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Das Etwas
1.
Er war der Letzte, der einzig Übriggebliebene aus seiner Familie. Er war ganz allein in den Weiten, der ihm unbekannten Welt. Er wusste nicht wer er war, er wusste nicht was er zu tun hatte, dass einzige was er wusste, irgendwo dort draußen gab es etwas, was auf ihn wartete. Etwas in ihm., was er nicht deuten konnte, leitete in. Er war noch klein hilflos,ohne Anleitung, doch mit jeden Tag seines Bestehens, wuchs der Wunsch in ihm, dieses Etwas was auf ihn wartete zu finden. Dieses Etwas war verschwommen, er sehnte es herbei, er versuchte es zu finden, doch er wusste nicht nach was er zu suchen hatte, er war an diesem Ort schon mal gewesen, doch er wusste nicht mehr in welchem Zusammenhang. Nichts befriedigte ihn, sein Lebensziel bestand nur aus dem Drang das Etwas endlich zu suchen, zu finden und dort die ewige Glückseligkeit zu erreichen. Er wusste nicht was diese Glückseligkeit sein sollte, doch er wusste, dass dieses etwas das Einzige war, für das er lebte.
Und eines Tages wusste er, dass es bald so weit sein würde, seine Heimat zu verlassen, um sich auf eine lange Reise zu begeben, auf eine lange Reise zu diesem unbekannten Etwas, geleitet nur von seinem Herzen. Er war bereit sich auf den Weg zu machen, er verließ seine Heimat mit einem letzten Blick. Im Herzen verabschiedete er sich von diesem Platz, als wüsste er genau wie sein Weg endete. Er zog die frische Morgenluft bedächtlich ein und entschlossen machte er den ersten Schritt in die Ungewissheit. Die frühen Sonnenstrahlen schmiegten sich an ihn, mit einer ihm unbekannten Wärme. Doch er war zu fasziniert, von all dem was er nun sah, um sich unwohl zu fühlen. Er ging seines Weges, im Schutz der Gräser und Sträucher, die ihn vor der herabbrennenden Sonne schützten. Mit jedem Schritt fühlte er sich seinem so ersehnten Ziel näher, doch seine innere Stimme drängte ihn, sich zu beeilen, dass er nicht zu spät kämme, denn wenn er zu spät kämme, wäre alles um sonst, seine ganze weite Reise. So trieb ihn der Wunsch nach diesem Etwas an, weiter den gefährlichen Weg auf sich zu nehmen und so begann er seine Reise sobald die Sonne am Ende des Tages die ersten Bergketten kratze, um dann auf einen anderen Teil der Welt einen neuen Tag zu erleuchten. So lief er die ganze Nacht hindurch bis die Sonne wieder im Osten erschien, um wieder einmal den Himmel zu erklimmen und der Mond sich still verabschiedet. Dann legte er jedoch einen Rast ein, um sich vor der Sonne und ihren Gefahren zu verbergen, die ihm mit der Zeit immer mehr zu schaffen machten, ihn austrockneten und aus laugten. Doch in dieser Zeit des Wartens träumte er immer mehr von dem gewissen Etwas, das auf ihn wartete und ihm Befreiung von all seinen Zwängen versprach, er ersehnte die Nacht um sich endlich auf den Weg zu machen. Manchmal war er kurz vor der endgültigen Verzweiflung, doch seine innere Stimme rief ihn jedes Mal zu Ordnung, dass es nicht mehr lange dauern könne. Und so verfolgte er sein Ziel immer weiter, bis aus den Tagen Wochen wurden und schließlich einen Monat.
Mitten in der Nacht passierte etwas Unglaubliches, ganz in der Nähe hörte er ein Gurren, es war ein Gurren, wie es auch manchmal aus seiner Kehle kam, wieder so etwas für ihn so Unerklärliches, doch schon selbstverständlich. Und nun sah er das erste Mal in seinem Leben, ein Ebenbild von sich selbst. Es war das erste Mal, dass er ein gleiches Wesen traf wie sich selbst. Doch dieser beachtete ihn gar nicht. Er schien es genau so eilig zu haben, wie er selbst. Und nun kroch langsam Angst seinen Rücken hinunter und verwandelte sich rasch in Panik, er könnte zu spät kommen, er könnte nie herausfinden was dieses Etwas ist und nicht den Zweck seines Daseins erfüllen. Diese Angst lähmte ihn für ein Augenblick, doch sobald er nur einen Anfall von Schwäche,wie diesen zeigte, wies ihn seine Stimme zurecht. Die Angst wich langsam einen unglaublichen Drang sich zu beeilen und nun konnte er sich nicht mehr bremsen, er war besessen, besessen von den Drang dieses Etwas zu erreichen, rechtzeitig zu erreichen.
Er lief ohne sich um zuschauen, ohne zu achten wohin er lief, doch die Stimme in ihm drin leitete ihn. Er fühlte sich diesem etwas immer näher, und er dachte nichts könne ihn mehr bremsen, doch die Sonne war schon auf den Weg. Nun hörte er mehr Gurren, es musste viele seines gleichen geben, sie waren alle auf dem gleichen Weg wie er, manche waren schon da und bald würde er auch da sein. Er wusste nun, woher auch immer, vielleicht flüsterte es ihm seine innere Stimme zu, was ihn dort erwarten würde. Und er war erfüllt von diesem Traum, sich dort zu seinen Artgenossen zu setzten, dieses unbekannte Etwas zu erforschen, die Nacht mit seinem Liebesgesang zu erfüllen und schließlich zu seinem Weibe zu finden, mit ihr Liebe zu machen ,um dann schließlich die Erfüllung seines Daseins zu bewirken.
