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Das nette Satellittchen

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24.04.2003
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Das nette Satellittchen

Statt einer Neun hatte Gerd versehentlich ein Fragezeichen in das Navigationssystem eingegeben.
Er wollte gerade korrigieren, als das eingespeicherte Programm tatsächlich ein Fragezeichen anstatt der Hausnummer fand.
Der Straßenname verschwand vom Display und es wurde eine Entfernung von 4,5 Kilometern angezeigt. Die schnellste Route vorausgesetzt.
Ehe Gerd stutzen konnte, befahl die tonlose Frauenstimme bereits das Abbiegen nach rechts.
Als Ziel stand da nach wie vor ein Fragezeichen.
Er fuhr den Wagen sachte an. Eine Mischung aus Belustigung über den offensichtlichen Softwarefehler und Neugier lies ihn vergessen, dass er es im Grunde ziemlich eilig hatte.
"Fragezeichen, hm? Dann wollen wir mal sehen. Du bist wohl noch dümmer als mein dummes Weib."
Nach zwei Kilometern fuhr er an dem REWE Markt vorbei, bei dem Sandra immer einkaufte.
Nach drei Kilometern kam der eingezäunte Bereich mit den Pferden, die gelangweilt in der Gegend rumglotzten und sich von der Sonne bescheinen ließen.
"Potenzielles Gulasch", huschte es über Gerds Lippen.
Fünfhundert Meter blieben übrig, als das Navigationssystem ihn von der Straße abbrachte, und über einen Wanderweg lotste, der für Kraftfahrzeuge eigentlich verboten war.
Dann kam der Wald.
Gerd stieg aus, entfernte den TomTom aus seiner Halterung und ging in Richtung Dickicht.
Als er neben zwei ziemlich großen Laubbäumen vorbeikam, meldete sich das Gerät wieder.
"Biegen Sie links ab und halten Sie sich mittig."
Allmählich fand Gerd diese Fehlfunktion doch recht merkwürdig.
Eine Axt steckte im Waldboden.
Seltsam
Als er am breiten Stiel zog, um das massive Werkzeug aus seiner festgefahrenen Position zu befreien, berechnete der kleine Kasten in Gerds freier Hand die Route neu.
Wieder 4,5 Kilometer. Doch statt des Fragezeichens stand im Zielbereich nun ein Ausrufezeichen.
Völlig verwirrt kehrte Gerd zurück zu seinem BMW.
Der hat einiges gekostet, ging es ihm zusammenhangslos durch den Kopf. Die Axt ließ er lose baumeln. Wäre er auf einen Spaziergänger getroffen, hätte dieser zumindest ziemlich verunsichert dreingeschaut.
Die Plastikpinne des Navigationssystems klackten, als sie heimkehrten.
Wie ein elegant geölter Blitz in Zeitlupe setzte sich die Limousine in Bewegung.
Erneut die dumpfen Pferde.
Erneut der REWE Markt.
"Die dumme Fotze sollte schon vor zwei Tagen neue Fertiggerichte kaufen. Diät, immer höre ich nur Diät", flüsterte Gerd akustisch zu sich selbst, und gedanklich zu seiner Frau. Dabei vermied er es, seinen dicken Bauch anzuschauen.
Als er schließlich wieder vor seinem Haus stand, musste er lachen. Noch dreißig Meter bis zum Ziel.
"GPS. So genau, wie die Amis nunmal sind."
Gerd wollte das Spielchen zuende bringen, und entfernte daher den TomTom ein weiteres mal aus der Halterung.
"Biegen Sie in fünf Metern links ab."
Gerd war schlecht im Abschätzen von Entfernungen, aber fünf Meter schienen von seinem derzeitigen Standpunkt aus gesehen doch ziemlich auf die Haustür zuzutreffen.
Das seltsame Gefühl von vorhin kehrte zurück.
Seltsamer Softwarefehler.
Er schloss die Tür auf, und hörte sofort heftiges Gestöhne von oben.
"Wechseln Sie jetzt auf die Auffahrt."
Die Axt baumelte immer noch lose herum, während er die Treppe hinter sich brachte.
Mehrere Sekunden lang betrachtete er Sandra und den namenlosen Mann, wie sie wild umhertobten.
"Deshalb kannst du wohl nicht einkaufen gehen, hm?"
Die beiden erstarrten.
"Noch drei Meter geradeaus, und ..."
Gerd zog die Axt auf Kopfhöhe. - "Du verficktes Flittchen! Ich werds euch beiden zeigen!"
Dann lief er los.
Zu spät registrierte er, wie beide Körper das Bett verließen, und noch später erkannte Gerd, dass das Fenster am Kopfende offenstand.
Als er nach unten fiel, dachte er noch: "Du Miststück!"

Zuerst schlug die Axt, dann Gerds Schädel auf.
Die zwei Hälften klappten sauber auseinander.

"Glückwunsch ... Sie haben Ihr Ziel erreicht!"

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Cerberus,

ich finde deine Geschichte Klasse, weil sie die Hilfsmittel moderner Technik so wunderbar mit Elementen des klassischen Schaschlik-Horrors (ist nicht abwertend gemeint) verknubbelt. Tolle Grundidee!!

Jetzt, wo ich es gelesen habe, hätte ich ab der Hälfte den armseligen Prot wohl nicht nach Hause (dazu braucht er keinen Navi) sondern zu seiner Ehefrau gelotst, die sich mit einem Kerl in dessen Wohnung vergnügt. Ok, der Navigator lotst ihn nicht zu einer Adresse, sondern nur in Sachen Schicksal. Aber es würde m.E. die Rolle des Navigators noch ein wenig reivoller ausgestalten, wenn er wiederum zu einer unbekannten Adresse führte, wo Gerd dann ebenfalls genau diese Szene vorfindet.

