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Der Bäckereiverkäufer

MRG

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12.03.2020
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Der Bäckereiverkäufer

Elektrisches Licht strömt aus dem Fenster, berührt die Holzbalken des Fachwerkhauses, in dem seit achtzig Jahren die Bäckerei beheimatet ist, und erleuchtet es im Dunkel der Nacht. Die Strahlen spiegeln sich auf den nassen Pflastersteinen und erwecken in mir den Eindruck eines gelborangenen Lichtkegels, der sich aus der Straße emporhebt. Ich liebe diesen Anblick, der an etwas Magisches grenzt. Mir ist in diesem Moment, als würde eine Verbindung zwischen der Bäckerei und mir entstehen; als hätten wir ein geheimes Abkommen, dass sie für mich da sein wird und wir gemeinsam die Zeit überdauern.

Das Geräusch meiner Turnschuhe unterbricht dieses Gefühl der Zeitlosigkeit. Sie quietschen leise wie Gummi; auch wenn es kaum hörbar ist, kommt es mir in der Stille laut vor. Ich lenke meine Aufmerksamkeit auf den vor mir liegenden Arbeitstag und drücke die Glastür auf. Meine Kollegin nickt mir freundlich zu, während ich die Holztreppe in unseren Arbeitsraum ersteige, der für Kunden nicht zugänglich ist. Dort hänge ich meine Jacke auf und ziehe meine Arbeitskleidung an: Ein weißes Polohemd mit dem Logo der Bäckerei auf meiner Brust und dem Werbeslogan auf meinem Rücken „Gutes Brot, Guter Tag.“; dazu eine weiße Schürze, die über meine Jeans fällt, aber den Boden nicht berührt. Als ich wieder unten angelangt bin, hieve ich die umgedrehten Stühle von den Tischen und platziere sie sorgfältig auf dem Fußboden, dann verteile ich die vorgebackenen Brötchen auf dem Blech, um sie in den Ofen zu schieben. Als ich zum Fenster hinausschaue, geht draußen die Sonne auf: Gleich eines impressionistischen Bildes zerfließt das Schwarz der Nacht zu einem tiefen, satten Violett.

Der erste Kunde kommt um Punkt sieben Uhr. Er hat einen stechenden Blick, trägt einen Mantel, und mir fällt auf, dass seine Maske nur Kinn und Mund bedeckt. Ich schlage einen höflichen Tonfall ein.
„Guten Morgen, bitte die Maske auch über die Nase ziehen.“
Er schaut mich an und in seine Augen schiebt sich ein Ausdruck, der mir nicht gefällt: Seine Brauen ziehen sich zusammen und er schaut herablassend auf mich herab. Doch dann zieht er seine Maske hoch.
Ich entspanne mich etwas und füge hinzu: „Danke. Wie kann ich weiterhelfen?“
„Zwei Erdbeerkuchen, drei Normale und einen Cappuccino zum Mitnehmen“, sagt er.
In Gedanken füge ich hinzu: „Und wie heißt das Zauberwort?“ Die Kaffeemaschine dröhnt, Espresso läuft in den Becher und ich gieße warme Milch darauf; danach folgt der Milchschaum, auf den ich ein fächerartiges Muster mit einer Schablone und Kakaopulver stäube. Stolz stelle ich mein Kunstwerk auf den Tresen, nur um zu bemerken, dass er einen Plastikdeckel auf den Becher drückt.
„Zwei Erdbeerkuchen“, wiederholt er geringschätzig.
„Ich bin schon dabei.“
„Beeilen Sie sich einfach, ich bin gleich in einer wichtigen Besprechung. Ich frage mich, wozu es überhaupt noch Verkäufer gibt. Man sollte diesen Job wirklich automatisieren.“
Während die Brötchentüte, die er sich in seine Tasche packt, leise raschelt schaut er sich mit geschürzten Lippen in unserer schnuckeligen Bäckerei um und ich habe das Gefühl, dass er sich wegen der Maske rächen will. Unter Anstrengung meiner gesamten Willenskraft lege ich die beiden Erdbeerkuchen auf die weiße Pappe, reiße Kuchenpapier von der Rolle und forme auf beiden Seiten ein Dreieck, das dafür sorgt, dass die Verpackung nicht auseinanderfällt.

„Was macht das?“, fragt er ungeduldig.
„Sieben-neunzig, bitte.“
„Sieben-neunzig? Letztes Mal habe ich Sieben-fünfzig bezahlt!“
„Die Preise sind erhöht worden, wegen der Pandemie und den steigenden Einkaufspreisen."
Er schaut mich aus kleinen Augen an und sagt, als wäre ich der Verantwortliche: „Unverschämt.“
„Ich kann da nichts machen“, gebe ich zurück.
„Sie können da nichts machen? Ich sag Ihnen mal, was Sie machen können: Stellen Sie sich mal die großen Fragen, zum Beispiel, wie lange sie das hier noch machen wollen. Erbärmlich.“
„Was haben Sie da gerade gesagt?“ Meine Stimme zittert vor Wut und ich lasse es zu.
„Sie vergreifen sich im Ton“, antwortet er.
„Nein, Sie vergreifen sich im Ton. Egal, was sie von meinem Job halten, ich habe ein gutes Recht, selbst zu entscheiden, was mir gefällt und was nicht. Es gibt Grenzen, wissen Sie? Nur weil Sie unzufrieden mit was auch immer sind, können Sie das nicht an mir oder meinem Job auslassen. Ich liebe meinen Job und solange die Kündigung nicht vorliegt oder eine Maschine meinen Job macht, werde ich jeden Tag mein Bestes geben. Ich lasse mich von Ihnen nicht einschüchtern.“
Wir taxieren uns mit den Augen. Er bezahlt schweigend, schüttelt den Kopf und geht hinaus.
„Schönen Tag noch“, rufe ich ihm hinterher.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey du,

danke schon mal für deinen Kommentar. Ich finde, das ist ein richtiger Sprung zum letzten, was ich von dir gelesen habe. Das meiste hier gefällt mir sehr gut, lese ich sehr gern. Dr. Snape könnte halt noch böser rüberkommen oder was heißt böse? – einschüchternder. Wenn er halt nicht einfach wie ein grober Vollarsch wäre, sondern subtiler, zurückhaltender und genau darin gemeiner. Es gäbe viele Wege, denke ich, das umzusetzen. Seinen Dialog zu reduzieren, da richtig abzuspecken, könnte ein Weg sein.

„Dreimal Erdbeerkuchen, zwei Plunderteilchen und natürlich ein belegtes Käsebrötchen mit Gurke. Und beeilen Sie sich, ich habe keine Zeit für Trödeleien.“
„Was machen Sie denn da? Sowas kann auch nur einer Frau passieren. Unglaublich. Den Kuchen können Sie gleich stehen lassen. Ich gehe zur Konkurrenz. Konkurrenz, hören sie? Das wird Herrn Bark nicht gefallen, das kann ich ihnen sagen.“

Das hatte ich dafür herauszitiert.

hervor, - und dann das Missgeschick.

würde einen Halbgeviertstrich setzen: –
was du hier hast ist ein Kurzstrich/Viertelgeviertstrich: -

Ich bin mir nicht hunderprozentig sicher, aber ich meine, mal gelesen zu haben, dass du so einen Trennungsstrich auch statt eines Kommas setzen kannst, wenns nicht gerade in den Satz eingebunden ist. Aber das müsstest du vielleicht nochmal nachlesen. So wie es dort ist, sieht es iwie falsch aus für mich.

Noch Anmerkungen:
Die Namenswahl ist irgendwie süß, aber auch etwas sonderbar. Weil ich mich schon frage, warum Englisch und warum so überformte Namen (Meerkat, Bark) bzw. warum diese Märchenkomponente, die der übrige Text doch eher nicht aufweist?

Und – das finde ich überhaupt nicht schlimm, weil ich das für eine schöne Szene halte – das ist ja nicht wirklich eine Kurzgeschichte oder deren WK-Kleinstform "Flashfiction" (zumindest nicht wie ich es verstehe). Es ist viel mehr einfach eine Szene. Mit kleinem, aber feinem Bogen. Emotional betrachtet: von Unsicherheit zu völliger Verunsicherung. Aber du hast hier keine unterschiedlichen Pole. Das ist beides negativ und emotional von der gleichen Natur. Was anderes wäre Unsicherheit zu Selbstvertrauen oder umgekehrt. Dann hättest du – behaupte oder glaube ich einfach – eine wirkliche Kurzgeschichte, Story, wie auch immer. Oder es müsste halt zwischendrin so einiges passieren, was ein Äquivalent dafür darstellt. Aber das nur so am Rande. Wie gesagt, hat mir gefallen – vor allem wie du die Abläufe in der Bäckerei schilderst und wie Sympathisch die/den Bäcker/in beschreibst (könnte hier durchaus eine Frage von Queersein sein, oder?).

LG
Carlo

 

Konkurrenz, hören sie?

Hallo Molly,

dat is ja'n Rüpel oder auf jeden Fall ein anstandsloser Angeber, der Sitte und Anstand[sregeln] missachtet, indem er die Höflichkeitsform nach Gutdünken verwendet, weil er sich selbst unübertrefflich gut dünkt (wahrscheinlich hastu ihn sogar in seinen Attraktiefen gerettet, weil Du die Höflichkeitsform ansonsten einhältst),

& hallöle MRG,

der ironische Unterton zeigt, dass Du das Zeug zur Satire hast, die ja nicht nur die Welt der "Großen" dieser Welt beglückt („Fräulein, werfen Sie Ihr Kind weg. Ich mach Ihnen ein neues“, sei Tucholsky aus dem Gedächtnis – und somit sicherlich mit kleinen Abweichungen – zitiert, der wusste, dass dem kleinen Mann die großen schlechte Vorbilder abgeben.)

