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Das Ungetier

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13.06.2002
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Das Ungetier

Eines Nachts bist du aufgewacht und dein Gesicht hing in Fetzen von deinem Schädel.
Du hast lange vor dem Spiegel gestanden und ungläubig mit dem Zeigefinger in der roten Masse herumgerührt, die einst dein größter Stolz gewesen war. Wahrscheinlich hast du auch geweint, das weiß ich nicht mehr. Hast du geweint? Tut es weh, wenn sich das Salz der eigenen Tränen in dein Fleisch brennt?
Mir ging es in dieser Nacht auf jeden Fall so gut, wie nie zuvor. Es hat mir dermaßen gut getan, dass ich beschlossen habe, bei dir zu bleiben.

Natürlich war es nur ein Traum. Ich habe dich aufgeweckt und dann habe ich deine Erleichterung gespürt. Das war ein kleiner Rückschlag für mich. Aber als du auf dem Weg zur Arbeit dein Gesicht in jedem Schaufenster und in jeder Pfütze überprüft hast, da wusste ich, dass ich gewonnen hatte.
Zwei Tage lang hast du mir gehört. Zwei Tage lang hast du an nichts anderes denken können, hast jeden unbeobachteten Moment genutzt, mit deinen Fingern dein Gesicht zu berühren, hast das beruhigende Gefühl der weichen Haut gebraucht. Du hast dich nicht getraut, deine Augen zu schließen, aus Angst, die Bilder der letzten Nacht könnten wieder auftauchen. Eine kleine Narbe auf deiner Seele, ein kleiner Sieg für mich. Ein Gefühl, das süchtig macht.

Weißt du noch, als du dir ein paar Tage danach den Arm aufgeschürft hast? Ein dummer Unfall, du bist gestürzt und unglücklich gefallen. Um es klarzustellen, das war nicht mein Werk, mit deinem Körper habe ich nichts zu tun. Weißt du noch, dass die Wunde an deinem Arm nicht heilen wollte? Du hast viel Zeit damit verbracht, auf den roten Fleck zu starren, hast am Schorf herumgespielt.
Erinnerst du dich, wie verlockend es war, am Schorf zu kratzen? Wie du vorsichtig Stück für Stück deinen Fingernagel unter das tote Gewebe geschoben hast? Ich glaube, es hat dir gefallen, den leisen Schmerz zu spüren, wenn du ein Stück zu weit gegangen bist und es wieder zu bluten begonnen hat. Ja, das mochtest du. Ich habe es gespürt und das hat mir gut getan.

In jener Nacht habe ich dir einen Traum geschenkt.
Du lagst wach in deinem Bett und konntest dich nicht bewegen, konntest deine Augen nicht schließen. Ich habe dir die Lider genommen. Du hast dieser Spinne zugesehen, wie sie an der Decke ihr Nest gewoben hat. Faden um Faden wuchs die Struktur und je größer das Netz wurde, desto mehr wuchs auch das Tier.
Hattest du Angst? Natürlich hattest du Angst. Du wolltest schreien, aber ich ließ es nicht zu. Die Spinne drehte ihren Kopf, er hatte inzwischen die Größe eines Tischtennisballs. Deutlich hast du den gierigen Blick der flammend roten Augen in deiner Seele gespürt. Warst von der hypnotischen Wirkung der mahlenden Kieferscheren gefangen. Als sie sich dann Millimeter um Millimeter an einem fein gewobenen Faden auf dich zu bewegte, hast du nicht mehr zu schreien versucht. Als sie sich daran machte, sich in deinen Hals zu fressen, hättest du es nicht mehr gekonnt.
Du bist aufgewacht und hast noch in derselben Nacht Insektenspray überall in deiner Wohnung versprüht. Ich habe deinen schnellen Atem gespürt, jeder Herzschlag war ein Energieschub für mich, jeder Schweißtropfen mein Lebenselixier. Natürlich hast du in dieser Nacht nicht mehr geschlafen. Hattest Angst, die Augen zu schließen.
Weißt du, wie viele Eier eine Spinne in einer Nacht legen kann? Es war nur ein Traum, aber diese Frage hat dich gequält, hat dich verfolgt, tagelang. Du hast ständig nach deinem Hals gefühlt, um zu sehen, ob er anschwillt. Es war nur ein Gedanke, ein kleiner Splitter irgendwo in deinem Kopf. Aber du warst dir nicht sicher. Das war eine schöne Zeit für mich. Vielleicht hätte ich dich dazu bringen können, ein Messer zu nehmen und nachzusehen. Aber dafür war es zu früh. Ich wollte es langsam angehen lassen. Es genießen.

