Moin, Leute! Danke euch vielmals für das sehr gute Feedback.
Der Reihe nach:
@deserted-monkey
Der Text hat mich sogleich angesprochen, weil dein Erzähler Diabetiker ist und sich da gewisse Erinnerungen in mir regen, nicht, weil ich selbst oder jemand den ich kenne an Diabetes erkrankt wäre, sondern weil ich lange für ein Unternehmen in der Medizinaltechnik tätig war, dass sich auf Diabetikerbedarf spezialisiert hat (Insulinpumpen, Injektionspens etc.).
Krass!
Cool, mal wieder was von Dir zu lesen.
Danke dir
Deine Geschichte versprüht für mich - ich nenne es mal - eine schöne Tristesse. Das mag jetzt etwas gegensätzlich klingen, aber mir gefällt das stilistisch und erzählerisch grösstenteils gut, deshalb finde ich das 'schön', dazu der Inhalt, der mich doch diese Trostlosigkeit und eben Tristesse spüren lässt.
Freut mich
Ich wache auf. Einen Moment überlege ich, wo ich bin. Die Sonne strahlt durchs Küchenfenster. Kalter Schweiß auf meiner Stirn.
Der Beginn liest sich etwas generisch, obwohl er gut passt, ich habe einfach das Gefühl, ich lese oder habe schon sehr viele Geschichten gelesen, die mit jemandem beginnen, der aufwacht.
Da habt ihr völlig recht, haha. Ich werde mal sehen, ob ich hier noch zeitnah nachschraube, oder ob ich das Teil mal ein paar Monate liegen lassen muss oder wie ich damit verfahre, aber danke für den Hinweis
Digitalanzeige des Blutzuckermessgeräts erscheint: 50
Ich nehme an, die Masseinheit hier ist mg/dL (soweit ich weiss werden in Deutschland beide Einheiten, also auch mmol/L verwendet, aber hier müsste es ersteres sein), wobei dies gerade an der Schwelle zu einer schweren Unterzuckerung ist,
Ja, du hast Recht, ich werde das ein wenig nach oben schrauben
Ich hätte einen epileptischen Anfall gehabt, im Foyer.
Ich hätte auf dem Boden meine Zunge verschluckt.
Würde ich auch streichen, scheint mir nicht wirklich relevant.
Gekauft
Später erfahre ich, dass es nicht sicher ist, ob ihr Fuß amputiert wird oder nicht.
Vielleicht: [...] ob ihr Fuß amputiert werden muss oder nicht?
Gekauft
Ein Teil von ihr wird begraben werden. Oder im Krankenhaus-Abfall verbrannt.
Das habe ich nicht ganz verstanden. Warum wird ein Teil von ihr im Krankenhaus begraben oder im Abfall verbrannt?
Ich meinte den Fuß
Ich kneife das Bauchfett zusammen. Ich drücke die Nadel des Insulinpens in meine Haut.
Im Bad sehe ich den Sensor an meinem Arm. Auf meinem Handy sehe ich: Glukose: 108.
Ich will nicht sagen, dass das falsch ist, aber es erscheint mir doch nicht ganz zutreffend, er spritzt sich noch oldschool manuell mit einem Pen, hat aber bereits einen Sensor, der kontinuierlich seine Blutzuckerwerte ausliest. Normalerweise haben solche Anwender (mit Sensor und App) dann auch eine Pumpe, oder nicht? Ausserdem misst er den BZ dann auch noch mit Stift und Teststreifen. Wie gesagt, kann ja gut sein, dass er das so macht. Und ich nehme an, Du kennst jemanden, der DiabetikerIn ist, oder hast gut recherchiert, zumindest liest sich das insgesamt ziemlich authentisch, was das Krankheitsbild anbelangt.
Ja, das kommt denke ich auf den Anwender drauf an, es gibt meiner Bescheidenen Recherche nach durchaus noch viele Pen-Leute, der Sensor ist seit ein paar Jahren eigentlich bei jedem, der es möchte. Die Teststreifen werden genommen zur Kontrolle bei Unterzuckerungen, da die Sensoren oft daneben liegen!
Er schließt die Augen.
An seiner Wange eine Schürfwunde.
Seine Jeans ist am Knie dreckig.
Er öffnet die Augen.
Er stützt sich an der Wand ab und kommt auf die Beine.