Paar Flüskes

Ich nicke, gehe in den hinteren Teil des Ladens, der vor den Kunden verborgen istKOMMA und schiebe vorgeformte Brötchenmasse in den Ofen.
(der Relativsatz ist zu Ende und die Konjunktion setzt die gleichrangigen Satzteile des Hauptsatzes fort ...)

Ich fühle michKOMMA als hätte ein böser Zauberer meine Hände verhext.
„als“ leitet einen vollständigen, konjunktiefen Satz ein

Zitternd schneide ich das Brötchen auf, hole die beiden Plastikboxen mit den Käsescheiben und den Gurken hervor, - und dann das Missgeschick. Ich lasse die Gurkenbox fallen, alle Scheiben verteilen sich auf dem Boden.
Hm, eins von beiden kann weg, vorzugsweise das Komma, das ja vortrefflich durch die Konjunktion „und“ verbalisiert wird.
Die Benamsung der modernen Strichkultur ist erst durch die standardisierte Schreibmaschinentype möglich geworden und handschriftlich eh nicht einzuhalten. Was man im Kleinen versucht, wird im Großen - wenn Stadtteile/-viertel auf einmal zum "Quartier" mutieren, als steckte da nicht immer noch die Wurzel "vier" drinnen - zu einer krankhaften (Ab)Gehobenheit.

Sowas kann auch nur einer Frau passieren.
"So was", auseinander, da "eigentlich" ein verkürztes "so etwas"

Gern gelesen vom

Friedel,
der noch ein schönes Wochenende wünscht!

 

Moin @Carlo Zwei,

vielen Dank für die schnelle Rückmeldung und den schönen Kommentar. Ich habe mich sehr darüber gefreut gerade, weil du auch meine anderen Texte kennst. Danke!

Ich finde, das ist ein richtiger Sprung zum letzten, was ich von dir gelesen habe. Das meiste hier gefällt mir sehr gut, lese ich sehr gern.
Ich liebe es, mich zu verbessern und dazu zu lernen. Da geht so ein Kommentar natürlich runter wie Öl. Danke!

Dr. Snape könnte halt noch böser rüberkommen oder was heißt böse? – einschüchternder. Wenn er halt nicht einfach wie ein grober Vollarsch wäre, sondern subtiler, zurückhaltender und genau darin gemeiner. Es gäbe viele Wege, denke ich, das umzusetzen. Seinen Dialog zu reduzieren, da richtig abzuspecken, könnte ein Weg sein.
Das ist ein guter Punkt. Tue mich mit den Dialogen noch immer etwas schwer und wollte diesmal den Tipp unter meiner letzten Story umsetzen und eher mit ganzen Sätzen arbeiten. Allerdings gilt ja auch hier, dass die Funktion entscheidend für die Form ist, daher finde ich das echt hilfreich. Mal schauen, wie ich das umbauen kann, ohne zu abgehackt zu sein.

würde einen Halbgeviertstrich setzen: –
Habe ich angepasst, sehr aufmerksam gelesen, danke!

Die Namenswahl ist irgendwie süß, aber auch etwas sonderbar. Weil ich mich schon frage, warum Englisch und warum so überformte Namen (Meerkat, Bark) bzw. warum diese Märchenkomponente, die der übrige Text doch eher nicht aufweist?
Folgende Gedanken stehen dahinter: Meerkat bedeutet auf Deutsch Erdmännchen. Die Protagonistin träumt davon, ein Mann zu sein, daher der Name. Hatte gehofft, hier möglicherweise eine neue Ebene einzubauen. Bei Bark habe ich an "Bäcker" gedacht, ich habe es jetzt mal durch Beck ersetzt, möglicherweise klingt das dann nicht so märchenhaft?

Und – das finde ich überhaupt nicht schlimm, weil ich das für eine schöne Szene halte – das ist ja nicht wirklich eine Kurzgeschichte oder deren WK-Kleinstform "Flashfiction" (zumindest nicht wie ich es verstehe). Es ist viel mehr einfach eine Szene. Mit kleinem, aber feinem Bogen. Emotional betrachtet: von Unsicherheit zu völliger Verunsicherung. Aber du hast hier keine unterschiedlichen Pole.
Gebe dir da komplett recht, es ist mehr eine Szene oder auch ein Experiment. Ja, wird noch einmal deutlicher durch deine Begründung.

Wie gesagt, hat mir gefallen – vor allem wie du die Abläufe in der Bäckerei schilderst und wie Sympathisch die/den Bäcker/in beschreibst (könnte hier durchaus eine Frage von Queersein sein, oder?).
Das freut mich zu hören, gerade weil es auch von dir kommt bedeutet mir das richtig was. Habe selbst mit 16 in einer Bäckerei gearbeitet, daher kannte ich die Abläufe noch ganz gut.

Noch ein Wort zur Bäcker/in: Die Grundidee ist die Identitätsfrage, bin ich eine Frau oder ein Mann oder divers? Habe mich da letztens mit jemandem zu ausgetauscht und habe da erst verstanden, wie unglaublich schwierig das ist und wie es einen zerreißen kann (gerade wenn dann noch Druck von anderen kommt, die das einfach gar nicht verstehen können). Mich hat das echt geschockt, hatte das so nicht auf dem Schirm.

Danke für deinen sehr schönen Kommentar, wünsche dir ein schönes Wochenende.

Beste Grüße
MRG


Moin @Friedrichard,

freue mich immer sehr über deine Kommentare, da gibt es immer etwas zu lernen (meine Kommasetzung war vor den Wortkriegern echt miserabel, fühle mich da jetzt viel sicherer).

dat is ja'n Rüpel oder auf jeden Fall ein anstandsloser Angeber, der Sitte und Anstand[sregeln] missachtet, indem er die Höflichkeitsform nach Gutdünken verwendet, weil er sich selbst unübertrefflich gut dünkt
Schön, dass du es so gelesen hast. Er sollte wirklich als unangenehmer Mensch rüberkommen, der einen miesen Charakter hat.

der ironische Unterton zeigt, dass Du das Zeug zur Satire hast, die ja nicht nur die Welt der "Großen" dieser Welt beglückt („Fräulein, werfen Sie Ihr Kind weg. Ich mach Ihnen ein neues“, sei Tucholsky aus dem Gedächtnis – und somit sicherlich mit kleinen Abweichungen – zitiert, der wusste, dass dem kleinen Mann die großen schlechte Vorbilder abgeben.)
Vielen Dank, das freut mich zu lesen und das Tucholsky Zitat ist jedenfalls
(der Relativsatz ist zu Ende und die Konjunktion setzt die gleichrangigen Satzteile des Hauptsatzes fort ...)
Habe ich verbessert, danke!
„als“ leitet einen vollständigen, konjunktiefen Satz ein
Das Komma ist eingefügt, sollte jetzt passen.
Hm, eins von beiden kann weg, vorzugsweise das Komma, das ja vortrefflich durch die Konjunktion „und“ verbalisiert wird.
Ich habe den Vorschlag von Carlo übernommen und einfach einen Spiegelstrich eingefügt und das Komma gestrichen.
Die Benamsung der modernen Strichkultur ist erst durch die standardisierte Schreibmaschinentype möglich geworden und handschriftlich eh nicht einzuhalten.
Interessant zu wissen, hast du möglicherweise noch weitere Hintergrundinformationen, wie die Zeichensetzung entstanden ist? Ich habe mich immer gefragt, wie sich beispielsweise die Betonung für den Doppelpunkt entwickelt hat?
"So was", auseinander, da "eigentlich" ein verkürztes "so etwas"
Ist auch angepasst. :-)

Vielen Dank für deinen Kommentar, ich habe die Änderungen übernommen und bedanke mich herzlich für dein aufmerksames Lesen. Ich wünsche dir noch einen schönen Sonntag und bin schon auf eine neue Geschichte von dir gespannt.

Beste Grüße
MRG

 

Habe die Szene erweitert und versucht, eine Geschichte daraus zu machen

 

Hallo @MRG, :-)

das ist jetzt sehr subjektiv. Aber ich finde das: Du hast einen Text geschrieben, der klein, fein und flott ist, aber riesige Schätze gekonnt umrundet. Denn ich lese deinen Text als einen satirischen, der sehr viel mehr satirischer sein könnte. So seltsam es klingt: Ich finde, du kannst schlichtweg wahnsinniger, szenischer, mutiger, unmittelbarer, massiver im Auftreten der Figuren, detaillierter in den Beschreibungen und klischeefreier sein. Auf mich wirkt der Text gar nicht fertig. Klar, der kann ruhig aus dem Ofen raus, sicher, die weiche Kuchenteigliga wird sich freuen. Aber - subjektiv - sehe ich das - ich nehme das mir heraus - anders. Ist es nicht die Röstung, die aus einer Bohne Lavazza zaubert? Eben. Lass' den Text rösten. Nur wie? Oher. Sehr, sehr gute Frage.

Ich habe nur ein paar Ideen, ich will hier kein Oberlehrer sein und dir sagen, du @MRG, so macht man das, das kann ich nicht und da gibt es hier im Forum versiertere Schreiberlinge (ich denke, dass ich da als rohe Pflegekraft in der Ausbildung genug fachfremde Oberlehrerinnen erleben durfte, weswegen ich mir den Oberlehrersound vermeiden will und diese alten "Ich-weiß-aber-mehr"-Diskussionen einfach nur ur-ätzend finde). Ich habe einfach diesen Eindruck: Dein kleiner Text muss noch an die Geschichte angepasst werden. Ähnlich wie Modelliermasse. Trau' dich! Hah! Los gehts!