Nachdem du zwei Nächte hintereinander denselben Traum hattest, habe ich dich die Spinne in der dritten Nacht töten lassen. Ich habe dir einen Schraubenzieher gegeben. Du bist aufgestanden und hast das Tier aufgeschlitzt, hast die Spitze deiner Waffe tief in die Weichteile der Spinne gestoßen. Es hat dir gefallen, wie sie geschrien hat, wie sie ihre Beinchen vor Schmerz von sich gestreckt hat, als du den Schraubenzieher gedreht hast. Ihr Körper platzte auf und das Innere quoll hervor. Du hast gelacht, ich habe es gehört.
Die Gedärme der Spinne rannen an einem zähen roten Faden aus ihren Körper, landeten auf deinem Arm. Du bist aufgewacht und hast im Halblicht des Mondes den roten Fleck auf deiner Haut gesehen. Hast die Wunde von letzter Woche aufgekratzt. Es war eine Freude, dir zuzusehen, wie du mit schreckgeweiteten Augen versucht hast, die Überreste deines Traumes von dir zu wischen. Je stärker du gekratzt hast, desto mehr hat es geblutet. Ich habe mich nie zuvor so gut gefühlt.

Ich habe dich in Ruhe gelassen, wollte, dass du dich erholst. Ständiger Alptraum verliert irgendwann seine Wirkung, weil der Geist sich daran gewöhnt. Ich habe mich hingelegt und geschlafen. Ein paar Tage habe ich dich leben lassen. Die Wunde auf deinem Arm hat sich entzündet. Du hast dem Arzt gesagt, dass es ein Unfall war. Kein Wort von der Spinne, kein Wort von der Versuchung.
Rückblickend war es vielleicht ein Fehler, dich in Ruhe zu lassen. Hätte ich mehr auf dich geachtet in dieser Zeit, hätte ich die Entwicklung rechtzeitig aufhalten können. Ich hätte es verhindern können. Aber vielleicht war es auch genau richtig so. Letztlich hat es mich nur stärker gemacht. Du hast sie getroffen, eine neue Kollegin im Büro. Ich habe sie unterschätzt, habe nicht gewusst, welche Macht sie auf deine Gedanken haben kann. Du hast dich gut gefühlt, beschwingt durch die Wärme, die sie dir gegeben hat.
Als ich es dann als Gefahr für mich wahrgenommen habe, war es schon zu spät. Dein ganzes Denken war bereits eingenommen von ihr. War ich eifersüchtig? Vermutlich. Ich allein wollte deinen Geist beherrschen. Die Angst, dich an sie verlieren zu können, war zu Beginn eine Qual für mich.

Erinnerst du dich an deine Gedanken in eurer ersten gemeinsamen Nacht? Sie lag nackt neben dir im Bett, schlafend. Du konntest den Blick nicht von ihrem Körper abwenden. Ich hasste diesen Moment, weil du mich vergessen hast, keinen Gedanken mehr an mich verschwendet hast. Irgendwann bist du dann endlich eingeschlafen und wieder in meine Hand gesunken.
Und mit einem Mal war ihr Körper nicht mehr so begehrenswert. Unter ihrer Haut bewegte sich etwas. Unmerklich zunächst, doch du hast es dennoch erkannt. Seit der Sache mit der Spinne damals weißt du, wie diese Tiere sich vermehren. Du hast es nie gesehen, niemals gespürt, aber du weißt es. Du erinnerst dich, dafür habe ich gesorgt. Ein kurzer Kontrollgriff an deinen Hals, er hat pulsiert.
Du hast nicht geschrien, warst wie gelähmt. Hast realisiert, dass sie wieder da war, deine Angst von damals. Die Spinnen im Körper neben dir bewegten sich über... nein unter ihrem Rücken. Wanderten unter ihrer sanften Haut in Richtung des Halses. Fraßen sich in ihr Fleisch und hinauf in ihren Kopf. Du konntest es nicht mit ansehen und doch musstest du es.

Am nächsten Morgen konntest du sie nicht berühren. Natürlich war es ein Traum. Ich wusste es und du hast es geglaubt, hast es gehofft. Du hast dich dennoch tagelang von ihr abgewandt und bist langsam aber sicher zurück unter meine Kontrolle geraten. Mehr, als ich es ohne ihr unbewusstes Zutun jemals geschafft hätte. Das war eine schöne Zeit. Wie du zusammenzucktest, wenn du sie morgens im Büro getroffen hast, wenn sie versucht hat, dich zu küssen.

