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Das letzte Mal

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22.01.2021
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Das letzte Mal

Der Nebel legt sich kalt auf meine Haut, dringt durch meine Kleidung und lässt mich zittern. Ich halte mich an meiner Kippe wie an einem Rettungsring fest. Erstaunlich, dass sie überhaupt brennt.
Du bist noch immer nicht in Sicht. Wahrscheinlich musst du ihr noch eine glaubhafte Geschichte erzählen.
Das letzte Mal. Es wird das letzte Mal sein, dass wir uns erzählen, dass es das letzte Mal war.

Deine Scheinwerfer durchscheiden die weiße Luft. Dein Wagen hält neben mir und die Beifahrertür öffnet sich mir. Dahinter kommt die süße Hölle deines Autos zum Vorschein. Dein Geruch schlägt mir entgegen...gepaart mit ihrem. Ich lasse meine Kippe auf den nassen Asphalt fallen. Ich brauche sie nicht mehr. Ich kann mich an dir festhalten, mein Rettungsring, der mich in die Tiefe zieht.
Das weiche Leder des Sitzes schmiegt sich an meine Beine und ich erschaudere in der Wärme des Wagens. Dein Blick ist auf die Straße gerichtet. Sobald ich die Tür schließe fährst du los. Fährst zu unserem Platz. Deine Hand legt sich auf meinen Oberschenkel und ich ziehe sie höher, bis sie in meinem Schritt liegt. Du atmest scharf ein, lässt deine Hand aber wo sie ist.
Sobald wir stehen und die Scheinwerfer erlöschen, traust du dich mich anzusehen. Wer könnte diesem Blick widerstehen? Meine Lippen finden deine, deine eine Hand findet meine Haare, deine andere taucht ab. Du rückst den Fahrersitz zurück und ich stürze mich auf dich. Atme dich ein, bedecke jeden Zentimeter deines Körpers mit Küssen. Deine Berührungen machen süchtig, schreien nach mehr und ich gebe es dir.
Im Schutze des Nebels lieben wir uns, gieren nacheinander. Es gibt nur uns, nur uns. Du ziehst mich hinab und ich lasse es zu. Wer könnte deinem Blick widerstehen? Die Scheiben beschlagen und verbergen uns vor der Welt.
Deine Hände streichen über meinen Oberkörper, zärtlich, liebevoll. Machst du das auch bei ihr? Kannst du das?

Du fährst mich zurück. Bleibst stehen, wartest, dass ich aussteige, dass ich dich mit deiner Pein allein lasse. Doch ich bleibe. Warte, höre auf jeden deiner Atemzüge. Warte, bis du dich traust mir in die Augen zu sehen. Es dauert, doch du traust dich, zögernd, doch du wagst es. "Das war das letzte Mal", sage ich und du nickst. Zu oft schon habe ich es gesagt, zu oft schon hast du es geschworen. Wir glauben uns nicht mehr. Doch dieses eine Mal glaube ich mir. "Ich mache das nicht mehr mit, Jona. Du traust dich nicht. Du versteckst dich lieber, versteckst uns. Ich gehe. Ich fahre morgen fort." Deine Augen werden groß, füllen sich mit Schmerz, füllen sich mit Mitleid. "Du weißt, dass ich...ich kann nicht. Ich... lie...", "Ich weiß", unterbreche ich dich, "Und sie liebt dich. Du traust dich nicht. Also gehe ich. " Deine Stirn berührt meine und für einen Augenblick will ich meinen Plan aufgeben. Ich spüre deinen Atem, deine Tränen. Dann kämpfe ich mich hoch, schwimme, schwimme, bis ich die Oberfläche erreiche, bis ich mich von meinem tödlichen Rettungsring lösen kann.
Ich steige aus.
"Leb wohl, Jona."
"Leb wohl, Luca."

 

Hallo @Nosy

ich habe Deine Geschichte gern gelesen, obwohl sie mir zu kurz ist, mir einiges fehlt. Über "ihn" erfahre ich ein wenig mehr, über "sie" kaum etwas. Da sind 2, die sich heimlich treffen und sich lieben, er ist aber vergeben, hat nicht den Mut, seine Frau zu verlassen. Die Geliebte hat die Nase voll, trennt sich. Mir fehlen Details, ich möchte gerne mehr über Deine Prota erfahren. Und auch über ihn. Ich mag Deinen Schreibstil, kann mir die Szene gut vorstellen. Die Geschichte ist ausbaufähig.

Hier ein paar Anmerkungen:

Deine Scheinwerfer durchscheiden die weiße Luft.

Deine Scheinwerfer durchscheiden die weiße Luft. Dein Wagen hält neben mir und die Beifahrertür öffnet sich mir. Dahinter kommt die süße Hölle deines Autos zum Vorschein.

Vorschlag: Die Scheinwerfer deines Wagens durchschneiden den Nebel. Du hältst neben mir, die Beifahrertür schwingt auf. Dein Duft schlägt mir entgegen ...

Ich lasse meine Kippe auf den nassen Asphalt fallen. Ich brauche sie nicht mehr. Ich kann mich an dir festhalten, mein Rettungsring, der mich in die Tiefe zieht.

3 Sätze hintereinander, die mit ich anfangen.
Den Rettungsring hattest Du oben schon erwähnt, würde ich nicht wiederholen.
Rettungsring - der mich in die Tiefe zieht - das ist unlogisch. Ein Rettungsring hält einem ja über Wasser. Würde ich komplett streichen.

Vorschlag: Ich lasse die Kippe auf den nassen Asphalt fallen. Jetzt brauche ich sie nicht mehr. Ich kann mich an dir festhalten.

