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Das kalte Mädchen

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23.01.2014
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Das kalte Mädchen

„Tu das nicht! Es wird viel zu kalt heute Nacht.“
Sie stand auf, verabschiedete sich, verscheuchte ein dunkles Gefühl.
„Deine Mutter würde das nicht wollen“, sagte einer.
Mama. Mama hatten sie eines Morgens ins Krankenhaus gebracht. Ihr böses Bein. Oder der Husten. Oder beides.
„Ich bin morgen zurück, Kleines.“
Sie kam nie zurück. Wie lange war das her? Immer wieder fragte sie die anderen.
„Wann kommt Mama wieder?“
Zuerst sagten sie „bald“. Dann antwortete keiner mehr. Irgendwann hörte sie auf zu fragen.
Manchmal tauchten Leute auf, dann versteckte sie sich. Sah zu, wie sie herumfragten und alle den Kopf schüttelten. Sie wollte nicht weggeholt werden. Nicht in ein Heim. Nicht zu fremden Menschen. Sie wollte hier bleiben. Was, wenn Mama zurückkäme und sie wäre nicht mehr da?
Vor einer Stunde hatte sie sich mit all den anderen aus den alten verschlissenen Decken gewühlt, die längst feucht und muffig geworden waren hier unter der Brücke. Eine rollte sie zusammen und steckte sie in die große alte Tasche, in der sie ihre Habseligkeiten von Ort zu Ort schleppte.
Nur nicht in diese grausige Unterkunft! Wo alles hässlich war und es manchmal nach abgestandener Pisse stank und nach schmutziger Kleidung. Wo sie zusammen mit fremden Frauen in einen Raum musste. Manchmal mitleidige Blicke bekam. Wo man ihr immer Fragen stellte und sie Angst hatte, dass man sie wegbringen würde und sie nicht am nächsten Morgen zurück zur Brücke gehen durfte.
Sie fühlte sich leicht, als sie aufbrach. Sie dachte an die saubere kalte Luft, die Stille, den Sternenhimmel.
„Bis morgen!“, sagte sie.
„Aschenputtel!“
Sie blieb stehen, blickte sich um. Der alte Matthias schälte sich aus seinen Decken und ging ihr ein paar Schritte hinterher. Vielleicht war er gar nicht so alt. Er hatte sich um sie gekümmert, als sie ankamen. War freundlich zu Mama und ihr. Zeigte ihnen einen Platz, wo der Wind weniger blies.
„Warum nennst du mich so?“
„Weil du so hübsch bist wie das Aschenputtel. Meinst du, das können nur Prinzen sehen?
Und weil du so kleine Füße hast. Und trotzdem Blasen.“
„Nicht trotzdem. Deswegen. Ich schwimme in den Schuhen herum, weil sie zu groß sind.“
„Glaubst du an das Drüben?“
„Wieso fragst du mich das?“
„Weil ich Angst habe, dass du an irgendeinem Morgen nicht zurückkommen wirst, Aschenputtel.“
„Wie soll ich das wissen? Ich war noch nie Drüben“
Natürlich glaubte sie. Mama war schon so lange fort. Wo sollte sie sonst sein, wenn sie nicht zurückkommen konnte. Sie war Drüben. Und von da gab es keinen Weg zurück. Man konnte nur hin.
Die anderen sahen ihr nach, als sie wegging, machten sich auf den Weg in die Unterkunft. Es war zu kalt geworden unter der Brücke. Kopfschütteln. Zu müde, um sich Gedanken zu machen, zu kalt zum Stehenbleiben.
Mond und Schnee erhellten die Wiesen am Flussufer. Kahle Bäume mit knorrigen Armen, gespreizten Fingern. Die Bewegung tat ihren kalten Beinen gut. Ihr Ort war nicht weit vom Weg. Nur ein paar Schritte in ein Gebüsch, das in seinem Inneren Platz bot für sie. Es versteckte sie, behütete sie. Dort war sie nicht weit weg und doch allein. So wollte sie es. Die anderen taugten nicht zum Reden oder Ankuscheln an kalten Abenden. Da war keiner, der ihr mal eine Geschichte erzählte. Keine wahre und keine erfundene. Viele tranken Wein oder Schnaps, damit sie besser schlafen konnten und dann redeten sie entweder nichts mehr oder dummes Zeug.
Nur mit Mathias konnte sie sich manchmal unterhalten. Über Mama. Über ihr Leben davor, an das sie sich immer weniger erinnern konnte. Wenn sie nicht mehr davon erzählte, würde sie jeden Tag ein Stück mehr verlieren.
Matthias hörte gern zu. Nur von sich selbst erzählte er nie. Nicht mal, wenn sie fragte.
"Alles vergessen", antwortete er. Aber das wollte sie nicht. Auf gar keinen Fall.
Einmal hatte sie ihn gefragt, ob er sich wirklich an gar nichts erinnerte.
„Weißt du“, erklärte er, „das mit dem Erinnern ist so eine Sache. Es kann schön sein, wenn es schöne Dinge sind, die man behalten will. Es kann ein Schatz sein, der einem immer gehören wird. Es kann aber auch sehr traurig machen. Wenn man fühlt, was man verloren hat, dann hält man das Hier und Jetzt noch viel schwerer aus.“
„Aber wenn alles verschwindet, vergesse ich doch auch, dass das Hier und Jetzt nicht für immer bleiben soll?“
Der alte Matthias legte seine Arme um sie.
„Da hast du ganz Recht, Kleines.“