Und dann warst du bereit. Ich habe dafür gesorgt, dass du deine Angst einen Moment vergessen konntest, habe deine Seele reingewaschen, habe es zugelassen, dass ihr euch wieder näher kamt. Und als ihr hinterher wieder nackt im Bett lagt, hast du deinen Blick nicht von ihrem Körper abwenden können. Es war eine ähnliche Situation wie damals. Eine Wiederholung, nur intensiver.
Du bist eingeschlafen und ich habe die Spinnen zurückgeholt. Eine krabbelte aus ihrem geöffneten Mund, über dein Kopfkissen in deine Richtung. Du bist vor Schreck aus dem Bett gesprungen, hast das Tier mit der bloßen Hand erschlagen. Wolltest sie alle erschlagen, wolltest den Schrecken von damals endlich loswerden. Sie fraßen sich durch ihren Körper und für dich gab es nur einen Weg, an die Tiere heranzukommen.
Du bist in die Küche gegangen. Hast ein Messer geholt, bist zurück ins Schlafzimmer. Sie hat geschrien, aber du hast es nicht gehört. Wolltest es nicht hören. Ich habe jeden Moment dieser Nacht geliebt. Habe jede Bewegung deiner Hand mit Genuss verfolgt, konnte das Blut förmlich schmecken.
Irgendwann in dieser Nacht bist du aufgewacht. Als du zu dir gekommen bist, hast du dich nicht getraut, dich umzudrehen, hast das Schlafzimmer verlassen, bist ins Badezimmer gegangen und hast dich übergeben.

Weißt du noch, wann genau du in dieser Nacht aufgewacht bist? Ich weiß es. Möchtest du es wissen? Du wagst es nicht, mich zu fragen. Das verstehe ich. Und ich liebe es. Diese Ungewissheit, diese Schuldgefühle. Du schwitzt, dein Puls rennt. Wirf einen Blick in den Spiegel und sieh dir dein Gesicht an. Du kannst es nicht, ich weiß. Du wirst es niemals wieder können.
Möchtest du wissen, wie es sich anfühlt, wenn dein Gesicht in Fetzen von deinem Schädel hängt? Wenn es nicht nur im Traum geschieht? Komm, gehen wir in die Küche. Wir sehen nach, ob dein Messer noch da ist und probieren es aus.

Hab keine Angst, du bist nicht allein. Ich bin da.
Ich werde immer da sein.

 
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Hi gnoebel!


Hast du geweint? Tut es weh, wenn sich das Salz der eigenen Tränen in dein Fleisch brennt?
Großartig. Ohne eine Splatter-Szenerie zu schildern, erzeugst du Ekel.

Du hast viel Zeit damit verbracht, auf den roten Fleck zu starren, hast am Schorf herumgespielt.
Erinnerst du dich, wie verlockend es war, am Schorf zu kratzen?
WW > beim zweiten »Schorf« genüge »daran«

Die Spinnen im Körper neben dir bewegten sich über... nein unter ihrem
... nein, unter ...

dein Puls rennt.
Rennt? Nicht Rast?

Ich habe jetzt gerade meine geschriebenen Sätze gelöscht, da mir gerade eins klar wurde: Ich bin felsenfest davon überzeugt gewesen, dass die angesprochene Person eine Frau ist. Aber jetzt denke ich, zumindest du hattest einen Mann vor Augen ... *g*

Ist es eine multiple Persönlichkeitsspaltung, die zum Leser spricht? Oder ist es übersinnlicher Natur, okay, um geradeheraus zu sprechen: ein Dämon?
Ich denke, ersteres. Und zwar deshalb:

Hab keine Angst, du bist nicht allein. Ich bin da.
Ich werde immer da sein.
Nichts und niemand außer man selbst ist immer da.

Es gibt sie mit Sicherheit, diese Menschen, deren Schönheit irgendwann zum Fluch wird.

Du hast lange vor dem Spiegel gestanden und ungläubig mit dem Zeigefinger in der roten Masse herumgerührt, die einst dein größter Stolz gewesen war.
Also war es dieser zu dem Zeitpunkt des »Herumwühlens« nicht mehr?
Der Prot stellte sich vor, wie es wäre, sein Gesicht, seine Schönheit zu verlieren. Die Spinnen seine eigene, ans Licht kommende Angst?
Sabotiert er sein eigenes Glück, indem er auch dieses Getier unter der Haut seiner Gliebten erkennt, nur um sich selbst ins Unglück stürzen zu können? Um einen Grund für eben diese Sabotage zu haben? Es gibt genügend Menschen, die nur für Schmerz leben, psychisch wie physisch masochistisch sind.

Je stärker du gekratzt hast, desto mehr hat es geblutet. Ich habe mich nie zuvor so gut gefühlt.
Als würde das andere Ich des Prots durch das Kratzen, durch das Bluten, durch die Angst weiter nach vorne, weiter ans Licht kommen können, um irgendwann (siehe Schluss) einen größeren Teil des Lebens des Prots beeinflussen zu können? Würde ihn nachts wachhalten (Abschneiden der Augenlider).


Aber bevor ich mich mit meiner Intention lächerlich mache ( :shy: ) hör ich jetzt erst mal auf.