Es ist bekannt, dass erfolgreiche Männer maßgeschneiderte Anzüge tragen. Jeder weiß, dass große Männer im Schnitt mehr Geld verdienen als kleine und je attraktiver, desto schneller steigt man die Karriereleiter hinauf. Ich habe mir immer vorgestellt ein solcher Mann zu sein. Aber die Wahrheit ist: Ich bin weder groß, noch attraktiv, noch trage ich maßgeschneiderte Anzüge. In Wirklichkeit arbeite ich in einer Bäckerei, trage ein weißes Polohemd und eine weiße Schürze, packe Brötchen in Tüten, schneide Brote und zaubere Cappuccinos (ich habe ein Händchen für ästhetische Muster, die ich mit Kakaopulver auf dem Milchschaum postiere).
Die ersten Sätze sind reine Klischees. Das ist ein hartes Urteil und in einer Textwerkstatt wie dieser wird dein Text trotzdem gelesen. Dennoch, sie beinhalten keine neuen Infos, sie setzen den Leser nicht in die Szene hinein. Dass erfolgreiche Männer Anzüge tragen, ja klar tun sie das. Ärzte tragen Kittel, Bauarbeiter Helm. Dein Text neigt ins Satirische. Also packe den Fisch in der Himbeersuppe!

Der erfolgreiche Mann pflegt seine Schuhe selbst, auch wenn er in die Pudelkacke vor meiner Bäckerei getreten ist. Und doch wäre ich gerne ein Mann, der das macht. In die Kacke treten und aus ihr herauskommen. Wie ein Phönix aus dem Dung. Ein Mann, der abends seine Lederschuhe auf Investorentauglichkeit testet und sie mit Lederschwarz einfettet. Der an der Sohle schnuppert und Straßenreste mit runden Holzstäbchen auspult. Dem die Welt zu Füßen liegt und nicht auf dem Nacken, dass jede Bandscheibe ächzt.

"zaubere Cappuccinos" - hier brichst du die Routine seiner Arbeit, er schneidet Brot, packt Brötchen in Tüten, aber er postiert Kakaopulver auf dem Milchschaum. Das konzentriert mehr Interesse am Cappuccino. Auch hier, vlt szenischer sein:

Ich trage ein weißes Polohemd und eine weiße Schürze. Ein Brötchen braucht vier Sekunden. Eins, ich greife den Teig, schöpfe einen Klumpen, schlage ihn auf mein mehliges Brett. Zwei, Weizenmehl wirbelt, packe den Klumpen von rechts, gebe ihm meine Halbseitendrehung. Drei, drücke den Teig in eine symmetrische Gestalt. Vier, schlage mit der anderen Hand die Bäckerkerbe rein.
Der Mehlstaub legt sich.
Aus Teig wurde Brötchen.
Ich bin ein Macher für 12,35 Euro Stundenlohn ohne Nachtzuschlag.
Ich hasse diesen Job.

Sicher, jetzt geht die Geschichte in eine andere Richtung. Aber verstehst du, was ich meine?

Die Türglocke läutet. Ich sehe den Kunden und fühle mich direkt fünf Zentimeter kleiner – es ist Dr. Snape. Das wird ungemütlich werden. Hochgewachsen und in Anzug steht er vor der Kuchenauslage. „Dreimal Erdbeerkuchen, zwei Plunderteilchen und natürlich ein belegtes Käsebrötchen mit Gurke. Und beeilen Sie sich, ich habe keine Zeit für Trödeleien.“
Hier hatte ich den Eindruck, dass du einen unfreundlichen Typen mit komödiantischen Elementen zeigen willst. Der Name ist ja bisschen schräg. Aber warum nicht, einen etwas schrägeren Typen entwickeln. Vielleicht kannst du hier auch in der Szene bleiben, weniger zeigen, weniger erzählen, mehr erleben. Hier eine Idee:

Das Türläuten bricht ab, als greife eine Hand um das Windspiel. Ich erstarre und starre in den Verkaufsraum. Doktor Snape tritt an die Auslage. Sein Oberlippenbart wirft einen Schatten auf die Lippen, eine dunkle Fläche im Gesicht, aus der er Befehle bellt. Er erinnert mich an den Dobermann aus dem Nachbarhaus, mit Ohren so spitz, dass sie mein Schweiß ausströmen hören und einer Spitznase, die mein Adrenalin früher riecht, als mein Gesicht kalt und blass wird. Eine weiße Reihe unter seinem Schnurrbart blitzt auf. Doktor Snape beugt sich an das Glas der Kuchenauslage. Aus seinem Rachen schlägt keine Luft gegen die Scheibe, als atme Doktor Snape durch ein anderes schwarzes Loch seines Körpers aus. Ich warte auf sein böses Wuff-Wuff und mein Zucken danach.
Doktor Snape konzentriert sich auf die Erdbeertörtchen. Leise spricht er: "Zwei Dinge gibt es im Leben, die ich hasse.
Bayern München.
Und Trödeleien.
Trödeleien, Herr Beck.
Trödeleien sind der Bremsklotz des Wirtschaftswachstums.
China trödelt nicht. Singapur trödelt nicht. Sogar Afrika trödelt nicht mehr.
Nur unser sattes Europa trödelt. Wir werden der Trödelmarkt der Welt."
"Ich will nicht mehr trödeln", bricht es aus mir.
"Sehr gut. Aber wo ein Wille, da noch keine Handlung. Als der erste osmanische Soldat ins christliche Konstantinopel eintrat, wissen Sie, was er sagte?
Ich wollte der Erste sein.
Das sind Männer, die gebraucht werden.
Zwei Erdbeertörtchen und ein Käsebrötchen zum Mitnehmen."

Egal, bevor ich hier weiter- und weiterschreibe und ein illegales Copywrite veranstalte. Sorry!

Zitternd schneide ich das Brötchen auf, hole die beiden Plastikboxen mit den Käsescheiben und den Gurken hervor – und dann das Missgeschick. Ich lasse die Gurkenbox fallen, alle Scheiben verteilen sich auf dem Boden.
Solche Konstruktionen brauchst du nicht. Du beschreibst ja das Missgeschick, da brauchst du nicht sagen, dass es eins ist.

Zügig gehe ich an Läden vorbei in Richtung Stadtpark. Ich stelle mir vor, ein mächtiger Unternehmer zu sein. Als erstes kaufe ich alle Bäckereien und dränge Herrn Beck aus dem Geschäft, nur damit Dr. Snape nie wieder ein Gurkenbrötchen bekommt. Als nächstes kaufe ich dann alle Supermärkte auf und erteile ihm ein Hausverbot. Nie mehr Gurkenbrötchen. Nie mehr. Meine Hände verkrampfen sich zu Fäusten.
Definitiv ein herrlicher satirischer Schatz. Der wütende Typ, der sinniert, wie er den doofen Doktor Snape austricksen kann. Deswegen ein Schatz, weil er mit Doktor Snape auf einer Ebene konkurriert. Auch hier könntest du meiner Ansicht nach wahnsinniger sein.
Meine Hände verkrampfen sich zu Fäusten.
Auch das hat man schon oft gelesen, würde ich lassen.
Vor mir taucht der Eingang auf: Bäume umgeben den Park und ungefähr in der Mitte liegt ein See. Mittags sitzen dort Rentner, abends immer die Kiffer.

Auch hier könntest du den Park stärker beschreiben. Also, was sind das für Kiffer? Und wie steht Molly zu den Kiffern? Sind sie die, die es nicht geschafft haben? Unerfolgreiche Loser? Freunde der Drogenpsychose? Undisziplinierte? Oder die Fraktion grüner Buddha, die entspannt jeden Teich zu Jamaika denkt?

Das war's!

Lg
kiroly

 

Hallo @kiroly,

vielen Dank für diesen Kommentar, finde ich ziemlich brilliant. Ich bin momentan nämlich dabei, meinen eigenen Weg zu finden und zu experimentieren. Zwar produziere ich zur Zeit ziemlich viel, aber ist auch viel Schrott dabei. Beim Durchlesen meiner Projekte sind mir einige Grundmuster aufgefallen und ich finde deinen Kommentar so beeindruckend, weil ich meine, hier ein weiteres Muster zu erkennen, was ich so noch nicht auf dem Schirm hatte: Dieses Wahnsinnige, das nicht in eine vorgefertigte Form gegossen werden kann. Bislang ist mir durch die Kommentare und eigenen Überarbeitungen aufgefallen, dass ich mir noch mehr Zeit nehmen darf; mehr ins Detail gehen kann, gerade auch bei den Beschreibungen (das fällt mir noch echt schwer und ist anstrengend für mich) und der dritte Punkt sind Klischees (vielleicht ist der Punkt mit diesem Wahnsinnigen genau hier ein guter Ansatzpunkt). Ich habe immer dieses Gefühl schnell und viel zu produzieren, aber ich denke, dass das Langsame meinen Texten und Geschichten sehr gut tun würde. Da versuche ich mich als nächstes dran. Vielen Dank für diesen schönen Kommentar:

Du hast einen Text geschrieben, der klein, fein und flott ist, aber riesige Schätze gekonnt umrundet. Denn ich lese deinen Text als einen satirischen, der sehr viel mehr satirischer sein könnte.
Interessanter Punkt, gibt mir auf jeden Fall zu denken. Auch der Eindruck, dass er noch nicht fertig ist und noch nicht geröstet ist, hat mich zum Nachdenken gebracht.

Ich finde, du kannst schlichtweg wahnsinniger, szenischer, mutiger, unmittelbarer, massiver im Auftreten der Figuren, detaillierter in den Beschreibungen und klischeefreier sein. Auf mich wirkt der Text gar nicht fertig. Klar, der kann ruhig aus dem Ofen raus, sicher, die weiche Kuchenteigliga wird sich freuen. Aber - subjektiv - sehe ich das - ich nehme das mir heraus - anders. Ist es nicht die Röstung, die aus einer Bohne Lavazza zaubert? Eben. Lass' den Text rösten.
Dieses wahnsinniger verstehe ich so, dass ich mehr Risiken eingehen könnte, um nicht in der 08/15 Box unterwegs zu sein. Ich sag dir, weshalb mich das so getroffen hat (im positiven Sinn): Ich bin auch als Person eher risikoscheu, faszinierend, dass sich das in dem Text widerspiegelt.

