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Das Mistdesaster
Die Gundi ist eine von den Bravsten. Sie bleibt schön bei der Herde, nicht wie die Berta.
Die Berta gibt nur 18 Liter Milch und ist nebenbei auch noch stur. Beim Queren der Straße geht sie gern ein Stück entlang der Mittellinie. Sie versucht dabei immer jeden einzelnen ihrer vier Hufe, auf die gelbe Markierung zu setzen. Sie ist mittlerweile schon sehr geschickt. Nur Bauer Elmar freut sich über ihre Fortschritte nicht sonderlich, weil er dann großen Schrittes nach vorne eilen und die Berta in die Herde zurücktreiben muß.
Genau so war es auch am Montag dem zwölften März vergangenen Jahres. Die Berta ging wieder mal am Strich spazieren und der Elmar trieb sie mit seinem Stock in die Herde zurück. Weil die Berta so schnell zu den anderen Kühen zurücklief, hat sie nicht rechtzeitig, auf den für Hufe nicht unbedingt griffigen Asphalt halten können und ist mit ihrem linken Horn in die Gundi gestoßen. Sie hat sich sofort bei der Gundi entschuldigt, aber der Bauer hat ihr gleich noch mal eines mit dem Stock übergebraten, wegen aufmüpfigen Verhaltens.
Der Huber Karl, das ist der Sohn vom Huber Max seines Zeichens Bürgermeister von Großbuch, der ist am Sonntag dem elften März sechzehn Jahre alt geworden. Aus diesem Grund hat er auch ein Kleinmotorrad geschenkt bekommen. Neider behaupteten es müßte ja ein Kleinmotorrad sein, weil ein Mofa wäre nicht dafür konzipiert, den Karl mit seinen 120 Kilo den Anstieg von Unterlemach nach Großbuch hinauf zu transportieren. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hatten sie auch recht. Weil der Karl der Sohn vom Bürgermeister ist, hatte er schon am Sonntag seine Lenkerberechtigung auf der Gemeinde abholen können. Gleich nach dem Gottesdienst ist der Anton Tschunigl seines Zeichens Gemeindebediensteter mit dem Karl in sein Büro gegangen und hat ihm dort den heiß ersehnten rosa Zettel ausgestellt. Dazu muß man wissen, daß der Bürgermeister Huber und der Tschunigl zusammen bei der Freiwilligen Feuerwehr Großbuch sind und hie und da nach der Übung zusammen auf ein oder zwei Biere beim Kirchenwirt zusammensitzen. Vielleicht war der Tschunigl auch so engagiert, weil der Bürgermeister Huber manchmal mit ihm bei einem Bier zusammensaß, obwohl er der Tschunigl, gar nicht dabei war. Der Tschunigl ist manchmal nämlich ziemlich beschäftigt mit dem Felix seiner Rosa.
Also, der Huber Karl hatte noch am Abend dieses Sonntags auf seinem Kilometerzähler die Zahl 247km stehen gehabt. Diese doch recht ansehnliche Zahl kam zustande indem er allen seinen Klassenkameradinnen einen Besuch abstattete, um diese dann mit dem Spruch: „Kumst mit auf a Spritztour“ blöd grinsend einzuladen. Leider wurden die Erwartungen, die er in seinen fahrbaren Untersatz gesteckt hatte, nicht annähernd erfüllt. Einzig die Herta wäre seiner Einladung mit einem: „Wenn´s meinst“ gefolgt.
Aber leider ist dieses vielversprechende Techtelmechtel vom Schicksal schon im Keim erstickt worden.
Erstens, weil der Helm den der Karl mitgebracht hatte zu klein war, für den Mostschädel von der Herta, wie er am Abend seinem Vater berichtete und zweitens weil der hintere Stoßdämpfer nicht ausreichend mit Federkraft ausgestattet war für ein Gesamttransportgewicht von rund 220 Kilogramm.
Am Montag morgen ist der Karl, dann mit gebremster Euphorie dafür aber mit um so weniger gebremsten Motorrad zu seiner Lehrstelle gerauscht. Schon am Sonntag hat die Nadel seines Tachos die Neunziger hinter sich gelassen und ist zielstrebig hin zum Hunderter als er nach Unterlemach unterwgs war.
(Das Straßenstück von Großbuch nach Unterlemach ist wie geschaffen für einen neuen Geschwindigkeitsrekord.)
Der Huber Karl hatte sich zu diesem Zweck ganz klein gemacht auf seinem Motorrad und raste mit Vollgas die Lavantaler Bundesstraße hinunter.
Genau in dem Moment, wie die Tachonadel die Hundertzweiermarke erreichte, lag der Huber Karl mit seiner Maschin in der langgezogenen Kurve. Jenes Straßenstück wo der Elmar immer seine Kühe über die Bundesstraße treibt.
Zum Glück lagen um die Zeit die Kühe schon träge wiederkäuend auf der Weide.
Er hätte es nur nicht so übertreiben sollen mit dem hineinlegen in die Kurve.
Sein letzter Gedanke bevor er endgültig die Kontrolle über sein Fahrzeug verlor war:„Scheiße“.
Ein Ausruf der durchaus öfter treffend ist in einer mißlichen Lage.
In Karls ganz speziellen Fall aber dreifach zutreffend.
a) was er sah
b) was er dachte
c) die Ursache für den Totalschaden an der Maschin und seinem Körper.
