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Das Schloss

MRG

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12.03.2020
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Das Schloss

Vor mir erstreckte sich eine Allee; zwischen den Bäumen ragten Straßenlaternen empor und verströmten oranges Licht. Ich eilte voraus mit dem sehnlichen Wunsch, endlich das Schloss zu entdecken. Doch vergeblich: Je weiter ich lief, desto dichter wurde der Nebel um mich, bis ich nur noch gedämpftes Licht wahrnahm. Daraufhin beschleunigte ich meinen Gang noch weiter und meine Gedanken rasten. Der alte Mann hatte mir gesagt, dass die Lösung meines Problems im Schloss zu finden sei. Doch wie sollte ich in dieses Schloss eintreten, wenn kein Weg dorthin führte?

Ich stieß mir den Kopf, taumelte zurück und griff mir an die schmerzende Stelle. Daraufhin ging ich behutsamer vor und ertastete mit meiner Hand Holzmaserungen. Als ich mich dagegenstemmte, gab das Holz nach und Licht strömte mir entgegen. Ich fand mich in einem Werkraum wieder: An den Wänden standen Bücherregale, auf einer großen Arbeitsplatte lagen Notizbücher und Zeichnungen, auf denen ich Schlösser erkannte. Rasch las ich die ersten Zeilen in den Notizbüchern; es handelte sich um Beschreibungen von Schlössern. Ich vertiefte mich in die Lektüre, nahm mir ab und an die Zeichnungen zur Hand, um die Ausführungen besser verstehen zu können. Eine Ahnung stieg in mir auf, dass ich selbst das Schloss bauen musste. Mir war schleierhaft, wie das gehen sollte. Immer wieder griff ich nach dem Bleistift und einem leeren Notizbuch, um durch das Schreiben meine Gedanken zu ordnen, und kritzelte eilig auf Papier, um dann alles wieder durchzustreichen. Mein Gedankenfluss kam zum Stillstand. Der Alte hatte mich betrogen.

Ich hätte es wissen müssen. Die Methoden des Alten waren mir von Anfang an falsch vorgekommen – trotz seiner horrenden Rechnungen. Benommen verließ ich die Werkstätte und diesmal hatte ich freie Sicht. Auf dem Kopfsteinpflaster der Allee lag ein dunkel violetter Umhang. Als ich ihn aufheben wollte, glitt er mir wie Sand durch die Hände und verschwand. Ich schaute über die Schulter, doch schon verschluckte mich der Nebel.
Hinter mir hörte ich eine Stimme: „Das ist die falsche Richtung.“
Ich wand den Kopf wieder zurück und sah den Prinzen. Er trug einen goldenen Stirnreif mit einem leuchtenden Rubin in der Mitte, sein weißes Wamst war mit Blumenmustern verziert und über seinen Schultern lag der dunkel violette Umhang. Seine Gesichtszüge waren fein geschnitten, symmetrisch.
„Ich suche mein Schloss“, sagte ich.
„Hier wirst du dein Schloss nie finden. Ich kann es dir zeigen. Vertraust du mir?“, fragte der Prinz und streckte mir seine Hände entgegen. Ich zögerte. Wieder dachte ich an den alten Mann. Ich hatte ihn aufgesucht, um eine Lösung gegen meine seelische Unruhe zu finden. Seit der Trennung schlief ich schlecht und hatte nervöse Zustände, die mir jegliche Freude nahmen. Angefangen hatten unsere Beziehungsprobleme, nachdem ich einen großen Auftrag an meinen Konkurrenten verlor. Sie insistierte, dass ich nicht so einfach aufgeben könne und eine Zeit des Kämpfens gekommen sei. Ich folgte ihrem Rat, stellte meinen Konkurrenten zur Rede und verlor meine Beherrschung. Unglücklicherweise belauschte uns ein Journalist. Die folgende öffentliche Demütigung beendete unsere Beziehung.

„Bist du real?“, fragte ich den Prinzen.
„Ich bin genauso real wie das Schloss, der Werkraum und der alte Mann.“
Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Doch ich war mir sicher, dass ich nicht träumte.
„Ohne den Alten hätte ich mich hierauf niemals eingelassen. Du bist doch nur ein Fantasiegespinst in meinem Kopf.“
„Und du meinst, nur weil ich in deinem Kopf bin, wäre ich nicht real?“
Darauf wusste ich keine Antwort.
„Vertraust du mir?“, fragte mich der Prinz erneut.
Diesmal nickte ich und legte meine Hände in seine. Ich hatte nichts zu verlieren. Langsam ging er rückwärts, ich schaute ihm in die Augen und folgte.

Der Prinz führte mich eine Treppe hinab. Die Absätze seiner Stiefel klackerten auf Stein, während meine Turnschuhe kein Geräusch erzeugten. In der Luft lag ein modriger Geruch. Wir kamen auf einer ebenen Fläche an. Der Untergrund bestand aus vertrocknetem, braunem Gras. Ein Mann mit blassem Gesicht starrte uns an, die Zähne schwarze Stumpen, der Rücken gebeugt, die Rippen sichtbar; er erinnerte mich an Golum – doch der Prinz setzte seinen Weg unbeirrt fort, schaute nicht einmal zur Seite.
„Wo sind wir?“, fragte ich.
Doch der Prinz schüttelte den Kopf. „Vertrau mir einfach“, sagte er und drehte sich das erste Mal um. Er hielt mich noch immer an einer Hand und wieder ertönte das klackernde Geräusch. Wir erstiegen eine neue Treppe. Als ich nach oben schaute, sah ich das Undenkbare: Die Treppe führte wie bei einem Looping hoch über unsere Köpfe hinweg.
„Einfach Stufe für Stufe. Dir wird nichts passieren, ich gehe vor“, sagte der Prinz und ich glaubte ihm.

Der Körper des Prinzen geriet in Schieflage, aber er fiel nicht. Stattdessen setzte er seinen Weg unbeirrt fort: Schon stand er kopfüber auf den Stufen. Als ich nach unten schaute, sah ich den Anfang der Treppen und das braune Gras. Ein Gefühl der Schwerelosigkeit erfüllte mich, so mussten sich Astronauten im All fühlen. Wir gingen immer weiter, bis wir wieder in der Horizontalen angekommen waren. Es folgten noch mehrere solcher Loopings, die sich wie eine Spirale immer weiter in die Höhe hoben.
„Wir sind gleich da“, sagte der Prinz, und wirklich ich sah das Ende der Treppen. Das Klackern hörte auf und wir befanden uns auf einer Brücke. Ich konnte die andere Seite sehen, doch in der Mitte der Brücke klaffte ein Loch von einigen Metern.
„Dort müssen wir rüber“, sagte er.
„Da ist ein Loch. Wie sollen wir da rüberkommen?“ Ich stand jetzt am Rand der Lücke und unter mir sah ich blaues Nichts.
„Ich hab Angst“, flüsterte ich.
„Vertraust du mir?“
„Ich will nicht fallen, das ist mir zu viel.“
„Ich gehe vor“, sagte der Prinz und setzte seinen Fuß ins Nichts.

Beide Füße des Prinzen standen im Nichts, als er sich zu mir umdrehte. Er streckte mir seine beiden Hände entgegen und lächelte. „Vertrau mir wie bei den Treppen.“
Ich ergriff seine Hände und setze meinen Fuß nach vorne. Es fühlte sich wie gefrorenes Wasser an, doch da war nichts unter mir. Ich zog den zweiten Fuß nach. Schritt für Schritt überbrückten wir die Lücke, bis wir die andere Seite erreichten.
„Dein Schloss wartet auf dich“, sagte der Prinz und legte mir seinen dunkelvioletten Umhang über die Schulter. Er nickte mir lächelnd zu, dann war er verschwunden. Nach einigen Metern ragte vor mir ein runder Turm empor, die Zinnen waren deutlich zu erkennen. Ich ging weiter und betrat mein Schloss, das ich so dringend benötigt hatte.

 

Hallo @MRG ,

Du hast als Tag "Sonstige" angegeben. Ich hätte auch "Seltsam" angegeben, weil ich deinen Text recht verwirrend fand. Es kann sein, dass das deine Absicht war. Bei manchen Stellen gehst du aber mMn so weit, dass das von dem Inhalt ablenkt.

Ich sah den Prinzen das erste Mal, als ich den Weg zum Schloss nicht fand.
Da erwähnst du mit dem Prinzen und mit dem Schloss gleich zwei mysteriöse Dinge und schmuggelst schnell zum Schluss noch eine Verneinung rein. Beim nächsten Satz gehst du dann auch noch eine Zeitebene zurück und beschreibst die Ereignisse vor dem Treffen mit dem Prinzen, ohne dass du das mit einem Plusquamperfekt ankündigst.
Ich kann es nachvollziehen, dass du einen möglichst geilen ersten Satz haben möchtest. Aber den ersten Satz kann man auch überladen.

Ich stieß mir den Kopf, taumelte zurück und ertastete mit meiner Hand Holzmaserungen.
Wenn man sich den Kopf anstößt, dann braucht man normalerweise eine Pause, bevor man etwas erforscht.
Ich stieß mir den Kopf und taumelte zurück. [Stopp] Meine Hände griffen durch den Nebel. Da war etwas raues. Das muss trockenes Holz sein.

Ich fand mich vor der Tür eines Gartenhauses wieder.
Er kann nicht einmal einen Zaun vor seinen Händen sehen, aber erkennt dann gleich ein ganzes Gartenhaus? Beim ersten lesen dachte ich, dass dein Prot jetzt in einem beleuchteten Innenraum ist, weil es hier dem Anschein nach keinen Nebel mehr gibt und aus dem Holz Licht durchströmte. Entsprechend verwirrt war ich, dass dein Prot dann plötzlich vor einem Gartenhaus ist.

Hinter mir hörte ich eine markante Stimme:
Warum ist seine Stimme markant? Freut sich dein prot einfach, jemanden zu hören?

er weckte Vertrauen in mir.
Das kann weg.

Ich hatte ihn aufgesucht, um eine Lösung gegen meine seelische Unruhe zu finden. Seit der Trennung schlief ich schlecht und hatte nervöse Zustände, die mir jegliche Freude nahmen.
Das ist viel zu viel Tell. Das ist die erste Stelle in deiner Geschichte, die ich verstehe, und du gehst nicht darauf ein. Was war an der Trennung schlecht? Wie sehen die nervösen Zustände aus. Argh!
Sehr schön wäre es gewesen, wenn du einen extra Absatz gemacht hättest, wo dein Prot eine Art Flashback hätte an die schlimme Trennung. Dann hätte der Prinz irgendetwas gesagt und deinen Prot in die "Realität" zurückgeholt.

Als ich nach unten schaute sah ich
Komma

und verlor mein Zeitgefühl.
Das musst du nicht extra erwähnen.

erinnerte mich an Golum
Das ist dann wohl symbolisch der/die Ex :peitsch:

Der Körper des Prinzen geriet in Schieflage,
Die Idee fand ich witzig.

„Ich hab Angst“, flüsterte ich.
„Vertraust du mir?“
„Ich will nicht fallen, das ist mir zu viel.“
Das erinnert mich zu sehr an Aladdin.

Er nickte mir lächelnd zu, dann war er verschwunden. Nach einigen Metern ragte vor mir ein runder Turm empor, die Zinnen waren deutlich zu erkennen. Ich ging weiter und betrat mein Schloss, das ich so dringend benötigt hatte.
Das ist ein schönes Ende.

Insgesamt fand ich deine Geschichte ganz gut. Du solltest aber die ersten paar Absätze übersichtlicher gestalten und mehr von den Trennungsproblemen und den Angstzuständen von deinem Prot zeigen

Liebe Grüße,
alexei

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber @MRG ,

schon einmal vielen vielen Dank für deine Nachricht, dazu schreibe ich dir ausführlich :gelb:
Ich muss das etwas stückeln; nächste Woche erste Prüfung und gleich muss ich noch etwas besorgen. Aber ich will dich auch nicht warten lassen. Deswegen habe ich mir jetzt die ersten zwei Absätze rausgepickt und liefere den Rest + Gesamteindruck nach.

Ich sah den Prinzen das erste Mal, als ich den Weg zum Schloss nicht fand.
Doch wie sollte ich in dieses Schloss eintreten, wenn kein Weg dorthin führte?