Dein kleiner Text muss noch an die Geschichte angepasst werden. Ähnlich wie Modelliermasse. Trau' dich! Hah! Los gehts!
Ich werde es versuchen und schaue, dass ich für mich eine Zugang zu mehr Risiko bekommen kann!

Die ersten Sätze sind reine Klischees. Das ist ein hartes Urteil und in einer Textwerkstatt wie dieser wird dein Text trotzdem gelesen. Dennoch, sie beinhalten keine neuen Infos, sie setzen den Leser nicht in die Szene hinein.
Da muss ich mir noch einmal etwas überlegen, will unbedingt von diesen Klischees wegkommen und doch laufen sie mir immer wieder über den Weg. Möglicherweise müssen die ganzen Klischees erst einmal aus meiner Feder, bis dann neue und originellere Bilder entstehen (Kennst du die Geschichte von Neil Gaiman? Er hat gesagt, dass zunächst die ganzen schlechter Wörter rausmüssen und es darum geht, ins Schreiben zu kommen und keine Angst vor Fehlern oder schlechten Geschichten zu haben - "a million bad words".)

Das konzentriert mehr Interesse am Cappuccino. Auch hier, vlt szenischer sein:
Ja, den Punkt nehme ich mir mit. Tue mich mit den Beschreibungen und dem Aufbau einer Atmosphäre noch schwer, daher sehe ich das als eine gute Übung an. Probiere ich gleich mal aus.

Hier hatte ich den Eindruck, dass du einen unfreundlichen Typen mit komödiantischen Elementen zeigen willst. Der Name ist ja bisschen schräg. Aber warum nicht, einen etwas schrägeren Typen entwickeln. Vielleicht kannst du hier auch in der Szene bleiben, weniger zeigen, weniger erzählen, mehr erleben.
Mehr erleben, ja, ich kann das nachvollziehen.

Egal, bevor ich hier weiter- und weiterschreibe und ein illegales Copywrite veranstalte. Sorry!
Alles gut! Danke für deine Mühe, ich schätze das sehr, weil ich so eine neue Perspektive auf meinen Text bekomme. :-)

Solche Konstruktionen brauchst du nicht. Du beschreibst ja das Missgeschick, da brauchst du nicht sagen, dass es eins ist.
Habe ich angepasst.

Definitiv ein herrlicher satirischer Schatz. Der wütende Typ, der sinniert, wie er den doofen Doktor Snape austricksen kann. Deswegen ein Schatz, weil er mit Doktor Snape auf einer Ebene konkurriert. Auch hier könntest du meiner Ansicht nach wahnsinniger sein.
Noch wahnsinniger sein, ich nehme mir das mal mit und muss da noch etwas drüber reflektiere. Ich glaube, dass ich weiß, was du meinst (und zwar diese Risiken einzugehen).

Auch das hat man schon oft gelesen, würde ich lassen.
Ist gestrichen.

Auch hier könntest du den Park stärker beschreiben. Also, was sind das für Kiffer? Und wie steht Molly zu den Kiffern? Sind sie die, die es nicht geschafft haben? Unerfolgreiche Loser? Freunde der Drogenpsychose? Undisziplinierte? Oder die Fraktion grüner Buddha, die entspannt jeden Teich zu Jamaika denkt?
Mehr Szene, ja, ein besseres Auge für Details. Ich glaube, dass ich mir dazu selbst noch einmal den Park hier bei uns anschauen muss. Dieses Auge für Details entwickeln, daran werde ich arbeiten.

Vielen Dank für diesen Kommentar @kiroly, gibt mir zu Denken und ich habe einige Impulse, die noch in mir nachwirken. Wünsche dir einen schönen Sonntag und freue mich auch schon auf deine nächste Geschichte.

Beste Grüße
MRG

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @MRG,

eigentlich will ich gerade für den NaNoWriMo outlinen, aber irgendwie läufts gerade nicht so. Darum komm ich mal bei dir vorbei. So einer kleiner Flash-Fiction-Happen für zwischendruch, ist ja ne gute Sache, außerdem will ich mir Flash Fiction eh noch mal näher zu Gemüte führen, weil so richtig durchdrungen hab ich das alles irgendwie noch nicht. Also, los gehts. Vorneweg will ich sagen, dass ich wohl einige kritische Anmerkungen habe (die anderen Kommentare habe ich nur überflogen, drum verzeih, wenn das jetzt alles doppelt kommt), aber dass ich den Fluss vom Text, den Rhythmus und auch die Stimmung irgendwie gut fand. Am auffälligsten finde ich bzw. der größte Kritikpunkt ist eher ein konzeptioneller. MMn packst du zu viele Themen oder Geschichten in diesen Text, der ja FlashFiction sein soll. Da haben wir zunächst mal den Protagonisten, der Verkäufer in einer Bäckerei ist - denke ich. Klein und schmächtig, leicht zu verunsichern und die meisten Leute, die da so kommen, kann er sowieso nicht leiden. Also mMn machst du im ersten ja recht langen, einführenden Absatz ein Thema auf bzw. schürst du bei mir eine Erwartung und zwar irgendwie, die, dass die hauptfigur eine Mann ist, der sehr unglücklich ist und unzufrieden mit sich und seinem Leben. Eigentlich wäre er gerne groß und berühmt und irgendwie bedeutend ... tja, da kommt bei mir jetzt ehrlich gesagt, erstmal nicht so richtig viel Mitgefühl auf. Denn: Ja, ja, die Welt ist ungerecht, ich weiß.

„Molly“, sagt meine Kollegin und ich fühle ein kleines Stechen, der Name klingt immer so weiblich. „Nicht träumen, die Brötchen müssen nachgebacken werden.“ Ich nicke, gehe in den hinteren Teil des Ladens, der vor den Kunden verborgen ist, und schiebe vorgeformte Brötchenmasse in den Ofen. Das ist schließlich mein Job. Sobald ich fertig bin, gehe ich wieder nach vorne, um beim Verkauf zu unterstützen.
Das das schließlich der Job ist, wissen wir. könnte mMn auch raus. Dass der Name weiblich klingt, finde ich auch und frage mich, warum um alles in der Welt, Eltern ihrem Sohn so einen Namen geben oder ob das gar nicht sein Name ist, aber wie ist er dann zu diesem Namen gekommen?
DAnn kommt der Absatz mit Dr. Snape. Der wirkt ein bisschen wie eine Karikatur, also etwas übertrieben. Irgendwo in dne Kommentaren hatte ich was von Satire gelesen, die finde ich aber gar nicht im Text, aber ich könnte mir vorstellen, dass es dieses karikaturhafte ist, was andere Leser an Satire denken lässt. Da ist dann auch wieder die Frage an dich, was für ein Text das sein soll. Falls es eine Satire sein soll, und ich das total nicht mitgeschnitten habe, dann werden meine Anmerkungen wohl nicht passen.
Jedenfalls, ich glaube, dass Molly das gar nicht so dicke braucht, ihn würde auch schon eine hochgezogene Augenbraue, ein kritischer Blick usw verunsichern. "Ich gehe zur Konkurrenz", weil jemand aus Versehen die Gurken fallen lässt? Ok. Ich glaube, Arschlöcher würden vielleicht eher laut auflachen oder betont laut seufzen oder sagen: Lassen sie es einfach, das dauert ja ewig.
Seine Drohung ist nicht das schlimmste, am schlimmsten ist dieses Fräulein. Alle halten mich immer für eine Frau. Ob das wohl an meinem Namen liegt oder an meiner hohen Stimme oder an meinem Aussehen?
Bis hierher denke ich immer noch, dass es sich um einen Mann handelt, einen der sehr weiblich ist, aber trotz allem im Körper eines Mannes steckt. Da ich ja jetzt aber um das Trans-Thema weiß nach dem Lesen, kommt mir die Frage noch komischer vor als beim ersten Lesen. Er weiß doch, warum er von allen als Frau gehalten wird, weil er im Körper einer Frau geboren worden ist. WArum also die Frage? Wenn du mal reingehst in deinen Prot, dann denkt der doch in dieser Situation nicht wirklich: Ob das wohl an meinem Namen liegt? Was glaubst du denn, wenn du das wärst, was würdest du denken in diesem Moment? Das seine Drohung nicht das schlimmste ist, ergibt sich aus dem zweiten Satzteil und könnte also weg. Vielleicht sowas in der Art ... (nur als Beispiel)
Am schlimmsten ist dieses Fräulein. Ich hasse das, hasse diesen Körper.
Danach kommt wieder die Macht-Fantasie. Er stellt sich vor ein mächtiger Unternehmer zu sein. Er läuft in den Park.
Mein Blick wandert weiter nach links, dort liegen zwei Lindenblätter, ihre Form erinnert mich an zwei Herzen, die übereinander liegen. Ich fühle, wie Liebeskummer in mir aufsteigt
Ich habe keine Ahnung, wie man das nennt, aber hinsichtlich solcher Formulierungen köntnest du vielleicht noch einmal durchgehen. Die könntest du auch einfach weglassen und dein Text wird mMn viel stärker.
Dort liegen zwei Lindenblätter, wie zwei Herzen, die übereinander liegen. Liebeskummer steigt in mir auf.
Den aufsteigenden Liebeskummer könntest du auch noch mal konkretisieren, ZB: Ich denke an XY.
Groß und stark sein, das wäre jetzt entscheidend, denke ich. Ein Mann sein, das wäre jetzt das Beste.
Ich glaube, ich habe erst hier wirklich verstanden, dass es um einen transidenten Mann geht, weil er hier das erste Mal in GEdanken "zugibt" kein Mann zu sein. Bei dem Fräulein Meerkat von Dr. Snape, dachte ich zB noch, dass er halt wirklich irgendwie weiblich aussehen muss (er aber einen männlichen Körper hat trotz allem) und alle aus Versehen denken, dass er eine Frau sein. Vielleicht ist das auch noch mal eine Frage, der du für dich mal nachgehen kannst. Wie wäre denn die Situation anders, wenn der Prot eben so wie jetzt transident ist oder wenn er nicht transident ist, sondern mit primären männlichen Geschlechtsmerkmalen, aber mit sekundären weiblichen bzw fehlenden sekundären männlichen Geschlechtsmerkmalen.