Ein ganzes Jahr schon ging sie an diesen Ort. Nicht jede Nacht, aber oft. Sie hatte ihn niemandem gezeigt. Auch Matthias nicht.
„Aha, die junge Madame geht wieder ins Grüne“, sagte manchmal einer der anderen.
Aber sie hielt sich nicht für etwas Besseres. Es war einfach schön, diesen Platz für sich zu haben. Mit dem klaren Himmel, der guten Luft, dem Blätterrauschen im Sommer, wenn ein milder Wind durch die Zweige fuhr.
Sie setzte sich in den Schnee. Es war kalt auf dem Weg dorthin. Die alte Winterjacke wärmte wenig. In den zu großen Stiefeln versuchte sie, ihre Füße zu bewegen. Aber jetzt waren ihre Zehen steif und gefühllos geworden. Ob sie sich überhaupt noch krümmen ließen? Ihre Hände froren in den löchrigen Taschen. Trotzdem! Es war eine schöne Nacht, sogar schöner als im Sommer.
Sie war sehr müde. Der Rücken schmerzte da, wo sie an einem Stamm lehnte.
Ihre Sinne meldeten Dinge, die nicht sein konnten. Die Füße schmolzen. Ihre Hände, Kälte wie Verbrennen. Wie Feuer. Sie verstand nichts. Nicht, warum das jetzt so wehtat. Auch nicht mehr, warum sie dort war, wo sie war. Die Kälte machte alles langsam. Auch ihr Denken. Vorhin noch wusste sie es. Allmählich fanden die Gedankenfetzen wieder zusammen. Das Vergessen war so nah.
„Komm mit!“, hatten sie gesagt. „Es ist zu kalt.“
„Geht ihr schon! Ich schau mal. Vielleicht komm ich nach. Oder ich geh in die Bank oben an der Straße. Wenn’s ganz arg wird.“
Man konnte hineinschlüpfen, wenn einer den Vorraum verließ, nachdem er Geld gezogen hatte. Wenn man schnell war und die Tür erwischte, bevor sie zufiel. Aber sie würde nicht in die Bank gehen. Nicht ein zweites Mal. Es war warm dort. Aber die Menschen, die reinkamen und sie dort liegen sahen und dann so taten, als wäre sie unsichtbar! Sich abwendeten voller Abscheu, als hätte sie eine ansteckende Krankheit mit hässlichen Pusteln im Gesicht, als wäre sie nicht nur ein müdes Mädchen, das draußen fror. Vielleicht wollten sie auch nicht daran denken, dass nicht alle Menschen ein paar Zahlen in eine Maschine tippen konnten und dann das Geld mitnehmen, das sie für einen Einkaufsbummel brauchten oder ein leckeres warmes Essen. Der Blick von einem Mann saß ihr tief im Gedächtnis. Der Schrecken darin, als er sie hinter dem Geldautomaten liegen sah. Sein Ekel. Noch nie in ihrem Leben hatte sie sich so geschämt. Für alles. Dafür, dass sie so war, wie sie war. Dafür, dass sie da war, wo sie nicht sein durfte. Dafür, dass es sie gab.
Sie war viel lieber in ihrem Versteck. Im Sommer hörte sie oft noch bis spät nachts Stimmen von Spaziergängern. Manchmal einen Hund, der zu nah kam. Aber es war nicht Sommer.
Sie legte ihre Arme um sich. Dann kam das Zittern. Überall. Sie versuchte es abzustellen. Einfach aufhören. Halt still. Entspann dich! Aber es nahm Besitz von ihr. Schüttelte sie. Am schlimmsten am Nacken. Dann an den Schultern. Krämpfe. Die Muskeln wollten nicht mehr. Wollten endlich Ruhe.
Das bisschen Wärme, das sie vom Gehen noch im Körper hatte, war längst verflogen. Sie sollte jetzt bei den anderen sein. Aber auch dieser Gedanke verschwand, als die Schmerzen in ihren Gliedern nachließen. Sie erinnerte sich an eine warme Küche. An den Geruch nach Essen. Nach ihrer Lieblingssuppe mit Kartoffeln und Lauch und Würstchen. An eine Stimme, die sie an den Tisch rief. An Mamas Lachen.
Schritte. Kam jemand? Wieder Stille.
Sie sah Mama, die abends an ihrem Bett saß und ihr vorlas oder fragte, wie ihr Tag gewesen war. Wie gut es tat, ihr Dinge zu erzählen, die sie bedrückten! Sie fühlte das sanfte Streicheln über ihr Gesicht, bevor sie aufstand und das Licht löschte. Sie spürte den Kuss an ihrer Wange, wenn sie sich morgens auf den Weg in die Schule machte. Hörte das fröhliche Geplapper ihrer Freundinnen, die sie an der Ampel über die Hauptstraße traf.
Sie saßen in benachbarten Bänken in der Klasse, tuschelten und lachten, bis manchmal eine Lehrerin sie versetzte, weil sie zu viel schwätzten und zu wenig zuhörten. Sie trafen sich an den Nachmittagen. Manchmal durften sie beieinander schlafen. Dann unterhielten sie sich die halbe Nacht. Sie wusste ihre Namen noch.

