liest man jemanden raus, der weiß, wie er mit den Schreiberling-Bausteinchen umgehen muss. Allerdings, so bleibt für mich in bisschen das Gefühl zurück, hat er es sich an einigen Stellen ein bisschen zu einfach gemacht. Eine runde Sache ist das auf jeden Fall, womöglich hätte ich den Text noch stärker gefunden, hätte er ein paar Ecken und Kanten.
Ok, das muss ich so nehmen, auch wenn ich es gern anders gehabt hätte. Nur eines, es stimmt nicht, dass ich es mir einfach gemacht hätte, das klingt ja nach einem bewussten Akt. Und dann wüsste ich davon. Nee, das war nicht so. Ich habs halt so geschrieben, wie ich es im Kopf hatte und wie ich es hinkriegen konnte. Aber es wirkt so auf dich. Wenn ich zur Zeit ein bisschen mehr Energie hätte, würd ich dich glatt fragen, wo du die Kanten vermisst oder was du genau meinst mit den Ecken. Klingt nämlich so, als würdest du die Geschichte in ihrer Struktur bestehen lassen wollen und ihr nur noch ein bisschen Pfeffer geben, und Pfeffer ist immer gut, mit so einer Verbesserung und Korrektir könnte ich mich glatt anfreunden.
Vielen Dank jedenfalls, lieber weltenläufer fürs Lesen und deine Gedanken.
Viele Grüße von Novak

Hallo liebe Gisanne,

dich hab ich irgendwie ein bisschen enttäuscht. War für dich nicht Fisch nicht Fleisch, die Geschichte. Gell? Schade.

Anstelle der alten Frau, die sie vor der einfahrenden Bahn wegzerrt, hätte ich schon an dieser Stelle lieber von dem jungen Mann gelesen - noch ohne Freesien. Wie nimmt sie ihn wahr vor dem Bescheid des Arztes. Sicher anders, als wie sie es nach dem Bescheid tut oder? Mir ist die Frau zu unangenehm beschrieben. Sie taucht auf und tritt ab und hat wenig mit der Geschichte zu tun.
Naja, Anna beugt sich zu weit raus, bringt sich in Gefahr und die alte Frau erschreckt sich darüber, will sie retten. Da ist man vielleicht nicht immer freundlich. Deine Idee, den jungen Mann hier schon einzusetzen und ihn in ihrer unterschiedlichen Wahrnehmung zu beschreiben fand ich sehr schön. Ich war schon drauf und dran, das zu verändern, und bin noch immer ein bisschen am Schwanken, aber dann hab ich es gelassen. Irgendwie finden viele ja jetzt schon, dass die Geschichte zu künstlich ist, zu sehr auf das Ende hin konstruiert. Ich glaub, ich bekäm noch mehr Schelte, wenn der junge Mann schon vorher im Text rumtoben würde. Im Moment hab ich zu der Geschichte kein klares Gefühl mehr. Damit will ich sagen, ich mag sie sehr, sie soll auch bleiben. Wenn ich die Idee, das Warten der Frau stärker zu thematisieren, wie feirefiz und Quinn das angemerkt haben, ausschreiben würde, dann würde ich da eine neue Geschichte draus machen, was auch alles noch sein kann. Aber diese hier soll trotzdem bleiben. Nur welche immanente Veränderung sie besser machen würde, herrje, ich kann das im Moment echt nicht beurteilen. Und muss ich zum Glück auch nicht. Bei der Froschhochzeit, das war die Geschichte vorher, da war es mir völlig klar, was ich tun will und muss, hier geht momentan nix.

Warum verzog sich sein Gesicht zur Maske, wenn er dann strahlt? Und, wenn er unter sich starrt, (und dabei wohl den Kopf gesenkt hält?) wie kann er dann plötzlich strahlen? (…)
Macht der Mann Spässe? Warum begrüsst er sie nicht gleich strahlend, wenn er so eine gute Nachricht hat?
Da habe ich mich gewundert, ich dachte, keiner sonst hätte wie du meine Intention begriffen, die Unterschiedlichkeit ihrer Wahrnehmung zu zeigen, auch wenn es dir nicht gefiel. Gerade du, sage ich, weil du die Idee mit dem jungen Mann hattest. Hmm, dann hab ich diese Stelle wohl nicht so hingekriegt. Ich werde mal drüber nachdenken. Hier sollte es jedenfalls genau so sein wie vorher auch. Bevor sie weiß, was er antworten wird, sie also so voller Angst ist, deutet sie in jede seiner Regungen das Negative hinein. Sein Gesicht wirkt leblos, weil sie glaubt, er wird ihr gleich etwas Schlimmes sagen.
Hinunterstarren und dann strahlen, kann er, weil er sie ja schließlich anschaut, also muss er den Kopf gehoben haben.

Alles in allem: Die Geschichte ist nicht schlecht, hat gute Passagen und berührende Momente. Im Ganzen gesehen hat sie mich aber nicht überzeugt und begeistert.
Das ist schade, dass ich dich nicht überzeugen konnte mit der Geschichte.Hätt ich gern gemacht. Aber vielleicht ein anderes Mal. Jedenfalls fand ich es dafür umso netter, dass du mir trotzdem deine Eindrücke und die Idee mit dem jungen Mann dagelassen hast, denn das ist ja keine Selbstverständlichkeit, gerade wenn einem die Geschichte nicht so zusagt
Deshalb danke ich dir und bis demnächst.

Und Hallo, Fred,

Schon nach wenigen Sätzen wird mir klar worum es geht und ich ahne, wie die Geschichte ausgeht. Das ist einerseits ganz gut, weil man nicht lange in den Plot reinfinden muss (…) Anderseits ist der Rest der Geschichte dadurch etwas vorhersehbar und nimmt die Spannung. Das Ende ist dann doch etwas abrupt und wirkt auf mich so, als ob du dir irgendeinen Gag ausdenken musstest, um der Geschichte und der Heldin nur ja kein Happy Ende zu gönnen.
Ich versteh es echt nicht, das haben so viele gedacht, aber es war genau anders herum. Es ging nie um einen Gag. Wieso auch? Vielleicht habe ich meinen eigenen Defätismus damit rausgeschrieben, das kann sein. Aber sowohl von der Entwicklung der Geschichte als auch von der Intention her war es genau anders herum als man das dachte.

Man hätte die Heldin meiner Meinung nach nicht sterben lassen müssen (nicht nur weil ich es ihr gönnen würde), sondern den Konflikt des ewigen Wartens und wie sie mit der neuen Situation umgeht, weiter ausbauen können.
Das haben ja schon andere angemerkt. Und ich sehe es so, dass das vielleicht besser gewesen wäre. Vielleicht habe ich eine Chance ausgeschlagen. Andererseits wollte ich die Gesch. einfach so schreiben mit diesem Ende und da ist sie jetzt. Aber: Aus einer Geschichte, die man geschrieben hat und die auch so für sich bleiben soll, kann man ja trotzdem einen Samen gewinnen für eine neue Geschichte. Das widerspricht sich ja nicht.
Schwarzhumorig finde ich die Wendung natürlich nicht, sollte sie auch nie sein. Auch slapstickartig, wie du später schreibst, kann ich das Ende der Geschichte nicht finden. Also da bin ich jetzt etwas ratlos. Das kann ich wohl nur einfach akzeptieren, dass es bei dir so ankommt. Eher noch kann ich dein Urteil melodramatisch nachempfinden, aber auch da tu ich mich schwer.

Es wäre für mich spannender und interessanter gewesen, zu erfahren, wie sie nun, nach dem entnervenden Warten und der erlösenden Nachricht mit der neuen Situation umgeht.
Naja, meine Intention war eben eine andere. Auch wenn ich die eine Stelle mit dem müd und trüb gewartet auch so gut fand und da währedn des Schreibens und Überarbeitens immer so einen Haken empfand. Mehr dazu siehe in der Antwort an Quinn und Feirefiz.

deutest das ja schon an, in den Szenen mit dem Opa und dem Kind und wie sie auf den junge Mann trifft und plötzlich die Musik hört und da mitmachen und tanzen will. Wie das die Lebensfreude langsam in sie zurückkehrt. Das finde ich, spürt man sehr gut, wie eine Erfrierende, die in einen warmen Raum gebracht wir und langsam „auftaut“.
Ja, das sollte so ankommen.