Willkommen in Kafkas "Das Schloss" :) Interessant, dass du dich diesem Klassiker annimmst; versuchst, da Qualitäten draus zu schöpfen. Ein schwieriges Unterfangen. Zumal das kein Zitat, sondern ein Motiv – fast schon eine Version davon ist. Dadurch ist dein Text nicht an der Vorlage zu messen, aber doch in einer Art Vergleichssituation. So weit, finde ich, machst du das aber erst mal gut. Deine Sprache ist klar, die Motive eindeutig, eine Dringlichkeit und Stringenz dieses Vorhabens spürbar. Übrigens ist Kafka einer meiner Lieblingsautoren und das Schloss habe ich auch sehr gerne gelesen.

Vor mir erstreckte sich eine Allee; zwischen den Bäumen ragten Straßenlaternen empor und verströmten orangenes Licht.

mir gefällt das. Außerdem kommt es mir vor, als hättest du das Semikolon für dich entdeckt :D Das spielt hier eine Rolle. So früh, wie du es hier einsetzt, verspricht es einen aufgeräumten, strukturierten Erzählton. Technisch fast und darin auch in gewisser Weise ironisch. Denn dieser Einsatz des Semikolons ist meines Wissens nach noch nicht wirklich alt. Deshalb empfinde ich dieses Geordnete als Hinweis auf einen im Text implizierten Autor und Erzähler, der näher an der Gegenwart ist als Kafka etwa.

ertastete mit meiner Hand Holzmaserungen

Immer gut, die Sinne anzusprechen. Vor allem vom Tastsinn liest man ja doch seltener, finde ich, und doch lese ich so etwas immer gerne.

Ich stieß mir den Kopf, taumelte zurück und ertastete mit meiner Hand Holzmaserungen. Als ich mich dagegenstemmte, gab das Holz nach und Licht strömte mir entgegen. Ich fand mich vor der Tür eines Gartenhauses wieder. Ich trat ein. An den Wänden standen Bücherregale, auf einer großen Arbeitsplatte lagen Notizbücher und Zeichnungen

Die Idee und Beschreibung finde ich eigentlich gut. Ich frage mich noch, ob man das nicht etwas umstrukturieren könnte. Er stößt sich den Kopf, taumelt zurück, tastet blind und dann ...

ja, dann steht er in deiner Version vor einer Gartentür. Aber den gegebenen Hinweisen nach, war die Tür (Holzmaserung) das, was er eben bereits vor sich hatte. Es liest sich daher als Redundanz ODER wie ein etwas missglücktes Mise en abyme = er öffnet die Tür und steht vor einer Tür, die den Blick auf eine weitere Tür preisgibt. Vielleicht könntest du den Absatz auch einfach entschlacken, wäre eine Möglichkeit.
Also so ungefähr:

Ich stieß mir den Kopf, taumelte zurück und ertastete mit meiner Hand Holzmaserungen. Als ich mich dagegenstemmte, gab das Holz nach. Licht und der modrige Duft alten Papiers strömte mir entgegen. Ich fand mich in einem Kämmerchen wieder. An den Wänden standen Bücherregale, auf einer großen Arbeitsplatte lagen Notizbücher und Zeichnungen.

usw.

Oder aber: er betritt einen Garten und dann findet er ein Haus. Aber der Lichteinfall suggeriert, dass er sich in einem dunklen Raum aufhält.

es machte auf mich den Eindruck einer kreativen Werkstatt

dieses Wort fällt hier raus, finde ich. Hier lohnt sich, denke ich, der Griff zum konkreten Vergleich. Also vielleicht "Architektenklause" oder dergleichen.

Von den Zeichnungen kam mir immer das gleiche Motiv entgegen: Schlösser

Motiv klingt hier sehr informiert. Das entspringt einer bestimmten Sprache und einem Wissen, das hier für mich für diesen Erzähler infrage steht. Es ist auch unsauber formuliert, fast schon Stilblüte, weil das Motiv hier im Satz Agens ist. Wenn du bei "Motiv" bleibst, dann würde ich es gängig formulieren, also nicht reifizierend.

am einfachsten wäre sowas wie:
Die Zeichnungen wiesen alle das gleiche Motiv auf: Schlösser.

Vielleicht fällt dir ja noch etwas Besseres ein.

Ich vertiefte

viele Satzanfänge mit "Ich" – bei diesem hier hat es mich zum ersten Mal gestört. Richt vielleicht, wenn du hier variierst.

Ich vertiefte mich in die Lektüre, nahm mir ab und an die Zeichnungen zur Hand, um die Ausführungen besser verstehen zu können KOMMA und ich ahnte, dass ich selbst das Schloss zu bauen hatte.

wichtiges Komma. Du könntest hier auch probieren, zwei Sätze draus zu machen. Dann wirkt das letzte vielleicht noch mehr wie eine unheimliche Erkenntnis, die es ja auch ist. Pointierter eben.

Immer wieder griff ich nach dem Bleistift und einem leeren Notizbuch, um durch das Schreiben, meine Gedanken zu ordnen KOMMA und kritzelte eilig auf Papier, um dann alles wieder durchzustreichen.

wieder Komma. Das ist, wenn du einen erklärenden Nebensatz einbaust und das darauffolgende "und" aber wieder an den Hauptsatz anschließt und eben nicht an den Nebensatz. Dann brauchst du das Komma, um das klar zu machen.

Meine Hand verharrte

unschön. Wieder so eine Stilblüte von Reifikation. Dann doch lieber so etwas Langweiliges wie "Ich hielt inne" – aber da fällt dir sicher noch was Besseres ein und ohne "ich"(?) :-)

Der Alte hatte mich betrogen.

Spannend. Dir gelingt es gut, so eine traumhafte Stimmung zu erzeugen, mir aber zugleich das Gefühl zu geben, dass diese Story nicht wie ein Traum ins Leere oder Willkürliche läuft, sondern ein (denkwürdiges) logisches Ende hat, das über private und für andere meist unzugängliche Traummotive hinausweist. Es beweist, dass dein Schreiben Stringenz hat.
Bin gespannt wie es weitergeht – und melde mich, wenn ich wieder Zeit habe (also hoffentlich heute oder die nächsten Tage; im schlimmsten Fall nach den Prüfungen ...).

War aber jetzt schon schön, mal wieder bei dir reinzulesen ;)
Viele Grüße
Carlo

 

Moin, moin @MRG, wie schön etwas Neues von Dir zu lesen, ich mag Deine Vielfalt, Du probierst so viel und entwickelst Dich sichtbar weiter - Klasse. Ich werde mich jetzt gleich als Kultur-Banause outen müssen, Kafka habe ich nie gelesen, ich bin tatsächlich in der Zeit aufgewachsen, wo er verpönt war, auch mein eigener Bildungswille hat wohl nicht soweit gereicht, also muss ich da dringend mal nacharbeiten. Insofern kann ich das aus den Vorkommentaren entnommene weder bestätigen noch anders deuten. Aber eine dicke Aufforderung, endlich Löcher zu stopfen ist es auf alle Fälle.
Also kriegst Du einen ziemlich unbeeinflussten Leseeindruck.

Ich sah den Prinzen das erste Mal, als ich den Weg zum Schloss nicht fand. Vor mir erstreckte sich eine Allee; zwischen den Bäumen ragten Straßenlaternen empor und verströmten orangenes Licht.
Ich empfand den Einstieg als Märchenhaft. Ja, der Gedanke eines Traumes drängt sich auf, vielleicht durch die Verknüfung von Märchen und Realität.
Reinen Geschmackssache, aber ich möchte es kurz erwähnen: anstelle orangenes Licht würde ich hier entweder das märchenhafte verstärken - goldenes vielleicht? Oder aber einen Kontrast setzen?

Doch vergeblich: Je weiter ich lief, desto dichter wurde der Nebel um mich, bis ich nur noch gedämpftes Licht wahrnahm.
Ja, die Semikolons und ihr für mein begrenztes Wissen richtiger Einsatz fiel mir auch auf, aber ich mag vor allem die Doppelpunkte. Es hat soetwas Zusammenführendes, Ordnendes.

Der alte Mann hatte mir gesagt, dass die Lösung meines Problems im Schloss zu finden sei. Doch wie sollte ich in dieses Schloss eintreten, wenn kein Weg dorthin führte?
Hier hatte ich das Gefühl, dass es sich um den Lebensweg, eine Parabel oder zumindest in die Richtung handelt.

Ich fand mich vor der Tür eines Gartenhauses wieder. Ich trat ein.
Wenn es stilistisch gewollt ist, ist es natürlich nicht zu diskutieren. Mir waren es manchmal zu kurze Sätze , oft mit gleichem Anfang.

Von den Zeichnungen kam mir immer das gleiche Motiv entgegen: Schlösser.
Auch wenn es zum märchenhaften Touch passt, aber "entgegen" empfinde ich als sachlich falsch.

wie Schlösser damals gebaut wurden.
Hier stutze ich über die Verankerung in der Zeit. Ist es gewollt, das ihm bewusst ist, das Schlösser in die Vergangenheit gehören. Soll er nicht in sein Schloss. Für mich ist das Schloss gefühlt sein Leben, sein Weg oder ja eher Ziel. Warum ist es dann früher erbaut?
Sorry, mir fällt es schwer, meine Geanken zu Deinem Text in klare Sätze zu bekommen, er hat vielel Gedanken angestupst, ich kann sie aber nicht so rehct sortieren.

und ich ahnte, dass ich selbst das Schloss zu bauen hatte. Mir war schleierhaft, wie das gehen sollte.
Hier, genau. Er muss sein Leben gestalten. Sein Schloss bauen und ist zu jung, zu unerfahren, um schon zu wissen, wie es geht? Ich bin sehr gespannt, ob ich völlig falsch liege, auf alle Fälle hat die Geschichte eine sehr inspirierende Wirkung

Meine Hand verharrte. Der Alte hatte mich betrogen.
Warum? Hier fehlt mir ein Anhaltspunkt, was löst den gedanken aus?

Ich stürmte aus dem Gartenhaus. Der Nebel umhüllte mich, doch als ich mich umwand war er verschwunden. Ich hatte freie Sicht.
Da sind die wieder, die kurze Sätze mit dem "Ich". Sie sollen also wohl sein.
Ich habe aber auch ein Logik Problem. Er kommt aus dem Häuschen, steht im Neben (umhüllt, also ringsum). Dann wendet er sich um (zurück zum Gartenhaus?). Ich kriege hier einfach kein glaubwürdiges Bild.

Auf dem Kopfsteinpflaster der Allee lag ein dunkel violetter Umhang. Als ich ihn aufheben wollte, glitt er mir wie Sand durch die Hände und verschwand.
Das fand ich unheimlich schön, wenn ich auch nicht auf die Bedeutung gekommen bin. Ich denke noch ein bisschen weiter ...

Hinter mir hörte ich eine markante Stimme: „Das ist die falsche Richtung.“
Die markante Stimme wurde glaube ich schon angesprochen, zu unkonkret. Aber generell finde ich die Stimme aus dem OFF sehr schön.

Ich wand den Kopf wieder zurück und sah den Prinzen.
Auch beim zweiten Lesen hab eich es nicht gefunden oder war zu abgelenkt? Warum den Prinzen? Kennt er ihn, soll da ein Prinz sein?

Ich hatte ihn aufgesucht, um eine Lösung gegen meine seelische Unruhe zu finden. Seit der Trennung schlief ich schlecht und hatte nervöse Zustände, die mir jegliche Freude nahmen.
Er hat sich Rat geholt, Hilfe für den weiteren Lebensweg? Die Trennung bezieht sich wohl auf den alten Mann, aber es könnte genausogut ein Ereigniss im Leben davor sein. Bin gespannt, ob es eine Bedeutung hat, mir war es so zu offen.

Wir erstiegen eine neue Treppe. Als ich nach oben schaute, sah ich das Undenkbare: Die Treppe führte wie bei einem Looping hoch über unsere Köpfe hinweg.
Der Lebensweg, die vielen Windungen, eigentlich müssten da noch Abzweigungen rein, zumindest in meiner Interpretation.

„Einfach Stufe für Stufe. Dir wird nichts passieren, ich gehe vor“, sagte der Prinz und ich glaubte ihm.
Schritt für Schritt, mit Sicherheitsleine.