Ach ja, hoppla: die gewählte Perspektive gefällt mir großartig, vor allem, falls ich Recht haben sollte mit, naja, oben Erwähntem.
Aber vielleicht hattest du ja auch etwas ganz anderes Aussagen wollen und ich bin auf dem Holzweg.


Liebe Grüße,
Tama


PS: Ich hoffe du kannst das Durcheinander überhaupt entziffern. *g*

edit: Sollte ich noch erwähnen, dass mir die Geschichte wirklich gut gefallen hat? :D

 

Hi Gnoebel,

eine Geschichte die unter die Haut geht. Nichts für Menschen mit reicher Fantasie, lebhaften Träumen und dazu noch allein lebend. :dozey:

Auch wenn es nichts neues ist, was du schreibst, (das ganze Leben ist eine Wiederholung) hast du in meinen Augen Psychohorror geschrieben.
Dein Prot hat nicht die Kraft seine dunkle Seite unter Kontrolle zu kriegen, wird zum Mörder und zerstümmelt sich selber.
Ich denke, die Irrenhäuser sind voll davon.

Obwohl ich mir den Verlauf deiner Geschichte denken konnte, habe ich sie mit Spannung gelesen.

lieben Gruß, coleratio

 

Moin Moin,

Erstmal vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren euch dreien.

@golio:

In unterschiedlichen KGs hast benutzt du Stile, die von anderen Autoren hätten stammen können und jeder Stil ist konsequent durchgezogen und wirkt ausgereift.
Oh, danke. Das freut mich wirklich.
Die pychische Spannungen, die du suggerierst, sind kaum originell. Alpträume, Spinnen, Zerhackungen, Paranoia, gähn...
Ich weiß. Horror ist ein vollkommen neues Genre für mich - und ich taste mich ganz langsam an die Sache heran. Darum habe ich hier erstmal ein bekanntes Thema gewählt, zum Üben sozusagen. Mit Paradoxons werde ich sicher noch mal arbeiten.
nicht für innovativere Sachen einsetzen, die von der Idee auch wirklich faszinieren
Das habe ich aber in der Vergangenheit schon häufiger getan.

@Tamira:

Aber jetzt denke ich, zumindest du hattest einen Mann vor Augen
Ja, sollte ein Kerl sein. Funktioniert aber sicher auch genauso mit einer Frau.
Ist es eine multiple Persönlichkeitsspaltung, die zum Leser spricht? Oder ist es übersinnlicher Natur, okay, um geradeheraus zu sprechen: ein Dämon?
Soll ich ehrlich sein? Ganz ganz ehrlich? Vollkommen gnadenlos, nervenzerfetzend ehrlich? Okay... ich habe keine Ahnung ;)
Ich glaube aber, diese Unterscheidung ist auch gar nicht so wichtig, da beides funktioniert. Irgendwas nistet sich im Kopf des Menschen ein bzw war schon immer da und labt sich an dessen Angst. Angst davor, das Gesicht zu verlieren, die profane Angst vor Spinnen oder aber die Angst vor sich selbst ganz am Ende (er weiß nicht, ob er getötet hat, traut es sich aber zu).
Der letzte Satz bedeutet, daß dieses Böse den Protagonisten von jetzt an nie wieder verlassen wird - bis zu dessen Tod. Wenn es ein Dämon sein sollte, wird er da bleiben.
Sollte ich noch erwähnen, dass mir die Geschichte wirklich gut gefallen hat?
Nein, bitte nicht...

@coleratio:

Auch wenn es nichts neues ist, was du schreibst, (das ganze Leben ist eine Wiederholung) hast du in meinen Augen Psychohorror geschrieben.
Ha! Endlich, im vierten Versuch :D
Danke

 

Stilistisch tadelloser Psychohorror, ich gratuliere.
Bis zur Mitte habe ich mir schon überlegt, die Story genial zu nennen, aber so zum Schluß ist sie mir dann doch etwas zu inkonsistent, denn:
Du stellst der Angst, sich zu verletzen, den Wunsch, sich zu verletzen gegenüber. Als wenn es nicht schon schwer genug für den "Erzähldämon" wäre, eins davon zu installieren, so müssen hier dann auch noch zwei Ängste miteinander konkurrieren.
Ich würde den Anfang mit dem zerfetzten Gesicht wegnehmen, auch wenn es ein starker Anfang ist und rein auf die Problematik der inneren Verseuchung konzentrieren, die schließlich zum Messer greifen läßt, um das Schlechte freizulassen / herauszuschneiden.

r

 

Moin rel,

Danke fürs Lesen und Kommentieren.