„Ganz schön getankt?“, sage ich.
Er lehnt an der Wand.
Schließt die Augen.
Streift sich über das Gesicht, über die langen, blonden Haare.
„Alles klar?“, sage ich.
Er öffnet die Augen.
Ab hier wird mir der Stil teilweise zu stakkato-haft, zu aufzählerisch. Das liegt hauptsächlich an den sehr ähnlichen Satzanfängen, oft ist das ein 'Er'. Ist sicherlich Geschmackssache, mir wurde es aber etwas zu viel. Hier auch eine solche Stelle:
Die Türschwelle; die Holzdielen seiner Wohnung.
Weiße IKEA-Schränke. Spiegel. Pinnwand aus Draht. Mountainbike mit fluoreszierenden Rahmen.
Er humpelt ins Bad. Die Gürtelschnalle.
Das wirkt auf mich wie ein Abhaken von Punkten auf einer Art Liste. Ich glaube, ich hatte Dir das auch schon unter einer deiner anderen Stories geschrieben, nimm es bitte nicht persönlich, ist nur mein bescheidener Geschmack ;-) Anderen gefällt's bestimmt viel besser.
Ja, danke für das Feedback! Ist gerade so eine stilistische Sache, die ich gerne mag, aber ich nehme dein Feedback mit
Das Blut in meinen Venen.
Der Zucker darin.
Das, was uns lebendig hält.
Das künstliche Insulin.
Meine Freundin, die im Bett liegt.
Regungslos.
All die Stoffe in ihren Venen.
Auf ihrem Nachttisch eine Packung Quetiapin und Hypnorex.
All die Dinge, die uns am Leben halten.
Erweitern ...
Das hingegen gefällt mir sehr gut (auch die Stelle mir dem Nachbar dann: 'Der Schalk in seinen Augen. Das, was ihn am Leben hält.'). Wir sind alle Wasser, alle gleich in dem Sinne, Menschen, die Worte haben etwas Fliessendes an der Stelle (Blut in den Venen, Stoffe), wie eben das Wasser, aber für jeden ist es etwas anderes, was ihn am Leben hält. Wobei es hier natürlich eine düstere Komponente hat, das Insulin, welches der Erzähler zum Leben braucht, die Medikamente, die seine Freundin braucht, um nicht in Depressionen zu versinken, positiv dagegen der Schalk des Nachbarn, der aber ziemlich schwerer Trinker zu sein scheint, was dann dieses positive Bild doch wieder trübt. Ich finde die Stelle wie gesagt gelungen und sie sinkt schön ein bei mir. Ich denke, hier erreicht mich die Story, deine Worte, am meisten/stärksten.
Schön, danke!
Insgesamt eine ziemlich Runde Sache, finde ich. Düster, traurig, bisschen Hoffnungslosigkeit, also genau richtig, für einen Samstagmorgen nach dem zweiten Kaffee

Gerne gelesen!
Danke, freut mich, ob ich mit dem Text zufrieden bin oder was mit ihm anfangen mag, bin ich mir noch nicht sicher!
Danke sehr fürs Lesen und Kommentieren!
@lakita
Danke schön auch dir fürs Lesen und Kommentieren!
ich hatte eben diesen fast schon üblichen Standardsatz "Ich habe deine Geschichte gerne gelesen", schreiben wollen und ihn dann wieder gelöscht. Nein, ich habe sie nicht gern gelesen, weil sie so bedrückend war und mir nach Bedrücktsein gar nicht grad zumute ist.
Du weißt, wie ich es meine. Deine Geschichte gibt eine traurige, fast schon düstere Stimmung von sich, sehr gelungen, dass du keinen Meter in eine andere Richtung abzweigst und über allem schwebt die Vergänglichkeit und der Tod.
Und eine gewisse Portion Stoik. Genau das gibt ein interessantes Gegengewicht.
Schön! Ob mir die Geschichte gefällt, ich bin mir selbst noch nicht sicher, haha
Dein Protagonist verbreitet so eine gewisse Gelassenheit mit dem, was er tut und wie er beschreibt, was er tut und was er erlebt und erleidet und man spürt, dass er einerseits mit sich abgeschlossen hat, das ist hocherschreckend, andererseits wirkt es auch wie ein neues Leben, das aus diesem Sichabfinden erwächst. Gute Mischung, die Spannung erzeugt
Schön! Das ist eine interessante Rückmeldung, dass du etwas Stoisches darin liest auch, aber das kann man so lesen
Ich merke gerade, wie viele Gedanken du mit dieser Geschichte bei mir auslöst. Das mag ich!