Ein Gefühl der Schwerelosigkeit erfüllte mich, so mussten sich Astronauten im All fühlen. Wir gingen immer weiter bis wir wieder in der Horizontalen angekommen waren.
Hier hatte ich auf eine Hinweis gewartet, was außer Schwerelosigkeit beimVerlassen des vorbestimmten, des normalen sich anders anfühlt.

doch in der Mitte der Brücke klaffte ein Loch von einigen Metern.
„Dort müssen wir rüber“, sagte er.
„Da ist ein Loch. Wie sollen wir da rüberkommen?“ Ich stand jetzt am Rand der aufklaffenden Lücke
Das fand ich dann doch nicht so geschickt, aber im Zwiefelsfall würde es als Gedankenwiederholung durchgehen. Der Text lässt sich für mich mit meinen "unliterarischen" Fähigkeiten nicht erfassen, das macht ihn aber umso reizvoller.

Schritt für Schritt überbrückten wir die Lücke, bis wir die andere Seite erreichten. Dort umhüllte uns Nebel.
Den Nebel hätte man doch von der anderen Brückenseite sehen müssen, hätte er ihn nicht weitblickend schon erwähnt?

Ich ging weiter und betrat mein Schloss, das ich so dringend benötigt hatte.
Ich bin zufrieden, das es ein "Happy End" gibt. Mich überfordert die Deutung, aber es fordert mich und das mag ich sehr. Nun noch ein offenes Ende oder gar ein tragisches wäre aber zuviel.
Ein wirklich interessanter Text, ich werde die Diskussion serh aufmerksam verfolgen.
Beste Wünsche
witch

 

Hallo @alexei,

vielen Dank, dass du dir die Zeit für meine Geschichte genommen hast, ich habe mich sehr gefreut. Da stecken viele gute Anregungen drin:

Du hast als Tag "Sonstige" angegeben. Ich hätte auch "Seltsam" angegeben, weil ich deinen Text recht verwirrend fand. Es kann sein, dass das deine Absicht war. Bei manchen Stellen gehst du aber mMn so weit, dass das von dem Inhalt ablenkt.
Ja, das stimmt. Ich hatte vor ein gewisses "Risiko" zu gehen und ich habe auch lange überlegt, ob ich diesen Text überhaupt posten soll. Mein Befürchtung war, dass es überhaupt keinen Sinn macht und einfach nur verwirrt. Daher hilft es mir sehr weiter, dass du mir die Stellen aufgezeigt hast, wo es deiner Einschätzung nach zu sehr ausufert. Danke!

Da erwähnst du mit dem Prinzen und mit dem Schloss gleich zwei mysteriöse Dinge und schmuggelst schnell zum Schluss noch eine Verneinung rein. Beim nächsten Satz gehst du dann auch noch eine Zeitebene zurück und beschreibst die Ereignisse vor dem Treffen mit dem Prinzen, ohne dass du das mit einem Plusquamperfekt ankündigst.
Ich kann es nachvollziehen, dass du einen möglichst geilen ersten Satz haben möchtest. Aber den ersten Satz kann man auch überladen.
Du hast schon recht. Da verlange ich eine ganze Menge, ich bin mir noch nicht sicher, wie ich damit verfahren werde. Ich mochte gerade diesen Einstieg und frage mich, wie ich da für mich einen guten Kompromiss finden kann.

Wenn man sich den Kopf anstößt, dann braucht man normalerweise eine Pause, bevor man etwas erforscht.
Ich hatte mir das so vorgestellt, dass nach dem Taumeln eine kurze Pause entsteht und er dann wieder nach vorne geht. Allerdings kann ich deinen Punkt gut nachvollziehen, da es nicht so klar ist. Das nehme ich mir auf jeden Fall mit.

r kann nicht einmal einen Zaun vor seinen Händen sehen, aber erkennt dann gleich ein ganzes Gartenhaus? Beim ersten lesen dachte ich, dass dein Prot jetzt in einem beleuchteten Innenraum ist, weil es hier dem Anschein nach keinen Nebel mehr gibt und aus dem Holz Licht durchströmte.
Oh, das ist eine Schwachstelle der Geschichte. Da stimmt die Logik nicht. In meiner Vorstellung als Autor war es ein Gartenhaus, aber das passt hier nicht aus der Perspektive des Prota. Mal sehen, wie ich das so hinbekommen kann, dass beides da ist.

Warum ist seine Stimme markant? Freut sich dein prot einfach, jemanden zu hören?
Das habe ich angepasst, ergibt Sinn für mich. Habe das "markant" gestrichen.

Das kann weg.
Das ist wohl ein Darling von mir und ich habe es eingebaut, weil das ja die Grundidee der gesamten Geschichte ist. Es geht um eine innere Reise, bei der der Prota sein Urvertrauen wiedergewinnen soll. Das Schloss ist dabei als Symbol für diese innere Ressource gedacht.

Das ist viel zu viel Tell. Das ist die erste Stelle in deiner Geschichte, die ich verstehe, und du gehst nicht darauf ein. Was war an der Trennung schlecht? Wie sehen die nervösen Zustände aus. Argh!
Sehr schön wäre es gewesen, wenn du einen extra Absatz gemacht hättest, wo dein Prot eine Art Flashback hätte an die schlimme Trennung. Dann hätte der Prinz irgendetwas gesagt und deinen Prot in die "Realität" zurückgeholt.
Sehr interessanter Vorschlag. Da habe ich so noch nicht drüber nachgedacht, das werde ich ausprobieren.

Das musst du nicht extra erwähnen.
Ich finde, dass das wichtig ist, um diese surreale Stimmung zu erzeugen. Er verliert sich in seinen eigenen inneren Bildern und durchlebt die Reise in seiner inneren Landschaft.

Die Idee fand ich witzig.
Das freut mich, danke!

Das erinnert mich zu sehr an Aladdin.
Beim Schreiben hatte ich nicht an Aladdin gedacht. Grundgedanke war viel mehr dieses Fallen zu symbolisieren: Er tritt ins Nichts und hat furchtbare Angst, was ihm hilft ist das Vertrauen, was durch den Prinzen verkörpert wird.

Das ist ein schönes Ende.
Danke, ist immer schön zu lesen.

nsgesamt fand ich deine Geschichte ganz gut. Du solltest aber die ersten paar Absätze übersichtlicher gestalten und mehr von den Trennungsproblemen und den Angstzuständen von deinem Prot zeigen
Ich nehme für mich mit, dass ich den ersten Absatz noch einmal durchleuchte und hier einen guten Weg finde zwischen Komplexität und Klarheit. Und ganz besonders interessant finde ich diesen Vorschlag mit der Backstory, denke, dass das meinem Prota noch mehr Glaubwürdigkeit verleihen könnte. Ja, das probiere ich aus.

Vielen Dank für diesen sehr guten Kommentar.

Beste Grüße
MRG


Vielen Dank @Carlo Zwei und @greenwitch, ich gehe auf eure Kommentare ausführlich ein, muss jetzt allerdings leider gleich los. Habe mich jedenfalls sehr gefreut! :-)

 

Hey @MRG ,

so Teil zwei.

Ich stürmte aus dem Gartenhaus.

da nimmst du eine Abkürzung. Das ist ja so etwas wie ein Szenenwechsel. Aber der ist für mich sprachlich nicht zureichend beschrieben. Da fehlt mir die Sinnlichkeit, genau so etwas wie du es im Beispiel weiter oben hattest

als ich mich umwand war

dieses "umwinden" ist schon sehr altertümelnd; das beißt sich, finde ich, furchtbar mit den, sagen wir mal, zeitgenössischen Bezügen im Text. Es gibt ja sogar einen Vergleich mit Gollum aus dem Herrn der Ringe. Weiß nicht, ob nur mir das so geht.

Und natürlich das Komma! :teach:

Der alte Mann hatte mir gesagt, dass die Lösung meines Problems im Schloss zu finden sei.

nochmal zurück zum Anfang. Habe ja gesagt, es entsteht eine Vergleichssituation. Bei Kafka geht es ja um ein ganz konkretes Vorhaben des Landvermessers K. – das ist auch, was Kafka für mich so spannend macht, diese Stringenz und Notwendigkeit, die da überall mitschwing – eben dass das für den Autor auf genau diese Art erzählt werden muss; dass Erzählabsicht und Geschichte sich wunderbar decken.

Der Nebel umhüllte mich, doch als ich mich umwand war er verschwunden.

wieder dieses "umwand". Ab hier fällt es mir schwerer, dem Text zu folgen. Nicht inhaltlich, sondern ästhetisch. Ich finde, er tut hier genau das, was ich ihm unterstellt habe, nicht zu tun: er wird sehr traum- und sprunghaft. Surrealistisch, hat sich mir beim Lesen aufgedrängt. Das ist ja eine Experimentalform gewesen, wenn man so will. Da finde ich es schwer, das einfach nochmal durchzuführen.

Als ich ihn aufheben wollte, glitt er mir wie Sand durch die Hände und verschwand.
Ich schaute über die Schulter, doch schon verschluckte mich der Nebel.

hier auch

Ich wand

hier nochmal umwinden

er erinnerte mich an Golum

?? :D fällt raus, oder?

Ich würde versuchen, das Sprunghafte rauszunehmen (also dieses: im ersten Satz ist der Nebel da; im zweiten ist er verschwunden; im dritten wieder da). Das wirkt auf mich nicht natürlich, sondern wie der Versuch, da eine Technik zu etablieren, die dann auf die Unregelmäßigkeit der Zeit hinweist. Das brauchst du nicht. Ist, finde ich, überbetont. Und dann würde ich das Barocke, Schwülstige, Zärtliche hier noch mehr betonen. Auch, finde ich, kommst du in Richtung dieses Tonfalls, aber ganz triffst du ihn nicht. Da musst du vielleicht noch mehr in die Richtung lesen: Kunstmärchen vor allem. Goethe, Eichendorff, Tieck, de La Motte Fouqué, Chamisso (Schlehmil). Und dann vor allem E. T. A. Hoffmann (Meister Floh, der goldene Topf, Nussknacker und Mäusekönig, Sandmann).

Für mich wieder zurück zur Arbeit (lernen popernen) :cry:

Liebe Grüße
Carlo

 

Lieber @Carlo Zwei,

vielen herzlichen Dank für deinen Kommentar, der mich beeindruckt hat und mir viele Sachen zum Nachdenken gibt. Um meine Intention zu verdeutlichen: Ich habe versucht, einen psychischen Prozess zu verschriftlichen. Der Protagonist ist auf einer Reise durch seine innere Landschaft und versucht, seine eigenen, unbewussten Ressourcen zu entdecken. Ziel ist es dabei, dass er sein eigenes inneres Schloss findet, um wieder innere Sicherheit und Vertrauen zu bekommen.

Ich muss das etwas stückeln; nächste Woche erste Prüfung und gleich muss ich noch etwas besorgen. Aber ich will dich auch nicht warten lassen. Deswegen habe ich mir jetzt die ersten zwei Absätze rausgepickt und liefere den Rest + Gesamteindruck nach.
Vielen Dank für deinen Doppel-Kommentar trotz Prüfungsstress. Ich schätze das sehr und wünsche dir viel Erfolg bei deiner Prüfung! :-)

Interessant, dass du dich diesem Klassiker annimmst; versuchst, da Qualitäten draus zu schöpfen. Ein schwieriges Unterfangen. Zumal das kein Zitat, sondern ein Motiv – fast schon eine Version davon ist. Dadurch ist dein Text nicht an der Vorlage zu messen, aber doch in einer Art Vergleichssituation. So weit, finde ich, machst du das aber erst mal gut. Deine Sprache ist klar, die Motive eindeutig, eine Dringlichkeit und Stringenz dieses Vorhabens spürbar.
Hm ja, das stimmt und in gewisser Weise finde ich liegt da ein Reiz drin. Bin gerade dabei mich mit den Klassikern zu befassen und so viel wie möglich zu lernen. Interessanterweise ist mir die Idee des Schlosses allerdings auch bei den Archetypen begegnet als ein Symbol der inneren Sicherheit und Urvertrauens. Das hat mich fasziniert und war ausschlaggebend für die Geschichte.

mir gefällt das. Außerdem kommt es mir vor, als hättest du das Semikolon für dich entdeckt :D Das spielt hier eine Rolle. So früh, wie du es hier einsetzt, verspricht es einen aufgeräumten, strukturierten Erzählton.
Ja, das Semikolon habe ich wirklich entdeckt, mir ist aufgefallen, dass ich das selbst total gerne habe, wenn Autor:innen das verwenden. Habe ich für mich dann übernommen. :D

Immer gut, die Sinne anzusprechen. Vor allem vom Tastsinn liest man ja doch seltener, finde ich, und doch lese ich so etwas immer gerne.
Habe es auch gerne, wenn ein Text die Sinne anspricht. Schön, dass es für dich funktioniert hat.