Ich liebe es, ihnen sagen zu können...
– das ist mir auch etwas zu schwülstig, zu Soap-Opera-geschwängert.
Also das überleg ich, bist ja nicht der erste, glaube ich, der das unnatürlich findet. Das Ulkige ist, das ich genau dieses Verhalten von einem echten Arzt geklaut hab, zu dem ich immer gehen muss. Wort für Wort hat der so geredet, ich weiß das noch ganz genau. Vielleicht hatte ja der sich mit soaps geschwängert? :D Oder vielmehr: Vielleicht ist das wie so oft, dass die Wirklichkeit keinesfalls (auch nicht Teilelementchen) eins zu eins abgebildet werden sollte, weil die Wirklichkeit scheiße klingt im Unterschied zur Fiktion.

Auch die Szene in der Bahn finde ich atmosphärisch sehr dicht beschrieben, die Gesprächsfetzen, die Berührungen, die kleinen kurzen visuellen Eindrücke, dann ganz kurz – noch eine Stunde. - das ist richtig gut.
Da hab ich mich gefreut, dass es dir gut vorkam. Die Stelle mochte ich nämlich auch sehr gern. Überhaupt diese Art, die Stunden runterzuzählen.
Und über die Bahnsteigszene auch, denn die wurde dann ja wirklich unterschiedlich wahrgenommen.

Vielleicht bin auch nur etwas traurig, weil ich Anna das Weiterleben gewünscht hätte – nicht dass ich unbedingt ein Anhänger von (erzwungenen) Happy Ends bin – aber dieses Ende lässt mich doch irgendwie leer zurück.
Auch wenn jetzt alle schimpfen, da ist was dran an dieser Leere. Und eigentlich wollte ich von der was zeigen. Aber viele finden das wohl zu nichtssagend. Oder es ist ihnen nichts Neues.

Ich hab mich gefreut über deine Eindrücke, deine Gedanken, deine Kritik, die ja bestimmte Punkte auch noch mal bestätigt und natürlich nicht zuletzt auch darüber, dass du es trotzdem gern gelesen hast.
Viele Grüße von Novak.

 

Liebe Novak

Das hab ich nicht nachvollziehen können, warum dir das überzeichnet vorkommt und auch nicht, warum dir das kitschig wirkt. Aber muss ich akzeptieren. Wenn ich auch finde, dass der Arzt ja wirklich was Erlösendes hat in diesem Moment.

Ne, ne, ne! Akzeptieren brauchst du es absolut nicht. Aber diese Szene bekomme ich jetzt wirklich nicht aus dem Kopf: Der Arzt öffnete beide Arme.
Also mir lief da ein Film ab, der Arzt nehme sie nun in die Arme. Und du meintest damit wohl nur eine symbolische Gestik. - Dabei sah ich meinen Hausarzt, der macht immer erst ein säuerliches Gesicht, wenn er mich erblickt! Vor Jahren wollte er mich aus tiefster Überzeugung auf den OP-Tisch schicken. Beim nächsten Besuch zerrupfte ich seine These mit den neuesten internationalen Studien zu dem Thema, die er nicht widerlegen konnte. Seither ist seine erste Frage immer „ob“, meine knappe Antwort immer nur „nein“. Dann erzählt er mir von seinen berufspolitischen Sorgen oder wir diskutieren des langen und breiten über die Götzen und die Welt. Die letzten fünf Minuten sind dann für medizinische Belange reserviert. Wenn ich dann gehe, ist das Wartezimmer jeweils gerammelt voll, er aber dann stets in guter Stimmung.

Warum verstäkt es sich hier noch? Ich weiß echt nicht, was an der Stelle so schlimm ist. Sie gefällt mir sogar ausgesprochen gut. Also sie bleibt.

Du hast recht! Wenn ich mal mein Unbild beiseitestelle, sind es wohl Lachfältchen, die flirren, und nicht eine Aureole, die mein Vorurteil erblickte. Da bleibt mir nur mit Hofknicks um Verzeihung zu bitten: :huldig:

Deine hübschen Augen werd ich mit Sicherheit nicht farblich verunstalten,

Meine Güte, du hast ja eine magische Sicht, woher weisst du von deren Beschaffenheit. Ich habe mein Profilbild vergrössert angesehen, doch da sind nur Löcher an deren Stelle. Vor über fünf Jahrzehnten hat einmal ein Mädchen von meinen „schönen Mandelaugen“, wie sie es formulierte, geschwärmt. Doch dies um einen andern Jungen, der zugegen und in den sie verknallt war, zu reizen.

Also ich werde mich künftig hüten, bei Kritiken zu Geschichten von anonymen Autoren mich aufs Glatteis zu begeben. :D

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Liebe Novak,

ich spüre sehr deutlich, dass du an dieser Geschichte hängst und das kann ich mit dir echt teilen. Ich hatte hier mal eine Geschichte gepostet, die auch hin und her, rauf und runter kritisiert wurde und ich verstand gar nicht, wie es zu den Kritiken kam. Mir selbst war alles so klar und eindeutig. Trotzdem fanden sich die Leser nicht zurecht. Ich liess die Geschichte dann über ein Jahr lang liegen. Als ich sie wieder hervorkramte für die Veröffentlichung meines Buches, häuften sich auch bei mir die Fragen. Wie habe ich das denn gemeint, warum steht das denn da? Mir haben dann die Kritiken sehr geholfen, denn genau an den Stellen versammelten sich die kritischen Kommentare. Von daher zuerst und am wichtigsten: Lass die Geschichte nicht fallen, verändere nicht zu hastig und zu viel – wenn du dran hängst, trägt sie Wichtiges in sich, aber vielleicht ist sie noch nicht ganz reif, vielleicht hat sie ihren tieferen Sinn noch nicht ganz gefunden.

Nachdem Anna die Tür geschlossen hatte, blickte sie zaghaft zu dem Arzt hin. Er starrte unter sich. Als er sie anschaute, verzog sich sein Gesicht zu einer Maske. Die Fältchen an seinen Augen sahen tot aus.
„Frau Mönig, da sind Sie ja!“
Zu meiner Kritik an dieser Stelle schreibst du:
Hier sollte es jedenfalls genau so sein wie vorher auch. Bevor sie weiß, was er antworten wird, sie also so voller Angst ist, deutet sie in jede seiner Regungen das Negative hinein.
Das verstehe ich. Aber vorher habe ich herausgelesen, dass sie so oder so denkt. Hier denkt sie aber nicht, sondern sie sieht – und es kommt nicht rüber, das sie hier eine Angstinterpretation macht. Z.B. so:
Nachdem Anna die Tür geschlossen hatte, blickte sie zaghaft zu dem Arzt hin. Er starrte unter sich. Als er aufschaute, meinte sie, sein Gesicht verziehe sich zu einer Maske mit toten Fältchen um den Augen. Von draußen brauste noch immer der Straßenlärm, manchmal gellte eine Hupe. Mit durchgestrecktem Rücken ging sie zu seinem Schreibtisch, nahm Platz. Hier war es still. Ganz still. Das Warten stand im Zimmer. Noch hatte es ihr den Rücken zugekehrt.
„Frau Mönig, da sind Sie ja! Ich habe gute Nachrichten. Sie haben es geschafft.“ Er strahlte, sein Lachen erreichte die Augen, ließ den Kranz von Fältchen flirren. „Die Quälerei hat sich gelohnt.“ Er streckte die Hand nach ihr aus. „Ich liebe es, Ihnen das sagen zu können, wir haben gewonnen.“
Hier hab ich nur wenig umgestellt, du wirst es merken. Aber lass dir alle Zeit der Welt, dann wird das was, versprochen! :)

Lieben Gruss,
Gisanne

 
Zuletzt bearbeitet:

Und jetzt kommt die letzte Antwortrunde:

Lieber floritiv,

hat mir gefallen, so von Maskenballer zu Maskenballer, dass du mit meiner Nachbetrachtung was anfangen konntest.

