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Das Treffen
„Übrigens treffe ich mich heute Nachmittag mit Andreas“, sagte der Mann. „Ist das in Ordnung?“
„Natürlich, ich wollte später vielleicht noch mal ins Schwimmbad, meine wöchentlichen 'Gesundheits-Runden' drehen, das interessiert dich ja nicht so besonders“, erwiderte die Frau.
„Dann mach's mal gut“, und schon war Dieter durch die Tür.
Zwanzig Minuten später rief Susanne an: „Hallo Renate, wie ist's, hättest du Lust, dich mit mir zu treffen?“
„Ach, das passt aber gut! Dieter hat sich nämlich für heute Nachmittag mit seinem Freund verabredet, und ich hatte noch nichts Besonderes vor. Nun ja, eigentlich wollte ich ins Schwimmbad, aber das kann auch bis morgen warten.“
„Schön, dann würde ich sagen, bis um halb acht im Franklin-Bistro auf der Gutenberg-Straße.“
„Du, ich freu mich, bis gleich, Susanne!“
„Bis gleich, Renate!“
Mit der U-Bahn fuhr Renate zum verabredeten Treffpunkt. Susanne war schon da und hatte zwei Plätze reserviert.
„Na, wie geht's?“ fragte sie burschikos.
„Bestens“, erwiderte Renate mit einem Lächeln und zwinkerte mit den Augen.
„Zwei Espressos, bitte!“ rief Susanne dem Kellner zu, der soeben vorbeiging.
„Und Wasser, am besten eine ganze Flasche“, ergänzte Renate.
Die beiden Frau machten es sich auf der Terrasse des Restaurants bequem.
Es war herrliches Wetter, die Vögel sangen, und Hunderte von Spaziergängern waren auf dem Boulevard unterwegs und genossen den Sommer.
„Wie geht's euren Kindern?“ fragte Susanne.
„Ja, soweit gut“, entgegnete Renate. „Lydia studiert jetzt in Hamburg, Wendelin macht ein Praktikum bei Neukirchen, und Sonja hat ihre Banklehre fast abgeschlossen, noch knapp drei Wochen bis zu den Prüfungen. Wir können rundum zufrieden sein. Und wie geht's dir?“
„Auch ich kann nicht klagen. Nächsten Monat drehe ich wieder einen Film mit dem Huber-“
„Oja, der ist gut! Ausgezeichneter Regisseur, Kompliment!“
„Ja, auch ich bin froh, heutzutage gibt's so viel minderwertiges Zeugs auf dem Markt, da bin ich dankbar für jedes halbwegs gute Projekt, und ein Film mit Huber, das ist ein Traum!“
Sie rührten in ihren Tassen.
„Ein bisschen Schwimmen täte mir ja auch gut“, meinte Susanne.
„Wenn du magst, gerne, lass uns zusammen dahin gehen.“
„Ich hab' meinen Wagen dabei.“ Susanne winkte dem Kellner. „Die Rechnung bitte!“ Dann kramte sie ihren Autoschlüssel aus ihrer Handtasche hervor.
Sie fuhren durch die Innenstadt, mit offenem Verdeck. Das Coupé war der einzige Luxus, den Susanne sich leistete, ansonsten lebte sie ziemlich genügsam.
Als sie an der Eisdiele „San Marco“ vorbeikamen, zuckte Renate plötzlich zusammen.
„Du, das gibt's doch nicht!“
„Was denn?“
„Da vorne sitzt Dieter.“
„Naja, irgendwohin mussten die beiden ja gehen.“
„'Die beiden' ist gut. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass Andreas lange rote Haare hatte..“
„Du meinst?...“
„Ich meine nicht nur, ich habe gesehen! Du, fahr bitte noch mal zurück!“
„Moment, ich kann jetzt gerade nicht aus dem fließenden Verkehr ausscheren... da vorne geht's...“
Susanne wendete, und sie fuhren die Straße zurück.
„Langsam“, befahl Renate. „Du, halt mal, ich steig hier aus-“
„Renate!“ Susanne versuchte ihre Freundin noch zurückzuhalten, aber da überquerte diese schon die Straße.
„Hallo Dieter! Das also ist dein Freund Andreas?!?“
Renate war zielstrebig auf den Tisch zugesteuert, an dem ihr Mann mit der rothaarigen Frau saß.
„Wer ist diese Frau?“ fragte die jetzt. „Dieter, wer ist diese Frau?“
„Zufälligerweise bin ich die Ehefrau dieses feinen Herrn!“ giftete Renate.
„Aber Renate!-“ Dieter fühlte sich völlig in die Enge getrieben.
„Deine Ehefrau?“ empörte sich die Rothaarige. „Du bist verheiratet?!? Das ist ein böser Traum, nicht wahr? Du bist doch nicht verheiratet, Dieter?“
„Doch“, entgegnete Dieter kleinlaut.
„Nein, du warst es!“ erwiderte Renate. „Ich reiche die Scheidung ein.“