2.
So ging er seinen Weg weiter, seinen Ziel immer näher kommend. Bis ihn plötzlich der Geruch des Todes in die Nase stieg, er war dem Tod nur selten begegnet und jedes mal lies es ihn er schaudern. Doch nun war die Luft voll von dem süßen Duft, des Blutes und des langsam erkalteten Fleisches. Er stoppte, jeder Bestandteil seines Wesens verlangte danach zurückzukehren, sich in Sicherheit zu bringen. In seinen inneren tobte ein Kampf zwischen Vernunft und Besessenheit. Doch es gab kein Entkommen vor der Besessenheit, sie siegte.
So lief er weiter, bis er zu einem großen Weg kam, den er überqueren musste. Es war das erste Mal, dass er so einem Weg begegnet war und gleichzeitig war es das abscheulichste Ereignis in seinem Leben. Der Weg war bestückt mit den toten Körpern seiner Art. Es war schrecklich. Für einen Moment blieb er stehen und betrachtete das Blutbad, das sich im bot. Neben den leblosen Körpern, befand sich eine kleine Blutlache, die schon langsam zu gerinnen begann, in ihr schwammen die Innereien des Toten, die scheins gewaltsam raus gedrückt wurden. Was war ihnen passiert? Ihre Augen, wenn nicht raus gequollen, blickten ihn mit einem schmerzverzerrten, verzweifelten Blick an, als wollten sie zu ihm sagen „Ich habe versagt, es war grauenvoll, doch du, du musst es schaffen. Es ist wichtig. Kämpfe. Das Überleben unserer Art hängt von dir ab.“
Eine wilde Entschlossenheit machte sich in ihm breit, jeder von ihnen hatte für das gleiche Ziel gelebt, gekämpft und hat schließlich sein Leben dafür geopfert. Er wird es schaffen. Er warf einen Blick zum Himmel, die ersten Sonnenstrahlen erleuchteten den Himmel. Er musste sich beeilen. Er wusste jetzt war der Moment gekommen, in dem sich entschied ob sein Leben nun hier grausam zu Ende ging oder ob er sein Ziel erreichen würde, für das er sein Leben gelebt hatte. Der Gedanke sein Ziel, das Etwas, nicht zu erreichen, zerriss ihn fast vor Qual. Und ein Blick in die Augen eines Toten, verstärkten diese Qual. Sie hatten ihr Leben riskiert, er würde seines auch riskieren, für seinen Traum, für die anderen, doch vor allem für ihn selbst.
Er schloss die Augen, blicke doch einmal in die leicht heraus gequollenen Augen, von dem im nächst liegenden Toten und dann machte er sich auf den Weg. Es war grauenvoll, er lief so schnell er könnte, das Blut seiner Artgenossen klebte an seinen Füßen. Einmal musste er ein abgetrenntes Bein umqueren, es sah seltsam verstümmelt aus. Der Fußknöchel lag in einem seltsamen Winkel da, Teile des Fleisches waren vom Knochen weggerissen. Er schauderte, doch schnell ging er weiter.
Er hatte fast die Hälfte des Weges überquert, als er plötzlich ein lautes Geräusch hörte. Es war riesiges Wesen, das schnell auf ihn zu kam, genau auf ihn. Er spürte die Angst in seinem Nacken, wie sie langsam an seinen Schulterblättern hinab lief, immer tiefer, in jede Faser seines Seins. Er konnte sich nicht mehr bewegen. Er schloss die Augen, da war die Angst, die Angst vor den Schmerzen, die Angst vor dem Versagen und einerseits war da die Erinnerung an seinen Traum. Er hätte glücklich sein können, hätte Nachkommen zeugen können und er hätte alles erreichen können für was er lebte, beinahe, so kurz vor dem Ziel musste seine Reise enden. Er wusste es. Durch seine halb geschlossenen Augen, sah er die anderen Toten. Die Augen der Toten betrachteten ihn jetzt nicht vertrauensvoll, ermunternd sondern vorwurfsvoll. Seine Welt seine Träume brachen langsam in sich zusammen. Ein letztes Mal hörte er seine Artgenossen gurren, ihr Liebeslied , sein Totenlied, dann schlug er die Augen auf, hinten in der Ferne, sah er es, den Ort für den er gelebt hatte um ihn schließlich nicht zu erreichen, er sah den Platz seiner Kindheit vor sich. Er sah seine Artgenossen, die es geschafft hatten, er hatte versagt, um wenige Meter.
Dann blickte er in die Augen des Todes. Er war nun direkt vor ihm, mit seinem letzten Herzschlag warf er noch ein Blick auf das Etwas. Dann überrollte ihn der Tod, er fuhr über seine Magengegend, trennte ihm die Beine ab und lies,das warme Blut aus den kleinen Mund hervor quellen, seine Augen quollen hervor, mit dem Entsetzen und der Qual gekennzeichnet, versagt zu haben, um für die nächste Kröte wieder ein Wegweiser zum Tod und zur Qual zu sein.