Zur Geschichte kann ich sagen (keine Ahnung, ob nicht jemand vor mir ähnliches geschrieben hat), dass es im Prinzip zwei Geschichten sind, die nicht ganz fließend ineinander übergehen. Die eine ist die Geschichte der Erleichterung, der Abfall einer schweren Bürde der Ungewissheit, die zweite diametral dazu die des leichten, beschwingten Lebens mit einem Ende, das geradezu konsequent die daraus resultierende Ignoranz der Gefahr bestraft.
Das ist eine interessante Sichtweise, ich sehe diesen Punkt trotzdem anders. Ich empfinde die beiden „Teile“ inhaltlich und stilistisch miteinander verbunden, der Übermut resultiert sogar unmittelbar aus ihrer vorherigen Erfahrung.

wobei die beiden Teile einen recht losen inhaltlichen, hinsichtlich der Moral allerdings nicht ganz unproblematischen Zusammenhang besitzen: Auf einen Krebsnegativbefund hin nicht erleichtert sein zu dürfen, nicht auf eine leichtmütige Weise aus sich herausleben dürfen, da man so eine lange Zeit der Schwermut (=verschwendete, quasi aufzuholende Lebenszeit) verbracht hat, eben weil das zynische Schicksal einem gerade dann so tüchtig eins vor den Bug fahren könnte … also ich fürchte, das ist leider nichts wovon ich sagen könnte, das zu lesen bringt Genuss und/oder mich irgendwie weiter im Leben.
Vorweg noch einmal, hier hatte ich das Gefühl, ich wäre dir irgendwie zu nahe getreten, denn moralisch verwerflich kann ich die Geschichte absolut nicht finden. Also: Es täte mir ganz arg Leid, wenn ich dich mit der Geschichte und ihrem pessimistisch-defätistischen Inhalt verärgert haben sollte. Das lag absolut nicht in meiner Absicht.
Die Geschichte sollte andererseits auch keinen Genuss erzeugen oder Unterhaltung. Ob sie einen weiterbringen kann? Das muss jeder selbst für sich beantworten. Sie sollte nachdenklich machen, das mit Sicherheit.
Dass man aus der Geschichte herausliest, man dürfe nicht leichtmütig sein, kann ich zwar als Lesart nachvollziehen oder akzeptieren. Dennoch wird im Text keine Ursache-Folge-Wirkung behauptet im Sinne einer Notwendigkeit, sondern es ist ein grausamer Zufall. Man könnte genau so gut sagen: Scheiß auf die Warterei, lebe deine Zeit.

Im Ernst: Wer redet so? Lieben kann man meinem Sprachgefühl nach nur, was man schon oft getan hat, eben weil man es liebt.
Zu dem Satz, den der Arzt spricht, hab ich ja schon vorher was geschrieben. Da Arzt und Satz direkt der Realität entstammten, dachte ich, da könnt mir keiner kommen, aber weit gefehlt. :hmm: Also ich mildere den Satz, hab ich glau eh schon.
Das hätt ich nie gedacht, dass die Realität so verdorben ist, dass sie soapiger ist als die Fiktion. Also: Ich werde Dr. ... ausrichten, dass er eigentlich nicht so reden dürfte.
Lieber floritiv, ich will dich mit meinen Witzeleien nicht ärgern, ich mach mich über mich selbst ein wenig lustig und über den Sachverhalt, dass die Realität oft nicht der beste Ratgeber ist beim Geschichtenschreiben.

Schön ist dir hingegen gelungen, die Schwestern der Ungewissheit, Furcht und Hoffnung, darzustellen. Wie sie tauziehen, wobei das Tau nichts geringeres ist als der gelebte Augenblick, die Wahrnehmung des Lebens, die sich zwischen den Kräften wie Kaugummi verengt und zu zerreißen droht. Und was plötzlich passiert, wenn sich die Ungewissheit in Luft auflöst.
Dafür einen großen fetten Dank, genauso wie für deine Zeit und deine Gedanken zu dem Text. Viele liebe Grüße von Novak


Hallo Ane,

ich konnte den Anfang genießen, als ich noch nicht wusste, worauf alles hinausläuft. Das Ende hat mich allerdings kaum berührt.
Naja, der Anfang das ist doch was. Mit dem Ende konnten sich ja viele nicht anfreunden, allerdings aus unterschiedlichen Gründen.

In ihrer linken Hand häuften sich Blättchen, sie vergrub ihr Gesicht darin und sog den Duft ein.
Sehr sinnlich. Ich spür nur das Warten nicht.
Ich schon. Ich selbst, aber ich beobachte auch viele andere, die das so machen, vertreibe mir die Zeit bei einem „schlimmen“ Warten damit, Dinge zu tun, die zum Teil völlig unsinnig sind, zum Teil (wie hier) haben sie den Charakter von Haushalts- oder Gartenarbeit, man hält sich ein bisschen an der Tätigkeit fest. Das wollte ich hier zeigen, aber auch, dass unter der Diszipliniertheit und dem durchgestreckten Rücken in ihr Sinnlichkeit zu spüren ist. Das war mir wichtig. Es sollte noch eine andere Nuance von ihr zeigen.

Ihre Gedanken konnten sich mit den Bändchen in die Schenkel bohren
Ich finde die Idee, dass sich Gedanken mit Hilfe von was-auch-immer irgendwo in einen Körper bohren könnten, ich meine, einfach die Annahme, dass sie irgendwo anders logieren könnten als im Kopf, spannend gedacht. Ich finde es ist keine großartige Formulierung aber unbedingt eine großartige Idee, die hier aber in die Irre führt.
Ach nein, es sind natürlich keine Strapse, das hätte ich dann geschrieben, es sind die Seitenbändchen von einem Tanga oder schmalen Slip, wie nennt man die denn sonst? Himmel, was für Diskussionen. Ich hab grad extra noch mal gegoogelt, ob ich irgendeinen Fachausdruck versäumt hab, aber ist nicht. Ich glaub, es ist das „bohren“, was hier Schaden anrichtet. Oder? Ich weiß noch, dass ich hier öfter nachgedacht hab, fand aber keinen Ausdruck, der mir hier besser gefallen hätte. Aber, wenn du eine gute Idee hast, die dich keine Zeit oder Mühe kostet, nur her damit.

Die Ziffern der Anzeigentafel rückten vor
Zeiger rücken vor. Ziffern würden durch ein Vorrücken irgendwann auf den Bahnsteig fallen.
Stimmt.

Ihr Leben hatte schon immer aus Warten bestanden. Auf den Job, die Tochter, den Mann, auf den Erfolg und wieder auf den Mann.
Für mich der Moment, an dem ich ein wenig das Interesse verliere. Das Warten vor dem Arzttermin ist akut, hier geht es aber um eine über Jahre gewachsene Lebenshaltung. Das ist spannend, aber diese Aufzählung fühlt sich für mich zu allgemein an.
Warum erzählst Du von ihrem Warten?
Ich wollte zeigen, dass diese Frau nicht erst seit diesem Moment wartet, sondern schon furchtbar lange. Und weil sie so lange gewartet hat, bricht ihr Übermut so bar jeden Bewusstseins für eine Gefahr aus ihr hervor. Das ist der Hauptgrund für ihren Unfall. Und wenn man da eine Botschaft rauslesen will, dann die, dass man nicht sein Leben mit Warten verbringen sollte. Ich finde, das ist kein schlechter Grund, eine Geschichte zu schreiben. Genauso wenig wie die pessimistische Sicht der Dinge, dass es eben grausige Zufälle gibt. Ich hab auch an anderer Stelle schon ganz viel geschrieben über die Motive zu dieser Geschichte.

Ich habe den Eindruck, sie kann Dir hier gar nicht nahe gewesen sein und mir bleibt sie deswegen auch fremd.
Dass es dir nicht nahe kam, glaube ich dir. Aber der Rückschluss ist falsch. Sie war mir hier absolut nicht fern. Sondern gerade der von dir zitierte Absatz, der hatte mir selbst gefallen und hatte mich berührt, sehr sogar. Aber es gab ja auch schon andere, die geschrieben haben, dass sie diese Stelle oder das Motiv zwar gut fanden, aber es negativ fanden, dass ich es hier nicht weiterging. Vielleicht ist ja das der Grund für dein Missfallen.

Im Wartezimmer blätterte sie sich durch eine Zeitung
Überspitzt ausgedrückt: Du zeigst eine Frau, die durch etwas gegangen ist, was viele mit "die Hölle" beschreiben würden - und sie sitzt da und liest die Brigitte. Da frage ich mich ernsthaft: Was will mir der Autor mit diesem Bild sagen?
Wo steht, dass sie die Brigitte liest. Völlig unüberspitzt ausgedrückt: Du hast was reingelesen, was nur in deiner Vorstellung von der Situation existiert.
Es ist die gleiche Sache wie vorher, sie macht Dinge, die keinen Sinn haben, hält die Hände in Bewegung, beschäftigt sich mit Tätigkeit, die den Schein der Funktionalität haben wie das Hin- und Herrücken der Stühle oder das Blättern in einer Zeitung, sie liest nicht, sie blättert sich durch. Das bedeutet, dass sie kein Wort davon gelesen oder gar verstanden hat. Es hält sie aufrecht, so zu tun, als sei alles normal. Ich finde ehrlich gesagt, dass das sehr klar zum Ausdruck kommt.