Endlich kam die Wärme zurück. Zu viel jetzt. Zu viel und zu schnell. Sie riss sich die Jacke vom Körper. Die Stiefel von den Füßen.
Endlich war das Zittern weg und eine wunderbare Stille kehrte ein. Sie betrachtete den Mond. Fast voll war er. Es fehlten nur noch ein oder zwei Tage. Man konnte aus der Rundung ein Z machen. Ein komisches, mit einem Bauch oben anstatt eines spitzen Zackens. Z wie zunehmend. Ihre Mama hatte ihr erklärt, wie man bestimmen konnte, ob der Mond zu- oder abnahm.
Durch die Zweige betrachtete sie die weiße beschienene Fläche, wo an einem Sommertag eine Wiese war, wo so viele Menschen saßen, sich unterhielten, aßen und tranken, spielten.
Den harten Baumstamm im Rücken spürte sie nicht mehr. Noch einen Augenblick hinlegen. Ausstrecken. Ganz kurz nur. Ihrem müden Körper Ruhe gönnen, jetzt, wo er nicht mehr zitterte.
Durch eine Lücke in den Ästen sah sie ein paar Sterne. Winzige Punkte mit wenig Licht. Der Mond schien zu hell. Sie erinnerte sich an eine Empfindung, die sie als kleines Mädchen gehabt hatte. Nur an das Gefühl, nicht an mehr. Ein „Alles ist gut.“-Gefühl. Ein kleines Glück, für das kleine Kind, das sie gewesen war. Später erst kam die Ahnung, dass es ein großes verlorenes war.
Gleich würde sie nach Hause gehen. Aber noch nicht jetzt. Jetzt war es zu schön, zu friedlich.
Im Einschlafen hörte sie wie aus weiter Ferne das Knirschen von Schritten auf dem Schnee, feste eilige Schritte, ein Knacken von Zweigen. Atemgeräusche. Wo sie eben noch Sterne betrachtet hatte, tauchte ein dunkles Gesicht auf.
„Hab ich’s mir doch gedacht, Aschenputtel.“
Zwei starke Arme ergriffen sie, hoben sie hoch, wickelten sie in Decken. Kräftige Hände rubbelten ihren Rücken, ihre Schultern und Arme.
„Es ist doch noch viel zu früh für Drüben.“
„Matthias“, murmelte sie.

 
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hallo @linktofink , @Kellerkind , @Kanji
vielen Dank fürs Mitdenken. Ich muss die Geschichte jetzt mal in Ruhe lassen und mir dann überlegen, ob ich mit ihr noch irgendwohin will. Ich glaube, es gibt jetzt nichts mehr, was auf die Schnelle zum Besseren verändert werden könnte. Da braucht es ein paar grundsätzliche Überlegungen. Aber das wisst ihr ja selbst. Ich denke, der Text hat Potential; aber ich weiß noch nicht wofür. ;-)
wander

 

Hallo @wander

ich springe direkt hinein:

Aber er hatte sich um sie gekümmert, als sie ankamen.

Die Zeitenfolge stimmt hier nicht: Aber er hatte sich nach ihrer Ankunft um sie gekümmert (oder) Er hatte sich um sie gekümmert, seit sie hier angekommen waren. Ich finde, dass der Text auch an anderen Stellen ein Problem mit dem Tempus hat.

Aber die Menschen, die reinkamen und sie dort liegen sahen und dann so taten, als wäre sie unsichtbar!

Ich weiß zwar, wie du das meinst, aber der elliptische Satzbau hier gefällt mir trotzdem nicht.

„Hab ich’s mir doch gedacht, Aschenputtel.“
Zwei starke Arme ergriffen sie, hoben sie hoch, wickelten sie in Decken. Kräftige Hände rubbelten ihren Rücken, ihre Schultern und Arme.
„Es ist doch noch viel zu früh für Drüben.“
„Matthias“, murmelte sie.

Ein starkes Ende, wie ich finde, das nicht in Kitsch oder Sozialromantik abdriftet.

Zunächst einmal möchte ich dir zu deinem Mut gratulieren, ein so heikles Thema in einer Geschichte für Kinder anzugehen, und dann auch noch in einer Challenge. Da ich meinen Kindern viel vorlese und wir dementsprechend viele Kinderbücher kaufen, merke ich selbst, wie selten heikle Themen in Kinderbüchern abgehandelt werden. Am ehesten fällt mir da noch 'Der Besuch' von Antje Damm ein, in dem es um Vereinsamung geht, oder 'Bikos letzter Tag' von Saskia Hula, in dem es um den Tod (eines Hundes) geht.

Ich überlege, ob ich deine Geschichte meinen Kindern (fast 3 und gerade 5) vorlesen würde und denke: "Eher nein." Das soll deinen Text nicht abqualifizieren, sondern es geht mir eher um die grundsätzliche Frage, ab wann ein solcher Text einem Kind zuzumuten ist. Bei meiner fünfjährigen Tochter würde ich mich jedenfalls auf viele Fragen einstellen müssen, die einen Rattenschwanz an Erklärungsversuchen nach sich ziehen würden. Gleichzeitig erkenne ich gerade, dass es in den Büchern, die wir hier haben, häufig um Realitätsfernes geht. Insofern hat dein Text in mir den Wunsch geweckt, mal nach enstprechenden, realitätsnahen Büchern zu forschen.

LG,

HL

 
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Moin @wander Keine Sorge, dies wird nur ein kleiner Leseeindruck, ich möchte wenisten mit ein paar Kommtaren und der Abstimmung an der Krümel-Challenge teilnehmen.

Tu das nicht! Es wird viel zu kalt heute Nacht.“
Sie stand auf, verabschiedete sich, verscheuchte ein dunkles Gefühl.
Ich mag den Einstieg über einen Dialog, das macht mich richtig neugierig.

Zuerst sagten sie „bald“. Dann antwortete keiner mehr. Irgendwann hörte
Ich finde, das Du sehr gut sie Informationen verpackt, ich darf sie mir selbst erschließen, mitdenken (nein, besser: mitfühlen )

Nicht in ein Heim. Nicht zu fremden Menschen. Sie wollte hier bleiben. Was, wenn Mama zurückkäme und sie wäre nicht mehr da?
Es gibt noch ein oder zwei andere Stellen, da bietest du mir mehrere Erklärungen an. Ich bin da wirklich zwiegespalten. Einerseits denkt sie natürlich an verschiedenes, was ich als Leserin als "echt" empfinde, aber ist es so nicht auch für den Autor eine "Abkürzung "? Ich muss ja keine Motivation wirklich herausstellen? Verstehst du was ich meine? Nicht (nur) an diesem Text ...