Die Idee und Beschreibung finde ich eigentlich gut. Ich frage mich noch, ob man das nicht etwas umstrukturieren könnte. Er stößt sich den Kopf, taumelt zurück, tastet blind und dann ...
Ja, das ist eine Schwachstelle. Ich habe in der Überarbeitung da etwas drangeschraubt, denke, dass ich da allerdings immer noch Verbesserungspotential habe.

ja, dann steht er in deiner Version vor einer Gartentür. Aber den gegebenen Hinweisen nach, war die Tür (Holzmaserung) das, was er eben bereits vor sich hatte.
Habe ich angepasst, das war in der alten Version fehlerhaft, bzw. nicht ganz logisch.

Oder aber: er betritt einen Garten und dann findet er ein Haus. Aber der Lichteinfall suggeriert, dass er sich in einem dunklen Raum aufhält.
Hier lohnt sich, denke ich, der Griff zum konkreten Vergleich. Also vielleicht "Architektenklause" oder dergleichen.
Habe mich jetzt für das Wort Werkstätte entschieden, mal schauen, ob das so besser funktioniert. Vielen Dank für deinen Einwand, fand ich ziemlich überzeugend.

Motiv klingt hier sehr informiert. Das entspringt einer bestimmten Sprache und einem Wissen, das hier für mich für diesen Erzähler infrage steht. Es ist auch unsauber formuliert, fast schon Stilblüte, weil das Motiv hier im Satz Agens ist. Wenn du bei "Motiv" bleibst, dann würde ich es gängig formulieren, also nicht reifizierend.
Ich habe noch nicht so ganz verstanden, was du mit "reifizierend" meinst?

viele Satzanfänge mit "Ich" – bei diesem hier hat es mich zum ersten Mal gestört. Richt vielleicht, wenn du hier variierst.
Ja, es sind viele Satzanfänge mit ich, habe da in der Überarbeitung versucht, etwas nachzuschärfen.

wichtiges Komma. Du könntest hier auch probieren, zwei Sätze draus zu machen. Dann wirkt das letzte vielleicht noch mehr wie eine unheimliche Erkenntnis, die es ja auch ist. Pointierter eben.
Ja, das stimmt. Habe jetzt zwei Sätze daraus gemacht, um das klarer voneinander zu trennen.

wieder Komma. Das ist, wenn du einen erklärenden Nebensatz einbaust und das darauffolgende "und" aber wieder an den Hauptsatz anschließt und eben nicht an den Nebensatz. Dann brauchst du das Komma, um das klar zu machen.
Vielen Dank für die Erklärung, das war mir so gar nicht klar!

unschön. Wieder so eine Stilblüte von Reifikation. Dann doch lieber so etwas Langweiliges wie "Ich hielt inne" – aber da fällt dir sicher noch was Besseres ein und ohne "ich"(?) :-)
Die Stelle habe ich umgeschrieben. Was genau meinst du mit "so eine Stilblüte von Reifikation?"

Spannend. Dir gelingt es gut, so eine traumhafte Stimmung zu erzeugen, mir aber zugleich das Gefühl zu geben, dass diese Story nicht wie ein Traum ins Leere oder Willkürliche läuft, sondern ein (denkwürdiges) logisches Ende hat, das über private und für andere meist unzugängliche Traummotive hinausweist. Es beweist, dass dein Schreiben Stringenz hat.
Ja, das war mir wichtig. Finde es schon einmal gut, dass es zumindest bis zu einer bestimmten Stelle funktioniert hat. Für den zweiten Teil habe ich deine Anregungen aufgegriffen, komme ich gleich zu.
Bin gespannt wie es weitergeht – und melde mich, wenn ich wieder Zeit habe (also hoffentlich heute oder die nächsten Tage; im schlimmsten Fall nach den Prüfungen ...).
Vielen Dank noch mal, sehe ich nicht als selbstverständlich an!

da nimmst du eine Abkürzung. Das ist ja so etwas wie ein Szenenwechsel. Aber der ist für mich sprachlich nicht zureichend beschrieben. Da fehlt mir die Sinnlichkeit, genau so etwas wie du es im Beispiel weiter oben hattest
Du legst da den Finger gut in die Wunde. Das hat mir am meisten zu denken gegeben. Ich habe die Stelle überarbeitet und versucht noch etwas mehr Realismus reinzugeben.

dieses "umwinden" ist schon sehr altertümelnd; das beißt sich, finde ich, furchtbar mit den, sagen wir mal, zeitgenössischen Bezügen im Text. Es gibt ja sogar einen Vergleich mit Gollum aus dem Herrn der Ringe. Weiß nicht, ob nur mir das so geht.
Ich habe da den Rotstift angesetzt; es soll sich nicht beißen, sondern viel lieber miteinander harmonieren. Möglicherweise muss ich auch das Golem rausnehmen, da bin ich allerdings noch unentschlossen.

Habe ja gesagt, es entsteht eine Vergleichssituation. Bei Kafka geht es ja um ein ganz konkretes Vorhaben des Landvermessers K. – das ist auch, was Kafka für mich so spannend macht, diese Stringenz und Notwendigkeit, die da überall mitschwing – eben dass das für den Autor auf genau diese Art erzählt werden muss; dass Erzählabsicht und Geschichte sich wunderbar decken.
Bin gerade dabei "das Schloß" von ihm zu lesen und habe auch die Erzählungen von Kafka momentan auf meiner Liste. Schon beeindruckend. Mir ist es an dieser Stelle auf jeden Fall noch einmal wichtig, dass ich mich in keinster Weise mit Kafka "vergleichen" will. Sehe das Schloss vielmehr als ein Archetyp und wollte mich daran ausprobieren. :-)

wieder dieses "umwand". Ab hier fällt es mir schwerer, dem Text zu folgen. Nicht inhaltlich, sondern ästhetisch. Ich finde, er tut hier genau das, was ich ihm unterstellt habe, nicht zu tun: er wird sehr traum- und sprunghaft. Surrealistisch, hat sich mir beim Lesen aufgedrängt.
Ja, dieses traum- und sprunghafte wollte ich unbedingt vermeiden. Ich habe auch lange überlegt, ob ich den Text überhaupt hochladen soll, weil ich befürchtet habe, dass es zu chaotisch ist. Daher habe ich deine Anmerkungen mit dem Nebel aufgenommen und das am Ende gestrichen.

Ich würde versuchen, das Sprunghafte rauszunehmen (also dieses: im ersten Satz ist der Nebel da; im zweiten ist er verschwunden; im dritten wieder da). Das wirkt auf mich nicht natürlich, sondern wie der Versuch, da eine Technik zu etablieren, die dann auf die Unregelmäßigkeit der Zeit hinweist.
Hm, ich habe den Nebel am Ende rausgenommen. Das ist auf jeden Fall eine sehr gute Beobachtung, bei der ich gut mitgehen kann. Am Anfang steht der Nebel in meiner Vorstellung dafür, dass er sein Schloss einfach nicht finden kann und auf dem falschen Weg unterwegs ist.

Und dann würde ich das Barocke, Schwülstige, Zärtliche hier noch mehr betonen. Auch, finde ich, kommst du in Richtung dieses Tonfalls, aber ganz triffst du ihn nicht. Da musst du vielleicht noch mehr in die Richtung lesen: Kunstmärchen vor allem. Goethe, Eichendorff, Tieck, de La Motte Fouqué, Chamisso (Schlehmil). Und dann vor allem E. T. A. Hoffmann (Meister Floh, der goldene Topf, Nussknacker und Mäusekönig, Sandmann).
Oh, vielen Dank für deine Vorschläge, liebe es immer, gute Empfehlungen zu bekommen! Habe mich in letzter Zeit etwas in die Klassiker eingearbeitet und vor allem Goethe hat es mir angetan, auch wenn ich vieles nicht verstehe und es mir da noch an Hintergrundwissen mangelt. E. T. A. Hoffmann habe ich bislang noch nicht gelesen, da bin ich mal gespannt.

Für mich wieder zurück zur Arbeit (lernen popernen) :cry:
Drücke dir die Daumen!

Insgesamt finde ich deinen Kommentar sehr wertvoll und ich habe versucht, deine Anmerkungen in der Überarbeitung umzusetzen. Herzlichen Dank!

Beste Grüße
MRG


Liebe @greenwitch,

ich habe mich sehr über deinen Kommentar gefreut, du sprichst viele Punkte an, die noch nicht so optimal sind/waren. Ich habe versucht, das mit in die Überarbeitung einfließen zu lassen:

Moin, moin @MRG, wie schön etwas Neues von Dir zu lesen, ich mag Deine Vielfalt, Du probierst so viel und entwickelst Dich sichtbar weiter - Klasse.
Das ging runter wie Öl, möchte mich dafür herzlich bedanken! :-)

Ich empfand den Einstieg als Märchenhaft. Ja, der Gedanke eines Traumes drängt sich auf, vielleicht durch die Verknüfung von Märchen und Realität.
Reinen Geschmackssache, aber ich möchte es kurz erwähnen: anstelle orangenes Licht würde ich hier entweder das märchenhafte verstärken - goldenes vielleicht? Oder aber einen Kontrast setzen?
Das ist eine wichtige Rückmeldung, ich bin hier ja auf einem schmalen Grat unterwegs, weil die Gefahr besteht, dass man als Leser:in hier schon aussteigt. Die Grundidee war, dass der Prota eine Reise durch sein Unbewusstes unternimmt und am Imaginieren ist.

a, die Semikolons und ihr für mein begrenztes Wissen richtiger Einsatz fiel mir auch auf, aber ich mag vor allem die Doppelpunkte. Es hat soetwas Zusammenführendes, Ordnendes.
Das freut mich zu lesen, muss allerdings dazu sagen, dass ich das wohl kopiert habe, von Autor:innen, die mir gefallen. Über das Lob freue ich mich trotzdem!

Hier hatte ich das Gefühl, dass es sich um den Lebensweg, eine Parabel oder zumindest in die Richtung handelt.
Ja, genau in die Richtung geht es. Der Prota will sein Urvertrauen zurückgewinnen und das Schloss symbolisiert diesen Ort in seinem Unbewussten.

Wenn es stilistisch gewollt ist, ist es natürlich nicht zu diskutieren. Mir waren es manchmal zu kurze Sätze , oft mit gleichem Anfang.
Interessant, dass du das sagst. Mir ist das während des Schreibens gar nicht so aufgefallen. Möglicherweise habe ich diese kurzen Sätze selbst gerne und verwende sie deshalb? Ganz genau kann ich das nicht beantworte, aber ich hatte es nicht im Vorfeld geplant, unbedingt kurze Sätze zu verwenden. Das hat sich einfach so ergeben.

Hier stutze ich über die Verankerung in der Zeit. Ist es gewollt, das ihm bewusst ist, das Schlösser in die Vergangenheit gehören. Soll er nicht in sein Schloss. Für mich ist das Schloss gefühlt sein Leben, sein Weg oder ja eher Ziel. Warum ist es dann früher erbaut?
Vielen Dank für die Anmerkung, die Stelle habe ich in der Überarbeitung angepasst.

Er muss sein Leben gestalten. Sein Schloss bauen und ist zu jung, zu unerfahren, um schon zu wissen, wie es geht? Ich bin sehr gespannt, ob ich völlig falsch liege, auf alle Fälle hat die Geschichte eine sehr inspirierende Wirkung
Mein Grundgedanke war, dass er genau in die falsche Richtung läuft. Denn er ist voller Ungeduld, voller Eile und anstatt darauf zu vertrauen, dass das Schloss schon exisitiert, versucht er es selbst in die Hand zu nehmen. Das war der Grundgedanke dazu.

Warum? Hier fehlt mir ein Anhaltspunkt, was löst den gedanken aus?
Hier wusste ich bei der Überarbeitung noch nicht so recht weiter. Ich hatte mir das so vorgestellt, dass er durch das Schreiben seine Gedanken ordnet und dann auf diese Befürchtung bzw. Ahnung kommt.