Stilistisch tadelloser Psychohorror, ich gratuliere.
Das höre ich gern.
Du stellst der Angst, sich zu verletzen, den Wunsch, sich zu verletzen gegenüber.
Eigentlich wollte ich die Angst vor dem Wunsch sich zu verletzen darstellen. Der Protagonist verletzt sich und zerstört sein Leben (die evtl erfolgte Bluttat am Schluss) - und daß er selbst Gefallen daran findet, soll Teil seiner Angst sein. Angst vor sich selbst, vor seiner dunklen Seite, wenn du so willst.
Aber die Tatsache, daß ich das hier erklären muss, zeigt, daß ich da noch im Text nachbessern muss. Version 2 kommt auf meine ToDo-Liste.

 

Sorry gnoebel, aber von mir gibts wieder nur negatives zu berichten.

Der Text liest sich wie eine Wiederholung unzähliger anderer Texte, und den Stil finde ich nicht besonders gut. Er mag zwar konsequent sein; leider ist er aber auch furchtbar langweilig. Während des Lesens musste ich an irgendeinen Dämon denken, der einen Tagebucheintrag vornimmt.
Die Geschichte hat mich zu keiner Zeit fesseln können, liest man diese Form von Morbidität doch immer wieder. Ganz klar, irgendwann schlachtet er seine Kollegin ab und gut ist. Bereits bei ihrer ersten Erwähnung wusste ich, wie das Ende aussehen würde.
Da hilft leider auch deine Entschuldigung nicht viel. Horror schreibt man, oder man schreibt ihn nicht, wie das bei allen Genres der Fall ist. Da gibt es kein vorsichtiges "Herantasten."
Stelle dir vor, dass jemand in der Humorrubrik behauptet:" Tut mir leid, das die Geschichte nicht lustig ist, aber ich will mich ersteinmal herantasten."

Noch ein paar Anmerkungen:

Tut es weh, wenn sich das Salz der eigenen Tränen in dein Fleisch brennt?

Leider kann ich Tamira nicht zustimmen, dass du hier Ekel erzeugst, ohne dabei Splatter zu zeigen.
Erstens ist es Splatter, wenn jemand ohne Haut im Gesicht rumläuft und seine Tränen sich schmerzhaft ins Fleisch brennen und zweitens ist die Formulierung viel zu gewöhnlich, lieblos, tausendmal gelesen, als wenn sie noch Ekel erzeugen könnte.

Nachdem du zwei Nächte hintereinander denselben Traum hattest, habe ich dich die Spinne in der dritten Nacht töten lassen.

Finde ich taktisch ziemlich unklug. Es gibt schließlich nichts Befreienderes, als die eigenen Ängste zu besiegen.

Ständiger Alptraum verliert irgendwann seine Wirkung, weil der Geist sich daran gewöhnt.

Falsch! Ständige Albträume bringen einen auf dem schnellsten Weg um den Verstand.
Oder möchtest du jede Nacht von einer Spinne träumen, die dich auffrisst? Glaub mir, daran wirst du dich auch nach einem Jahr nicht gewöhnt haben.

Und dann warst du bereit. Ich habe dafür gesorgt, dass du deine Angst einen Moment vergessen konntest, habe deine Seele reingewaschen, habe es zugelassen, dass ihr euch wieder näher kamt.

Wie das?

Hab keine Angst, du bist nicht allein. Ich bin da.
Ich werde immer da sein.

Gähn.


Mein Tipp: Versuche dich einmal an einer Geschichte, die du selbst auch gruselig finden würdest.

Leider kann ich dir nicht mehr als diesen Verriss anbieten.

Viele Grüße

Cerberus

 

Moin Cerb,

Hui, was für ein Verriss.
Schade, daß dir dieser Text mal so gar nicht gefallen hat. Damit muss ich leben, da es sich mit Horror genauso verhält wie mit Humor: entweder ein Text zündet beim Leser oder eben nicht. Bei dir hats nicht gezündet und das ist okay für mich. Natürlich akzeptiere ich deine Meinung, aber dennoch würde ich zu deinen Punkten gerne Stellung beziehen:

Der Text liest sich wie eine Wiederholung unzähliger anderer Texte.

Die Geschichte hat mich zu keiner Zeit fesseln können, liest man diese Form von Morbidität doch immer wieder.