Dort war sie nicht weit weg und doch allein. So wollte sie es. Die anderen taugten nicht zum Reden oder Ankuscheln an kalten Abenden.
Auch vielschichtig, trotzdem kriege ich die Frage nicht aus meinem Kopf.was du für meinen Geschmack wirklich toll machst, ist sie Nähe zur Prota., klappt für mich prima

Alles vergessen", antwortete er. Aber das wollte sie nicht. Auf gar keinen Fall.
Ich bin immer noch am grübeln, wie alt sie ist? Nicht wegen der Diskussion über rechtliche Fragen oder Wirklichkeitsnähe (das kaufe ich in dieser Geschichte). Nein, eher so von der Entwicklung der Empathie, der Psyche. Oder ist mir der Erzähler einfach zu reif?

Es kann aber auch sehr traurig machen. Wenn man fühlt, was man verloren hat, dann hält man das Hier und Jetzt noch viel schwerer aus.“
Das hier sind doch keine Kindergedanken, nichtmal in der Wiedergabe. Aber wenn sie älter ist ...?

Der Schrecken darin, als er sie hinter dem Geldautomaten liegen sah. Sein Ekel. Noch nie in ihrem Leben hatte sie sich so geschämt. Für alles.
Also erstmal vorweg, ich mag diese Stelle, ich verstehe sie und kann versuchen, mich hineinzuversetzen. Hörst Du das "aber"?
Wir hatten das gerade unter einer Szene in der Diskothek, wo der Rollstuhlfahrer das Erstaunen und die Verwunderung der anderen Gäste "sah", naja, genaugenommen ja behauptete. Mur geht es hier so mit dem "Ekel". Ich als Person, hab mich noch nie vor einem Menschen, schon gar nie vor einem Kind , geekelt. Vor Verletzungen, Ausflügen, von mir aus auch Dreck - aber ist est wirklich so, das sich jemand vor dem Kind in der Sparkasse ekeln würde? Müsste es dann nicht auch als ihre Empfindung dargestellt werden? Sie sieht es so, aber als Leserin bin ich hier raus - weil ich meinen Kopf schüttle.

Endlich kam die Wärme zurück. Zu viel jetzt. Zu viel und zu schnell. Sie riss sich die Jacke vom Körper. Die Stiefel von den Füßen.
Endlich war das Zittern weg und eine wunderbare Stille kehrte ein.
Okay, du hast es recherchiert! Geht das wirklich soweit, das jemand seine Stiefel auszieht?

Es ist doch noch viel zu früh für Drüben.“
„Matthias“, murmelte sie.
Und danke für die Rettung! Ja, mich erinner die Geschichte an alte Kinderbücher (1900), die oft so traurige Geschichten enthielten. Mir haben sie als Kind sehr gefallen, obwohl ich regelmäßig losgeheult habe. Aber ich habe wirklich auch urch diese Geschichten gelernt, das es mir gut geht, in meiner heilen Welt. Daher empfinde ich diese Geschichte als einen sehr guten Beitrag zur Krümel-Challenge. Hab Dank dafür
Liebe Grüße
Witch

 

hallo @HerrLehrer , das war für mich eine ziemlich schwierige Geschichte mit vielen Fallen. Das mit der Zeitenfolge ist so eine. Das korrekte Plusquamperfekt wirkt kompliziert, gestelzt, und ich habe mich öfter, um den Ton zu retten, für eine eher umgangssprachliche Variante entschieden, bzw. für eine, die näher am mündlichen Sprachgebrauch liegt. Zumindest habe ich es versucht. Und das Lesealter.....meinen Kindern hätte ich es mit 3 oder 5 auch nicht gegeben. Aber vielleicht mit 7 oder 8, wenn sie beim Radfahren an der Isar diese Schlaflager bewusst gesehen haben und sich oder oder mir Fragen stellen. Auf jeden Fall ist es eine Geschichte, über die man mit Kindern reden muss, wenn man sie ihnen gegeben hat.
Danke für deinen Kommentar.

Liebe @greenwitch , es freut mich, dass ich dich bei der Geschichte mitnehmen konnte. Das war echt eine Gratwanderung zwischen Realität und "kindgerecht". Da bin ich ganz schön geschlittert.
Dieser Satz ---" Es kann aber auch sehr traurig machen. Wenn man fühlt, was man verloren hat, dann hält man das Hier und Jetzt noch viel schwerer aus.“ --- ist übrigens von Matthias, nicht von dem Kind.
Bei der Anmerkung über den "Ekel" habe ich gestutzt. Vielleicht muss ich da nochmal drüber. Aber ich glaube schon auch, das ist bittere Realität. Menschen, die keine Gelegenheit haben, sich und ihre Kleidung zu waschen, stinken. Und in kleinen, fast hermetisch abgeschlossenen Räumen wie einem Bankfoyer....eigentlich will ich es nicht abschwächen. Vielleicht hätte ich sogar mehr ins Detail gehen müssen.
Danke fürs Lesen und Kommentieren und viel Erfolg bei der Challenge.

 

Hallo @wander,

deine Geschichte hatte ich gleich nach dem Einstellen konsumiert, und in einem Kommentar von dir gelesen, dass es dir wichtig ist, eine Parallele zu dem bekannte Märchen Das Mädchen mit den Schwefelhölzern zu ziehen. Ja, du sollst wissen, diese Verknüpfung hatte ich sofort im Kopf. Ich weiß noch, als ich als Kind die Bekanntschaft mit dem Märchen machte, war ich über den Ausgang sehr empört, fand es ungerecht. Mein Verstand hat sich vehement geweigert anzuerkennen, dass das arme Kind erfrieren musste. Es wäre doch ein Leichtes gewesen, wenn sie irgend so ein reicher Sack in die geheizte Stube genommen hätte. Alles Weitere hätte sich dann schon gefunden.