Er kommt aus dem Häuschen, steht im Neben (umhüllt, also ringsum). Dann wendet er sich um (zurück zum Gartenhaus?). Ich kriege hier einfach kein glaubwürdiges Bild.
Habe das versucht anzupassen und auch das Gartenhaus gestrichen, das war logisch nicht optimal.

Das fand ich unheimlich schön, wenn ich auch nicht auf die Bedeutung gekommen bin. Ich denke noch ein bisschen weiter ...
Vielen Dank für die Blumen, hat mich sehr gefreut. :-)

Die markante Stimme wurde glaube ich schon angesprochen, zu unkonkret. Aber generell finde ich die Stimme aus dem OFF sehr schön.
Das "markant" habe ich gestrichen, finde es jetzt selbst so besser.

Auch beim zweiten Lesen hab eich es nicht gefunden oder war zu abgelenkt? Warum den Prinzen? Kennt er ihn, soll da ein Prinz sein?
Der Prinz ist ein Teil von ihm und deshalb habe ich ihn als "den Prinzen" eingeführt.

Er hat sich Rat geholt, Hilfe für den weiteren Lebensweg? Die Trennung bezieht sich wohl auf den alten Mann, aber es könnte genausogut ein Ereigniss im Leben davor sein. Bin gespannt, ob es eine Bedeutung hat, mir war es so zu offen.
Ja, ganz genau. Ich habe hier den Vorschlag von @alexei aufgegriffen und noch mehr Informationen nachgeliefert (und ich habe auch den ersten Satz ins Plusquamperfekt gesetzt, um die Verwirrung zu reduzieren).

Der Lebensweg, die vielen Windungen, eigentlich müssten da noch Abzweigungen rein, zumindest in meiner Interpretation.
Ich hatte es mir so vorgestellt, dass es eine erste Annäherung an das Vertrauen ist. Er geht in gewisser Weise dieses Risiko ein und folgt dem Prinzen, obwohl sein rationaler Verstand damit überhaupt nicht okay geht.

Hier hatte ich auf eine Hinweis gewartet, was außer Schwerelosigkeit beimVerlassen des vorbestimmten, des normalen sich anders anfühlt.
Sehr guter Hinweis, hier bin ich mir allerdings noch nicht sicher gewesen, wie ich das zufriedenstellen umsetzen kann. Da bin ich noch dran.

Das fand ich dann doch nicht so geschickt, aber im Zwiefelsfall würde es als Gedankenwiederholung durchgehen.
Habe ich jetzt bei der Lücke gestrichen.

Den Nebel hätte man doch von der anderen Brückenseite sehen müssen, hätte er ihn nicht weitblickend schon erwähnt?
Gutes Argument, habe ich auch rausgenommen. Der Nebel taucht jetzt am Ende gar nicht mehr auf.

Ich bin zufrieden, das es ein "Happy End" gibt. Mich überfordert die Deutung, aber es fordert mich und das mag ich sehr. Nun noch ein offenes Ende oder gar ein tragisches wäre aber zuviel.
Ein wirklich interessanter Text, ich werde die Diskussion serh aufmerksam verfolgen.
Schön, dass es dir gefallen hat. Habe mich wirklich sehr über deinen Kommentar gefreut.
Wünsche dir einen guten Start in die Woche.

Beste Grüße
MRG

 

Hey @MRG

Golum - doch

hier würde ich auch einen Halbgeviertstrich nehmen.

Halbgeviertstrich: –
Viertelgeviertstrich: -

Werkstätte

klingt zu gehoben (wie Sachtext), finde ich. Aber probier es aus.

reifizierend

Reifikation (=Verdinglichung; res (lat.)=Sache/Ding/Gegenstand; facere=machen oder fingere=gestalten, erdichten etc.)

bei Wiki bringen sie das Beispiel: „Sein Gewissen hielt ihn davon ab."

ist sehr ähnlich zu dem, was man Personifikation nennt. Aber ich finde Reifikation ist der bessere Begriff, warum, schreibe ich dir gleich. Zuerst verwirrt der Begriff etwas, weil er ja Verdinglichung bedeutet. Gemeint ist viel eher, dass du zum Beispiel einen Satz hast, in dem ein Ding aktiv etwas tut; was in der (Umgangs-)Sprache funktioniert, aber eigentlich unlogisch ist.
Um beim Beispiel zu bleiben: Das Gewissen hielt ihn davon ab. Quatsch! Das Gewissen hält niemanden von irgendetwas ab. Das ist einfach nicht richtig, nur eine Floskel. Eine Person hält sich selbst von etwas ab, wegen ihres Gewissens. Klar schreibt man das jetzt nicht so aus – es sei denn, man möchte auf diesen psychologischen Umstand dahinter aufmerksam machen. Aber das Problem – um das Beispiel in deinem Text zurückzukommen ("Von den Zeichnungen kam mir immer das gleiche Motiv entgegen" oder "Meine Hand verharrte") – ist die Nähe von Reifikationen zu Stilblüten.

Was sind Stilblüten? Das sind ungeschickte, schiefe, unfreiwillig komische oder anders schräge Formulierungen. Klassisch und natürlich selten überspitzt: "Der Zahn der Zeit hat schon so manche Träne getrocknet." Es gibt zig Formen. Reifikationen neigen, finde ich, deshalb zur Stilblüte, weil sie im Kern bereits unwahr sind.

Warum Reifikation/reifizierend statt Personifikation/personifizierend Letzteres ist ja wirklich fast ausschließlich ein Begriff der Stilistik. Reifikation macht, finde ich, mehr auf das anthropologische (Lehre vom Menschen) Konzept dahinter aufmerksam (sorry, ich glaube ich komme so langsam in meiner künftigen Rolle als astreiner Alman-Lehrer an), also auf den Grund, weshalb reifiziert wird. Und wenn man nicht im Stil verharren will mit seiner Sprache, finde ich es gut, den Blick etwas für den philosophischen/psychologischen/anthropologischen Background dahinter zu öffnen. Ist jetzt auch nicht meine Erfindung. Ein spannendes Büchlein in diesem Zusammenhang: Heinz Schlaffer – Geistersprache. Zweck und Mittel der Lyrik (2012)

E. T. A. Hoffmann habe ich bislang noch nicht gelesen, da bin ich mal gespannt.

Ich finde, es lohnt sich. Extrem dicht und komplex – das war mein Gefühl dabei. Aber trotzdem unterhaltsam. Auch irgendwie schräg und eigen. Vieleicht in die Richtung von Lewis Caroll Alice.

Gruß

 
Zuletzt bearbeitet:

Guten Abend @Carlo Zwei,

musste erst einmal über deinen Kommentar nachdenken und ich denke, dass ich es verstanden habe. Ich schätze es sehr, dass du dir die Zeit genommen hast und mir das beigebracht hast. Finde, dass es nichts besser gibt, als Neues zu lernen (jetzt ist mir das mit dem Komma vor dem "Und" klar, wenn ein Nebensatz eingeschoben wird und es dann mit dem Hauptsatz wieder weitergeht und ich habe verstanden, was du mit "reifizierend" gemeint hast).

Gemeint ist viel eher, dass du zum Beispiel einen Satz hast, in dem ein Ding aktiv etwas tut; was in der (Umgangs-)Sprache funktioniert, aber eigentlich unlogisch ist.
Ich habe es so verstanden, dass es im Kern um Präzision geht. Denn in gewisser Weise mache ich es mir ja einfach, wenn ich reifiziere.

Das Gewissen hält niemanden von irgendetwas ab. Das ist einfach nicht richtig, nur eine Floskel. Eine Person hält sich selbst von etwas ab, wegen ihres Gewissens. Klar schreibt man das jetzt nicht so aus – es sei denn, man möchte auf diesen psychologischen Umstand dahinter aufmerksam machen.
Faszinierend, mir ist dadurch klar geworden, dass ich in meinem Schreiben oft Abkürzungen nehme, ohne dass mir das so bewusst gewesen wäre. Das hilft mir weiter, weil ich das Gefühl habe, dass sich nach und nach mein Horizont erweitert.

Das sind ungeschickte, schiefe, unfreiwillig komische oder anders schräge Formulierungen. Klassisch und natürlich selten überspitzt: "Der Zahn der Zeit hat schon so manche Träne getrocknet." Es gibt zig Formen. Reifikationen neigen, finde ich, deshalb zur Stilblüte, weil sie im Kern bereits unwahr sind.
Weil sie im Kern bereits unwahr sind, ja das ergibt Sinn für mich und bislang hatte ich das überhaupt nicht auf meinem Radar.

Warum Reifikation/reifizierend statt Personifikation/personifizierend Letzteres ist ja wirklich fast ausschließlich ein Begriff der Stilistik. Reifikation macht, finde ich, mehr auf das anthropologische (Lehre vom Menschen) Konzept dahinter aufmerksam (sorry, ich glaube ich komme so langsam in meiner künftigen Rolle als astreiner Alman-Lehrer an), also auf den Grund, weshalb reifiziert wird.
Ich finde diese Erklärung sehr gut, weil ich über die Unterschiede nachdenken kann und mir das Konzept so klarer wird. Zumindest denke ich jetzt, dass ich es verstanden habe. Lass es mich probieren: Eine Personifikation ist ein bewusstes Stilmittel, das sich vorrangig auf Objekte bezieht, während eine Reifikation sich dadurch unterscheidet, dass sie etwas über den handelnden Menschen aussagt, der ja letztendlich hinter der Handlung steckt (hier denke ich an das Beispiel mit dem Gewissen oder die verharrende Hand). Könnte man das so sagen?

Ach und ich würde dich hier gerne bestärken, weil ich es ganz und gar nicht notwendig finde, dass du dich dafür entschuldigst, dass du mir gerade ein komplett neues Konzept nähergebracht hast. Habe hier ein cooles Zitat gefunden (und ich bringe das bestimmt nicht nur deshalb, weil meine Mutter Lehrerin ist ^^):

„Echte, berufene, geborene Lehrer sind fast so selten wie Helden und Heilige.“ - Erich Kästner

Und wenn man nicht im Stil verharren will mit seiner Sprache, finde ich es gut, den Blick etwas für den philosophischen/psychologischen/anthropologischen Background dahinter zu öffnen. Ist jetzt auch nicht meine Erfindung.
Ja, das überzeugt mich. Das erinnert mich wieder an sprachliche Präzision und genau da will ich hinkommen. Deine Kommentare bringen mich wirklich weiter, das ist schon außergewöhnlich.

Ein spannendes Büchlein in diesem Zusammenhang: Heinz Schlaffer – Geistersprache. Zweck und Mittel der Lyrik (2012)
Oh, vielen Dank für die Empfehlung, das kommt auf meine Liste.

Ich finde, es lohnt sich. Extrem dicht und komplex – das war mein Gefühl dabei. Aber trotzdem unterhaltsam. Auch irgendwie schräg und eigen. Vieleicht in die Richtung von Lewis Caroll Alice.
Bin schon gespannt, freue ich mich drauf. Werde dir mitteilen, wie ich es fand. :-)

Ich finde, dass das ein außergewöhnlicher Kommentar ist, besten Dank lieber @Carlo Zwei!


Beste Grüße
MRG

 

Hallo @MRG

wie schön, wieder etwas von Dir zu lesen. Der Text ist flüssig geschrieben, hat mich allerdings ein wenig irritiert. Konnte ihn nicht wirklich zuordnen. Kafka hab ich nie gelesen :D Anfangs dachte ich, es wäre ein Märchen, dann dachte ich, es ging um eine psychische Krankheit evtl. Schizophrenie. Aber so wirklich schlau geworden bin ich nicht. Mir ist es nicht gelungen, wirklich nähe zu der/ dem Prota aufzubauen, weil lange nicht klar war, ob männlich/ weiblich und was für ein Typ er ist. Seine Probleme werden mal kurz angerissen, aber zu wenig bzw. gar keine Emotionen gezeigt. Das fand ich schade.

Hier ein paar Leseeindrücke:

Ich hatte den Prinzen das erste Mal gesehen, als ich den Weg zum Schloss nicht fand. Vor mir erstreckte sich eine Allee; zwischen den Bäumen ragten Straßenlaternen empor und verströmten orangenes Licht. Ich eilte voraus mit dem sehnlichen Wunsch, endlich das Schloss zu entdecken. Doch vergeblich: Je weiter ich lief, desto dichter wurde der Nebel um mich, bis ich nur noch gedämpftes Licht wahrnahm. Daraufhin beschleunigte ich meinen Gang noch weiter und meine Gedanken rasten. Der alte Mann hatte mir gesagt, dass die Lösung meines Problems im Schloss zu finden sei. Doch wie sollte ich in dieses Schloss eintreten, wenn kein Weg dorthin führte?