Am Ende kommt dann noch ein weiteres MOtiv: Liebeskummer.

In Anbetracht dessen, dass ich auch keine Ahnung habe und eben rumprobiere und lerne, will ich dir trotzdem gerne meine Gedanken dalassen und du nimmst dir, was dir hilfreich erscheint. Ich würde mich auf ein Motiv, das Hauptmotiv, konzentrieren und das ist mMn das Geschlechtsidentitäts-Motiv. Das mit der unsicheren Persönlichkeit würde ich weglassen und auch den Liebeskummer. Du erzählst aus der Ich-Perspektive im Präsenz. Das ist jetzt meine ganz persönliche Meinung, naja, wie alles andere auch, egal, jedenfalls finde ich Präsenz-Ich-Erzähler "müssen" (zu starkes Wort) in media res gehen. Oder anders: Ich finde das leichter fürs Schreiben, sonst macht so vieles keinen Sinn, finde ich. Das würde bedeuten, der erste Absatz fliegt komplett raus und du startest in einer Situation in der Bäckerei, kein Eingeleite etc. ZB Mit der Kollegin,die Molly sagt oder mit Dr. Snape. Dann könntest du mal probieren alle erklärenden Sätze wegzulassen.

„Molly“, sagt meine Kollegin und ich fühle ein kleines Stechen, der Name klingt immer so weiblich. „Nicht träumen, die Brötchen müssen nachgebacken werden.“ Ich nicke, gehe in den hinteren Teil des Ladens, der vor den Kunden verborgen ist, und schiebe vorgeformte Brötchenmasse in den Ofen. Das ist schließlich mein Job. Sobald ich fertig bin, gehe ich wieder nach vorne, um beim Verkauf zu unterstützen.
Dann kommt Dr. Snape. Da könntest du auch etwas vom ersten Absatz hinzufügen. Und dann sagt er Fräulein Meerkat und sie denkt: Ich hasse diesen Körper. Du könntest die Wahrnehmung oder Haltung zum eigenen Körper statt dieser Unsicherheitspassagen mehr herausarbeiten. Vielleicht wäre es auch nicht schlecht, mal in einem Forum von transidenten Personen zu lesen, mit was für Problemen sie so konfrontiert sind im Inneren und im Außen. Und vielleicht könnte er ja am Ende der Geschichte zu dem Entschluss kommen, sich zu outen - vor wem auch immer, denn mir scheint, das hat er noch nicht getan. Vielleicht vor der Kollegin oder vor der Person, die er anruft. Das muss ja gar nicht so dramatisch Liebeskummermäßig sein, das könnte ja auch seine Freundin oder sein Freund sein und er ruft an und sagt, einfach nur, wir müssen reden oder so. Dann hättest du auf jeden Fall auch eine Entwicklung drin. Allerdings ist es dann schon wichtig, näher an die Person zu gehen, also quasi in die Person abzutauchen, damit ich als Leserin auch näher rankomme.
Viele Grüße
Katta

 

Hallo @Katta,

vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar, es freut mich sehr, dass du dir die Zeit genommen hast. Da steckt wieder viel drin:

Vorneweg will ich sagen, dass ich wohl einige kritische Anmerkungen habe (die anderen Kommentare habe ich nur überflogen, drum verzeih, wenn das jetzt alles doppelt kommt), aber dass ich den Fluss vom Text, den Rhythmus und auch die Stimmung irgendwie gut fand.
Kritische Anmerkungen finde ich gut, das hilft mir dabei, meinen Text kritischer zu beleuchten und mich zu verbessern; ansonsten hat es mich gefreut, dass der Fluss des Textes für dich gepasst hat.

Am auffälligsten finde ich bzw. der größte Kritikpunkt ist eher ein konzeptioneller. MMn packst du zu viele Themen oder Geschichten in diesen Text, der ja FlashFiction sein soll.
Das kann ich gut nachvollziehen. Ich habe den Text als ein Experiment angesehen, mal etwas anders schreiben, anders anfangen und versuchen mit diesen Erwartungen zu spielen (ich mich da von einer Vorlage inspirieren lassen, wo erst am Ende klar wird, um was es in Wirklichkeit geht).
Also mMn machst du im ersten ja recht langen, einführenden Absatz ein Thema auf bzw. schürst du bei mir eine Erwartung und zwar irgendwie, die, dass die hauptfigur eine Mann ist, der sehr unglücklich ist und unzufrieden mit sich und seinem Leben.
Genau, die Erwartung am Anfang, die in eine falsche Fährte führt; allerdings sehe ich ein, dass es verwirrend sein kann und das ist absolut nicht mein Ziel gewesen. Ich weiß nicht genau, wie ich das verbessern kann und ob ich das bei diesem Text überhaupt machen will.

Das das schließlich der Job ist, wissen wir. könnte mMn auch raus.
Ist gestrichen, hat mich überzeugt.

Da ist dann auch wieder die Frage an dich, was für ein Text das sein soll. Falls es eine Satire sein soll, und ich das total nicht mitgeschnitten habe, dann werden meine Anmerkungen wohl nicht passen.
Ich sehe den Text als ein Experiment an und je mehr Abstand ich bekomme, desto stärker kann ich sehen, dass es noch viele Schwierigkeiten gibt. Ich habe es nicht als Satire angelegt oder irgenwie geplant, dass es so wirken soll. Entscheidend waren für mich zwei Dinge: Erstens mit Fakten einsteigen, eine Erwartung aufbauen und am Ende dreht sich dann doch noch einmal die Perspektive. Zweitens wollte ich den Ablauf in der Bäckerei einbringen und üben, wie sich das anfühlt.

Bis hierher denke ich immer noch, dass es sich um einen Mann handelt, einen der sehr weiblich ist, aber trotz allem im Körper eines Mannes steckt. Da ich ja jetzt aber um das Trans-Thema weiß nach dem Lesen, kommt mir die Frage noch komischer vor als beim ersten Lesen. Er weiß doch, warum er von allen als Frau gehalten wird, weil er im Körper einer Frau geboren worden ist. WArum also die Frage?
Interessante Rückmeldung. Die Frage ist glaube ich wirklich mehr für den Leser oder die Leserin geschrieben, um diese falsche Fährte anzukündigen und das ganze nicht so aus der Luft zu greifen. Hm, ich finde, dass das wohl einer der größten Schwachpunkte des Textes ist und der Text stößt da an seine Grenzen, bzw. ich als Autor.

Ich habe keine Ahnung, wie man das nennt, aber hinsichtlich solcher Formulierungen köntnest du vielleicht noch einmal durchgehen. Die könntest du auch einfach weglassen und dein Text wird mMn viel stärker.
Das ist mir noch nicht so klar geworden: Was genau meinst du mit diesen Formulierungen? Also keine Gefühle benennen oder nicht die Richtung angeben, in die geschaut wird? Da konnte ich noch kein Muster für mich erkennen, würde das allerdings gerne verstehen.

Ich glaube, ich habe erst hier wirklich verstanden, dass es um einen transidenten Mann geht, weil er hier das erste Mal in GEdanken "zugibt" kein Mann zu sein. Bei dem Fräulein Meerkat von Dr. Snape, dachte ich zB noch, dass er halt wirklich irgendwie weiblich aussehen muss (er aber einen männlichen Körper hat trotz allem) und alle aus Versehen denken, dass er eine Frau sein.
Spannende Rückmeldung, das hilft mir dabei, dass ich es besser abschätzen kann, wie das wirkt. Danke!

Ich würde mich auf ein Motiv, das Hauptmotiv, konzentrieren und das ist mMn das Geschlechtsidentitäts-Motiv. Das mit der unsicheren Persönlichkeit würde ich weglassen und auch den Liebeskummer.
Das kann ich auch nachvollziehen: Es ist ziemlich voll und ich lasse mir wenig Zeit, die Motive wirklich auszuarbeiten. Muss allerdings sagen, dass ich den Text insofern für mich interessant fand, als dass ich mal etwas ganz anderes ausprobiert habe.

Das würde bedeuten, der erste Absatz fliegt komplett raus und du startest in einer Situation in der Bäckerei, kein Eingeleite etc. ZB Mit der Kollegin,die Molly sagt oder mit Dr. Snape. Dann könntest du mal probieren alle erklärenden Sätze wegzulassen.
Mir ist dieser erste Absatz schon mit am wichtigsten, weil das eben für mich das Ziel oder besser: das Experiment war.

Du könntest die Wahrnehmung oder Haltung zum eigenen Körper statt dieser Unsicherheitspassagen mehr herausarbeiten.
Ich befürchte, dass ich da schnell in Klischees verfallen würde, weil ich mich da nicht so gut auskenne. Hatte dazu ein Gespräch, was mich überhaupt erst auf die Schwierigkeit der eigenen Identitätsfindung aufmerksam gemacht hat, aber zu 100% kann ich es nicht erleben, weil es bei mir nicht so ist.

Allerdings ist es dann schon wichtig, näher an die Person zu gehen, also quasi in die Person abzutauchen, damit ich als Leserin auch näher rankomme.
Ja, das erinnert mich ein bisschen an die Problematik, die ich bei "Grüne Hölle" hatte. Da habe ich auch versucht etwas zu schildern, dass ich nicht vollständig greifen kann. In diesem Fall ist das ähnlich; ist gerade eine interessante Erkenntnis. Ich schreibe gerne über Dinge, die mich interessieren und die ich eben noch nicht selbst erlebt habe (gibt mir das Gefühl, etwas Neues zu entdecken und meinen Horizont zu erweitern bzw. meine Perspektive zu verändern). Da muss ich für mich noch einen guten Weg finden, dass ich nicht in diese Klischees verfalle. Wahrscheinlich ist es so wie du vorgeschlagen hast, eine ausführlichere Recherche könnte mir da sehr weiterhelfen.