Klar, es gibt sicher tausende Texte diesen Themas und du kennst vermutlich hunderte davon. Ich kenne keinen (weil ich selbst nie Horror lese) und darum ist das Thema für mich selbst relativ neu. Kritikpunkt des unoriginellen Themas aber angenommen (siehe auch Antwort an golio).
Ich kann verstehen, wenn dir ein hundertmal gelesenes Thema irgendwann aus den Ohren rauskommt. Geht mir in Rubriken, in denen ich mehr lese, ja teilweise ähnlich.
Ganz klar, irgendwann schlachtet er seine Kollegin ab und gut ist. Bereits bei ihrer ersten Erwähnung wusste ich, wie das Ende aussehen würde.
So stehts nicht im Text. Es geht nicht darum, daß irgendjemand stirbt - der Tod ist reine Interpretationssache. Sicher, das macht meinen Text für dich vermutlich auch nicht origineller, aber für mich es ist ein wichtiger Unterschied.
Da hilft leider auch deine Entschuldigung nicht viel. Horror schreibt man, oder man schreibt ihn nicht, wie das bei allen Genres der Fall ist. Da gibt es kein vorsichtiges "Herantasten."
Ich habe mich hier nie für irgendwas entschuldigt und glaube auch ehrlich gesagt nicht, daß ich das für diesen Text tun muss.
Davon abgesehen gibt es natürlich ein "Herantasten", wenn man versucht, ein neues Genre für sich zu erschliessen. Man kann nur besser werden, wenn man irgendwann einfach unten anfängt und sich nach und nach hocharbeitet, indem man Erfahrung sammelt. Und ich bin absolut der Meinung, hier Horror geschrieben zu haben.
Stelle dir vor, dass jemand in der Humorrubrik behauptet:" Tut mir leid, das die Geschichte nicht lustig ist, aber ich will mich ersteinmal herantasten."
Ich würde ihn fragen, warum er den Mist dann postet, wenn er selbst nicht davon überzeugt ist.
Allerdings verstehe ich nicht wirklich, was dieses Beispiel mit meiner Geschichte zu tun hat, da ich selbst von ihr durchaus überzeugt bin. Falls du dich damit aber auf meine Antwort an golio beziehst: Diese "Entschuldigung" zielte allein darauf ab, daß die Grundidee sicherlich nicht die neuste ist. Von "tut mir leid, daß das hier nicht alptraumhaft grauslig ist" aus meinem Munde kann keine Rede sein.
Erstens ist es Splatter, wenn jemand ohne Haut im Gesicht rumläuft und seine Tränen sich schmerzhaft ins Fleisch brennen und zweitens ist die Formulierung viel zu gewöhnlich, lieblos, tausendmal gelesen, als wenn sie noch Ekel erzeugen könnte.
Ich habe nie behauptet, hier keinen Splatter benutzt zu haben. Lieblosigkeit kann ich hier nicht erkennen, aber das ist Geschmackssache. Ich mag den Satz.
Falsch! Ständige Albträume bringen einen auf dem schnellsten Weg um den Verstand.
Oder möchtest du jede Nacht von einer Spinne träumen, die dich auffrisst? Glaub mir, daran wirst du dich auch nach einem Jahr nicht gewöhnt haben.
Keine Ahnung, ich werde zum Glück nicht von ständigen Alpträumen gequält. Generell bin ich aber der Meinung, daß man vermutlich allem gegenüber irgendwann abstumpft, wenn man sich pausenlos damit konfrontiert sieht. Eventuell liege ich damit aber total falsch - wie gesagt, ich weiß es nicht.
Ach so: Die Spinne frisst ihn nicht auf.
Mein Tipp: Versuche dich einmal an einer Geschichte, die du selbst auch gruselig finden würdest.
Das finde ich ehrlich gesagt anmaßend. Deine Meinung über diesen Text in allen Ehren (die respektiere und akzeptiere ich in allen Punkten - wenn ich sie auch nicht teile), aber ich glaube nicht, daß du über meine Motivation urteilen kannst.

 

Hi gnoebel!

So stehts nicht im Text. Es geht nicht darum, daß irgendjemand stirbt - der Tod ist reine Interpretationssache. Sicher, das macht meinen Text für dich vermutlich auch nicht origineller, aber für mich es ist ein wichtiger Unterschied.

Schon klar, ich meinte auch eher, dass mir direkt klar war, dass der Prot. die Spinnen irgendwann auch in seiner Kollegin sehen wird. Mir war einfach klar, worauf das Ganze hinauslaufen wird, verstehst du?

Ich habe mich hier nie für irgendwas entschuldigt und glaube auch ehrlich gesagt nicht, daß ich das für diesen Text tun muss.
Davon abgesehen gibt es natürlich ein "Herantasten", wenn man versucht, ein neues Genre für sich zu erschliessen.

Das finde ich ehrlich gesagt anmaßend. Deine Meinung über diesen Text in allen Ehren (die respektiere und akzeptiere ich in allen Punkten - wenn ich sie auch nicht teile), aber ich glaube nicht, daß du über meine Motivation urteilen kannst.