Insofern bin ich etwas unsicher, ob ich deinen Text als Kindergeschichte sehen will.
Aber du hast auch die Altersangabe mit einem Fragezeichen versehen?
Wie alt ist deine Prota eigentlich in deiner Vorstellung? In der Pubertät?

Aber Respekt für deine Entscheidung, einer traurigen, nachdenklich machenden Geschichte den Vorrang bei dieser Challenge zu geben.

Dein Text ist handwerklich sauber geschrieben. Du erzählst einfühlsam, aber sachlich-nüchtern, belässt es bei Erlebnissen, Erinnerungen und Empfindungen der Jugendlichen. Kommst ohne Schwulst aus. Da musst du dir keine Vorhaltungen machen lassen, du hättest auf die Tränendrüsen drücken und auf Teufel komm raus Emotionen erzeugen wollen. Das ist gut gemacht.

Kleinigkeiten:

Vor einer Stunde hatte sie sich zusammen mit all den anderen aus den alten verschlissenen Decken gewühlt,...
Die Formulierung überzeugt mich nicht, sie erzeugt bei mir ein Bild von kollektiver Handlung und Gleichzeitigkeit.

Der alte Matthias schälte sich aus seinen Decken und ging ihr ein paar Schritte hinterher. Vielleicht war er gar nicht so alt. Aber er hatte sich um sie gekümmert, als sie ankamen.
Nur, weil sich Matthias gekümmert hat, muss er doch nicht alt sein? Du meinst sicher, er ist schon lange vor Mutter und Tochter an dem Platz gewesen. Das Aber weg und der Stolperstein ist aus dem Weg!

Zeigte ihnen einen Platz, wo der Wind weniger heftig wehte.
Könntest du dir vorstellen wehte durch pfiff zu ersetzen, oder ist dir das zu verspielt?

Nicht mal wenn sie fragte.
Denke, nach mal muss ein Komma hin.

… tuschelten und lachten, bis manchmal eine Lehrerin sie versetzte, weil sie zu viel schwätzten und zu wenig
Ich kenn das als schwatzen, schwätzen ist, wenn jemand dummes Zeug absondert. Oder?

Sie fühlte sich leicht, als sie aufbrach. Sie dachte an die saubere kalte Luft, die Stille, den Sternenhimmel.
Da schimmert deutlich Todessehnsucht durch. Vielleicht ist es dem Mädchen noch nicht mal bewusst.
„Weil ich Angst habe, dass du an irgendeinem Morgen nicht zurückkommen wirst, Aschenputtel.“
Matthias erkennt das natürlich auch. Der Charakter Matthias ist übrigens in meinen Augen gut ausgearbeitet, der kriegt meine vollen Sympathiepunkte.
Noch ein Beleg dafür:
„Weißt du“, erklärte er, „das mit dem Erinnern ist so eine Sache. Es kann schön sein, wenn es schöne Dinge sind, die man behalten will. Es kann ein Schatz sein, der einem immer gehören wird. Es kann aber auch sehr traurig machen. Wenn man fühlt, was man verloren hat, dann hält man das Hier und Jetzt noch viel schwerer aus.“
Ein weiser, empathischer Mann.
Kann sein, dass ich mich irre, aber ich meine gesehen zu haben, sein Name ist auch mal nur mit einem t geschrieben.

Ihre Hände froren in den löchrigen Taschen. Trotzdem! Es war eine schöne Nacht, sogar schöner als im Sommer.
Sie war sehr müde. Der Rücken schmerzte da, wo sie an einem Stamm lehnte.
Ihre Sinne meldeten Dinge, die nicht sein konnten. Die Füße schmolzen. Ihre Hände, Kälte wie Verbrennen. Wie Feuer. Sie verstand nichts. Nicht, warum das jetzt so wehtat. Auch nicht mehr, warum sie dort war, wo sie war. Die Kälte machte alles langsam. Auch ihr Denken.
Die Szene ist sehr beeindruckend geschrieben. Die nachfolgende, die den Tod ankündigt ebenfalls.
So soll es angeblich ablaufen.

Wie sieht es denn mit dem Titel aus, bist du mit ihm restlos zufrieden?
Ich finde ja, dass er keine Punktlandung ist, auch wenn ich glaube zu erkennen, dass sich kalt sowohl auf die Gefühle des Kindes als auch die Außentemperaturen, denen es ausgesetzt ist, beziehen soll. Aber ich erlebe die Prota kein bisschen kalt, sie ist doch voller Emotionen und Anteilnahme. Trifft es erstarrt nicht eher?

Ach wander, Andersens Märchen ist fast zweihundert Jahre alt und man will es gar nicht glauben, dass sich innerhalb dieser Zeitspanne gesellschaftlich nichts geändert haben soll?

Kann mir vorstellen, dass sich die eine oder andere Anmerkung von mir mit anderen Kommentaren überschneidet, aber das wirst du mir nachsehen.
Auf jeden Fall hab ich deine Geschichte interessiert gelesen.