Ich habe viel zu wenig Ahnung über diese Erkrankung Diabetis, weiß nur, dass es bei Über- und auch bei Unterzuckerung echt lebensbedrohlich werden kann, aber dass die Medizin hier schon viele Erkenntnisse besitzt und man mit dieser Erkrankung leben kann, so weit man sich an die Regeln hält.
Ja, ist immer so eine Gradwanderung, ich hab keinen Bock auf Krankheitsgeschichten oder dass das Überhand nimmt, aber irgendwo ist ein körperliches Manko auch eine schöne Metapher für das Innenleben, und Teil der menschlichen Existenz. Ist natürlich immer dann eine Gradwanderung, was kann man dem Leser zutrauen, wie viel versteht man als Laie, wie viel muss man verstehen, wie viel interessiert überhaupt. Ich hab zumindest die lebensbedrohliche Komponente, die ja eine Rolle spielt im Weltbild des Prots, rüberzubringen im kursiven Teil
Gut fand ich ebenfalls die Szene mit dem Kaffeekochen und der kurzen Unterhaltung des Protagonisten mit dem kaputten Nachbarn und vor allen Dingen, dass du, bevor du diese Figuren ganz in den Abgrund abstürzen lässt, ihnen den Schalk in den Augen gönnst. Denn, obwohl der Protagonist diesen Schalk nicht in den eigenen Augen hat, so empfinde ich es doch so, als habe er diesen Schalk letztendlich auch in sich erblickt. Gefällt mir dieser leichte Schwenk ins Positive.
Interessante Lesart!
Ein Teil von ihr ist bereits tot.
Wenn man diesen Satz wegließe? Ich fand ihn zuviel.
Ja, kann man diskutieren!
Die Kohlenhydrate wie der Berater erklärt, abgemessen zu haben.
Ich glaube, hinter Kohlehydrate müsste ein Komma.
Stimmt!
Das Kind in einem, das vom Schicksal totgemacht wird.
Einerseits fand ich diese Aussage zu heftig und obendrein dir Formulierung etwas hölzern. Kann dir aber leider keinen Gegenvorschlag unterbreiten.
Ja, verstehe ich! Danke für die Anmerkung
Ein Reh, das in eine Bärenfalle getreten ist.
Super Bild!
Ah, danke! Die einen mögen's, die anderen hassen's!
„Hingeballert?“, frage ich.
„Ach“, sagt er. „Was muss. Das muss.“
Was wäre, wenn du diese beiden Sätze streichst?
Das ist auch ein interessanter Vorschlag! Ist notiert
Sein Blick springt von meinem linken ins rechte Auge.
Ich hab verstanden, was du meinst, aber ich mag diesen Satz nicht. Ich finde ihn nicht ideal formuliert. Auf der anderen Seite ist er so spröde, dass er vielleicht doch wieder in die Atmosphäre deiner Geschichte passt. Bin unentschieden. Später taucht er ja nochmals in ähnlicher Form wieder auf. Da ging es mir wiederum so.
Du hast Recht!
Lakita, vielen liebe Dank für dein genaues Lesen inkl. Flusenlesen. Die Streichkandidaten sind ebenso wertvoll und notiert. Wo ich mit dem Text hingehe, ob ich ihn evtl. ganz neu aufrolle oder er mir in der derzeitigen Form zufriedenstellend gefällt insgesamt, muss ich noch drüber sinnieren!
Ich bin so halb hin und her gerissen. Aber danke für deine Rückmeldung!
Lieber @dotslash
Danke für deine Rückmeldung!
Ich mochte diesen Ausflug in die "schöne Tristesse", wie es @deserted-monkey so treffend formulierte. Genau das war meine Empfindung beim Lesen.
Toll auch der wiederkehrende Bezug zum Wasser vs. Vergänglichkeit, alles ist im Fluss, und deine Protas treiben mit. Eigentlich müsste bei Abschiedsreden Asche zu Asche, Wasser zu Wasser ...
Schön, danke!
Mountainbike mit fluoreszierenden Rahmen.
mMn besteht ein Fahrrad aus einem Rahmen, somit "fluoreszierende
m"
stimmt!