Andere Hinweise, die du gegeben hast, ändere ich noch oder habe ich schon. Bei anderem überlege ich noch, oder es leuchtet mir nicht unmittelbar ein.

Irgendwie komisch, dieses Bild. Müsste es in dem Moment nicht kreischend an ihrem Hals hängen, ist dies nicht der Höhepunkt allen Wartens?
Das ist ein bisschen wir vorher. Ich wollte hier keinen Zustand von Panik zeigen, sondern sie ist eher starr vor Angst und sie wartet auf die Antwort. Mit dem Ausdruck wollte ich zeigen, dass sie hier noch nichts weiß. Trotzdem, ich denke drüber nach.

ließ den Kranz von Fältchen flirren
Entschuldige. Ich bin vllt extrem pedantisch,
Stimmt. :D Aber dafür lieb ich dich ja auch. :kuss: Keine sonst ist so wunderbar genau wie du. Und keiner auch nicht.
Flirren, das teilt wohl ein bisschen die Gemüter, ausdrücken wollte ich, dass das ärztliche Lachen nicht nur den Mund erfasst hat, sondern auch die Augen und dass sie das merkt. Ich wollte ihre Sicht auf den Arzt vorher/ nachher zeigen. Und klar, flirren benutzt man normalerweise für eine optische Wahrnehmung: flimmern, gleißen, sowas halt. War jetzt einfach mal meine dichterische Freiheit. Und bislang jedenfalls noch verteidige ich es mit Zähnen und mit Klauen.

Von draußen tönt Gelärme, das Bimmeln einer Fahrradglocke, ein paar Kinder, die sich ihr Lieblingseis zurufen.
Seit wann rufen sich Kinder ihr Lieblingseis zu? Ab hier habe ich das Gefühl, ich bin in einer Langese-Eiskrem-Werbung gelandet.
Das ist gemein. :dozey: Ich habe die Praxis des Arztes geistig auf einem Platz angesiedelt. Neben dem Haus, in dem er praktiziert, ist eine Eisdiele und sie hört die Kinder, wie sie einander zurufen, was sie sich kaufen wollen. Ich dachte nicht, dass ich das örtlich genauer beschreiben müsste, ich dachte, dass man sich das als Leser denken wird, dass da eine Eisdiele in der Nähe sein muss, wieso sonst sollten die Kinder darüber reden. Jetzt werde ich unsicher. Aber ich befürchte, selbst wenn ich den Grund der Rufe angebe, an deinem Eindruck, würde sich eh nichts ändern. Oder?

Ich habe den Eindruck, wenn Du Dich mehr auf ihr Warten einlassen, wenn Du deutlicher zeigen würdest, was für Ursprünge es hat, dann würde sich dieses Ätschi-Bätsch-Ende (so nenne ich es jetzt mal, ohne dass ich Dir damit so etwas unterstelle) von selbst erledigen.
Ich habe damit kein Problem, wenn du das Ende so nennst, das ist völlig ok, es spiegelt deinen Eindruck wieder, das hab ich schon richtig aufgefasst und nicht irgendwie blöd. Es ist aber einfach so, dass ich das Ende mag und ich die ganze Geschichte ja vom Ende her geschrieben habe. Scheint wohl sehr unüblich zu sein, das so zu machen und wohl auch problematisch. Trotzdem – ich mag sie.
Und ich hab das Gefühl, dass sich an der Ablehnung der Geschichte nichts ändern würde, wenn ich noch einen Absatz oder zwei darüber einfügen würde, warum sie sich immer in ihrem Leben in diesem Wartemodus befindet. Die Ratschläge gehen ja immer in die Richtung, das Ende abzuändern. Aber genau das will ich nicht.
Also, liebe Ane, vielen Dank fürs Vorbeischauen, für deine Genauigkeit, die allerallermeistens (bis auf die Brigitte) weiterhilft, mich nachdenken lässt und Anregung ist.
Viele liebe Grüße von Novak


Hallo, liebe Andrea,
das finde ich gut, dass du dich nochmal meldest.

Ich weiß natürlich nichts über deine tatsächliche Motivation, diese Geschichte zu schreiben, aber ich denke, ich sag auch gar nichts über deine Motive, sondern bleibe immer bei der Geschichte.
Naja, das klang für mich nicht so, aber sei es drum, deine Hinweise auf die eingesetzten Mittel und warum das für dich nicht funktioniert, versteh ich jetzt sehr gut und deine Worte nehme ich auf jeden Fall so, dass wir über die Geschichte reden, klar.

dann ist das der größtmögliche Fall (im Sinn von Sturz), den ich mir vorstellen kann, oder auch der stärkste Effekt, der möglich ist. Und ich bekomm hier nicht mit, warum das passiert.
Für ihren Tod gibt es ja auch keinen Grund. Außer den genannten: Übermut, Übersehen der Gefahr, Leichtsinn, weil sie sich in totaler Überschwänglichkeit befindet, Zufall. Die spielen zusammen. Dass es für dich nicht nachvollziehbar ist, ist schade, aber ich weiß da jetzt ehrlich gesagt auch nicht weiter. Also ich kenne keine Abhilfe, wie du und ich da auf einen Nenner kommen könnten. Mal schauen, wie ich etwas später über die Geschichte denke, manchmal ändert sich das ja, auch wenn man sie dann immer noch wertschätzt, sieht man sie mit anderen Augen.

Natürlich kann man sagen, so ist das halt, es muss keinen Sinn haben oder das war hier eben ein schrecklicher Zufall. Aber ich glaub nicht an Zufälle in literarischen Texten. Man schreibt doch, weil man etwas zeigen will, neue Zusammenhänge, die Gestalt eines Textes legt einen Sinn nahe, ja, ich gehe so weit zu sagen, dass literarische Gestaltung die Suche ist, einen neuen Sinn herzustellen, zu einer neuen Erkenntnis zu gelangen. Wozu sollte man eine Geschichte schreiben wollen, wenn man nicht etwas Bestimmtes, etwas Unerhörtes damit sagen will?
Doch, ich finde erstens, dass es ganz gewaltige Zufälle in literarischen Texten gibt, das finde ich ja gerade das Spannende. Ich schreibe absolut nicht immer nach Bauplan. Viel stärker zwar als früher dank Quinns Hinweisen, aber ich bin immer wieder ziemlich erstaunt, welche völlig ungeplanten Elemente sich in einen Text einschleusen. Und auch bis zum Ende trotz aller Planung drinbleiben. Ich kann nicht für andere sprechen, aber ich sehe es ja auch hier öfter, dass manche Autoren auf einmal völlig erstaunt sind über bestimmte Interpretationen, denen sie dann auch Recht geben, die sie aber niemals geplant hatten. Und wenn ich lese, wie manche Autoren einfach drauflosschreiben, dann überlassen sie ja auch viel dem Zufall.
Etwas zeigen will man trotzdem mit seiner Geschichte, da hast du ja Recht, von daher hat die Sache mit dem Zufall zwei Seiten, es setzt sich sehr oft etwas hinter dem eigenen Rücken durch, gleichzeitig intendiert man etwas, will ihr einen inneren Zusammenhang verleihen, eine Aussage, eine Botschaft, von mir aus einen Sinn, eine Funktion. Von daher stimmt es schon, dass man dann den Zufall kanalisiert. Aber ob das wirklich immer der Punkt ist, dass man durch literarische Gestaltung einen neuen Sinn verleiht? Im Sinne eines Lebenssinnes? Da bin ich mir mit dir nicht einig. Ich hüte mich auch, dieses große Wort „Sinn“ so schnell zu gebrauchen, aber dazu später mehr. Ich lese und schreibe auch, weil ich ganz pur und platt Lust an der Unterhaltung habe. Hier in dieser Geschichte war das nicht der Fall, klar, sondern die Geschichte ist Ausdruck meines, das ist jetzt vielleicht sehr persönlich, aber einer defätistischen Grundsicht und meinem Antrieb, zu sagen, dass man nicht sein Leben mit dem Warten auf die „Erlösung“ verbringen sollte, weil der Zufall ein elender Gesell ist. Und für dich ist mir das leider so gar nicht gelungen.