Liebe Grüße ,
peregrina

 
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Moin @wander.
Zunächst mal. Definitiv eine Geschichte, die thematisch heraussticht. Das ist auch der Grund, warum ich sie als letzte Challenge-Geschichte kommentiere. Gar nicht so einfach, die richtigen Worte hier zu finden.
Also: Das ist schon ein besonderer Stoff für mein Krümel gewesen. Aber er hat sie interessiert. Dafür schon mal ein dicker Pluspunkt. Von der Thematik her, gehört die Geschichte auf jeden Fall in die Challenge. Ich muss auch dazu sagen, dass einer meiner beiden Krümel erst 6 ist und somit altersmäßig deutlich unter der von dir anvisierten Zielgruppe. Er ist trotzdem nicht ausgestiegen, als ich vorgelesen habe, hat allerdings auch einiges an Zuhörerfahrung. Ich glaube, das was hilfreich.

Mein Problem mit der Geschichte war, dass sie für meinen Geschmack sich nicht ganz entscheiden kann, wer das Zielpublikum ist. Ist sie für Erwachsene oder für Kindergeschrieben. Ich finde, sie schwankt da ein bisschen zwischen den Polen. Ich glaube, dass du eventuell sie daraufhin noch mal durchgucken solltest.

Generell mag ich den ruhigen Tonfall, mit dem du erzählst. Das alles hätte man auch sehr schrill und reißerisch schreiben können. Ich finde, du begegnest deiner Protagonistin mit viel Zuneigung und Mitgefühl. Da wird niemand vorgeführt, sondern begleitet. Das mag ich. Du kannst schreiben! Ansonsten wäre das bei der Thematik ein Desaster geworden. Ist es definitiv nicht!

Ich habe die Geschichte schon in einem früheren Stadium allein gelesen und meine, dass du sie ein bisschen geglättet hast. Für meinen Geschmack brauchst du das gar nicht. Ich meine damit nicht, dass die Prot überlebt. Aber für 12jährige kannst du durchaus die eine oder andere Stelle einen Tick härter schreiben. Ich meine damit nicht, dass du reißerisch werden sollst. Aber am Ende zum Beispiel. Da erfriert sie fast. Lass deine Leser ein bisschen mehr davon spüren.

Ein paar Dinge direkt zum Text:

„Wie soll ich das wissen? Ich war noch nie Drüben.“
Natürlich glaubte sie. Mama war schon so lange fort. Wo sollte sie sonst sein, wenn sie nicht zurückkommen konnte. Sie war Drüben. Und von da gab es keinen Weg zurück. Man konnte nur hin.
Drüben oder im drüben. Es sei denn, du benutzt es als Eigennamen. Dann lassen.

… tranken Wein oder Schnaps, damit sie besser schlafen konnten und dann redeten sie entweder nichts mehr oder dummes Zeug.
Auch wenn das eine Kindergeschichte ist: Hier wäre es durchaus angebracht noch eine Spur härter zu werden. Denn Alkohol macht viele auch gemein und aggressiv. Die reden definitiv mehr aals nur dummes Zeug. Die wirken zum Teil ziemlich bedrohlich. Das ist so eine Stelle, bei der ich glaube, dass sie ein bisschen härter und realistischer werden könnte.

Nur von sich selbst erzählte er nie. Nicht mal wenn sie fragte.
Nicht mal, wenn…

„Aha, die junge Madame geht wieder ins Grüne“, sagte manchmal einer der anderen.
Aber sie hielt sich nicht für etwas Besseres. Hielt niemanden für schlechter. Es war einfach schön, diesen Platz für sich zu haben.
Könnte man nach meinem Empfinden streichen.

Der Rücken schmerzte da, wo sie an einem Stamm lehnte.
Das klingt unrund.

Ihre Sinne meldeten Dinge, die nicht sein konnten. Die Füße schmolzen. Ihre Hände, Kälte wie Verbrennen. Wie Feuer. Sie verstand nichts. Nicht, warum das jetzt so wehtat. Auch nicht mehr, warum sie dort war, wo sie war. Die Kälte machte alles langsam. Auch ihr Denken. Vorhin noch wusste sie es. Allmählich fanden die Gedankenfetzen wieder zusammen. Das Vergessen war so nah.
Schon klar, es sind Gedankenfetzen. Aber: In diesem Abschnitt übertreibst du es für meinen Geschmack ein bisschen mit den Ellipsensätzen. Klar, ich weiß, warum du das als Stilmittel einsetzt, aber gerade, wenn man es vorliest, kommt das extrem stakkatomäßig rüber. Für meinen Geschmack rumpelst du dann den Leser ein bisschen aus der Geschichte. Ich habe diese Stelle mal exemplarisch gewählt: Du benutzt das ziemlich oft in der Geschichte als Stilmittel.Ich kenne das, ich neige da manchmal beim Schreiben auch zu. Aber lies es mal laut. Das finde ich immer sehr hilfreich, weil man merkt, dass man literarisches Kopfsteinpflaster produziert ? Das soll übrigens nicht heißen, dieses Stilmittel nicht zu verwenden. Eben nur nicht übermäßig.

Dafür dass sie da war, wo sie nicht sein durfte.
Dafür, dass ...

Sie erinnerte sich an eine warme Küche. An den Geruch nach Essen. Nach ihrer Lieblingssuppe mit Kartoffeln und Lauch und Würstchen. An eine Stimme, die sie an den Tisch rief. An Mamas Lachen.
und
Sie sah Mama, die abends an ihrem Bett saß und ihr vorlas oder fragte, wie ihr Tag gewesen war. Wie gut es tat, ihr Dinge zu erzählen, die sie bedrückten! Sie fühlte das sanfte Streicheln über ihr Gesicht, bevor sie aufstand und das Licht löschte. Sie spürte den Kuss an ihrer Wange, wenn sie sich morgens auf den Weg in die Schule machte. Hörte das fröhliche Geplapper ihrer Freundinnen, die sie an der Ampel über die Hauptstraße traf.
Sie saßen in benachbarten Bänken in der Klasse, tuschelten und lachten, bis manchmal eine Lehrerin sie versetzte, weil sie zu viel schwätzten und zu wenig zuhörten. Sie trafen sich an den Nachmittagen. Manchmal durften sie beieinander schlafen. Dann unterhielten sie sich die halbe Nacht. Sie wusste ihre Namen noch.