Beim Einstieg dachte ich an ein Märchen. Finde den Absatz schön beschrieben, es entsteht Kopfkino. Die Mystik weckt meine Neugierde. Hier überlege ich, ob die Prota männlich/ weiblich ist, gar ein Kind?

Immer wieder griff ich nach dem Bleistift und einem leeren Notizbuch, um durch das Schreiben, meine Gedanken zu ordnen, und kritzelte eilig auf Papier, um dann alles wieder durchzustreichen.

Komma nach Schreiben weg.

Wieder dachte ich an den alten Mann. Ich hatte ihn aufgesucht, um eine Lösung gegen meine seelische Unruhe zu finden. Seit der Trennung schlief ich schlecht und hatte nervöse Zustände, die mir jegliche Freude nahmen. Angefangen hatten unsere Beziehungsprobleme, nachdem ich einen großen Auftrag an meinen Konkurrenten verlor. Sie insistierte, dass ich nicht so einfach aufgeben könne und eine Zeit des Kämpfens gekommen sei. Ich folgte ihrem Rat, stellte meinen Konkurrenten zur Rede und verlor meine Beherrschung. Unglücklicherweise belauschte uns ein Journalist. Die folgende öffentliche Demütigung gab unserer Beziehung den Rest.

Sehr geheimnisvoll. Ich hab überlegt, ob der alte Mann ein Phantasieprodukt ist oder gar ein Psychotherapeut.
Hier gibts Du ein wenig Einblick in das Innenleben.
Durch das "Sie" (wohl die Partnerin) wird mir hier endlich klar, dass der Protagonist männlich ist. Ich hätte das gerne früher erfahren. Finde das unheimlich schwierig, Kopfkino entstehen zu lassen, wenn nicht klar ist, um wen es geht.
Ich finde es schade, dass ich nur so wenig über den Prota erfahre. Da gabs ein paar Probleme, es kam zu einer Trennung. Okay. Was ist mit seinen Emotionen? Wie lange war er mit der Frau zusammen? Hat er sie geliebt?

„Dein Schloss liegt wartet auf dich“, sagte der Prinz und legte mir seinen dunkel violetten Umhang über die Schulter. Er nickte mir lächelnd zu, dann war er verschwunden. Nach einigen Metern ragte vor mir ein runder Turm empor, die Zinnen waren deutlich zu erkennen. Ich ging weiter und betrat mein Schloss, das ich so dringend benötigt hatte.

Schön, dass es mit dem Schloss noch geklappt hat.
Was irgendwie vieles bedeuten kann? Taucht er komplett aus der Realität ab? Geht es gar um Selbstmord?

Ganz liebe Grüße und einen schönen Tag,
Silvita

 

Guten Abend @Silvita,

vielen Dank für deinen schönen Kommentar, hat mir gut getan, deine Perspektive zu lesen:

wie schön, wieder etwas von Dir zu lesen. Der Text ist flüssig geschrieben, hat mich allerdings ein wenig irritiert.
Schön, dass du kommentierst hast, danke! Sehe ein, dass der Text nicht so zugänglich und etwas irritierend ist.

Mir ist es nicht gelungen, wirklich nähe zu der/ dem Prota aufzubauen, weil lange nicht klar war, ob männlich/ weiblich und was für ein Typ er ist. Seine Probleme werden mal kurz angerissen, aber zu wenig bzw. gar keine Emotionen gezeigt. Das fand ich schade.
Das ist ein guter Punkt, der mich zum Nachdenken bringt. Denn eigentlich geht es ja um die Psyche des Protas, um sein Unbewusstes. Ich würde mir wünschen, dass ich das noch klarer rüberbringen könnte, da muss ich mir noch einmal Gedanken machen. Ist auf jeden Fall eine sehr hilfreiche Rückmeldung.

Beim Einstieg dachte ich an ein Märchen. Finde den Absatz schön beschrieben, es entsteht Kopfkino. Die Mystik weckt meine Neugierde. Hier überlege ich, ob die Prota männlich/ weiblich ist, gar ein Kind?
Die Frage, ob er männlich oder weiblich ist finde ich interessant, weil ich das so nicht auf meiner Liste hatte. Hm, schwierig, ich weiß nicht so recht, ob ich das verändern will, muss ich noch einmal drüber schlafen.

Komma nach Schreiben weg.
Danke, habe ich direkt angepasst.

Sehr geheimnisvoll. Ich hab überlegt, ob der alte Mann ein Phantasieprodukt ist oder gar ein Psychotherapeut.
Ja, ganz genau, das war die Idee.

Durch das "Sie" (wohl die Partnerin) wird mir hier endlich klar, dass der Protagonist männlich ist. Ich hätte das gerne früher erfahren. Finde das unheimlich schwierig, Kopfkino entstehen zu lassen, wenn nicht klar ist, um wen es geht.
Ich kann das schon nachvollziehen, ja, man hat nicht so direkt ein Bild vor Augen. Da muss ich wohl noch einmal nachschärfen, auch wenn ich da noch nicht so genau weiß, wie ich das so machen kann, dass es mir selbst gefällt.

Ich finde es schade, dass ich nur so wenig über den Prota erfahre. Da gabs ein paar Probleme, es kam zu einer Trennung. Okay. Was ist mit seinen Emotionen? Wie lange war er mit der Frau zusammen? Hat er sie geliebt?
In gewisser Weise dreht sich die ganze Geschichte um das Unbewusste des Protas. Aber ja ich habe da sehr viel vorausgesetzt und wahrscheinlich lese ich die Geschichte anders, weil ich diese Informationen ja habe. Denke, dass da noch etwas fehlt; das sind jedenfalls gute Anmerkungen, die mich weiterbringen. Da setze ich mich noch mal dran.

Schön, dass es mit dem Schloss noch geklappt hat.
Was irgendwie vieles bedeuten kann? Taucht er komplett aus der Realität ab? Geht es gar um Selbstmord?
Er findet am Ende seinen inneren Ort der Sicherheit und des Vertrauens, das ist die Idee.

Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast. Ich habe mich sehr gefreut und bin auch schon auf deine nächste Geschichte gespannt. Wünsche dir einen guten Start in die Woche.


Beste Grüße
MRG

 

»Und die Menschen gehn in Kleidern
Schwankend auf dem Kies spazieren
Unter diesem großen Himmel,
Der von Hügeln in der Ferne
Sich zu fernen Hügeln breitet.«

Kafka

Hm, da begibt sich also ein Ergomane auf oder doch besser sogar „in“ die Spuren Kafkas auf die Suche nach „dem“ Schloss, denn ein Traum kann es nicht sein – denn wer stößt sich schon im Traum den Kopf (außer er zappelt im Bett herum und stößt sich am Kopfende)?,

Ich stieß mir den Kopf, taumelte zurück und griff mir an die schmerzende Stelle.
Und findet den „Schlüssel“ zum „Schloss“ in der Erkenntnis, es selber schaffen zu müssen,

MRG,

aber zur Beschleunigung und Hebung der Dramatik bietet sich eigentlich die Ellipse als Gestaltungsmittel und Brandbeschleuniger an ab dem Satz, der ja Beschleunigung impliziert, womit sich auch die Ich-Lastigkeit von selbst erledigt ...

Ich

eilte voraus mit dem sehnlichen Wunsch, endlich das Schloss zu entdecken.

Und wird noch mal verstärkt

Daraufhin beschleunigte ich meinen Gang noch weiter und meine Gedanken rasten.
(wobei die Possessivpronomen auch entbehrlich sind und zur Beschleunigung Opfer bringen könnten ...

„Ich bin genauso real wie das Schloss, die Werkstätte und der alte Mann.“
Kann landschaftlich gebildet sein, aber singulär ist eigentlich „Werkstatt“ und wird erst im Plural umgelautet

Wir gingen immer weiterKOMMA bis wir wieder in der Horizontalen angekommen waren.
Wird deutlicher, wenn Du die Sätze umstellst „Bis wir wieder …, gingen wir ...“

„Wir sind gleich da“, sagte der Prinz und wirklichKOMMA ich sah das Ende der Treppen.

Hier fehlt was
„Dein Schloss liegt wartet auf dich“, …
mutmaßlich ein und oder alternativ ein KOmma

und hier

sagte der Prinz und legte mir seinen dunkelvioletten Umhang über die Schulter.
eine Farbe, ein Wort

Wie dem auch sei, gern gelesen vom

FRiedel

 

Hallo @Friedrichard,

vielen Dank für deinen Kommentar und für deine Zeit. Ja genau, es sollte kein Traum sein. Den Vorschlag mit den Ellipsen finde ich sehr interessant und ich habe das so eingebaut, mal schauen. Ansonsten habe ich die Flusen verbessert. Danke!

aber zur Beschleunigung und Hebung der Dramatik bietet sich eigentlich die Ellipse als Gestaltungsmittel und Brandbeschleuniger an ab dem Satz, der ja Beschleunigung impliziert, womit sich auch die Ich-Lastigkeit von selbst erledigt ...
Habe ich so aufgenommen und bin mal gespannt, ob es so besser funktioniert. Nur bei dem ersten Ich habe ich nicht genau verstanden, wie ich das streichen kann, daher habe ich das drin gelassen.

Vielen Dank für deinen Besuch und ein schönes Wochenende.


Beste Grüße
MRG

 

Hallo @MRG :-)

Deine Geschichte habe ich sehr gern gelesen.

Ich hatte den Prinzen das erste Mal gesehen, als ich den Weg zum Schloss nicht fand. Vor mir erstreckte sich eine Allee; zwischen den Bäumen ragten Straßenlaternen empor und verströmten orangenes Licht. Ich eilte voraus mit dem sehnlichen Wunsch, endlich das Schloss zu entdecken. Doch vergeblich: Je weiter ich lief, desto dichter wurde der Nebel um mich, bis ich nur noch gedämpftes Licht wahrnahm. Daraufhin beschleunigte mein Gang noch weiter und meine Gedanken rasten. Der alte Mann hatte mir gesagt, dass die Lösung meines Problems im Schloss zu finden sei. Doch wie sollte ich in dieses Schloss eintreten, wenn kein Weg dorthin führte?
Mit dem ersten Satz legst du den Fokus auf den Prinzen. Aber du ziehst die Information aus dem Nebensatz vor und beschreibst in den folgenden Sätzen, wie der Ich-Protagonist sein Schloss finden möchte. Zum Ende des Absatzes führst du eine weitere Figur ein, den "alten Mann". Vielleicht ist es mutig, aber ohne den Prinzen zu Beginn scheint sich der Absatz nicht zu ändern. Als vages Thema scheint die Suche nach einem Weg herauszubilden - der Ich-Prota hat ein Problem und will es lösen. Dennoch lässt du hier die Leser:in orientierungslos zurück. Ich finde das nicht schlimm, kann mir aber vorstellen, dass manch' eine Leser:in hier aufgibt.

Sprachlich ist der erste Absatz nicht einfach zu verstehen, da sich Zeitebenen vermischen: Ich hatte den Prinzen gesehen, als ... bedeutet, dass der Ich-Prota das Schloss suchte und plötzlich den Prinzen gesehen hat. Damit, glaube ich, baust du bis zum erneuten Erwähnen des Prinzen eine Klammer auf. Aber dein Text bleibt im Präteritum, zieht thematisch vom Prinzen weg, erzählt retrospektiv. Schwierig, weil der erste Satz durch neue Motive und Figuren rasch überstrahlt wird.

Jeder Handlung liegt ein Ziel (Problemlösung bei dir) und eine Motivation zu Grunde. Über dieses "Warum" baust du Spannung auf.