Mit einer Geschichte etwas Unerhörtes sagen? Puuhh, große Worte. Das ist jetzt nicht böse gemeint, aber dieses Unerhörte, das ist mir eine Spur zu viel. Ich weiß, du hast Texte geschrieben, da ist das so, also der über den Kindermörder Lechner, da stimme ich dir zu, da hast du das echt geschafft. Aber geht man mit diesem Vorhaben an seine Texte ran? Ich will jetzt etwas Unerhörtes schreiben? Ich nicht. Kommt mir auch komisch vor. Jedenfalls für mich. All diese Ansprüche, wie etwas Neues, Revolutionäres muss es sein, etwas Unerhörtes, nie Dagewesenes. In meinem bisherigen Schreiben hat sich das als fürchterlich verkrampft erwiesen. Ich will nicht ausschließen, dass man im Nachdenken über eine Idee, eine Erfahrung, eine Geschichte auf etwas Unerhörtes kommt. Und vielleicht bremst man sich manchmal zu schnell selbst aus beim Nachdenken. Vielleicht sollte man auch noch viel stärker um die Ecke denken. Aber „Unerhörtheit“ von vorneherein als Ziel? Da bin ich nicht mit dir einig. Jedenfalls für meine Herangehensweise.

Es ist ein Unterschied, ob sich ein Text inhaltlich mit dem Tod beschäftigt oder ob er am Ende sozusagen wie ein negativer deus ex machina auftritt wie hier, als ihn niemand mehr erwartet.
Und hier wird mir eben nur gesagt, dass der Tod im Leben immer präsent ist. Und das ist keine neue Auseinandersetzung mit dem Tod, birgt für mich keine neue Erkenntnis. Vielleicht kann man auch nichts Neues über den Tod sagen, ja, und genau deswegen würd ich auch aufpassen, wenn ich darüber schreibe.
Letzteres, also aufzupassen, ein uneingeschränktes Ja. Hab ich ja selbst auch so gesagt. Aber andererseits: Hast du schon mal gezählt, welche Geschichtenmassen mit dem Tod enden? Fast jede Horrorgeschichte. Ich schätz mal 80 %. Und oft ist es ein deus ex machina. Ich denke einfach, dass es für dich speziell mit dieser Geschichte nicht geklappt hat.

Ich habe überdies oft den Eindruck, dass die Geschichte je nachdem, wer sie liest, immer auf ein bestimmtes Element reduziert wird. Mal auf das Warten, mal nur auf den Tod. Es war aber keine Geschichte „nur“ über den Tod.

was sich auch darin zeigt, dass es am Ende selbst das Gesicht des Todes zeigt. Es wandelt sich ja, zeugt zuerst zudem die Kinder Furcht und Hoffnung in ihr. Das find ich eine schöne Beobachtung, aber dass es dann auch noch mit dem Tod gleichgesetzt wird, find ich eine Unschärfe.
Da hast du Recht. Es sollte nicht so ankommen, dass der Tod das Gesicht des Wartens zeigt, sondern so, dass das Warten erst mit dem Tod endet. Das war/ist für mich etwas anderes. Da muss ich nachdenken. Keine Ahnung, wie ich diese Unschärfe, wie du es passend nennst, rauskriege. Vielleicht lass ich es einfach weg?

Es ist völlig egal, ob es einen Sinn gibt oder nicht, die Menschen brauchen einen, das ist das Wesentliche. Das hat auch nichts mit höherer Weihe zu tun, man braucht einen Grund, um zu leben und sein Leben zu rechtfertigen.
Klingt jetzt nicht direkt nach einer sauberen Begründung, gell?! Eher etwas streng behauptend. Und auch ein bisschen nach der Logik: Es ist, weil es sein soll. Außerdem gibst du mir mit deiner Antwort unmittelbar Recht. Einen Grund brauchen zu leben, oder sein Leben rechtfertigen. Vor wem eigentlich? Wenn das keine höhere Weihe ist! Menschenskind, leb doch einfach und genieß was geht, was dir Spaß macht und keinem andern schadet, wozu brauchst du da eine Rechtfertigung.
Aber ich weiß schon, um das weiterzuführen, müssten wir im Wirtshaus Platz nehmen, meine „Agitation“ gegen die Sinnbestimmung des Lebens ist selten oder ungewöhnlich, das weiß ich wohl, ich stoße damit oft auf Gegenrede.

ich mag scharfe Auseinandersetzungen und widerspreche sehr gerne!
Ich eigentlich nicht so, aber ich machs trotzdem.

Liebe Andrea, es hat mir Spaß gemacht, ein bisschen über den Geschichtentellerrand rauszugucken, auch wenn wir uns an einigen Punkten nicht einig sind oder werden.
Vielen Dank für dein nochmaliges Melden und für deine Auseinandersetzung mit meiner Antwort. Bis irgendwann im Wirtshaus, wer weiß, wär lustig.
Viele Grüße von Novak


liebe Eva,

ich hab mich sehr gefreut über deinen Kommentar, deinen Zuspruch und die Beispiele aus deinem Drumherum.

ist doch klar, dass ein Schreibender es nie allen recht machen kann, oder?
manchmal denk ich vielleicht wirklich, ich müsste die eierlegende Wollmilchsau schreiben. Und klar, da hast du natürlich Recht. Aber die intensive Auseinandersetzung mit den Kommentaren finde ich schon auch sehr wichtig. Manchmal tut man andere (negative) Meinungen ja auch zu schnell ab. Ich finde es manchmal ganz schön schwierig, das zu entscheiden. Wichtig ist vor allem wohl, dass man offen bleibt für die Anregungen, auch mal was ausprobiert, aber eben auch schaut, ob es zur eigenen Zielsetzung passt.

Und komm' bloß eines Tages nicht wieder auf die Idee, mit dem Schreiben aufzuhören (eine gruslige Vorstellung).
Ich seh das gar nicht so streng. Ich schreibe, weil es Spaß macht, mich interessiert, ich gedenke nicht, irgendwelche Bücher zu veröffentlichen oder so. Es ist ein Hobby, und genauso wie jedes andere Hobby auch steht es ab und an auf dem Prüfstand. Ich hab mal eine Zeit gemalt wie der Teufel. Jetzt kaum noch aus Zeitgründen. Immer furchtbar viel Sport gemacht. Jetzt kaum noch aus anderen Gründen. Die Zeiten ändern sich. Womit du Recht hast, das ist, wenn man aus den falschen Gründen etwas nicht mehr macht, obwohl es nach wie vor Spaß macht.

Über diese Spannung angesichts der Tatsache des Todes kommt man ins Nachdenken - was will eine Geschichte mehr?
Und eine gute Warnung steckt drin: 'Verwarte nicht dein Leben'!
Ja, das sehe ich auch so und Gottseidank, hat es bei dir geklappt. Mein Tag war gerettet, als ich deinen Kommentar las.
Über die Fältchendinger denk ich nach. Versprochen
Vielen Dank für deinen Zuspruch und dein Lob, tat grad mal unglaublich gut.

Und hallo Asterix,
ich glaub du bist ein Geschichtenretter, so wie du Fliege mit ihren Siebenhundert Quadratmeter Ruhe versöhnt hast, hast du auch mich mit dem Ende des Wartens versöhnt.

Manchmal glaubte Anna, das Warten habe sich in die Erinnerung ihrer Wohnung geprägt. Ein geisterhafter, blasser Pfad, der von der Küche zum Bad führte.
Ja, das ist ein ganz eigenes Bild. Find ich gut!
Schön, dass das so bei dir angekommen ist. Die anderen haben ja zum Teil gesagt,dass das ein Zuviel an Personifikationen wäre. Jetzts stehts sozusagen wieder 1:1. Ich mochte es nämlich auch so gern.

Manchmal glaubte sie, das Warten habe ein Gesicht.
Auch gut, hängt aber in der Luft, weil nicht näher drauf eingegangen wird wie beim ersten Beispiel.
Hier wollte ich nicht näher bestimmen, wie oder was das Gesicht ist. So ein bisschen, wie wenn sie selbst das Gesicht des Wartens gar nicht kennen will. Nicht das Ergebnis kennen will. War jedenfalls meine Überlegung dabei, warum ich das hier nur so angedeutet habe.