Hier eine inhaltliche Kritik: Am Anfang ist es doch so, dass das Mädchen und ihre Mutter beide obdachlos sind und zusammen draußen auf einem Platz bzw. unter einer Brücke leben, oder? Also kurz bevor die Mutter aus gesundheitlichen Gründen weggeholt wurde. Jetzt erfahre ich als Leser: Offenbar gab es eine glückliche „normale“ Zeit vorher. Da würde es mich schon interessieren, was den Absturz der Mutter herbeigeführt hat, zumindest in einem kurzen Nebensatz. Oder habe ich das überlesen? Ich und auch mein Krümelpublikum hätten hier gern ein bisschen mehr Hintergrund, gerade weil du relativ viel über diese glückliche Zeit hier erzählst.

Sie betrachtete den Mond. Fast voll war er. Es fehlten nur noch ein oder zwei Tage. Man konnte aus der Rundung ein Z machen. Ein komisches, mit einem Bauch oben anstatt eines spitzen Zackens. Z wie zunehmend. Ihre Mama hatte ihr erklärt, wie man bestimmen konnte, ob der Mond zu- oder abnahm.
Den Trick kannte ich nicht. Spannend. Ich mag es, wenn ich in Texten als Vorlesender auch noch was lerne. Übrigens mein Jüngster so: "Stimmt das?" und ich voller Inbrunst: "Klaro. Weiß man doch!" ;) Weil: Papa weiß natürlich alles ;)... danke dafür!

Durch eine Lücke in den Ästen sah sie ein paar Sterne. Winzige Punkte mit wenig Licht. Der Mond schien zu hell. Sie erinnerte sich an eine Empfindung, die sie als kleines Mädchen gehabt hatte. Nur an das Gefühl, nicht an mehr. Ein „Alles ist gut.“-Gefühl. Ein kleines Glück, für das kleine Kind, das sie gewesen war. Später erst kam die Ahnung, dass es ein großes verlorenes war.
Eigentlich ein schöne Passage, aber ich glaube, diesen Gedanken verstehen eher ziemlich große Krümel. Das ist so eine Stelle, wo es eigentlich eher für Erwachsene als für Kinder geschrieben ist, wo sich der Text nicht entscheidet.

„Hab ich’s mir doch gedacht, Aschenputtel.“
Zwei starke Arme ergriffen sie, hoben sie hoch, wickelten sie in Decken. Kräftige Hände rubbelten ihren Rücken, ihre Schultern und Arme.
„Es ist doch noch viel zu früh für Drüben.“
„Matthias“, murmelte sie.
Ich mag das Ende. Auch wenn es im eigentlichen Sinne ja gar kein Happy End ist. Sie stirbt zwar nicht, aber es ist genaugenommen nur eine Rettung auf Zeit.

Wander, das klingt jetzt nach total viel Kritik. Ich persönlich fand deine Geschichte aber durchaus reizvoll, sehe aber halt einfach noch eine Menge Potenzial darin. So ist wie sie eine Eisstatue, die noch nicht zu Ende behauen worden ist, bei der man aber schon deutlich sieht, was da noch draus werden könnte. Wie gesagt, ich glaube, was hilfreich wäre, wäre eine klare Zielgruppenspezifische Gewichtung entweder in die eine oder andere Richtung. Wenn du auf Jüngere gehst, mach es ein bisschen märchenhafter. Wenn du Ältere ins Visier nimmst, werde härter.

Ich kann nicht sagen, ob meine beiden Krümel die Geschichte gefallen hat. Also im Sinne von schön finden. Aber: Sie hat sie beschäftigt. Auch den Kleinen. Es kamen am Tag nach dem Vorlesen noch zwei- bis dreimal Fragen dazu. Insofern hast du ein Ziel auf jeden Fall erreicht und die beiden nachdenklich gemacht über die Situation deiner Protagonistin. Dafür ein dickes Lob.

Ich hoffe, du kannst mit meinen Gedanken was anfangen,

Ein ziemlich anderes, aber durchaus spannendes und nachhallendes Vorleseerlebnis.
LG svg

 

Vielen Dank, @snif , @peregrina und @svg ,
Snif, du findest den Einstieg in die Geschichte verwirrend und den Fortgang wie ein Puzzle. Da kann ich nichts machen. Ich wollte es so. Ich finde oder ich hoffe zumindest, dass die Puzzlestückchen ein Ganzes ergeben. Ein paar Kleinigleiten habe ich gleich geändert. Ihr mögt ein paar Dinge an der Geschichte, die mir sehr wichtig sind. Das Thema und den erzählerischen Grundton. Und die Kritik empfinde ich als ausgesprochen konstruktiv und solidarisch. Sie betrifft aber Punkte, für die ich noch keine Lösung im Ärmel habe. Ja, an manchen Stellen ist die Geschichte unentschieden. Wie alt ist das Mädchen, wie alt sollen die Leser sein, was kann ich ihnen zumuten???? Die Fragen sind offen, weil ich sie auch für mich selbst noch nicht endgültig beantwortet habe. Daraus ergeben sich vielleicht Schwächen.
svg hat bestimmt Recht damit, dass an dieser Eisstatue noch zu feilen ist, bevor sie mir davonschmilzt.
Ach ja Peregrina...eine Idee vom Alter des Kindes habe ich schon. Für mich ist sie etwa 12.
Vielen Dank nochmal fürs Lesen und Kommentieren
wander

 
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Noch nie in ihrem Leben hatte sie sich so geschämt. Für alles. Dafür, dass sie so war, wie sie war. Dafür, dass sie da war, wo sie nicht sein durfte. Dafür, dass es sie gab.