Vielen Dank für deinen ausführlichen und guten Kommentar, sehe das nicht als selbstverständlich an. Ich wünsche dir viel Erfolg beim Outlinen (habe nachgeschaut, was NaNoWriMo bedeutet, klingt ziemlich interessant).

Beste Grüße
MRG

 

Hallo @MRG,

Ich sehe den Text als ein Experiment an ... Entscheidend waren für mich zwei Dinge: Erstens mit Fakten einsteigen, eine Erwartung aufbauen und am Ende dreht sich dann doch noch einmal die Perspektive. Zweitens wollte ich den Ablauf in der Bäckerei einbringen und üben, wie sich das anfühlt.
Wenn du magst, schreib doch noch mal, was jetzt genau dein Ziel war bzw. die Übung.
Zu deinem zweiten Punkt will ich sagen, dass ich das gelungen finde, das sind für mich die besten Stellen im Text. Für mich könntest du da sogar noch etwas genauer werden in deinen Beschreibungen, dir mehr Zeit lassen.

Die Frage ist glaube ich wirklich mehr für den Leser oder die Leserin geschrieben, um diese falsche Fährte anzukündigen und das ganze nicht so aus der Luft zu greifen. Hm, ich finde, dass das wohl einer der größten Schwachpunkte des Textes ist und der Text stößt da an seine Grenzen, bzw. ich als Autor.
Ich glaube, falsche Fährten, sind wirklich schwierig (da kann der Leser auch schnell mal genervt von sein), und ich weiß hier noch nicht einmal, was die falsche Fährte sein soll. Was wolltest du denn eigentlich ganz konkret mit dem Text erreichen?

Das ist mir noch nicht so klar geworden: Was genau meinst du mit diesen Formulierungen? Also keine Gefühle benennen oder nicht die Richtung angeben, in die geschaut wird? Da konnte ich noch kein Muster für mich erkennen, würde das allerdings gerne verstehen.
Ja, schwierig für mich zu erklären. Ich glaube, dass es zum einen um Genaugikeit geht in der Sprache, aber auch um Effizienz. Kein Wort zuviel, kein Satz zuviel. Lieber zu wenig, könnte vielleicht eine hilfreiche Devise sein. Dann kannst du nachliefern, wenn jemand nicht versteht, aber zu viel endet schnell in Geplapper. Du erklärst, glaube ich, insgesamt zu viel. Trau dich ruhig etwas wegzulassen, Stellen und Fragen offen zu lassen. Zum Beispiel mit dem Blick: Wenn ich zwei Lindenblätter sehe, ist doch klar, dass ich dort hinschaue, denn sonst würde ich sie ja nicht sehen, also muss ich doch nicht hinzufügen, dass ich meinen Blick nach links wende und sie sehe, das ist doch eigentlich keine Information, die den Text voranbringt. Wenn ich deinen ersten Absatz mal nehme und jetzt so ein klitzekleinwenig ahne, was du erreichen wolltest, dann kann mMn trotzdem die Hälfte weg.

Wenn du Lincoln erwähnst, weiß jeder wer gemeint ist. Berühmt ist darum überflüssig. Du erwähnst zwei berühmte Männer und deren Körpergröße, das sagt ja etwas aus und ich vermute, dass Körpergröße irgendein wichtiges Ding für deinen Prot ist. Darum würde ich das mit der Vorstellung streichen, denn eigentlich wirkt es als wolltest du als Autor sichergehen, dass ich auch wirklich alles richtig verstehe. Und auch das mit der Wahrheit kann weg, denn was dann folgt, glaube ich auch ohne diese Ankündigung. DIe Wahrheit ist ... würde für mich in dem Text nur Sinn machen, wenn deine Figur oft lügen würde oder es in dem Text generell um Wahrheit und Lügen und so geht. Statt "Ich bin weder groß, noch ..." könntest du auch schreiben, wie groß die Person ganz konkret ist, dass sie nicht berühmt ist oder nicht Präsident kann ich mir denken, wenn sie sagt, sie arbeite in einer Bäckerei. Warum ist es wichtig, dass ich weiß, dass die Figur die meisten Kunden nicht leiden kann? Und dass Dr. Snape besonders schlimm ist? Im ersten Absatz führst du deinen Prot ein, diese Einführung muss nicht die gesamte Persönlichkeit des Prots umfassen. Du führst ein Setting und einen Prot ein, damit der Leser orientiert ist. Aha, es geht um einen Bäckereiverkäufer, der ein Problem mit seiner Körpergröße hat, das reicht ja fürs erste, seine hundert anderen Probleme interessieren erstmal nicht, auch nicht Dr. Snape (nur (m)eine Meinung natürlich). Ich meine, wenn du jemanden triffst um RL, dann sagst du doch auch nicht: Hallo, ich bin MRG, ich mag keinen Käsekuchen, und hasse Unpünktlichkeit, manchmal schaue ich Fußball im Fernsehen, aber eigentlich ich bin kein großer Fußballfan ... So ist es beim Schreiben auch, denke ich. Lass der Beziehung zum Leser Zeit. Gib dem Leser die Möglichkeit, zu vermuten, zu interpretieren und ja, auch falsch zu liegen. Trau dich, nicht alles zu erzählen.
Dann bliebe vom ersten Absatz sowas wie:

Abraham Lincoln war ein Meter dreiundneunzig groß, Nelson Mandela ein Meter fünfundachtzig. Ich bin einsdreiundsechzig und arbeite in einer Bäckerei, trage ein weißes Polohemd und eine weiße Schürze, packe Brötchen in Tüten, schneide Brote und zaubere Cappuccinos, auf die ich mit Kakaopulver ästhetische Muster postiere/streue. Meinen Kunden wünsche ich beim Abschied einen schönen Tag.
Ich vermute, die meisten würden denken, es handele sich um einen Mann, weil du ja Lincoln und Mandela erwähnst. Als Leserin würde ich an dieser Stelle vermuten, dass der Prot ein Problem mit seiner Größe hat, ohne dass du es mir explizit gesagt hättest. Und dann kannst du weitergehen im Text und sich die Geschichte entfalten lassen ...

Ich befürchte, dass ich da schnell in Klischees verfallen würde, weil ich mich da nicht so gut auskenne. Hatte dazu ein Gespräch, was mich überhaupt erst auf die Schwierigkeit der eigenen Identitätsfindung aufmerksam gemacht hat, aber zu 100% kann ich es nicht erleben, weil es bei mir nicht so ist.
[...]
Ja, das erinnert mich ein bisschen an die Problematik, die ich bei "Grüne Hölle" hatte. Da habe ich auch versucht etwas zu schildern, dass ich nicht vollständig greifen kann. In diesem Fall ist das ähnlich; ist gerade eine interessante Erkenntnis. Ich schreibe gerne über Dinge, die mich interessieren und die ich eben noch nicht selbst erlebt habe (gibt mir das Gefühl, etwas Neues zu entdecken und meinen Horizont zu erweitern bzw. meine Perspektive zu verändern). Da muss ich für mich noch einen guten Weg finden, dass ich nicht in diese Klischees verfalle. Wahrscheinlich ist es so wie du vorgeschlagen hast, eine ausführlichere Recherche könnte mir da sehr weiterhelfen.
Wenn du nicht weißt, wie sich etwas anfühlt bzw. wenn du dir das nicht im Detail vorstellen kannst, dann würde ich nicht darüber schreiben. Ist aber vielleicht nur meine Meinung. Du könntest ja in deinem Kopf ein kurzes Interview mit einer potenziellen Figur führen und wenn du merkst, dass du auf viele Fragen keine Antworten hast, dann ist es vielleicht nicht die richtige Figur oder du solltest sie besser kennenlernen. Das du deine Figuren kennst, ist mMn schon eine notwendige Bedingung beim Schreiben.

Viele Grüße
Katta

 

Guten Abend @Katta,

bitte entschuldige die späte Antwort, diese Woche war echt voll und ich möchte dir gerne eine ausführliche Antwort auf deinen schönen Kommentar geben:

Wenn du magst, schreib doch noch mal, was jetzt genau dein Ziel war bzw. die Übung.
Zu deinem zweiten Punkt will ich sagen, dass ich das gelungen finde, das sind für mich die besten Stellen im Text. Für mich könntest du da sogar noch etwas genauer werden in deinen Beschreibungen, dir mehr Zeit lassen.
Die Übung war, dass ich mit drei Fakten starten wollte und dann die Überleitung mit dem "Die Wahrheit ist:" machen wollte. Zudem habe ich mich an dem Grundkonzept, dass nicht genau klar ist, wer der Prota eigentlich ist und man ihn erst für einen Mann hält, um dann am Ende doch darauf zu kommen, dass es sich um eine Frau handelt. Je mehr Abstand ich jedoch von meinem Text habe, desto schlechter gefällt er mir. Es war ein Experiment und ich bin froh, dass ich es ausprobiert habe - allerdings habe ich eine grundlegende Überarbeitung vor. Dafür lasse ich den Text noch etwas liegen und gehe dann noch einmal mit dem Rotstift dran.

Ich glaube, falsche Fährten, sind wirklich schwierig (da kann der Leser auch schnell mal genervt von sein), und ich weiß hier noch nicht einmal, was die falsche Fährte sein soll. Was wolltest du denn eigentlich ganz konkret mit dem Text erreichen?
Ja, das sehe ich direkt ein und ich ärgere mich im Nachhinein etwas, dass es doch so verwirrend ist. Das werde ich für weitere Texte so nicht noch einmal machen; vielen Dank für deine Rückmeldung.