Ich stieß mir den Kopf, taumelte zurück und griff mir an die schmerzende Stelle. Daraufhin ging ich behutsamer vor und ertastete mit meiner Hand Holzmaserungen. Als ich mich dagegenstemmte, gab das Holz nach und Licht strömte mir entgegen. Ich fand mich in einem Werkraum wieder:
Der Absatz markiert einen Ortswechsel. Verortete ich den Ich-Prota auf einer Allee, sehe ich ihn jetzt in einem Werkraum. "Ich fand mich wieder" - das heißt, dass der Ich-Prota sich seines Ortes bewusst wurde. Er schien abwesend zu sein, vielleicht verträumt, tagverträumt; der Absatz davor könnte in einer Irrealität (gibt es das Wort?) spielen. Doch schon im nächsten Absatz -
Benommen verließ ich die Werkstätte und diesmal hatte ich freie Sicht. Auf dem Kopfsteinpflaster der Allee lag ein dunkel violetter Umhang.
- verbindest du die beiden Orte zu einer geographischen Einheit. Der Gang aus der Werkstatt bedeutet, dass ich mich in einer Realität oder Irrealität befinde; plötzlich scheint sich beides zu verschmelzen, plötzlich ist nicht klar, was was eigentlich ist. Ich finde so etwas immer ganz spannend, denke aber, dass sich viele Leser:innen recht verloren vorkommen können.
Hier wirst du dein Schloss nie finden. Ich kann es dir zeigen. Vertraust du mir?“, fragte der Prinz und streckte mir seine Hände entgegen. Ich zögerte. Wieder dachte ich an den alten Mann. Ich hatte ihn aufgesucht, um eine Lösung gegen meine seelische Unruhe zu finden. Seit der Trennung schlief ich schlecht und hatte nervöse Zustände, die mir jegliche Freude nahmen. Angefangen hatten unsere Beziehungsprobleme, nachdem ich einen großen Auftrag an meinen Konkurrenten verlor.
Mit diesem Absatz legst du die Motivation des Ich-Protas in die Bewältigung eines Beziehungsendes. Das Thema verändert sich; die reine Suche nach etwas wird jetzt zu einer Bewältigung von etwas. Spätestens ab hier lösen sich alle vorher genannten Motive wie Schloss, Türschloss, Konstruktion als Allegorie auf. Sie scheinen für etwas zu stehen. Klar, jede Leser:in begreift diese Allegorie: Beziehungsende, mentaler Schmerz, Liebeskummer, das Rätsel der mentalen Verarbeitung. Die durchdringende Symbolik deiner Motive fußt jedoch, aus meiner Sicht, nur auf einem Punkt: Dem Beziehungsende. Du erwähnst zwar eine öffentliche Demütigung. Ich kann mir jedoch vorstellen, dass dieses Beziehungsende mit all seinen Folgen - finanziell, mental, alltagstechnisch, sozial - detaillierter herausgearbeitet werden könnte. Das stärkt die Symbole deines Textes. Du benutzst zum Beispiel ein Schloss. Für was steht das Schloss? Rückzugsort in einer vertrauten Kindheit, finanzielle Unabhängigkeit, Status?

Den alten Mann hat der Ich-Prota bewusst aufgesucht. Das klingt für mich nach fremder, psychologischer oder therapeutischer Hilfe, die dieser jedoch nicht zu leisten vermag. Erwartungen sind nicht erfüllt worden.

„Bist du real?“, fragte ich den Prinzen.
„Ich bin genauso real wie das Schloss, der Werkraum und der alte Mann.“
Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Doch ich war mir sicher, dass ich nicht träumte.
„Ohne den Alten hätte ich mich hierauf niemals eingelassen. Du bist doch nur ein Fantasiegespinst in meinem Kopf.“
„Und du meinst, nur weil ich in deinem Kopf bin, wäre ich nicht real?“
Darauf wusste ich keine Antwort.
„Vertraust du mir?“, fragte mich der Prinz erneut.
Der Prinz bietet ihm seine Hilfe an. Offensichtlich weiß der Prinz den Weg zum Schloss. Aber der Prinz geht einen Schritt weiter: Er will den Ich-Prota führen und verlangt explizit sein Vertrauen. Was liegt dem Prinzen also am Ich-Prota? Warum ist ihm das so wichtig? In diesen kleinen Dialog baust du Fragen nach dem "Realitätsstatus" ein. Ist das eigentlich alles real? Oder nicht? Die Fragen des Ich-Protas sind die der Leserin. Du fügst hier ein psychologisches und philosophisches Problem ein. Wie real ist denn das, was in unserem Kopf abspielt. Ich bin mir nicht sicher, ob dieses Realitäts-Problem deinem Text mehr schadet oder mehr hilft. Denn der Prinz wird zu einer Figur, die sich über Realität oder Irrealität im Klaren zu sein scheint. Der Prinz stellt Fragen, die verwirren, verlangt aber auch Vertrauen. Auf mich wirkt das gegensätzlich. Wenn ich um das Vertrauen eines Menschen verlange, verwirre ich ihn nicht.
„Dein Schloss wartet auf dich“, sagte der Prinz und legte mir seinen dunkelvioletten Umhang über die Schulter. Er nickte mir lächelnd zu, dann war er verschwunden. Nach einigen Metern ragte vor mir ein runder Turm empor, die Zinnen waren deutlich zu erkennen. Ich ging weiter und betrat mein Schloss, das ich so dringend benötigt hatte.
Der Prinz führt den Ich-Prota zum Schloss. Damit findet die Geschichte ihren Abschluss: Schloss gesucht, Schloss gefunden.

Themenwahl

Die Bedeutung des Schlosses für den Ich-Prota ziehe ich aus zwei Stellen: Zum einen zu Beginn ("sehnlicher Wunsch"), zum anderen aus der Erwähnung einer tiefgreifenden Beziehungskrise mit Beziehungsende samt öffentlicher Demütigung. Das Schloss scheint den Abschluss einer psychischen Bewältigung zu markieren. Wichtig, denke ich, ist hier die Motivwahl. Ein Schloss will präsentieren, ein Schloss bedeutet Reichtum, Adel, Mehrgängemenü, Dekadenz. Oder ist dein Schloss verfallen, veraltet, der Ort eines Exils? Deine Geschichte wäre eine andere, wenn der Ich-Prota zu einem Leuchtturm, einer Berghütte, einem U-Bahnhof oder einem Plattenbau streben würde.

Sprachlich finde ich deine Geschichte gut und flüssig geschrieben. Umgangssprachlichere Formulierungen wie ...

Die folgende öffentliche Demütigung gab unserer Beziehung den Rest.
... könntest du streichen oder umformen. Deine Geschichte spielt auf einer symbolischen, abstrakteren Ebene, das könnte eine eine bewusste, einfache, konzentrierte Sprache verlangen, keine Umgangssprache.

Lg aus Leipzig
kiroly

 

Hallo @kiroly,

vielen Dank für diesen tiefgründigen Kommentar; er liest sich wie eine sehr genaue Analyse, die mich dazu gebracht hat, meinen Darling, den ersten Satz, zu killen. Ich gehe im Detail darauf ein:

Vielleicht ist es mutig, aber ohne den Prinzen zu Beginn scheint sich der Absatz nicht zu ändern. Als vages Thema scheint die Suche nach einem Weg herauszubilden - der Ich-Prota hat ein Problem und will es lösen. Dennoch lässt du hier die Leser:in orientierungslos zurück. Ich finde das nicht schlimm, kann mir aber vorstellen, dass manch' eine Leser:in hier aufgibt.
Sprachlich ist der erste Absatz nicht einfach zu verstehen, da sich Zeitebenen vermischen: Ich hatte den Prinzen gesehen, als ... bedeutet, dass der Ich-Prota das Schloss suchte und plötzlich den Prinzen gesehen hat. Damit, glaube ich, baust du bis zum erneuten Erwähnen des Prinzen eine Klammer auf. Aber dein Text bleibt im Präteritum, zieht thematisch vom Prinzen weg, erzählt retrospektiv. Schwierig, weil der erste Satz durch neue Motive und Figuren rasch überstrahlt wird.
Überzeugt hat mich, dass man nicht gut in den Text reinkommt: Der Anfang führt zu einer Verwirrung und ist damit nicht zielführend. Und ja, es stimmt, dass schnell neue Motive und Figuren eingeführt werden und der Prinz eigentlich am Anfang nicht weiter thematisiert wird. Daher habe ich den ersten Satz jetzt gestrichen, auch wenn mir das wirklich schwerfiel.

Der Absatz markiert einen Ortswechsel. Verortete ich den Ich-Prota auf einer Allee, sehe ich ihn jetzt in einem Werkraum. "Ich fand mich wieder" - das heißt, dass der Ich-Prota sich seines Ortes bewusst wurde. Er schien abwesend zu sein, vielleicht verträumt, tagverträumt; der Absatz davor könnte in einer Irrealität (gibt es das Wort?) spielen.
Der Gang aus der Werkstatt bedeutet, dass ich mich in einer Realität oder Irrealität befinde; plötzlich scheint sich beides zu verschmelzen, plötzlich ist nicht klar, was was eigentlich ist. Ich finde so etwas immer ganz spannend, denke aber, dass sich viele Leser:innen recht verloren vorkommen können.
Wenn ich meinen Text im Nachhinein mit etwas Abstand lese, dann sehe ich genau in dieser "Irrealität" das größte Problem und ich muss sagen, dass mir das nicht besonders gut gefällt; es wirkt jetzt auf mich zu verworren, auch wenn es mir großen Spaß gemacht hat, diesen Text auf diese Art und Weise zu schreiben. Mein Fazit: Es war ein gutes Experiment, um etwas Neues auszuprobieren und ich habe einige neue Erkenntnisse daraus gewinnen können (vor allem das mit der Verwirrung habe ich mir mitgenommen; denn das ist definitiv so nicht mein Ziel, was meine Texte angeht).

Mit diesem Absatz legst du die Motivation des Ich-Protas in die Bewältigung eines Beziehungsendes. Das Thema verändert sich; die reine Suche nach etwas wird jetzt zu einer Bewältigung von etwas. Spätestens ab hier lösen sich alle vorher genannten Motive wie Schloss, Türschloss, Konstruktion als Allegorie auf. Sie scheinen für etwas zu stehen. Klar, jede Leser:in begreift diese Allegorie: Beziehungsende, mentaler Schmerz, Liebeskummer, das Rätsel der mentalen Verarbeitung. Die durchdringende Symbolik deiner Motive fußt jedoch, aus meiner Sicht, nur auf einem Punkt: Dem Beziehungsende. Du erwähnst zwar eine öffentliche Demütigung. Ich kann mir jedoch vorstellen, dass dieses Beziehungsende mit all seinen Folgen - finanziell, mental, alltagstechnisch, sozial - detaillierter herausgearbeitet werden könnte.
Die Beziehung hatte ich in der ersten Version nur ganz kurz drin, mit einem Satz, und habe es dann noch einmal in der Überarbeitung erweitert. Ich bin mir noch nicht so sicher, ob das so gut funktioniert. Eigentlich möchte ich nicht, dass die Symbolik meiner Motive nur auf dem Beziehungsende fußt; denn das was mich eigentlich interessierte war das Schloss. Es stellt für mich diesen inneren Rückzugsort dar, bzw. einen Platz der inneren Sicherheit und des Urvertrauens.

Den alten Mann hat der Ich-Prota bewusst aufgesucht. Das klingt für mich nach fremder, psychologischer oder therapeutischer Hilfe, die dieser jedoch nicht zu leisten vermag. Erwartungen sind nicht erfüllt worden.
So hatte ich es gedacht und auf einer zweiten Ebene sehe ich in dem alten Mann auch einen Archetyp, der Weisheit verkörpern könnte. Denn am Ende bewahrheitet sich der Vorschlag, wenn er sein Schloss endlich findet.

Was liegt dem Prinzen also am Ich-Prota? Warum ist ihm das so wichtig? In diesen kleinen Dialog baust du Fragen nach dem "Realitätsstatus" ein. Ist das eigentlich alles real? Oder nicht? Die Fragen des Ich-Protas sind die der Leserin. Du fügst hier ein psychologisches und philosophisches Problem ein. Wie real ist denn das, was in unserem Kopf abspielt. Ich bin mir nicht sicher, ob dieses Realitäts-Problem deinem Text mehr schadet oder mehr hilft. Denn der Prinz wird zu einer Figur, die sich über Realität oder Irrealität im Klaren zu sein scheint. Der Prinz stellt Fragen, die verwirren, verlangt aber auch Vertrauen. Auf mich wirkt das gegensätzlich. Wenn ich um das Vertrauen eines Menschen verlange, verwirre ich ihn nicht.
Stimme dir zu, das ist eine Ursache für diese Verwirrung und ich hadere da noch etwas: Einerseits gefällt mir diese andere, etwas seltsame Grundatmosphäre und auf der anderen Seite steht diese Verworrenheit und das gefällt mir dann ganz und gar nicht. Den Prinzen hatte ich als ein Symbol für Urvertrauen gesehen, denn es gibt ja diesen Moment, wo man sich fallen lassen muss, keine Sicherheit hat und genau hier ist dann das Vertrauen notwendig.