Wunderbar: der kleine Umweg über den Wald!

Ansonsten:
statt "zuende" sollte es "zu Ende" heißen

Grüße
nic

 

Hallo Ceberus!

Deine Geschichte gefällt mir gut. Obwohl sie so kurz ist, ist alles drin was man so brauch.
Nette Idee.
Zu dumm für ihn, das er dran glauben muss.
Mehr gibt es eigentlich gar nicht zu sagen.

Gruß,
die Sumpfkuh

 

Er fuhr den Wagen sachte an. Eine Mischung aus Belustigung über den offensichtlichen Softwarefehler und Neugier lies ihn vergessen, dass er es im Grunde ziemlich eilig hatte.
ließ
"GPS. So genau, wie die Amis nunmal sind."
nun mal
Gerd wollte das Spielchen zuende bringen, und entfernte daher den TomTom ein weiteres mal aus der Halterung.
Mal


Hi Cerberus81,
mich hast gepackt, Glückwunsch!

Ich dachte von Anfang an, also, ab der Axt, dass er seine Frau zerhacken wird ... Hat mir echt gefallen, die Wendung!

Insofern hat mir deine Geschichte natürlich gefallen. Ebenso der Schreibstil. Manche Dinge warn schon recht amüsant :)

Gerne gelesen.

Hau rein

Tserk

 

Hi Ceberus,

mir hat deine Geshcichte auch gefallen. Klasse Idee! War richtig gespannt, wo das ganze denn hinführen sollte. Das Ende allerdings fand ich dann etwas rasch runtergeschrieben.

Gerd zog die Axt auf Kopfhöhe. - "Du verficktes Flittchen! Ich werds euch beiden zeigen!"
Dann lief er los.
hört sich in meinen Ohren ziemlich albern an. Dann lief er los könnte man auch spannungsvoller (und weniger einfallslos) beschreiben!

Zu spät registrierte er, wie beide Körper das Bett verließen, und noch später erkannte Gerd, dass das Fenster am Kopfende offenstand.
klingt irgendwie komisch

und wieso dieser Satz?

Als er nach unten fiel, dachte er noch: "Du Miststück

Also am Ende würde ich wirklich noch etwas feilen, denn das schadet der ansonsten sehr gelungenen Kg erheblich.
Ich hoffe du liest stärker das Kompliment heraus, als die Kritik... :)

grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo Cerberus81

Mir geht es ähnlich wie weltenläufer. Die kg war spannend weil man unbedingt wissen wollte, wies weitergeht.

Das Ende hat mich auch gestört. Warum fällt er aus dem Fenster?

Übrigens hatte ich auf meinem alten kaputten navi ein ähnliches Problem. Ausgerechnet beim Heimweg will der mich irgendwo in die Wildnis schicken (habs spaßeshalber mal ausprobiert (glücklicherweise weiß ich wo ich wohne :D ))

Also insgesamt ganz gut mit ein paar Stellen, an denen du noch feilen könntest.

Grüße
Texter

 

Hallo Cerberus,

ich muss sagen, deine Geschichte erinnert mich ein bisschen an X-Factor, könnte genau so gut eine Geschichte von dieser Serie sein... Dementsprechend fand ich sie wirklich sehr gut... Danke für die kurzweilige Unterhaltung :)

Gruss
Seto

 

Hallo zusammen.

Ähhh ... da ist es wohl tatsächlich so, dass ich mich zu dieser Geschichte bislang nicht zu Wort gemeldet hab ... peinlich.
Ich wollte damals eigentlich sowas in der Art von "Danke fürs Lob, und ja, das Ende kommt tatsächlich etwas rasch, da muss ich euch zustimmen", schreiben.
Dann ist das wohl irgendwie in Vergessenheit geraten.

Also danke euch allen fürs lesen und kommentieren!

Grüße

Cerberus

P.S.

@Basti08

Am Ende hat mir der Typ dann doch irgendwie Leid getan. Da bekommt er eine einmalige Gelegenheit und dann ist es er selbst, der das Zeitliche segnet.

:sconf:

 

Hallo Cerberus,
Deine Geschichte erinnert mich von Stil und Inhalt her sehr an eine typische Lagerfeuergeschichte. Sie ist so simpel wie spannend, man kann das Ende kaum abwarten. Doch gerade hier schwächelt die Geschichte, wie ich finde. Wenn Gerd es wirklich eilig hat, muss seine Frau doch mit seiner baldigen Ankunft rechnen, hier hätte ich es ebenfalls besser gefunden, wenn TomTom ihn zur Wohnung des Nebenbuhlers geführt hätte. Die Umsetzung ist auch nicht so besonders:

Zu spät registrierte er, wie beide Körper das Bett verließen, und noch später erkannte Gerd, dass das Fenster am Kopfende offenstand.
"beide Körper" klingt unpassend, "verließen" hört sich zu gemächlich an und überhaupt liest sich der Satz, als würde Gerd alles aus sicherer Distanz beobachten. Außerdem scheint es mir seltsam, dass Gerd mit solchem Schwung voranstürmt, dass er aus dem Fenster stürzt.


Gruß,
Abdul

 

Fand die Story auch Sahne !....So ein Fremdgehsuchgerät würde bestimmt reißenden Absatz finden, auf dem freien Markt...

 

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