Ja, schwierig für mich zu erklären. Ich glaube, dass es zum einen um Genaugikeit geht in der Sprache, aber auch um Effizienz. Kein Wort zuviel, kein Satz zuviel.
Da gehe ich mit, doch für mich ist die hohe Kunst noch, zu entscheiden, was notwendig ist und was nicht. Denke, dass das normal ist und mit der Zeit immer besser werden wird.

Du erklärst, glaube ich, insgesamt zu viel. Trau dich ruhig etwas wegzulassen, Stellen und Fragen offen zu lassen. Zum Beispiel mit dem Blick: Wenn ich zwei Lindenblätter sehe, ist doch klar, dass ich dort hinschaue, denn sonst würde ich sie ja nicht sehen, also muss ich doch nicht hinzufügen, dass ich meinen Blick nach links wende und sie sehe, das ist doch eigentlich keine Information, die den Text voranbringt.
Interessanter Punkt. Das nehme ich mir auf jeden Fall für die Überarbeitung mit, weniger erklären und den Lesenden noch mehr vertrauen. Finde ich einen guten Punkt und dein Beispiel finde ich einleuchtend.

Wenn du Lincoln erwähnst, weiß jeder wer gemeint ist. Berühmt ist darum überflüssig. Du erwähnst zwei berühmte Männer und deren Körpergröße, das sagt ja etwas aus und ich vermute, dass Körpergröße irgendein wichtiges Ding für deinen Prot ist. Darum würde ich das mit der Vorstellung streichen, denn eigentlich wirkt es als wolltest du als Autor sichergehen, dass ich auch wirklich alles richtig verstehe.
Ich hadere mit dem Anfang, gerade auch durch deine Erläuterungen. Möglicherweise habe ich es mir hier zu einfach gemacht und zu viel übernommen, auch wenn ja genau das die Übung war. Da ist auf jeden Fall noch einiges an Verbesserungspotential vorhanden. Zudem muss ich für mich auch noch entscheiden, welches Thema ich genau beleuchten möchte: Minderwertigkeitskomplex, Identitätskrise oder Liebeskummer. So ist es zu voll, das sehe ich ein.

DIe Wahrheit ist ... würde für mich in dem Text nur Sinn machen, wenn deine Figur oft lügen würde oder es in dem Text generell um Wahrheit und Lügen und so geht. Statt "Ich bin weder groß, noch ..." könntest du auch schreiben, wie groß die Person ganz konkret ist, dass sie nicht berühmt ist oder nicht Präsident kann ich mir denken, wenn sie sagt, sie arbeite in einer Bäckerei.
Ja, das kam aus der Übung. Ich finde deinen Punkt allerdings nachvollziehbar. Ich denke, dass ich das Konzept umstoße und den Anfang grundlegende verändere.

Warum ist es wichtig, dass ich weiß, dass die Figur die meisten Kunden nicht leiden kann? Und dass Dr. Snape besonders schlimm ist? Im ersten Absatz führst du deinen Prot ein, diese Einführung muss nicht die gesamte Persönlichkeit des Prots umfassen.
Das gehört für mich zu dem Charakter, das ist etwas, womit er sich Tag für Tag auseinandersetzen muss und ein zentraler Bestandteil für ihn in der Bäckerei.

Hallo, ich bin MRG, ich mag keinen Käsekuchen, und hasse Unpünktlichkeit, manchmal schaue ich Fußball im Fernsehen, aber eigentlich ich bin kein großer Fußballfan ... So ist es beim Schreiben auch, denke ich. Lass der Beziehung zum Leser Zeit. Gib dem Leser die Möglichkeit, zu vermuten, zu interpretieren und ja, auch falsch zu liegen. Trau dich, nicht alles zu erzählen.
Für die Länge des Texte finde ich das schwierig; kann allerdings gut damit gehen, nicht alles zu erzählen und noch mehr auf die Lesenden zu vertrauen.

ch vermute, die meisten würden denken, es handele sich um einen Mann, weil du ja Lincoln und Mandela erwähnst. Als Leserin würde ich an dieser Stelle vermuten, dass der Prot ein Problem mit seiner Größe hat, ohne dass du es mir explizit gesagt hättest. Und dann kannst du weitergehen im Text und sich die Geschichte entfalten lassen ...
Ich mag deinen Einstieg, das liest sich gut. Allerdings möchte ich mir etwas Zeit lassen, um zu entscheiden, welches Thema ich denn eigentlich in den Vordergrunds stellen möchte. Das habe ich gerade noch nicht entschieden.

Wenn du nicht weißt, wie sich etwas anfühlt bzw. wenn du dir das nicht im Detail vorstellen kannst, dann würde ich nicht darüber schreiben.
Kann ich nachvollziehen, gerade, weil es dann eben auch schnell in Klischees ausufert. Bin noch dabei, dass ich das für mich akzeptiere und mich mehr auf alltäglichere Situationen konzentriere.

Das du deine Figuren kennst, ist mMn schon eine notwendige Bedingung beim Schreiben.
Das ist eine wichtige Voraussetzung, ja, das sehe ich auch. Allerdings bin ich kein Fan davon, eine komplette Biografie zu verfassen. Das ist mir dann zu viel; sie gut zu kennen und vor Augen zu haben, ist da für mich noch einmal etwas anders.

Vielen Dank für deinen schönen Kommentar; er bringt mich zum Nachdenken und ich weiß, dass ich den Text so nicht stehen lassen will. Sobald ich wieder mehr Zeit habe, setze ich mich da dran und bis dahin werde ich ihn etwas liegen lassen.

Wünsche dir einen guten Start in die neue Wochen und bedanke mich für deine Geduld.


Beste Grüße
MRG

 

Hallo @MRG

zuerst muss ich ja loswerden, dass du hier einem unfreundlichen Typen den Spitznamne Snape gibst, geht ja gar nicht! Wir wissen alle, dass er ein Held ist! :dagegen:

Zu deinem Text: Mir ist nicht klar, was du hier erzählen willst. Es geht um diesen Job, um Unsicherheit bzgl. der eigenen Fähigkeiten, aber auch bzgl. des eigenen Aussehens, des Wirkens auf andere.

Dann aber:

Mir fällt wieder das Graffiti auf: Warum Hunde lieben und Schweine essen? Ich frage mich, wer das wohl geschrieben hat?
Was hat diese Stelle mit dem Text zu tun?

Ich fühle, wie Liebeskummer in mir aufsteigt: Wünsche mir doch nichts mehr, als ihr nah zu sein - genau wie die beiden herzförmigen Blätter, die sich aneinander kuscheln.
Und nun Liebeskummer? Nur wegen zwei blattförmigen Blättern?

„Na Süße, was machste denn hier so ganz alleine?“
Jetzt noch sexuelle Belästigung. Holla die Waldfee, du gibst aber auch alles.

Ich tippe auf mein Handy. Es klingelt mehrfach und ich sage: „Ich … ich … brauche dich … bitte ...“
Sie antwortet nicht. Ich höre ein kurzes Piepen. Das Gespräch ist beendet.
Ich gehe davon aus, dass hier die Frau am anderen Ende ist, wegen der es auch Liebeskummer gibt?

Und was hat das nun mit dem Job in der Bäckerei zu tun?

Ich sehe da die Zusammenhänge nicht und verstehe auch nicht, was du hier sagen bzw erzählen willst.

Einige Szenen empfinde ich als übertrieben, etwas klamaukig, wie zum Beispiel die Szene in der die Gurkenscheiben runterfallen und der Kunde ausflippt. Falls der Text in Richtung Satire gehen soll, wie von manchen angesprochen wurde, müsste das aber noch mehr drüber sein. So empfinde ich es als übertrieben, als unecht. Ich glaube weder dem Kunden, dass er so ausflippt, noch dem Protagonisten, dass er einfach rausrennt.

Du merkst, ich bin noch nicht ganz so überzeugt, was aber ja auch nicht das Ziel sein soll. Aber vllt ist ja irgendwas dabei, dass dir hilft den Text so zu entwickeln wie du ihn haben möchtest.

Viele Grüße,
NGK

 

Hallo @Nichtgeburtstagskind,

vielen Dank für deinen Kommentar! :-)

Ich bin gerade dabei, mir selbst Fragen darüber zu stellen, auf welches Thema ich den Text ausrichten kann. Deine Anregungen gehen also genau in diese Richtung. So wie er jetzt hier steht, kann ich ihn sicher nicht lassen. Schäme mich mittlerweile auch etwas für den Text, je mehr Abstand ich gewinne. Tja, ich glaube, dass das durchaus etwas Gutes ist, weil ich meine eigenen Fehler klarer sehen kann. So jetzt zu deinem Kommentar:

zuerst muss ich ja loswerden, dass du hier einem unfreundlichen Typen den Spitznamne Snape gibst, geht ja gar nicht! Wir wissen alle, dass er ein Held ist!
Habe gerade Band 6 beendet und auch, wenn ich weiß, dass er ein Held ist, ist sein Verhalten gegenüber Harry unter aller Sau ... (als ich das erste Mal Band 6 gelesen habe, habe ich Snape abgrundtief gehasst, auch wenn er in Band 7 dann der Held ist, krieg ich das nicht mehr so leicht raus haha :D).

Was hat diese Stelle mit dem Text zu tun?
Habe mir eine Bank bei uns in echt angeguckt und dabei ist mir dieses Detail aufgefallen, deshalb habe ich es mit aufgenommen; aber es lenkt natürlich ab und macht ein neues Fass auf, das kann ich mit etwas Abstand klar sehen.

Und nun Liebeskummer? Nur wegen zwei blattförmigen Blättern?
Ja, deine Kritik ist sehr verständlich. Vielleicht als Hintergrund: Ich habe den Text als Experiment angesehen, wo ich viele unterschiedliche Substanzen zusammengemischt habe - allerdings gefällt mir das Ergebnis selbst nicht.

Jetzt noch sexuelle Belästigung. Holla die Waldfee, du gibst aber auch alles.
Das Thema hatte ich gar nicht intendiert; interessante Rückmeldung.