Sie zupfte am Goldlack, der in einem Kübel auf dem Balkon blühte,
Mache ich auch, jedes Mal, und wenn ich mit Zupfen fertig bin, gieße ich sie zu Tode (was haben meine Blumen schon gelitten!).
Auch über deine Betrachtungen zu der Blumenzupferei und der Szene auf dem Bahnsteig war ich recht froh, weil es doch auch andere Stimmen gab.

Dieses ist wieder ungewöhnlich, jedenfalls für mich:
zog den knallroten Tanga an. Der Arzt würde ihn nicht sehen, diesen zu engen Fetisch, aber Anna würde ihn merken, wenn der String beim Hinsetzen in die Haut kniff. Ihre Gedanken konnten sich mit den Bändchen in die Schenkel bohren
:lol:

Daher ist diese Geschichte eine der wenigen Alltagsgeschichten, die ich gerne gelesen habe.
Oh, das klingt schön.

Der Countdown erfüllt gleich zwei Aufgaben: Er verdeutlicht das Warten auf der zeitlichen Ebene und erzeugt zusätzlich Spannung. Eine einfache, aber gute Lösung.
Ja genau, das sollte dieser Countdown erreichen.

Beide Teile zusammen bringen auch die Erkenntnis, dass man nicht bewusst auf den Tod wartet wie z.B. auf einen Termin. Auf den Tod, obwohl vom Leben sozusagen garantiert, wartet man erst, wenn man ihn vor Augen hat.
Also, aus der Geschichte kann man einiges herauslesen.
Das fand ich total beruhigend, dass du mit deiner Lesart was für dich herausziehen konntest. Und ja, ich hätte es nicht so formuliert, aber das stimmt, dass Menschen in der Regel nicht auf den Tod warten, sondern so agieren, als hätten sie alles noch vor sich. Es wäre wohl auch keine gute Idee, das anders zu handhaben

Der zweite Teil kann auch als separate Geschichte stehen. Was dort geschieht, entspricht dem „Weder Tag noch Stunde“ Thema – da gab es in den Siebzigern mal einen grandiosen gleichnamigen Film, Stichwort: tödliche Achterbahnfahrt.
Das kenn ich nicht, hab mal danach gegoogelt, ob der Film doch irgendwelche Erinnerungen weckt. Der Name kam mir nämlich bekannt vor. Aber nein, den Film kenn ich wohl wirklich nicht. Inspiriert hat mich zu meiner Geschichte der Film „Lohn der Angst“. Der ist auch fantastisch.
Guck ihn mal, wenn du magst, ist uralt, aber ein Klassiker, richtig gut.

Ich hab mich tierisch gefreut, dass du doch was anfangen konntest mit der Geschichte und manche der Bilder dir etwas geben konnten.
Viele liebe Grüße von Novak


Und hallo Anakreon,

Dabei sah ich meinen Hausarzt, der macht immer erst ein säuerliches Gesicht, wenn er mich erblickt! (…) Wenn ich dann gehe, ist das Wartezimmer jeweils gerammelt voll, er aber dann stets in guter Stimmung.
:) Ich wusste ja schon, dass du psychologisch äußerst beschlagen bist. Dass du jetzt aber auch noch in der ambulanten Gesprächstherapie für Hausärzte tätig bist, das war mir neu. Ich hoffe, du lässt dich von ihm bezahlen, nicht umgekehrt.

Meine Güte, du hast ja eine magische Sicht, woher weisst du von deren Beschaffenheit.
Lieber Anakreon, das bleibt mein Geheimnis, sonst wäre es ja auch schon wieder aus mit der magischen Sicht.

Vor über fünf Jahrzehnten hat einmal ein Mädchen von meinen „schönen Mandelaugen“, wie sie es formulierte, geschwärmt. Doch dies um einen andern Jungen, der zugegen und in den sie verknallt war, zu reizen.
Das ist gemein. Ich hoffe, du hast dich gerächt.

Liebe Grüße zurück und Dankeschön für das amüsante Intermezzo
Novak


Liebe Gisanne,
ich fand das total nett, dass du dich noch mal gemeldet hast. Ja, du hast richtig gesprürt, ich hänge an dieser Geschichte. Und ja, vielleicht hast du Recht, es ist manchmal einfach gut, eine Sache für eine Weile ruhen zu lassen. Man merkt dann selbst, welche Stellen es sind, die einen stören. Ganz unabhängig von den Kommentaren, die können jedoch zu einem Indiz werden.

Von daher zuerst und am wichtigsten: Lass die Geschichte nicht fallen, verändere nicht zu hastig und zu viel – wenn du dran hängst, trägt sie Wichtiges in sich, aber vielleicht ist sie noch nicht ganz reif, vielleicht hat sie ihren tieferen Sinn noch nicht ganz gefunden.
Ja, das sehe ich auch so. Mir geht es so, dass alle Geschichten, die ich geschrieben habe, für mich eine große Bedeutung haben. Ich sehe mal von so kleinen Albernheitsgeschichten ab, die einfach nur zum eigenen Vergnügen sind. Aber die etwas ernster gemeinten, da ist das was anderes. Ich finde es eine schöne Vorstellung, deine Idee, dass eine Geschichte vielleicht noch nicht reif genug ist, dass man sie reifen lassen muss. Wie einen Wein.

Deine Umstellung der Stelle gefällt mir, ich muss aber trotzdem nachdenken. So ganz leuchtet es mir noch nicht ein, welchen Unterscheid es macht, ob ich denken oder sehen schreibe. Weil auch das Sehen ja keine objektive Tätigkeit ist, sondern stark durch die Wahrnehmung des Sehenden geprägt ist. Dennoch, dein Tipp enthebt mich vielleicht einer gewissen Schwierigkeit, vereinfacht die Sache ganz gewaltig auf elegante Weise.
Vielen lieben Dank, dass du noch mal reingeschaut und weitergeholfen hast.
Viele liebe Grüße von Novak

 

Das Warten stand im Zimmer. Noch hatte es ihr den Rücken zugekehrt.

Erst wollt’ ich nicht so recht in ein gelöstes Rätsel „einsteigen“, wer bestenfalls durchschnittlich eine Stunde am Tag im Internet ist, kann eigentlich an keinem Maskenball teilhaben,

liebe Novak,
und dann hab ich doch ’en Flüschen auf’m Teppich gefunden, den ich ma’ etepete anzeig:

…, in einem kleinen[,] frischen Park, …
Und wenn ich schon ma’ da bin, kann ich auch noch’n bissken plaudern.

„Warten“ bedeutete vordem mehr als ein bloßes „Kommendem/-n entgegensehn“. Die Warte – von der’s Verb abgeleitet wurde – ist vor allem ein „Ort der Ausschau“ und hatte im ahd. auch die Bedeutung des „Lauerns“, und das spür ich vor allem im o. g. Zitat: mag’s beim Arzt noch glimpflich abgehn, das Unglück lauert schon, kann warten – um schließlich zu obsiegen, weil die soeben glücklich Davongekommene weiteres Glück erwartet (trachten nach Glück muss ja keine Gier sein) und nicht warten kann, besser: will.

Im mhd. bedeutete das Verb zugleich „pflegen“ – wie im Schwedischen heute noch. In der Wartung bleibt diese alte Bedeutung noch erhalten, wie etwas gröber im Wärter, der halt auf einen aufpasst - von der Krankenanstalt bis zur JVA. Alle Bedeutungen schimmern in diesem kleinen Prosastück durch, besonders aber „ab- / er- / aufwarten“, denn das Ende lauert von allem Anfang verschwiegen mit.

Freilich schreit manches nach dem Konjunktiv (sehn wir mal vom einleitenden Absatz und von den gelegentlichen Konstruktionen mit Hilfsverb ab). Das fällt besonders in einer kleinen Passage „ziemlich“ am Anfang auf, wenn es m. E. ein bisschen schwimmt

Für eine Weile. Dann konnte sie weinen oder glücklich sein. Sie würde mit allem zurechtkommen, sie würde es müssen. Für eine Weile,
„können“ Indikativ : „würde“ Konj. II.
Klar gibt’s Wendungen vom Typ „kann sein oder auch nicht“, aber kürzer wäre ein schlichtes „könnte sein“.
& vergleichsweise noch einmal hier, wenn Annas Wunsch ausgedrückt wird
…, bis der Arzt sie hineinrief[e], dann [wäre] das Warten vorbei.