Okay, da habe ich mich wirklich blöde ausgedrückt. Für mich klangen deine Worte ein wenig nach einer Entschuldigung dafür, dass du dich erstmal an einem bekannten Thema versucht hast, eben weil du auf diesem Gebiet noch nicht so viel Erfahrung hast. Das sollte nicht heißen, dass ich glaube, du stehst nicht hinter der Geschichte.
So war mein Satz auch nicht beleidigend gemeint (obwohl er wirklich so klingt, ist mir grade aufgefallen) sondern sollte bedeuten: Versuche dich an einem Thema, über das du schon immer eine Geschichte schreiben wolltest, dass dir quasi in den Fingern juckt. Wenn du nämlich irgendein bekanntes Thema wählst, nur um dich heranzutasten, dann ist - ich spreche hier lediglich aus eigener Erfahrung - die Motivation beim Schreiben nicht unbedingt allzu hoch, was nicht bedeuten soll, das ich dir Schlamperei vorwerfe, dafür ist die Geschichte zu sauber und konsequent.
Ist schwer rüberzubringen, wie ich das meine, ich hoffe du verstehst es zumindest halbwegs :D

Es ist mir nur wichtig, dass du weißt, dass du den Satz, den du anmaßend findest, falsch verstanden hast. Ich hab mich aber auch blöde ausgedrückt.

Viele Grüße

Cerberus

 

Tag gnoebel

Also deine kg hat mir nur am Anfang gefallen.

Den Einstiegssatz

Eines Nachts bist du aufgewacht und dein Gesicht hing in Fetzen von deinem Schädel.
fand ich wirklich gelungen und auch gruselig. Ich hab mich wirklich gefragt, wie das weitergeht. Doch dann ist es leider alles in einen Traum zerplatzt.

Der Rest der Geschichte ist eher Schema f. Die Freundin muss dran glauben, weil deinem Prot eine innere Stimme das befiehlt. Nicht sehr originell und auch eher lustlos runtergeschrieben.

Hättest du das Niveau vom Anfang bis zum Ende durchziehen können, wär das bestimmt eine klasse Story geworden. So würde ich aber doch eher zu mau tendieren.

Grüße
Texter

 

Moin Gnoebel.

Ein wahrlich interessantes Psychogramm ist dir da gelungen. Du schaffst es geschickt die Fäden zu weben bis hin zum erschreckenden Ende.
Hier möchte ich ganz besonders deinen Einfall mit der Spinne hervorheben (war es Zufall, dass auch sie ihr Netz spinnt? Dass dein Prot mit nicht mehr schließbaren Augen zusehen muss?)
Sie frisst sich in ihn hinein, er kann sie zwar töten, doch hat sie vielleicht Eier gelegt? Wieviel Eier legen Spinnen?

Also ich finde diese Spinnenmetapher hervorragend eingesetzt (wenn sie denn als solche gemeint war) :thumbsup:

Ich setze diese Metapher gleich mit seinem entstehenden Hang zur Selbstzerstörung. Langsam (schleichend) entwickelt sie sich. Entsteht beinahe banal aus einem Albtraum, spinnt ihr Netz.
Hier kommt auch sehr schön die Parallelität zwischen Traum und Realität herüber, die Zerstörung der Spinne - das Aufkratzen der Haut.

Ob die Kollegin umgebracht wird, wird mir nicht ganz so klar. Ich hätte gesagt: nein, da es sich ja um einen Traum handelte, eine Vorstufe oder vielleicht sogar der Zenit seiner Neigung.
Stirbt sie nicht, so passt es sehr gut zur Vermischung von Realität und Traum.

Fazit: Fein ausgearbeitetes Psychogramm einer erschreckenden Entwicklung.
Verstörendes Ende, das die Fantasie des Lesers anregt. Hat Spaß gemacht!

Gruß! Salem

 

Moin Cerb,

Versuche dich an einem Thema, über das du schon immer eine Geschichte schreiben wolltest, dass dir quasi in den Fingern juckt.
So tat ich hier. Ich habe über dieses Thema noch nie geschrieben, wollte es aber schon immer mal machen. Daß es schon tausende Texte ähnlicher Art gibt, war für mich daher eher zweitrangig. Aber ich verstehe in etwa, was du meinst.
Es ist mir nur wichtig, dass du weißt, dass du den Satz, den du anmaßend findest, falsch verstanden hast. Ich hab mich aber auch blöde ausgedrückt.
Okay, alles klar.


Moin Texter und Salem,

Euch erstmal danke Für Les- und Kommentierung.

Texter:

Der Rest der Geschichte ist eher Schema f. Die Freundin muss dran glauben, weil deinem Prot eine innere Stimme das befiehlt. Nicht sehr originell und auch eher lustlos runtergeschrieben.
Wenig originell vielleicht (siehe oben im Thread), lustlos runtergeschrieben hab ich das hier aber keinesfalls.
Freut mich aber, daß zumindest der Anfang dir gefallen hat.

Salem:

Fazit: Fein ausgearbeitetes Psychogramm einer erschreckenden Entwicklung.
Verstörendes Ende, das die Fantasie des Lesers anregt. Hat Spaß gemacht!
Oh, heissen Dank.
Ich finde es interessant, daß die Beurteilung dieser Geschichte so weit auseinandergeht.

