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Das Fenster

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11.02.2007
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Das Fenster

Das Fenster

Wie jeden Donnerstag treffen sich Iris und Klara in dem kleinen Straßencafé, das sie so lieben.
Hier haben sie Zeit und Raum sich über die verlebte Woche auszutauschen. Beide sind berufstätig. Der Alltag hat sie fest in der Hand. Von ihrer Ehe erhoffen sie sich nicht mehr viel und im Grunde machen sie sich eigentlich keine Mühe aus der Eintönigkeit ihres Lebens zu entfliehen. So ist es gut, so ist es einfach.
„Setzen wir uns draußen hin? Es ist so schön warm. Ach, ich kann den Sommer förmlich riechen“, seufzt Iris und setzt sich an einen kleinen runden Tisch.
„Wie war deine Woche?“ fragt sie ihre Freundin und überfliegt dabei die Getränkekarte.
„Na ja, eigentlich wie immer. Ich habe mit meinem Chef gesprochen. Du weißt schon. Wegen der neuen Büromöbel. Es kann doch nicht sein, dass man uns nur noch die Hälfte an Stauraum zumutet. Und die Farben erst. Also wie man sich bei blauen Schränken konzentrieren soll, das möchte der mir mal verraten“, schimpft Klara sich in Rage.
„Und überhaupt, statt neuer Möbel sollten die uns mal lieber ein bisschen mehr Gehalt zugestehen. Das Leben wird ja auch nicht billiger.“ „Ich weiß genau, was du meinst“, erwidert Iris zustimmend. „Na ja, heutzutage braucht man von den anderen nicht mehr viel erwarten. Jeder denkt an sich. Da ackert man sich Woche für Woche ab und wird mit einem Hungerlohn abgespeist. Und kein Wort des Dankes! Der Jochen und ich überlegen uns jede Anschaffung ganz genau. Man weiß ja nicht, was morgen ist.“
„Hast du in den neuen Fashion-Katalog schon mal reingeschaut? Oh man, sind da süße Sachen drin. Also dafür ist ja immer ein bisschen Geld über“, sagt Klara strahlend.
Ihre Unterhaltung wird kurz unterbrochen.
„Also ich hätte gerne einen Kaffee, aber bitte ohne Koffein. Das soll ja nicht so gut sein“, gibt Klara ihre Bestellung auf.
Auch Iris entscheidet sich für den koffeinfreien Kaffee.
„Ja“, nimmt Iris die Unterhaltung wieder auf. „Ich habe es auf die Unterwäsche abgesehen. Da freut sich auch der Jochen“, grinst sie und findet daran Gefallen, die Frau am gegenüberliegenden Fenster zu beobachten.
„Schau mal“, sagt sie zu Klara und knufft sie leicht in die Seite. „Die hat ja wohl gar keine Hemmungen halb nackt am offenen Fenster zu stehen. Manche Leute brauchen wohl die Aufmerksamkeit. Das weiß doch jeder, dass man im erhellten Zimmer von jedem gesehen wird. Gerade jetzt, wo es draußen so dunkel ist.“
Klaras Empörung findet bei Iris sofort Bestätigung. „Also wirklich. Manche Leute haben ein Selbstbewusstsein.“
Sie verstummen kurz und beschauen trotz ihrer Entrüstung das Treiben am Fenster.
„Ach nein, jetzt ist es ihr wohl doch zu offensichtlich“, spottet Iris.
„Ich glaube, der Typ da hinter ihr findet ihre Freizügigkeit wohl auch nicht so toll“, erwidert Klara. „Schau mal, er macht sogar das Licht aus.“
Ihr Gespräch verebbt und obwohl an diesem Fenster eigentlich nichts aufregendes passiert, können sie Ihre Blicke nicht von ihm lassen. Plötzlich taucht die Frau hinter der Fensterscheibe auf. Die Straßenlaterne lässt ihre Gestalt erkennen.
Ihr Gesicht ist seitlich an die Scheibe gepresst. Es erscheint schmerzverzerrt und ihre Augen sind weit aufgerissen. Sie krampft ihre Handflächen gegen das Fenster. Ihr Blick und ihre klägliche Körperhaltung gleichen einem Hilferuf.
Langsam schließt die Unbekannte ihre Augen. Blut läuft aus ihrem Mund und bahnt sich an der Scheibe seinen Weg. Die Hände lösen ihre Verkrampfung und ihr Körper sackt langsam immer tiefer. Sie ist weg, mehr als ein Schatten an der Wand und eine blutverschmierte Fensterscheibe nicht zu sehen.
Beide Frauen starren fassungslos. Es vergehen einige Minuten der Stille…

Ihre Blicke wenden sich ab. „Also bei Unterwäsche sagen die Männer ja sowieso nicht nein“, spricht Iris. „Ich werde dir nächste Woche berichten. Muss mich leider schon verabschieden. Ich habe Jochen versprochen was Leckeres zu kochen. Du weißt ja.“
„Ist gut. Und lass dich nicht unterkriegen. Wir halten zusammen.“ Sie küssen sich die Wange und verlassen das Straßencafé.

 

Hallo und Willkommen!

Was formales vorweg: mehr Absätze, die Geschichte braucht mehr Absätze.

Die Geschichte selbst hat mir eigentlich sehr gut gefallen. Das triviale Gespräch der beiden Freundinnen, das Über-andere-herziehen und am Ende das Wegignorieren. Fast sowas wie eine prototypische Situation für Gesellschaftskritik.