Meine Lippen finden deine, deine eine Hand findet meine Haare, deine andere taucht ab.

Das klingt holprig und unschön.
Vorschlag: Unsere Lippen finden sich. Du greifst in meine Haare, ziehst mich zu dir, deine andere Hand taucht ab.

Warte, bis du dich traust mir in die Augen zu sehen. Es dauert, doch du traust dich, zögernd, doch du wagst es.

Wortwiederholung.

Vorschlag: Warte, bis du dich traust mir in die Augen zu sehen. Es dauert, doch dann tust du es.

"Und sie liebt dich. Du traust dich nicht. Also gehe ich. "

Schon wieder der selbe Ausdruck.

Vorschlag: "Und sie liebt dich. Dir fehlt der Mut, also gehe ich."

Ganz liebe Grüße und ein schönes Wochenende,
Silvita

 

Hi @Nosy

ich bilde mir ein, in Deinem Text kommt schon am Anfang recht klar heraus, wohin die Reise geht. Dann wird diese Reise beschrieben, große Überraschungen gibt's nicht mehr.

Ich schreibe bewusst, ich bilde es mir ein, denn die beiden Namen am Ende lassen prinzipiell noch eine andere Interpretation zu - Luca ist ein weiblicher und männlicher Vornamen - das würde Deiner Geschichte eine interessante Wendung geben. Falls Du es so beabsichtigst hast, würde ich meinen, dass Du die Namen eindeutiger wählst, sonst überliest man das leicht bzw. bleibt es irgendwie offen.

Ich finde, Du hast in dem Text einige ganz gute Bilder drinnen, zB.

Dahinter kommt die süße Hölle deines Autos zum Vorschein.
An der Formulierung könntest du mMn noch ein bisschen herumfeilen: Irgendetwas mit "in die süße Hölle eintauchen" oder so, dann hättest Du gleich eine Bewegung mit dabei und es wirkt noch besser.

Gut finde ich auch den Rettungsring, der in die Tiefe zieht.

Für meinen Geschmack trägst Du manchmal etwas zu viel auf

"Ich mache das nicht mehr mit, Jona. Du traust dich nicht. Du versteckst dich lieber, versteckst uns. Ich gehe. Ich fahre morgen fort."
"Ich fahre morgen fort" ist mir schon zu viel Pathos - und bräuchte es mMn auch nicht. Aber das ist wahrscheinlich eine Geschmacksache.

Generell musst Du mit Wiederholungen aufpassen. @Silvita hat es oben schon erwähnt.

Wer könnte diesem Blick widerstehen?
Diesen Satz hast Du fast identisch sogar zwei Mal in dem Text stehen.

Finde Deinen Text gut geschrieben. Du versuchst Bilder zu erzeugen und das klappt recht gut. Mit Wiederholungen musst Du aufpassen und für mich ist es manchmal zu viel Pathos.

Über die Prota erfährt man nicht so viel. Dahingehend könntest Du den Text noch ausbauen. Dann gelingt es auch besser, sich in die handelnden Personen hineinzuversetzen.

Gerne gelesen!

Servus,
Walterbalter

 

Hallo @Nosy,

ich weiß gar nicht, ob ich diesen Text als Kurzgeschichte beschreiben würde. Das ist aber aus meiner Sicht kein Manko. Dir ist eine sehr atmosphärische Szenenbeschreibung gelungen, die ihren Plot nicht an der Oberfläche trägt. Du skizzierst nur die Umrisse, statt das Gemälde mit allzu vielen Details zu überfrachten. Das gefällt mir.

Die Pointe deutet meines Erachtens nach sehr eindeutig darauf hin, dass sich im Auto zwei Männer getroffen haben - auch wenn die Namen das nicht eindeutig zeigen. In dieser Hinsicht würde ich die Kritik von @Walterbalter unterschreiben: Gerade in dieser Hinsicht sollte deine Erzählung nicht zweideutig sein. Dann wirkt das Spiel mit der Erwartungshaltung deiner Leserinnen und Leser aus meiner Sicht noch besser.

Viele formale Kleinigkeiten haben @Walterbalter und @Silvita schon angemerkt, daher hier nur noch kurze Ergänzungen:

Ich halte mich an meiner Kippe wie an einem Rettungsring fest
Besser: "Ich halte mich an meiner Kippe fest wie an einem Rettungsring."
Das wiederholte Aufgreifen des Rettungsring-Bilds finde ich übrigens nicht störend.

Dein Geruch schlägt mir entgegen...gepaart mit ihrem.
Vor und nach das Auslassungzeichen gehören in diesem Fall Leerzeichen. Das kommt später nochmal vor.

Also gehe ich. "
Leerzeichen streichen.

Viele herzliche Grüße
PGN

 

Vielen Dank, dass ihr, @PGN, @Walterbalter und @Silvita, euch Zeit genommen habt meinen kurzen Text zu lesen.

Ich werde mir eure Kritik auf jeden Fall zu Herzen nehmen und die Geschichte in der nächsten Zeit korrigieren.

Durch die unisex Namen für die beiden handelnden Personen, wollte ich den Leser/ die Leserin absichtlich ein wenig verwirren. Dennoch kann ich verstehen, dass euch das nicht unbedingt zu sagt, vor allem weil die Geschichte ansonsten sehr skizzenhaft ist. Damit werde ich mich noch einmal auseinandersetzen.

Das mit den Wiederholungen und dem Pathos ist mir erst gar nicht so aufgefallen, aber ihr habt da Recht.

Euer Feedback hilft mir wirklich weiter. Dankeschön :)

 

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