»Belarus bleibt der Idee uneingeschränkt treu, einen Unionsstaat mit Russland aufzubauen. Ich richte diese Aussage in erster Linie an unsere Anhänger und Gegner in der Russischen Föderation. Dabei soll das Hauptprinzip gelten: für unsere Mitbürger und Wirtschaftssubjekte müssen gleiche Bedingungen geschaffen werden. Andere Prinzipien machen die Union unmöglich. Außerdem muss das Prinzip „gleiche Bedingungen für alle“ strikt eingehalten werden. Auch das Postulat der Souveränität bleibt für Belarus unerschütterlich“, sagte das Staatsoberhaupt«*
und von dem da gerade eben am 5. März Lukaschenko schwadronierte.

Warum treib ich diesen Aufwand und hol ein sehr spezielles Zitat hervor, das freilich europaweit und somit auch grundgesetzlich verfasst ist und zum anderen Grundlage der Europäischen Union ist? Weil es zum einen notwendig ist, auch in Kinder-/Jugendliteratur jenseits des Fantastischen Realität einzufangen. Ich muss aber gestehn,

wander,

dass ich im Gegensatz zu @peregrina Deine notwendige Geschichte beinahe übersehen hätte, wenn ich nicht nochmal die ganze Liste der Beiträge durchgegangen wäre – sollt‘ ich noch jemand übersehn haben, der melde sich!

Es sind ja schon Geschichten mit durchaus sozialkritischem Inhalt (@khnebel und gerade @Frieda Kartell zB) ins Rennen geschickt worden und wir alle wissen, dass offensichtlich für die EU und unsere schöne Republik das niedrigste Level als Maß der gleichwertigen Verhältnisse gilt: Unterkünfte für „Leih“arbeiter und der Hartz IV- Satz, der gerade eben wieder satirereif „großzügig“ erhöht wurde und immer schon wesentlich unterm allgemeinen Steuerfreibetrag (dem eigentlichen Existenzminimum) liegt. Aber zu Deinem Text, bei dem ich beim besten Willen kein Gezeitenchaos erkennen kann (eingedenk dessen, das Du was auch immer sicherlich schon korrigiert hast und ich mich eigentlich erst einmisch, wenn die Partizipienreiterei und die Dikatatur der Hilfsverben überhand nimmt.
Grundsätzlich gilt für die deutsche Sprache, für die lt. Duden gilt keine strenge Consecutio temporum (= streng geregelte Zeitenfolge wie im Latein und in anderen romanischen Sprachen), doch ist die Wahl des Tempus in der Satzfolge auch nicht völlig frei«, so der Duden, Bd. 4, 1995, 5, Aufl., S. 820) und vom Konkurrenzunternehmen (eigentlich der „Wahrig“)
»In Temporalsätzen - und nur hier - gibt es relativ feste Regeln der Zeitenfolge in Haupt- und Nebensatz: entweder werden nur Vergangenheitstempora (Präteritum, Plusquamperfekt, temporale Verwendungsweisen von Perfekt und Futur II) oder nur Nichtvergangenheitstempora (Präsens, Futur I, allgemein gültige Verwendung des Perfekts oder modaler Gebrauch des Futurs II) miteinander verbunden.
:
Er stand an der Tür, während die Truppen vorbeizogen.
...« aus: Bertelsmann / Grammatik der deutschen Sprache, Gütersloh – München, 1999, S. 105, mit dem kleinen Hinweis, dass bestimmte zeitl. Ausdrücke wie hier eine Präpositionen („während“) von „am Anfang“ / „anfangs“ bis „zuletzt“ Partizipienreiterei verhindern können.

Gleichwohl hab ich direkt zu Anfang was zu mosern über eine verfrühte „Emanzipation“, wenn man es so sagen kann, wenn es nämlich heißt

Das kalte Mädchen

„Tu das nicht! Es wird viel zu kalt heute Nacht.“
Sie stand auf, verabschiedete sich, verscheuchte ein dunkles Gefühl.


Und schon sind wir mitten in der Flusenlese, zumeist Flüchtigkeit

„Wie soll ich das wissen? Ich war noch nie Drüben[.]

Viele tranken Wein oder Schnaps, damit sie besser schlafen konnten[,] und dann redeten sie entweder nichts mehr oder dummes Zeug.
Das „und“ setzt nicht den Nebensatz fort – der dort endet, sondern verbindet zwo Hauptsätze

Nur mit Mat[t]hias konnte sie sich manchmal unterhalten.
Du nutzt im Folgenden immer doppel-t!

Durch die Zweige betrachtete sie die weiße[,] beschienene Fläche, wo an einem Sommertag eine Wiese war, wo so viele Menschen saßen, sich unterhielten, aßen und tranken, spielten.
Ich seh „weiße“ und „beschienene“ für gleichrangige Attribute der „Fläche“ an und die Gegenprobe mit „und“ widerspricht dem nicht. (anders wäre es m. E., wenn es hieße „die weiß beschienene Fläche“ z. B.)

Ein „Alles ist gut.“-Gefühl
Besser ohne Punkt und durchgängig ein „Alles-ist-gut-Gefühl“

Ein kleines Glück, für das kleine Kind, das sie gewesen war. Später erst kam die Ahnung, dass es ein großes[,] verlorenes war.
So wird es sein!

Es würd zu dem Thema von meiner Seite seltsam klingen, es „gern gelesen“ zu haben, aber nicht ungern ist ja auch schon was!

Tschüss und einen angenehmen Restsonntag ausm Pott vom

Friedel!

 

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