…, das Warten abkürzen bis zu dem Moment, wenn sie vor dem Arzt saß[/säße/ sitzen würde,
wenns denn der Würde bedürfte. Alternativ gibt es natürlich noch Futur und auch das umgangssprachliche Präsens
…, das Warten abkürzen bis zu dem Moment, wenn sie vor dem Arzt [sitzen wird / sitzt]

Gern gelesen vom

Friedel

 

Lieber Friede, klasse, dass du vorbeischaust. Ich hatte dich schon vermisst. Nicht nur wegen der Konjunktive.

Das Flüschenkomma ist eingesetzt.
Und was die Konjunktive betrifft, bist du ganz klar der Grammatikmeister. Mein Problem dabei ist, dass ich manchmal absichtlich mit der Grammatik "spiele" = sie bewusst mit Füßen trete (aber nur mit einem ganz weichen Schühchen), weil mir eine bestimmte Sicht wichtig ist. Aber klar, ob das dann immer so gelungen ist?

Für eine Weile. Dann konnte sie weinen oder glücklich sein. Sie würde mit allem zurechtkommen, sie würde es müssen. Für eine Weile,
„können“ Indikativ : „würde“ Konj. II.
Klar gibt’s Wendungen vom Typ „kann sein oder auch nicht“, aber kürzer wäre ein schlichtes „könnte sein“.
Hier zum Beispiel wollte ich einen Gedanken und einen Zweifel durch die Verwendung von Indikativ und Konjunktiv zeigen. Von ihrer persönlichen Gewissheit, was sie tun wird, sobald sie Bescheid weiß, hin zu der Ungewissheit, ob sie denn wirklich zurechtkommen wird, egal, was der Arzt sagt.
Das betrifft später auch den Wunsch Annas. Allerdings hast du mir jetzt mit dem Futur, das du auch vorgeschlagen hast, einen Floh ins Ohr gesetzt. Ich muss das einfach mal in Ruhe durchdenken.
Leider war ich jetzt schon ewig nicht mehr an der Geschichte dran, weil mir die Zeit und die Muse fehlten. Aber sobald ich etwas Luft habe, prüfe ich das, denn ich glaub, es klingt besser.

das Unglück lauert schon, kann warten – um schließlich zu obsiegen, weil die soeben glücklich Davongekommene weiteres Glück erwartet (trachten nach Glück muss ja keine Gier sein) und nicht warten kann, besser: will. (...) Alle Bedeutungen schimmern in diesem kleinen Prosastück durch, besonders aber „ab- / er- / aufwarten“, denn das Ende lauert von allem Anfang verschwiegen mit.

Das hast du schön zusammengefasst. Und ich bin sehr überrascht, wie die Bedeutungen sich hier tatsächlich in mein Thema einfügen. Ich hab mich sehr gefreut, dass du die Geschichte so empfindest, dass das Ende schon von Beginn an mitschwingt. So war das auch gedacht, ohne dass es vorhersehbar sein sollte.
Ich hab mich sehr gefreut, dass du die Geschichte mochtest.

Kaum vom Kurzuraub zurück, schnell geantwortet und jetzt leider wieder Job. Blähhh!!
Lass es dir gut gehen und viele schöne Grüße von Novak

 

Hej Novak,

damit Du irgendwann mal diesen Antwortmarathon beenden kannst (und zum Schreiben kommst), nur drei Dinge:

Ihre Gedanken konnten sich mit den Bändchen in die Schenkel bohren
Jetzt verstehe ich, was Du meinst.
Ich würd's umformulieren. Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, wie die Seitenteile von String-Tangas heißen (auch Strings, wenn se dünn genug sind?). ich würd's erstmal nur sinngemäß so formulieren:
"Anna würde ihn spüren, wie er um die Hüfte herum ins weiche Fleisch schnitt, sie würde ihre Gedanken darauf konzentrieren, damit sich ihr Oberkörper zumindest ansatzweise gelassen/mit Gelassenheit dem Arzt entgegen neigen könnte."

Wo steht, dass sie die Brigitte liest. Völlig unüberspitzt ausgedrückt: Du hast was reingelesen, was nur in deiner Vorstellung von der Situation existiert.
Klar. Das ist der Grund, warum ich überhaupt lese. Du hast mir die Freiheit gelassen und ich habe sie genutzt.
:p
Ich denke, Du hast recht, ich verstehe diese Art von "sinnlose Dinge tun" nicht. Für mich schließt ein bestimmter Schweregrad der Angst genau solche Verhaltensweisen aus. Ich kauf ihr die Angst also nicht ab. Ich würd neben ihren Vermeidungsstrategien sehr viel mehr auf das eingehen, was nicht ausgeblendet werden kann.

Neben dem Haus, in dem er praktiziert, ist eine Eisdiele und sie hört die Kinder, wie sie einander zurufen, was sie sich kaufen wollen.
Warum rufen die sich das zu? Ich kann mich nicht erinnern, jemals (als Kind) beim Eiskaufen jemandem zugerufen zu haben. Noch habe ich es bei anderen erlebt. Kinder zählen Geld, möglicherweise beratschlagen sie auch leise vor einer Karte, welches Eis sie nehmen. Sie rufen vllt den Namen einer Person, die das Geld trägt und zu langsam läuft, vllt (aber da würd ich mir dann schon eine besondere Erklärung wünschen) rufen sie den Namen des Eisverkäufers, aber warum zur Hölle sollten sie "Eisnamen" rufen ...

Entschuldige. Ich bin vllt extrem pedantisch,
Stimmt.
Dann haben wir das ja geklärt ;)

LG
Ane

 

Mein Problem dabei ist, dass ich manchmal absichtlich mit der Grammatik "spiele" = sie bewusst mit Füßen trete (aber nur mit einem ganz weichen Schühchen), weil mir eine bestimmte Sicht wichtig ist.

Weißtu denn nicht,

liebe Novak,

dass bei einer solchen Auffassung unterm Putinismus das Arbeitslager droht?

Nun gut, mit den Pussy Riots wirds sicherlich sehr angenehm und mit Dear zusammen machen wir dann eine (R &)B-Bande auf. Beethoven rollte ja auch halbtaub noch ganz gut.

Tschüss sagt der

Friedel,
der End der Woche - wenn die Schafskälte hoffentlich vorbei ist - auf die Insel seiner Jugend fährt

 

Hallo liebe Ane,

damit Du irgendwann mal diesen Antwortmarathon beenden kannst (und zum Schreiben kommst)
Naja, da war ich ein bisschen froh, dass du das so verständnisvoll ausgedrückt hast, es stimmt schon: Im Moment bin ich absolut schreibunlustig. Über die Kommentarmenge bin ich ja wirklich froh, nur momentan leide ich unter viel Arbeit einerseits und akuter Lustlosigkeit, auch nur irgendwas freiwillig zu schreiben, andererseits. Das tut weder dem Antworten noch dem Kommentieren oder gar dem eigenen Schreiben besonders gut. Aber ich denke, das wird schon auch mal wieder anders. Aber auf jeden Fall sorry sorry sorry, dass du so lange warten musstest. Das ist echt schlimm mit mir. Und eine andere Ausrede als die o.a. habe ich leider nicht.

Tausend Dank für deine String-Idee, ich find die gut, die übernehm ich. Ich war ja nie so besonders glücklich mit den Bändchen, da hast du mir jetzt aus der Bändchen-Patsche geholfen.

Klar. Das ist der Grund, warum ich überhaupt lese. Du hast mir die Freiheit gelassen und ich habe sie genutzt.
Eieiei, ich wusste es doch, du bist unverbesserlich, wenn ich nur wüsste, wie ich dich lesenderweise mehr an die Kandare nehmen könnte. :D

Ich denke, Du hast recht, ich verstehe diese Art von "sinnlose Dinge tun" nicht. Für mich schließt ein bestimmter Schweregrad der Angst genau solche Verhaltensweisen aus. Ich kauf ihr die Angst also nicht ab. Ich würd neben ihren Vermeidungsstrategien sehr viel mehr auf das eingehen, was nicht ausgeblendet werden kann.
Vielleicht hast du mir hier einen Weg gezeigt. Die sinnlosen Dinge bleiben zwar, für mich ist das schon stimmig, aber ich versteh dich auf der anderen Seite auch so, dass du ganz tiefgehende Angst dadurch nicht genügend spürst. Ich habe darüber nachgedacht und werde/würde einfach einen Kompromiss wagen und ein bisschen was ergänzen. Ich weiß selbst noch nicht, was mir dann besser gefällt. Aber manchmal muss man was versuchen. Dann ist jedenfalls beides mehr drin. Voraussetzung ist natürlich erst mal, mir fällt was Gescheites ein, aber irgendwas kommt schon als Idee um die Ecke. Ich bin mir selbst nicht richtig sicher, ob ich das wirklich so will, du triffst nur irgendwie einen Punkt bei mir, manchmal ist es ja so, dass man dann im Vergleich sehen kann, was einem dann letztendlich besser gefällt.