Er legt seine Hände auf meine Wangen.
Seine Hände sind weich wie die einer Frau.
Er schließt die Augen.
Küsst mich auf den Mund.
Auch seine Lippen sind weich; weich wie von einer Frau.
Darüber wundere ich mich in diesem Augenblick.
Aber Lippen sind Lippen.
Was habe ich mir gedacht?
Erweitern ...
Wieso, der Nachbar hat doch ihn geküsst.
Aber any way, das ist für mich eine der berührensten Szenen. Klar, der Nachbar, stockbesoffen, hat das Bedürfnis und lässt es ungeniert raus, dein Prot lässt es ohne grosse Gegenwehr geschehen und versucht es dabei genau richtig einzuschätzen. So quasi danke, dass du kurz für mich da bist. Ich mochte die ganze Küchenszene, die war so total – menschlich.
Danke für die Rückmeldung!
Eine gute, nachhallende Geschichte, die ich sehr gerne gelesen habe.
Schön, das freut mich natürlich, dot! Danke dir fürs Zeitnehmen!
Hallo @Chookity
Das hier ist mein erster Kommentar in diesem Forum. Also bitte mit entsprechender Vorsicht gewiesen und gerne auch Feedback dazu geben
Da fühle ich mich geehrt. Vielen Dank für dein kritisches, aber faires Feedback!
Das, was uns am Leben hält
Wenn ich den Text richtig verstehe geht es nicht um etwas was uns am Leben hält. Überhaupt nicht.
Ja, das kann man so sehen!
Allgemein: Ich freue mich über jedes Feedback und bin dankbar um die Zeit und Energie, wenn jemand meine Texte liest und feedbacked. Ich hab ein wenig das eigene Dogma, mich nicht verteidigend vor meine Texte zu stellen oder so im Nachgang überzuerklären, weil ich finde, Prosa muss für sich stehen, für sich funktionieren. Wenn es Erklärungsbedarf nach dem Lesen gibt, stimmt entweder etwas an der Konstruktion nicht, oder der Text ist eben aus irgendeinem Grund nichts für den Leser. Will sagen: Vielen Dank für den Leseeindruck und dass du auch die Prämisse oder die kommunizierte Prämisse des Titels infrage stellst! Das ist konstruktive Textarbeit. Ich würde allerdings sagen, und jetzt springe ich natürlich doch ein wenig vor meinen Text

dass die Mittel, die die Figuren "am Leben" halten - Insulin, Alkohol/Sex, Antidepressiva - ja schon eine Rolle im Text spielen. Jede Figur hat sein Mittelchen, ohne das es nicht geht. Das muss natürlich aus dem Text kommen, diese Prämisse, wenn das nicht funktioniert, liegt es am Text. Aber wenn du es so siehst, dass:
Eventuell kann man auf das was der Nachbar sagt referenzieren. Aber das stimmt nicht ganz überein:
Damit ich ein Mensch bleibe.
Später kommt die Sache mit dem Leben nochmal vor:
Das, was ihn am Leben hält
Aber stimmiger wäre es wenn der Nachbar den Satz auch sagen würde. Eventuell als Schlusssatz:
Dass ich hier gewesen bin.
Aber dafür müsste der Teil inhaltlich wohl etwas geändert werden.
... ist das völlig legitim.
Ich habe ein Problem mir das vorzustellen. Ein türloser Raum der an eine Küche mit Fenster anschließt?
Gibt es doch öfter mal!

Wieso nicht?
Als Nicht-Diabetiker kann ich diesen Wert nicht zuordnen.
Ja, ist immer eine Frage, was erklärt man dem Leser im Text, was lässt man offen, was versucht man indirekt zu erklären! Aber danke für das Feedback an der Stelle
Vermutlich ist hier die erwähnte Freundin gemeint. Aber mir ist der Perspektivenwechsel nicht klar.
Ja, du hast Recht! Da wechsel die Perspektive ... hatte mich auch gefragt, ob das stört, aber bis jetzt bist du der einzige, dem es negativ auffiel (was nicht heißt, dass es illegitim ist - nur ein Fazit meinerseits)
Ein Teil von ihr ist bereits tot
Habe ich erst beim zweiten Lesen verstanden, dass es sich wohl um den Fuß handelt. Wobei es vermutlich auch um ein inneres Absterben geht. Dafür spricht der Satz gegen Ende.
