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Der Auftrag

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26.06.2005
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Der Auftrag

Der Auftrag

Seine Hände zitterten, während er das Ziel anvisierte. Heute war es soweit, heute würde er es hinter sich bringen. Dieser Druck, diese Anspannung waren unerträglich. Er hatte das schon ewig nicht mehr gemacht, fühlte sich zu langsam, zu alt für den Job.
Aber der Zeitpunkt war gekommen. Der Tag war gekommen, an dem er es noch einmal tun musste.

Er stand ruhig da, breitbeinig, aber die Hände zitterten. Glasklare blaue Augen blickten unsicher auf das Ziel, auf sie, auf die Beute des heutigen Tages. Er machte sich keine Gedanken darum, was später passieren würde, er dachte nicht an das ‚Danach’. Er suchte nach dem Rhythmus, dem Takt, der Melodie seiner Arbeit. Er schloss die Augen und dachte an seinen ersten Job.
Ebenso nervös war er gewesen, seine Hände hatten gezittert wie Espenlaub. Und er hatte es versaut. Hatte nicht richtig getroffen.
Ein Desaster. Doch er hatte auch an sich gearbeitet, hatte trainiert, war innerlich und äußerlich abgeklärter geworden. Und er hatte es an die Spitze geschafft.
Ihn holte man, wenn es schwierig wurde, ihn holte man, wenn man exzellente Arbeit wollte.

Er öffnete die Augen wieder. Es war wieder da. Diese Atmosphäre, elektrisch geladene Luft. Das war Kunst, das war Droge, ein Rausch, es war voller Adrenalin. Er ließ das kleine dünne Fadenkreuz streichelnd über ihre Lippen gleiten, die ein klein wenig offen standen, verführerisch, erregend, erotisch. Ihre Augen waren die Augen einer Hexe, tiefgrün wie das Meer bei unruhiger See. Blitze zuckten aus ihrem Inneren, Blitze die nur er sah.
Er presste die Lippen zusammen bis sie nur noch einen schmalen Strich ergaben, bewegte den noch immer etwas nervösen Zeigefinger um ihn zu beruhigen.

Dann zielte er erneut.
Diesmal völlig ruhig. Geradezu kalt visierte er sein Ziel an, das neueste Opfer an seine Kunst. Er kniff die Augen zusammen und setzte das Fadenkreuz zwischen ihre Lippen.
Ein beinahe unhörbares, heiseres Stöhnen entfuhr ihm, als er diesen Ausdruck in ihrem Gesicht sah, genau das, wonach er gesucht hatte. Ihre Seele zeigte sich ihm für den Bruchteil einer Sekunde.

Und er drückte ab. Mehrmals drückte er unerbittlich ab. Echte Blitze durchzuckten die stickige Luft und für einen Moment schien die Welt stillzustehen.

Getroffen, dachte er. Perfekt getroffen. Eine Welle der Befriedigung überrollte ihn und er atmete tief durch. Er hatte es also immer noch drauf, er konnte es immer noch.

Diese Fotos würden die Titelseiten stürmen.

 

Hallo Judas,
ich weiß nicht, was ich davon halten soll, so richtg überzeugt hat mich die Geschichte nicht.

Zu kurz, um Spannung zu erzeugen, dadurch wirkt leider die Überraschung am Ende kaum.

Stilistisch ist die Geschichte ganz gut.
Textkram ist mir (wohl aus diesem Grund) nichts aufgefallen...

cu_Chris

 

Hallo Judas,

eine typische Pointengeschichte, bei der einem erst etwas anderes vorgegaukelt wird, damit die Überraschung am Ende stimmt.
Unter Papparazzi spricht man tatsächlich vom Abschießen, wenn einem ein Bild aus dem Hinterhalt gelingt. Die Erregung hast du mE auch gut getroffen, den Moment aber für mich zu sehr eingeschränkt, denn diese Erregung baut sich ja in unendlichen Stunden des Lauerns auf, in denen vom Opfer noch nichts zu sehen ist. Dauerhaft angespanntes Warten, um ja nicht den Moment zu verpassen. Für jeden Fotografen, den ich kenne, gehört das zu der Spannung dazu. Wenn der Hirsch schon auf der Lichtung steht, ist die Jagd doch uninteressant. ;)

Lieben Gruß, sim

 

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