Was die Metaphorik angeht: Ich neige manchmal dazu, Geschichten zu schreiben und mir nachher vom Leser erklären zu lassen, was ich eigentlich gemeint habe :D
Nee, im Ernst: Ich selbst hab in Sachen Metaphorik nicht ganz so weit gedacht wie du. Allerdings freut es mich sehr, daß du aus meinem Text etwas herausgelesen hast - und ich glaube, deine Erklärung ist richtig.

 

Hallo Gnoebel,

Zwei Tage lang hast du mir gehört. Zwei Tage lang hast du an nichts anderes denken können, hast jeden unbeobachteten Moment genutzt, mit deinen Fingern dein Gesicht zu berühren, hast das beruhigende Gefühl der weichen Haut gebraucht. Du hast dich nicht getraut, deine Augen zu schließen, aus Angst, die Bilder der letzten Nacht könnten wieder auftauchen. Eine kleine Narbe auf deiner Seele, ein kleiner Sieg für mich. Ein Gefühl, das süchtig macht.
Dieser Absatz gefällt mir sehr gut!

Hast die Wunde von letzter Woche aufgekratzt. Es war eine Freude, dir zuzusehen, wie du mit schreckgeweiteten Augen versucht hast, die Überreste deines Traumes von dir zu wischen. Je stärker du gekratzt hast, desto mehr hat es geblutet. Ich habe mich nie zuvor so gut gefühlt.
auf solche Sätze stehe ich!

Also, mich konntest du mit der Geschichte wirklich begeistern. Vor allem, weil du den Wahnsinn der Protagonistin/ en konsequent durchhällst. Metaphorisch einwandfrei.

Gruß
Eike

 

Moin Sailor,

Danke fürs Lesen und Kommentieren. Freut micht wirklich, daß es dir gefallen hat.

 

Ständiger Alptraum verliert irgendwann seine Wirkung, weil der Geist sich daran gewöhnt.
Aber es ist eine seltsame Tatsache, dass das Entsetzliche seine Schrecken verliert, wenn es sich immer wiederholt. - Die unendliche Geschichte (kleiner Einwurf am Rande ... :silly: ;) )

Hi gnoebel,
also, die Geschichte fand ich einerseits toll, andererseits wieder nicht.

Ich find sie soooo lang, des is unglaublich. Also, es sind ja nur etwas mehr als drei Seiten, aber es hat ziemlich lange gedauert, bis ich fertig gelesen habe bzw. kam es mir lang vor.
Und das, obwohl der Schreibstil sehr gut ist!

Am Ende hatte ich jedoch auf ne Auflösung gehofft, wem die Stimme gehört, aber ich denke, das gehört ja schon zu deinem Stil, deshalb ist das wohl in Ordnung so ;)

Was ich aber (mal wieder ...) net gecheckt hab: Hat er sie jetz echt umgebracht? Kann ja eigentlich net sein, oder? Weil, die ganze Sache dann mit der Polizei etc. ... hm.
Da davor nämlich ein Absatz ist, glaub ich mal, dass die Stimme die Frage nach der Aufwachuhrzeit für diese Nacht eben Tage später oder so stellt ... hm ... ma weiß es nich, ma weiß es nich ...

Und wieso heißt die Geschichte "Das Ungetier"? Die Stimme damit gemeint? Aber wieso sollte diese ein Ungetier sein? Die Spinne kann aber eigentlich auch nicht damit gemeint sein ... hm ...

Hau rein

Tserk

Fehlerliste:

Es hat dir gefallen, wie sie geschrieen hat, wie sie ihre Beinchen vor Schmerz von sich gestreckt hat
geschrien
Du hast nicht geschrieen, warst wie gelähmt.
geschrien
Es war eine ähnliche Situation, wie damals.
Komma weg
Sie hat geschrieen, aber du hast es nicht gehört. Wolltest es nicht hören.
geschrien :)

 

Moin Tserk,

Und ein drittes Mal danke fürs Lesen und Buddeln und so. Fehler sind auch hier raus.

Ich find sie soooo lang, des is unglaublich. Also, es sind ja nur etwas mehr als drei Seiten, aber es hat ziemlich lange gedauert, bis ich fertig gelesen habe bzw. kam es mir lang vor.
Auch wenns komisch klingt, das ist gut.
Was ich aber (mal wieder ...) net gecheckt hab: Hat er sie jetz echt umgebracht?
Das ist bewusst offen gelassen. Was meinst du mit "ganze Sache mit der Polizei"? Wer sollte die denn gerufen haben?
Und wieso heißt die Geschichte "Das Ungetier"? Die Stimme damit gemeint?
Ja.

 

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