Ein Teil von uns ist bereits tot.
Aber so richtig gut kommt das nicht raus.
Ah, ok. Ich denke mal drüber nach
Ein Reh, das in eine Bärenfalle getreten ist.
Der gedankliche Sprung vom Krankenhaus in den Wald zum Reh verlangt einiges ab. Vielleicht gibt es einen besseren Vergleich der sich besser eingliedert? (Siehe auch alternative Kommentare weiter unten.)
Ja, kann man so sehen, danke für den Hinweis. Aber hey, ich finde, ich hab echt schon durcheres Zeug gelesen

Also, das ist assoziativ geschrieben, klar, aber für mich geht das klar
In der Hand hält er eine Tasse und eine selbstgedrehte Zigarette.
Er hält beides in nur einer Hand? Würde man das tun wenn man gemütlich am Fluss sitzt?
Stimmt!
Der angrenzende Wald ist dunkel.
Wenn der Absatz weiter oben stehen würde würde die Sache mit dem Reh vielleicht besser funktionieren.
Hier könnte ich mir eine Referenz auf die Ausweglosigkeit des Rehs wieder vorstellen. Die anderen Sätze sind teilweise Wiederholungen. Mir fehlt das Reh hier beinahe
Gute Idee!
Hallo @jimmysalaryman
Ich wache auf. Einen Moment überlege ich, wo ich bin.
Moin, Zigga.
Please no. Nicht DIESEN Anfang. Drölfzig Texte beginnen so.
Hahaha. Sorry dafür. Du hast natürlich völlig recht. Ich habe mich hinreißen lassen
Die Sonne strahlt durchs Küchenfenster. Kalter Schweiß auf meiner Stirn. Der Kühlschrank brummt.
Auch hier, ich weiß nicht ... die wirken wie so Hammerschläge: JETZT BITTE ATMOSPHÄRE!, aber das kommt bei mir nicht an. Ein gutes Detail reicht doch schon aus, du musst das nicht so herausstellen. Ich mache das ja auch, aber mir fällt dann oft auf, wenn ich diese Texte nach einer Weile noch mal lese oder überarbeite, dass solche beschreibenden Aussagen immer irgendwie wie Fremdkörper wirken. Das hängt auch mit der Perspektive zusammen. Das Ich wird das so nie wahrnehmen: Kalter Schweiß auf meiner Stirn. Da wird auch eine Dramatik aufgemacht, die hier gar nicht vonnöten ist. Vielleicht ein Detail, wie er merkt, dass das Sonnenlicht durch eine fehlende Rippe in der Jalouise immer das gleiche Muster macht und so und so viel Uhr, und er genau darauf wartet.
Ja, du hast schon Recht. Perspektive ist auch ein gutes Stichwort. Das ist ein wenig der ewige Streit zwischen Show und Tell, und was würde die Figur WIRKLICH in der Situation denken und sagen.
Im Endeffekt mag ich es stilistisch sehr, wenn man ausschließlich showed, und vielleicht schreibe ich das Teil hier auch noch mal dahingehend um, du hast schon Recht und danke dir fürs Zurechtweisen, wenn es um stilistische Patzer geht, haha.
Ja, ich denke mal drüber nach!
Kalter Schweiß auf meiner Stirn. Da wird auch eine Dramatik aufgemacht, die hier gar nicht vonnöten ist.
Kalter Schweiß - das ist natürlich Schuld der Textkonstruktion und letztendlich von mir, wenn ein Diabetiker halt in so eine schon lebensgefährliche Unterzuckerung kommt, ist ein Symptom plötzlicher kalter Schweiß auf der Stirn (frag mich nicht, wieso). Ich glaube, wenn man das nicht weiß, könnte das comichaft wirken, als würde er wegen seinem menschlichem Dilemma thrillermäßig schwitzen, so war es nicht gemeint. Aber wie gesagt, Schuld ist der Text, da muss ich natürlich abwägen, wie viel verrate und erkläre ich, wie viel lass ich einfach mal passieren und sag nix dazu.
Das hängt auch mit der Perspektive zusammen. (...)
Meine Freundin liegt regungslos im Bett, die Arme von sich gestreckt. Die Schlafmaske groß und schwarz im Gesicht, als hätte sie die Augen eines Insekts.