Die Bedeutung des Schlosses für den Ich-Prota ziehe ich aus zwei Stellen: Zum einen zu Beginn ("sehnlicher Wunsch"), zum anderen aus der Erwähnung einer tiefgreifenden Beziehungskrise mit Beziehungsende samt öffentlicher Demütigung. Das Schloss scheint den Abschluss einer psychischen Bewältigung zu markieren. Wichtig, denke ich, ist hier die Motivwahl. Ein Schloss will präsentieren, ein Schloss bedeutet Reichtum, Adel, Mehrgängemenü, Dekadenz. Oder ist dein Schloss verfallen, veraltet, der Ort eines Exils?
Ja, ganz genau, schön, dass das funktioniert hat. Das Schloss ist der sichere Hafen, der Ort, der dem Prota wieder diese innere Sicherheit schenkt, die er so dringend benötig hat. Für mich hat das Schloss vor allem Sicherheit und Schutz bedeutet und weniger Reichtum oder Adel bzw. Exil.

Sprachlich finde ich deine Geschichte gut und flüssig geschrieben. Umgangssprachlichere Formulierungen wie ...
Vielen Dank, dass habe ich gerne gelesen und die angesprochene Stelle habe ich korrigiert.

Insgesamt finde ich das einen sehr guten Kommentar und mir ist klar geworden, dass ich den ersten Satz doch rauskicken sollte. Vielen Dank für deine Zeit und deine klare Analyse, das schätze ich sehr! :-)

Wünsche dir einen guten Start in die Woche.


Beste Grüße
MRG

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo! Als "alter Kafka-Leser" kann ich selbstverständlich nicht anders. Das musste ich lesen!
Zudem hab ich mich mit einer alternativen Version vor Kurzem selbst vesucht "Der Arzt, den niemand kannte". Zunächst zu deinem Stil. Der hat mit gefallen. Ich war sofort "drin" und wollte bei jedem Satz wissen, wie es weiter geht. Außerdem: sprachlich sehr schön gemacht.

Es stimmt allerdings auch, du bist an einigen Stellen auf das "tell" gekommen. Ich denke es ist immer besser, in einer KG konkret zu sein - also statt "seelische Nöte" zu sagen was konkret los war.

Daneben gibt es einige Sachen hier:

Daraufhin beschleunigte mein Gang
Wäre nicht besser "Daraufhin beschleunigte ich meinen Gang". Es kann auch sein, zugegeben, dass der Gang, wie mancher Gedankengang, sich von selbst bewegt.
edit: hab grad gesehn noch, dass dir dies nahe gelegt wurde :)

Doch wie sollte ich in dieses Schloss eintreten, wenn kein Weg dorthin führte?
Formulierung. Klingt etwas umständlich. "Wie sollte ich ins Schloss kommen, wenn es keinen Weg gab" ??

Eine Ahnung stieg in mir auf, dass ich selbst das Schloss bauen musste.
Jo, das ist mir an der Stelle zu früh. Das ist ja so was wie die finale Idee. Wie kommt er dazu, das wäre spannend.

Hinter mir hörte ich eine Stimme: „Das ist die falsche Richtung.“
Ich wand den Kopf wieder zurück und sah den Prinzen. Er trug einen goldenen Stirnreif mit einem leuchtenden Rubin in der Mitte, sein weißes Wamst war mit Blumenmustern verziert und über seinen Schultern lag der dunkel violette Umhang. Seine Gesichtszüge waren fein geschnitten, symmetrisch.
„Ich suche mein Schloss.“
„Hier wirst du dein Schloss nie finden. Ich kann es dir zeigen. Vertraust du mir?“, fragte der Prinz und streckte mir seine Hände entgegen.
Das war erfrischend, das Auftauchen dieses Prinzen. Gibt der Story die Wendung.
Ich ging weiter und betrat mein Schloss, das ich so dringend benötigt hatte.
Weg mit dem Nebensatz. Viel stärker ist einfach: "Ich ging weiter und betrat mein Schloss."

Schöne Geschichte, um was es geht, war auch schnell klar, im Unterschied zu Kafka :)

 

Hallo @FlicFlac,

vielen Dank für deinen Besuch und Kommentar, hat mich gefreut.

Hallo! Als "alter Kafka-Leser" kann ich selbstverständlich nicht anders. Das musste ich lesen!
Zudem hab ich mich mit einer alternativen Version vor Kurzem selbst vesucht "Der Arzt, den niemand kannte".
Bin gerade dabei, mich tiefer in seine Werke einzuarbeiten und bin sehr angetan. Daher werde ich bei deiner alternativen Version auf jeden Fall mal reinschauen.

Zunächst zu deinem Stil. Der hat mit gefallen. Ich war sofort "drin" und wollte bei jedem Satz wissen, wie es weiter geht. Außerdem: sprachlich sehr schön gemacht.
Das hat mich gefreut, vielen Dank für die lobenden Worte.

Es stimmt allerdings auch, du bist an einigen Stellen auf das "tell" gekommen. Ich denke es ist immer besser, in einer KG konkret zu sein - also statt "seelische Nöte" zu sagen was konkret los war.
Hm ja, ein schwieriges Thema; ich habe wohl generell einen Hang zu "tell" und lese das allerdings auch selbst ganz gerne. Tue mich noch schwer da für mich die richtige Balance zu finden, daher bringt mich dein Kommentar zum Nachdenken. Vielen Dank für den Impuls, das beschäftigt mich derzeit.

Formulierung. Klingt etwas umständlich. "Wie sollte ich ins Schloss kommen, wenn es keinen Weg gab" ??
Mir hat die Formulierung so gefallen, denke, dass ich das erst einmal so stehen lasse, wobei ich es noch einmal prüfe.

Jo, das ist mir an der Stelle zu früh. Das ist ja so was wie die finale Idee. Wie kommt er dazu, das wäre spannend.
Interessante Anregung, in gewisser Hinsicht habe ich es mir hier leicht gemacht und das einfach so in den Raum geworfen. Hm, allerdings war ja der Grundgedanke, dass es eben nicht dieser äußerliche Aktivismus ist, um den es geht, sondern vielmehr geht es um eine Innenschau. Denn das Schloss liegt schon ihn ihm und wartet darauf, gefunden zu werden.

Das war erfrischend, das Auftauchen dieses Prinzen. Gibt der Story die Wendung.
Freut mich zu lesen, schön, dass es für dich funktioniert hat.

Weg mit dem Nebensatz. Viel stärker ist einfach: "Ich ging weiter und betrat mein Schloss."
Das ist ein Darling von mir und mir gefällt gerade dieser Schlusssatz, weil es dieses Bedürfnis ausdrückt, oder zumindest möchte ich das damit aussagen. Denn endlich hat er wieder dieses innere Vertrauen, was für ihn so essentiell war.

Vielen Dank für deinen Kommentar und deine Zeit, genieße es immer sehr, Leseeindrücke zu bekommen, weil ich mich so Schritt für Schritt verbessern kann.

Beste Grüße
MRG

 

Ja, da hab ich tatsächlich beim Vorschlag, Ellipsen – d. s. unvollständige Sätze, im hiesigen Falle könnte das Subjekt der Brandbeschleuniger sein – anzuwenden bei „meinem“ Gang einen toten Hund erlegt.

Gemeint sind Passagen wie das ewige „ich“:

Ich eilte voraus mit dem sehnlichen Wunsch, …

Ich stieß mir den Kopf, taumelte zurück und griff mir an die schmerzende Stelle. Daraufhin ging ich behutsamer vor und ertastete mit meiner Hand Holzmaserungen.
usw.,
denn anhand des Verbs/Prädikats ist doch zu erkennen, wer da gemeint ist, also etwa

"Eilte voraus mit dem sehnlichen Wunsch, …

Stieß mir den Kopf, taumelte zurück und griff mir an die schmerzende Stelle. Ging daraufhin behutsamer vor und ertastete mit meiner Hand Holzmaserungen."
usw. usf.

Ggfs. kann damit auch ein schwaches Selbstbewusstsein, das hintangestellt wird, signalisiert werden.

Zum Glück haben wir ja alle den Schock überlebt ...

Bis bald

Friedel

 

Guten Abend @Friedrichard,

vielen Dank für deine Erklärungen, bin gerade noch dabei, das nachzuvollziehen. Bin mir bei den Ellipsen noch nicht so klar, wie ich das gezielt einsetzen kann. Fühlt sich für mich noch etwas undurchsichtig an.

Im Grunde geht es ja darum, dass ich bewusst etwas auslasse, so meinen Rhythmus variiere und nicht so viel "ich" verwenden muss. Werde ich weiter drüber nachdenken, bis ich das besser greifen kann.

Beste Grüße
MRG

 

Hallo @MRG,

deine Geschichte habe ich sehr gerne gelesen. Die mysteriöse und entspannende Atmosphäre ist genau das, was ich bei dem Titel Das Schloss erwartet habe.
Vieles wurde schon gesagt, aber ich will noch Folgendes anmerken:

Vor mir erstreckte sich eine Allee; zwischen den Bäumen ragten Straßenlaternen empor und verströmten orangenes Licht.
Schöner erster Satz, sorgt sofort für Stimmung. Aber warum schreibst du nicht einfach oranges Licht?

Ich stieß mir den Kopf, taumelte zurück und griff mir an die schmerzende Stelle. Daraufhin ging ich behutsamer vor und ertastete mit meiner Hand Holzmaserungen. Als ich mich dagegenstemmte, gab das Holz nach und Licht strömte mir entgegen. Ich fand mich in einem Werkraum wieder
Hier ist eine Holztür, die in den Werkraum führt. Heißt das, der Nebel ist so dicht, dass das Gebäude so plötzlich auftauchen kann? Die räumlichen Beschreibungen sind im Text oft nicht ganz eindeutig, was vermutlich beabsichtigt ist. Auch hier:
Der Prinz führte mich eine Treppe hinab. Die Absätze seiner Stiefel klackerten auf Stein, während meine Turnschuhe kein Geräusch erzeugten. In der Luft lag ein modriger Geruch. Wir kamen auf einer ebenen Fläche an. Der Untergrund bestand aus vertrocknetem, braunem Gras.
Erst dachte ich, die Treppe führt in einen Keller. Dann sind sie aber doch im Freien. Ich nehme an, das die Formulierungen mit der Absicht entstanden sind, es möglichst surreal zu gestalten. Das spüre ich besonders bei der nächsten Treppe, die einen Looping macht. (super Idee übrigens!) Seltsame Umgebungen, die sich räumlich nur schwer definieren lassen, sind toll. Darüber zu schreiben, ist nicht leicht, und in dieser Geschichte funktioniert es gut.
Mich würde es interessieren, wie du dir selbst die Umgebungen vorgestellt hast. Ich finde es als Leser immer spannend, dass ich mir meine eigene Interpretation der Schauplätze ausdenken darf. Und damit meine ich nicht nur deine Geschichte.
Je weniger man als Autor die eigene Vorstellung beschreibt, umso verschiedener werden die Welten sein, die später in den Köpfen der Leser entstehen. Es ist in Ordnung, beim Beschreiben der Umgebungen sparsam zu sein. Trotzdem finde ich, dass man als Autor ein klares inneres Bild haben sollte; beim Schreiben entscheidet man dann, wie viel man davon enthüllt. Ich will dir jetzt keine Arbeitsweise einreden, sondern nur verraten, wie ich das mache. Vielleicht machst du das ohnehin schon so ähnlich. :)

„Ich suche mein Schloss.“
Hier würde ich ein [, sagte ich.] hinzufügen, damit nicht erst in der nächsten Zeile klar ist, wer den Satz ausspricht. So, wie es jetzt ist, passt es natürlich auch. Ich will nur vorschlagen, wie ich es gemacht hätte. Aber es ist ja nicht mein Text.

Das waren meine Anmerkungen. Was du damit machst, überlasse ich dir.
Ich bin gespannt, ob du noch ähnliche Texte wie diesen auf Lager hast!

Viele Grüße
Michael

 

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