Warum rufen die sich das zu? Ich kann mich nicht erinnern, jemals (als Kind) beim Eiskaufen jemandem zugerufen zu haben.
Ich finde, Kinder schreien ununterbrochen, und zwar alles, was ihnen einfällt oder in die Quere kommt. Also da bleib ich ein bisschen stur, aber vielleicht hab ich ja noch eine Idee, wie ich das stimmiger hinkriege.

Entschuldige. Ich bin vllt extrem pedantisch,
Stimmt.
Dann haben wir das ja geklärt
Ja und bitte bleib so! Pedantisch sein beim Geschichten Kommentieren ist wie Safran an den Weißwürsten (ich les grad Jörg Maurer). Pedanterie heißts auch nur gerade mal heut bei fauler Novak, sonst nennt man das Genauigkeit.
Vielen, vielen Dank fürs nochmal Melden, für die Hartnäckigkeit und für deinen wunderbaren, trockenen Humor.

Und damit mach ich auch gleich weiter und geh zum Schelmen-Friedel, lieber Friedel,

mit Dear zusammen machen wir dann eine (R &)B-Bande auf. Beethoven rollte ja auch halbtaub noch ganz gut.
Ja, das kriegen wir schon hin, wir holen uns noch ein paar dazu, Schreiberlein sollen ja bekanntlich sehr musikbegeistert sein, lassen ein paar Subwoofer im Hintergrund rumschallen, dann hört niemand, wenn wir falsch spielen und es wummert schön.
Ich hoffe das Pfingstfest ist dir bekommen auf deiner Jugendinsel. Und die andauernde Schafskälte ist dir nicht in die menschlichen Protuberanzen gekrochen. Mir nämlich schon. Zuviel Regen schlägt aufs Gemüt.

Ich wünsch euch beiden ganz viel Spaß und einen guten Start in die Woche.
Auf dass es wärmer werde ...

 

Moin,

ich bemühe mich ja wirklich, liebe Novak, deine Geschichten kritischer zu lesen, so dass ich am Ende nicht immer zu dem etwas langweiligen Urteil komme: Hat mir mal wieder sehr gut gefallen, deine Geschichte.

Da du aber für meinen Geschmack eine wunderbar geschriebene (wie immer!) Erzählung über das Martyrium des Wartens mit viel Feingefühl für deine Protagonistin abgelegt hast, kann ich leider zu keinem anderen Ergebnis kommen.

Im Gegensatz zu vielen anderen (ob sie Recht haben, darüber steht es mir nicht zu zu urteilen) halte ich das Ende nicht für Slapstick. Mit dem Schluss gelingt es dir eine Aussage herzustellen, die unausgesprochen in deiner gesamten Geschichte mitschwingt: Die Unferfügbarkeit von Leben. Während das Warten auf die Diagnose diese Unverfügbarkeit mitdenkt, blendet Anna sie in dem Moment aus, wo sie nicht mehr warten möchte. Promt holt sie das Erkennen darüber wieder ein, als es bereits zu spät ist und der Zug angerast kommt.
(Slapstick wäre übrigens gewesen, wenn sich Stan und Laurel zu der unglücklichen Anna aufs Gleis gesellt und ihr eine Sahnetorte ins Gesicht gedrückt hätten - auch ne nette Idee, aber zugegeben ziemlich albern ;)).

Nur um noch etwas zu meckern zu finden:
Ich denke, dass der ganze Abschnitt an und in der Bahn dann doch etwas zu viel ist. In einer Geschichte voller Eindrücke und Beobachtungen von Leben, kann es dazu führen, irgendwann ein zu detaillreiches Wimmelbuch in der Hand zu halten.
Zumal es mir sich noch nicht ganz erschließt, wie man Kaugummiblasen und Kopfhörern ausweichen kann. Es sei denn natürlich die Kopfhörer werden nachlässig herumgeschleudert (es gibt ja solche Einfaltspinsel) und die Kaugummiblasen erreichen die Größe eines Fesselballons - aber ich schweife ab ...

Ach, und noch zwei Stellen, wo es meiner Meinung nach sprachlich etwas gehakt hat.

Endlich, endlich losfahren, das Warten abkürzen bis zu dem Moment, wenn sie vor dem Arzt saß.

Unendlich viel ;). Das endlich losfahren stört mich hier, vielleicht ginge es in Gedankenstriche eingebettet besser, weiß ich aber nicht.

Ihre Hüften kennen den Takt, schwingen und kreisen, tanzen und sich verlieben, das erwartet sie.

Ich stolpere immer wieder über das sich verlieben. Ich lese das immer wieder als drei Sätze.

Nun also, das etwas schnöde Fazit: Sehr gern gelesen!

Lg

fvg.

P.S.: Auch feiner Slapstick wäre gewesen, wenn Anna anstelle eines Zuges überfahren, auf den Gleisen von einem Klavier erschlagen worden wäre. Das käme ziemlich unerwartet ;).

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallofvg,

ich bemühe mich ja wirklich, liebe Novak, deine Geschichten kritischer zu lesen, so dass ich am Ende nicht immer zu dem etwas langweiligen Urteil komme: Hat mir mal wieder sehr gut gefallen, deine Geschichte.
Nur weiter so, das ist gut für die Autorenseele. Die ist zur Zeit so faul. Vielleicht bringt Lob sie ja wieder auf die Sprünge.
Im Gegensatz zu vielen anderen (ob sie Recht haben, darüber steht es mir nicht zu zu urteilen) halte ich das Ende nicht für Slapstick. Mit dem Schluss gelingt es dir eine Aussage herzustellen, die unausgesprochen in deiner gesamten Geschichte mitschwingt: Die Unferfügbarkeit von Leben. Während das Warten auf die Diagnose diese Unverfügbarkeit mitdenkt, blendet Anna sie in dem Moment aus, wo sie nicht mehr warten möchte. Promt holt sie das Erkennen darüber wieder ein, als es bereits zu spät ist und der Zug angerast kommt.
Als ich das las, war ich total begeistert. Du hast das viel besser ausgedrückt, als ich das bisher geschafft hatte. Du hast meine Absicht total gut getroffen.
Mittlerweile denke ich fast, dass man diesen Gedanken ein bisschen teilen muss, um die Geschichte zu mögen. Aber egal. Dass es bei dir so geklappt hat, das macht mich richtig froh.

Auch die kleinen Einlassungen über slapstick haben mir gefallen. Ich musste grinsen über deine absurden Einfälle. Vielleicht/hoffentlich übst du gerade für eine neue schöne fvg-Geschichte. Was mich betrifft, ist echt mal wieder Zeit dafür.

Damits kein Wimmelbuch :D wird, gehe ich die einzelnen Passagen noch einmal durch. Störrisch bin ich noch bei den Kopfhörern und den Kaugummiblasen. Das sollte ihre Sicht verdeutlichen, sie sieht nicht mehr die Menschen hinter den Requisiten, so verängstigt ist sie.

Unendlich viel . Das endlich losfahren stört mich hier, vielleicht ginge es in Gedankenstriche eingebettet besser, weiß ich aber nicht.
Was die Gedankenstriche betrifft, da bin ich völlig leidenschaftslos. Ich schau mir das mal an, aber du hast schon den Finger auf einen Punkt gelegt. So richig zufrieden bin/war ich nämlich auch nicht mit dieser Stelle. Sie war glaub schon mal angemahnt worden und ich hab sie geändert, aber naja, kann man vielleicht noch verbessern. Da ich mit dieser Geschichte absolut noch nicht abgeschlossen habe, aber zur Zeit so faul bin, werd ich mir mal nach meinem Urlaub die Zeit nehmen, noch eiun paar kleine Verbesserungen zu machen. Zum Beispiel auch den Satz mit dem Verlieben. Ich glaub, da guck ich auch noch mal.

Tausen Danke für dein "schnödes Fazit", lieber fvg. Das hab dann wiederum ich sehr sehr gerne gelesen.
Viele liebe Grüße wünscht dir die Novak und hofft auf noch mehr Sachen, die ich sehr sehr gerne lese. Also jetzt musst du. :)

 

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