Auch ihr. Sagt er zu sich selbst: Meine Freundin? Warum denn nicht den Namen? Lisa, Mia, Pia, Zoe? Dann auch das mit der Maske: warum denkt er denn, sie hätte Augen wie ein Insekt? Die Maske lässt die Augen doch gerade frei, oder nicht? Da passt was mit dem Bild nicht so ganz. Warum muss das auch beschrieben werden, dieser Vergleich? Das reicht doch schon so, das steht für sich alleine, dieses Bild. Und da wird auch nicht verweilt, einmal das krasse Ding - Schlafapnoe - direkt weiter zum nächsten krassen Ding, Blutzuckermessstreifen. Wieso nicht kurz verweilen, er beobachtet sie beim Atmen, was ist das überhaupt für eine Beziehung, wie stehen die zueinander, das könnte man da alles drin finden.
Nochmal zur Perspektive. Du hast da schon im Grunde recht und ich sehe das wie du. Aber die Frage ist, erzählt er das sich selbst? Das ist ein Ich-Erzähler, rein von der Perspektive her, kann er das genauso gut aufgeschrieben haben und das ist der Text, den wir lesen. Also insofern würde mir das passen, aber ich bin selbstverständlich nicht zufrieden mit dem Text. Sind gute Punkte, ich baller da schon richtig raus, haha, ein wenig Ruhe wäre cool gewesen.
Ich gehe mit dem Koffer in der Hand und dem Rucksack auf dem Rücken zum Krankenhauseingang. Hände desinfizieren. Maske auf. Schiebetüren öffnen sich.
Danach weiß ich nichts mehr.
Ich wache im Krankenhausbett auf.
Mir ist kotzübel.
Eine Infusion liegt in meiner Armbeuge.
Die Schwester sagt: „Blutzucker 38. Nicht gut!“
Ich hätte einen epileptischen Anfall gehabt, im Foyer.
Ich hätte auf dem Boden meine Zunge verschluckt.
Der Arzt wäre minutenlang nicht an sie rangekommen. Die Kiefer seien zusammengepresst gewesen.
„Wenn Ihnen das zuhause passiert“, sagt sie, „wachen Sie nicht mehr auf.“
„Ja“, sage ich.
Ich würde das ausdünnen. Eher so im Vagen lassen, dass sich der Leser denk Rest selber denkt. Das mit der Zunge klingt auch mißverständlich, weil es müsste ja heißen:
Als ich auf dem Boden lag, habe ich meine Zunge verschluckt. So klingt das sonst irgendwie seltsam, als würde er seine auf dem Boden liegende Zunge verschlucken.
Gekauft
Abends gehe ich aus dem Krankenzimmer. Im Erdgeschoss ziehe ich mir aus dem Snackautomaten Kaffee Schwarz. Im Foyer, bei der Anmeldung, sehe ich ein Mädchen. Es ist schwer einzuschätzen, wie alt sie ist. Sechzehn. Zwanzig. Sie sitzt im Rollstuhl und weint. Sie trägt bunte Leggins und Birkenstock. Keine Socken. Sie ist äußerst dünn. Blonde, kurze Haare. Ich sehe das Kindliche an ihrem Gesicht; an ihrem Blick. An ihrem Weinen. Es ist ein stilles, erschöpftes Weinen. Die Hand hält sie abschirmend vor die Augen. Als ob sie bereits jede Träne für diesen Schmerz vergossen hätte; aber trotzdem weiter weint. Ihr nackter Fuß ist blau und geschwollen.
Erweitern ...
Auch hier: Das Weinen, das ist zu viel. Er fällt um und überlebt gerade so, dann das. Mir fehlt auch hier der Fokus, auf wessen Leiden wird denn der Fokus gelegt? Wenn alle in dem Text leiden, kann ich mich nicht so richtig entscheiden.
Die Freundin, Atemmaske, er Diabetes, das Mädchen wird wahrscheinlich amputiert.
Haha ja, natürlich leiden ALLE
All die Stoffe in ihren Venen.
Auf ihrem Nachttisch eine Packung Quetiapin und Hypnorex.
All die Dinge, die uns am Leben halten.
Das Sterben, das in uns eingezogen ist.
Ein Teil von uns ist bereits tot.
Die Ausweglosigkeit. Vor dem, was bevorsteht.
Der Wunsch, alles anders gemacht zu haben.