Stilistisch sind noch ein paar Schwächen drin. Zum Beispiel ein paar aufeinanderfolgende Stakkatosätze im ersten und letzten Abschnitt, viele einfache Satzkonstruktionen, die aufeinanderfolgen.
Die Info, dass sie sich nichts mehr von ihrer Ehe erhoffen, finde ich überflüssig, da sie später ja nicht ausgesprochen negativ über ihre Ehemänner sprechen. Die Betonung, den gewohnten Trott beibehalten zu wollen, ist gut, steckt zum Teil auch im Gespräch.

Beste Grüße

Nothlia

 

Hallo JuilaLila,

herzlich Willkommen auf Kurzgeschichten.de!

Dein Einstand ist dir meines Erachtens gut gelungen, denn ich habe deine Geschichte sehr gerne gelesen.
Du hast das dahinplätschernde Gespräch der beiden Frauen sehr gut aufgebaut, die Motzerei, die Lästerei (und wie sie sich moralisch über andere erheben) - und schließlich Ignorieren sie das Geschehen. Schön auch, wie die beiden Damen das Gespräch nach der Tat wieder aufnehmen.

Es ist mir unverständlich, warum die beiden nicht wenigstens die Polizei gerufen haben. Das wäre eigentlich das Mindeste gewesen. Aber darum ging es dir in dieser Geschichte sicherlich nicht. :)

Was die Erwähnung angeht, dass sie sich nichts mehr von ihrer Ehe erhoffen, muss ich Nothlia zustimmen. Sie hat für die weitere Geschichte keine Bedeutung und anhand der Gespräche der beiden, hatte ich auch nicht den Eindruck, dass sie von ihrer Ehe nichts mehr erwarten.

Eine gute Geschichte für Zwischendurch. :)

Textkram:

So ist es gut, denn so ist es einfach.

Geschmackssache - aber dein Satz wirkt evtl. stärker, wenn du das "denn" streichst.

Die Augen der beiden Frauen starren fassungslos.

Das hört sich an, als würden die Augen von alleine starren. Besser wäre hier meines Erachtens: Die beiden Frauen starren fassungslos.

Lieben Gruß, Bella

 

Hallo julialila

auch vom Weltenläufr ein Willkommensgruß. Dafür werde ich jetzt deine Geschichte auseinander nehmen... Scherz. Hat mir auch ganz gut gefallen. Die Trivialität der Situation kommt herüber. Die Botschaft ist klar. Dennoch bleibt mir ein kleiner Haken Unzufriedenheit zurück. Vielleicht liegt es daran, dass ich einfach nicht wahrhaben möchte, dass es Menschen gibt, die sich tatsächlich so verhalten könnten, aber irgendwo wirkt der Mord am Fenster etwas zu gestellt auf mich. Und dass die beiden nicht ein Wort darüber verlieren- das wäre doch etwas,wo sie sich endlich mal wichtig fühlen könnten...
Ansonsten, was mag das wohl für Glas sein, an das die arme frau gepresst wird. Kein Klirren oder Scheppern, nichtmal ein Klopfen...

dennoch, gerne gelesen
grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo Nothlia, Bella und weltenläufer,


danke für euer Interesse an meiner Geschichte und natürlich für Kritik und Lob.

Ich bin froh, dass ich die Kernaussage meiner Geschichte vermitteln konnte.

Was formales vorweg: mehr Absätze, die Geschichte braucht mehr Absätze.
ja - Das ist schon immer ein Problem bei mir gewesen. danke für den Tip(p)!

Stilistisch sind noch ein paar Schwächen drin. Zum Beispiel ein paar aufeinanderfolgende Stakkatosätze im ersten und letzten Abschnitt, viele einfache Satzkonstruktionen, die aufeinanderfolgen.

Ist mir im ersten Abschnitt gar nicht aufgefallen. Im Letzten dagegen war es Absicht. Speziell bei der Beschreibung der Fensterszene habe ich mir dadurch erhofft, das, ich nenn es mal brutale Geschehen vom banalen dahinplätschernden Dialog anzuheben.

So ist es gut, denn so ist es einfach.

Mit diesem Satz wollte ich darstellen, dass die beiden Mädels eher den einfachen Weg gehen, deshalb auch der Hinweis auf die Ehe. Es macht Umstände, sich aus den ehelichen Pflichten zu stehlen. Wegschauen ist einfach mal einfacher als handeln. Siehe Ende...

Das Wörtchen "denn" könnte man allerdings weglassen!!


Vielleicht liegt es daran, dass ich einfach nicht wahrhaben möchte, dass es Menschen gibt, die sich tatsächlich so verhalten könnten

doch, die gibt es. Vielleicht nicht unbedingt bei einem Mord :) , aber Übertreibung öffnet doch oft die Augen.

 

Hast du am Ende rumgebastelt?
Also, zwei Dinge

Beide Frauen starren fassungslos.
hier würde ich noch einfügen, wohin die beiden starren, oder auf was. So wirkt der Satz etwas seltsam.
Es vergehen einige Minuten der Stille…....
Immer nur drei Punkte! ! !

Ach ja, was ich beim ersten Posting vergaß - deinen Einstiegssatz solltest du noch mal überdenken. Klingt arg schnarchig... Will meinen, reiß einem nicht mit. Vielleicht brechen da schon einige ab

grüßlichst
weltenläufer

 

Nicht wirklich, habe nur die obere Kritik umgesetzt.
Pünktchen sind weg!!!!

Grüße JuilaLila

 

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