Der Bürgermeister Max Huber war fürchterlich wütend als er vom Alfred den Gendarmariekommandanten von Großbuch erfuhr, daß der Bub das neue Motorrad schrottreif gefahren hat. Die Tatsache, daß der dumme Bub sich auch noch beide Haxen abgehauen hat ließ seine Aggression dann doch eher in Richtung der Unfallursache gehen. Dem Mist von der Gundi. Wie sich bald durch die intensiven Nachforschungen der Gendarmerie Großbuch ergab. Der Gendarmerie Kommandant hat den Ferdl den Ferdinand Motzbacher beauftragt die Spuren am Unfallort zu sichern. Dazu gehört auch der Mist auf den Rädern der KTM vom Karl. Der Motzbacher kam bald zu der Erkenntnis, daß die antihaft Funktion von Kuhmist, mit zunehmend verstrichener Zeit, gerechnet von dem Zeitpunkt des Verlassens der Kuh ständig abnimmt. Darüber hinaus sogar, auf ihm unerklärliche Weiße, diese Besonderheit des Mists sich sogar in eine Haftfunktion umkehrt. Was in weiterer Folge dazu führte, daß der Hinterreifen des Motorrades, das übrigens noch einzig funktionstüchtige Teil am gesamten Motorrad war, auch das zeitliche segnete. Dies geschah, weil der Motzbacher beim Sichern des Beweisstücks a) dem Mist, einen spitzen Gegenstand, nämlich sein Schweizer Taschenmesser zu Hilfe nahm und bei dieser Amtshandlung versehentlich zu tief ins Profil des Reifens stocherte.
Die Gerichtsverhandlung wurde wegen besonderer Wichtigkeit einigen anderen weniger wichtigen Fällen wie zum Beispiel, Causa: Fischsterben im Lemacher Bach, aufgrund der Überdüngung auf Bürgermeister Hubers Feldern, vorgezogen. Außerdem fand die Verhandlung aus zweierlei Gründen nach der Sonntagsmesse am Dorfplatz statt. Einerseits, weil der Bürgermeister im Rathaus weder die verdächtige Sau noch die Kuh sehen wollte und andererseits wegen dem öffentlichem Interesse an diesem Fall.
„Von dem Recht eine Verhandlung öffentlich und am Tag des Herrn durchzuführen wurde das letzte Mal bei dem großen Hexenprozeß 1977 in Großbuch Gebrauch gemacht, und ob dies ein ähnlich dringlicher Fall sei“ gab Pfarrer Ugowitza bei der Gemeinderatssitzung zu bedenken.
(Dieser Fall ging damals zu Ungunsten der Angeklagten aus, welches mit Großem Hallo der Gemeinde begrüßt wurde. Das Osterfeuer brannte in diesem Jahr besonders hell)
Mit dem Versprechen, welches mit Handschlag und Bier vom Bürgermeister gegeben und besiegelt wurde, sich persönlich um das Voranschreiten der Restauration des Hauptaltars zu kümmern, waren auch die Überlegungen des Ugowitza wie weggeblasen.
Der Brotberuf des Tschunigls waren weder die Löscharbeiten bei der Feuerwehr noch die Handlungen mit der Rosa. Man glaubt es kaum es waren Amtshandlungen rechtlicher Sache. Der Tschunigl ist der Richter von Großbuch. Bauer Elmar hatte in der Früh gleich nach dem Melken seiner geliebten Gundi noch die Hufe geputzt die Hörner poliert sowie das Euter aufs peinlichste genau gereinigt. So marschierten die beiden herausgeputzt wie für den Opernball am Dorfplatz auf.
Drei Faktoren haben den Prozeß schon im vorhinein eine sagen wir es mal so, eine gewiße Tendenz vorgegeben.
a) Die Handlungen an der Rosa durch ihn
b) Das Wissen des Bürgermeisters darum
c) Die Anmerkung des Bürgermeisters: „Wenn de Kuh net bluatet, bluatast du“
Die Gundi wurde zu einer Haftstrafe von 22 Tagen wegen unzulässigen Mistens auf der Bundesstraße verurteilt.
Seitdem gibt es eine sogenannte Kuhzelle im Gefängnis von Großbuch und soweit ich weiß ist es bis dato auch die einzige weltweit.
Die Berta ist zu Wurst verarbeitet worden, weil der Bauer Elmar sie noch am selben Tag mit einem Fäustl erschlug. Sie war ja die eigentliche Schuldige, wovon sich der Richter aber auf Grund der Tatsache ein DNS-Analyse-Gutachten aus Wien in den Händen zu halten, welches schwarz auf weiß bestätigte, daß der unfallverursachende Mist mit 99,999 prozentiger Sicherheit, der von der Gundi war, nicht überzeugen ließ.
Was die Sau anging die konnte tatsächlich nur noch in Form eines Zigeunerschnitzels beim Kirchenwirt ausfindig gemacht werden. War aber letztendlich eine falsche Fährte die durch unprofessionellen Umgang mit Beweismitteln durch den Ferdl mit seinem Schweizer Taschenmesser gelegt wurde, weil er zuvor damit Speck gejausnet hatte.
Und was die Fische im Lemacher Bach angeht die sind endgültig ausgerottet.