Der Schmerz, wenn man begreift, welche Erzählung das eigene Leben wirklich ist.
Das Kind in einem, das vom Schicksal totgemacht wird.
Erweitern ...
Boah, ich weiß nicht ... das ist schon echt schwer auf die Tube gedrückt. Das liest sich auch wie so ein Sermon in der Kirche: Das Sterben, der Teil der tot ist, die Ausweglosigkeit, der Wunsch, der Schmerz, das Schicksal.

Ja, ich muss grinsen, das ist entlarvend aber wahr, ich habe eine schwäche für Pathos, die ich hier natürlich ungehindert ausgelebt habe, haha.
Hier ist alles düster, und das wird mir auch permament unter die Nase gerieben, der Schimmel an den Wänden, die alten Häuser, das ist mir persönlich einfach zu viel gewollte Dramatik, das hat der Text auch gar nicht nötig.
Ja, hast Recht im Grunde. Manchmal platze ich vor Pathos und natürlich existenzieller Krise und Texte wie dieser sind das Resultat. Irgendwo finde ich es geil, also nicht im Voyeuristischen Sinne, aber diese Stimmungen existieren und auch diese Weltsicht existiert irgendwo, auch wenn sie schmerzhaft ist, und das irgendwo eingefangen zu haben, im Endeffekt ist das das Ziel des Textes gewesen. Aber du hast schon auch recht, das ist unausgewogen, hat Schlagseite
Mich würde die Geschichte im Krankenhaus interessieren, das mit dem Mädchen, wie er da vorsichtig und behutsam die Information entpackt. Warum ist die Freundin da, welche Funktion hat sie?
Ja voll, interessanter Punkt, danke dir dafür. Manchmal hab ich nen ersten Draft und mir fällt in diesem erst an einer Miniszene auf, wo die eigentliche Story steckt. Vielleicht rolle ich das noch mal fokussierter, auf diese Story hin, aus
Warum dieser besoffene Kaputtnik, der ihn küsst? Der sagt seinen Satz auf, aber was macht er für die Geschichte, der ist doch im Grunde eine Art Selbstzweck, oder?
Ja, irgendwo hast du Recht!
Also, da steckt in dem Kern sicher eine sehr erzählenswerte Geschichte drin. So, wie der Text jetzt ist, ist mir das zu viel, zu gewollt, auch zu wenig erzählt, zu sehr auf Behauptung aufgebaut, und zu tränendrüsig.
Ja, danke für das ehrliche Feedback, ich sehe es schon auch wie du
Was Diabetes mit ihm macht, wie sich sein Leben, seine Zukunft ändert, was er alles nicht mehr machen kann, wie das seine Beziehung verändert etc, davon lese ich nie was.
Das stimmt!
Alles ist schon immer so, in dem Text, und es wird immer so bleiben. Da ist keinerlei Bewegung und auch keinerlei Aussicht auf Bewegung, weil immer dann, wenn es so werden könnte, brichst du das ab.
Der Text gefällt sich zu sehr in seiner eigenen Ausweglosigkeit, nur Tristesse royal reicht nicht
Ja, haste mich erwischt
Klingt nach viel Kritik, war es auch, aber deswegen sind wir ja hier, oder? Nichts für ungut, alles konstruktiv, hoffe ich
Ja, alles gut

Nee, ist schon richtig, haut mir gern auf die Finger, wenn ich fahrig werde. Wie gesagt, irgendwo mag ich den Text aktuell in seinem, wie du es nennst, Düsterkitsch, aber irgendwo ist er auch ein Schnellschuss und etwas, mit dem ich selbst nicht ganz zufrieden bin. Ich denke, den muss ich ein paar Wochen/Monate liegen lassen, um Klarheit zu bekommen. Vllt schreibe ich den noch mal zentrierter um, die Tell-Teile, die Behauptungen, ich wusste schon, das ist ein Wagnis, das bleibt halt im Unkonkreten letztendlich. Wahrscheinlich muss ich dieses Gefühl, das ich hier vermitteln wollte, versuchen, mit einer reinen Story zu vermitteln, ich hab da das Mädchen mit dem Fuß vor Augen, wenn die Ausweglosigkeit und Traurigkeit da zum Leser durchkäme, wäre sie stärker als wenn sie hier nur behauptet würde. Insofern danke für das Feedback!
Alles Beste euch allen
zigga