Ich sehe da die Zusammenhänge nicht und verstehe auch nicht, was du hier sagen bzw erzählen willst.
Schade, dass es für dich nicht funktioniert hat; allerdings kann ich gut nachvollziehen, weshalb du die Zusammenhänge nicht sehen kannst.

Einige Szenen empfinde ich als übertrieben, etwas klamaukig, wie zum Beispiel die Szene in der die Gurkenscheiben runterfallen und der Kunde ausflippt. Falls der Text in Richtung Satire gehen soll, wie von manchen angesprochen wurde, müsste das aber noch mehr drüber sein.
Ich hatte es nicht als Satire angelegt, also das war nicht geplant.

o empfinde ich es als übertrieben, als unecht. Ich glaube weder dem Kunden, dass er so ausflippt, noch dem Protagonisten, dass er einfach rausrennt.
Auch eine interessante Rückmeldung. Ich frage mich gerade, ob ich nicht all den Balast rausstreichen soll und mich auf die Bäckerei fokussieren soll, mit nur einem Thema im Fokus. Denke, dass ich das so angehe. Jetzt kommt mir der Text noch sehr klischeehaft und überhastet vor.

Du merkst, ich bin noch nicht ganz so überzeugt, was aber ja auch nicht das Ziel sein soll. Aber vllt ist ja irgendwas dabei, dass dir hilft den Text so zu entwickeln wie du ihn haben möchtest.
Auf jeden Fall, ich kann viel mit deinem Kommentar anfangen. Werde allerdings noch einige Tage brauchen, bis ich Zeit für eine Überarbeitung habe. Die Punkte nehme ich mir mit.

Wünsche dir eine gute Restwoche.


Beste Grüße
MRG

 

Edit: Ich habe mich komplett auf die Bäckerei fokussiert und versucht die guten Stellen zu erweitern und den Fokus stärker auf ein einziges Thema zu richten. Musste es doch jetzt schon komplett umarbeiten, weil ich den Text so einfach nicht stehen lassen konnte.

Vielen Dank für die guten Anregungen!

 

Hallo @MRG und schwup di wupp steht hier eine andere Geschichte. Okay, aber das kommt mir verdammt bekannt vor, ich verzettele mich auch gerne in zuvielen Ideen. Jetzt ist es auf alle Fälle übersichtlich, vielleicht sogar schon ein bisschen zu brav, aber als Geschichte viel klarer.

Licht strömt aus dem Fenster, die Strahlen berühren die Holzbalken des Fachwerkhauses, in dem seit achtzig Jahren die Bäckerei beheimatet ist. Bevor die Sonne aufgeht, ist es der schönste Ort der Innenstadt.
Ich finde, dass ist eine bezaubernde Einstiegsidee (gerade weil Du es zum Ende hin schließt), aber ich habe es erst ganz sachlich gelesen. Also ohne romantischen/emotionalen Hintergedanken und dann ist es ein seltsamer Einstieg. Weil, warum ist es schön, bevor die Sonne aufgeht. Also in Klartext: ja, mit Verspätung habe ich kapiert, was Du mir sagen möchtest, aber vielleicht geht es noch etwas gefühlsbetonter? Denn wenn ich es richtig lese, dann ist hier doch jemand von seiner Arbeit und seinem Arbeitsplatz total überzeugt und fühlt sich absolut am rechten Platz.

Bevor die Sonne aufgeht, ist es der schönste Ort der Innenstadt. Die umliegende Parfümerie und der Teeladen sind dagegen nichts als leere, alte Gebäude. Ich liebe diesen morgendlichen Anblick, bevor die Stadt aufwacht und die Kunden uns ihre Wünsche zurufen.
Hier habe ich es verstanden, aber wie gesagt. Kleinkariert von mir, aber die Pafemerie und der Teeladen sind keine Gebäude, sondern deren Miter/Bewohner/Nutzer. Umliegend erscheint mir nicht korrekt, vielleicht benachbarte?

Mir ist in diesen Momenten, als würde die Bäckerei nur für mich existieren; als hätten wir ein geheimes Abkommen, dass sie immer für mich da sein wird und wir gemeinsam die Zeit überdauern.
Ja, so empfinde ich den Text, noch cooler würde ich es finden, wenn Du ein bisschen nachjustierst und dann auf diesen Satz verzichten kannst.

dem Werbeslogan auf meinem Rücken („Gutes Brot. Guter Tag.“);
Braucht es die Klammer, schaut einfach optisch seltsam aus.

schiebe ich vorgebackene Brötchen in den Ofen und helfe bei der Anordnung der Teilchen und Kuchen.
Hier fiel mir spontan eine meiner eigenen recht bösen Anfangskritiken ein. Komm schon, so technisch denkt der/die Bäckereifachverkäuferin jetzt nicht wirklich. Mach mir Appetit. Der Finger rutscht fast in die Buttercreme der Eclairs, die Franzbrötchen tropfen und kleben, so saftig sind sie heute und es duftet nach Anis aus dem Zuckerguss der Amerikaner. Nein, natürlich wohl nicht so fett, aber ich möchte es erleben, die Liebe zur Bäckerei , den Kuchen und den meisten Menschen.

In Gedanken sage ich: „Wie heißt das Zauberwort? Genau: bitte.“ Doch mittlerweile bin ich schon zu sehr daran gewöhnt, dass viele meine Arbeit für selbstverständlich nehmen.
Eigentlich müsste es auch ohne den letzten Satz gehen, trau mir als Leserin doch etwas zu.

Stolz stelle ich mein Kunstwerk auf den Tresen, nur um zu sehen, wie sie ohne auch nur zu schauen, einen Plastikdeckel auf den Becher drückt.
Das finde ich gut. das kann ich voll nachvollziehen und empfinden.

„Ich kann das nicht entscheiden“, gebe ich defensiv zurück.
Hört sich schräg an, immerhin ist die Entscheidung über Preiserhöhung ja schon gefallen.

„Schönen Tag noch“, rufe ich ihr hinterher und bilde mir ein, dass ich meinen ironischen Tonfall gut unterdrückt habe.
mag ich.

Er gibt mir immer das Gefühl, als sei ich weniger wert als andere Menschen. Einmal sagte er doch tatsächlich: „Wie lange wollen Sie das noch machen. Erbärmlich.“
Das widerspricht sich für mich etwas. Wenn er auf sie/ihn hinabschaut, also für weniger Wert hält, ist dann der Platz hinterm Tresen nicht angemessen? Denn den zweiten Satz verstehe ich so, dass er den Job als Minderwertig ansieht. Oder lese ich da was falsch?

und ich bekam die Empfindung, dass er mir am liebsten jegliche Freude an meinem Job austreiben wollte.
Zu sehr Zaunpfahl. Wenn ich es aus meiner Gärtnerinnenperspektive deuten soll, dann leuchtet solchen Leuten gar nicht ein, dass ich soviel Spaß an meinem Beruf habe!

„Ach, Sie schon wieder“, schnauzt er. „Machen Sie mir einen Kaffee fertig, aber dalli. Und zwei Erdbeerkuchen.“
Ne, komm! Okay, Du solltest ihn böser machen, aber mit dem Spruch würde er doch aus einer ordentlichen Bäckerei rausfliegen. Das muss doch irgendwie suptiler kommen. so nach dem Motto "schaffen Sie das ebentuell auch schnell?" und höhnischem Grinsen.

. Suchen Sie sich doch endlich einen vernünftigen Job.“
Wenn er aber doch denkt, mehr kann derjenige gar nicht, er sieht doch die Anforderungen gar nicht, die Vielseitigkeit und die Herausforderungen.

aber immer war da die Verbindung zu meiner Bäckerei, die in der Dunkelheit leuchtete und mit mir ein geheimes Abkommen der Zeitlosigkeit geschlossen hatte. Eine Endzeitstimmung überkommt mich, als ich nach Hause gehe.
Schön rund geschlossen, mag ich.
Generell fehlt mir irgendwie ein kleiner Bruch, egal, ob es ein Aufblitzen von Mut/Übermut oder ein richtig derber Konter, aber halt nur hinten in der Backstube, weil traut er sich dann doch nicht, sorry, meine Fantasie ist auch nicht toll, ich bin meist auch viel zu brav.
Auf alle Fälle ist die Geschichte jetzt klar und strukturiert.
Liebe Grüße und ein schönes Wochenende
witch

 

Guten Abend @greenwitch,

vielen Dank für deinen Besuch. Ich habe deine Anmerkungen eben schon gelesen und den Text noch einmal gründlich überarbeitet. Du hast viele gute Hinweise für mich im Gepäck gehabt. Ich habe vor allem den Anfang verändert und versucht, dass es etwas erlebnisorientierter ist. Allerdings habe ich den letzten Satz des ersten Abschnitts dringelassen, weil ich den zentral finde und noch keinen besseren Weg gefunden habe, wie ich das gleiche ausdrücken kann. Ansonsten habe ich mich dazu entschieden, einen Bruch bzw. einen Konflikt einzubauen: Dafür habe ich die erste Kundin rausgenommen und mich direkt auf den unangenehmen Dr. Achim Müller konzentriert (auch wenn sein Name jetzt nicht mehr direkt genannt wird). Zudem habe ich das mit dem Schließen der Bäckerei rausgenommen, da habe ich noch einmal drüber nachgedacht und das ist sehr unrealistisch und ich finde, dass es im Text vorher auch sehr überhastet gekommen ist. Bevor es dazu kommt, würde es sicherlich schon in der Zeitung stehen oder der Prota wäre zumindest schon informiert worden. Daher habe ich es gestrichen.

Ich gehe im Detail auf deine hilfreichen Punkte ein:

Okay, aber das kommt mir verdammt bekannt vor, ich verzettele mich auch gerne in zuvielen Ideen.
Jap, genau das ist mir passiert: Am Ende wusste ich selbst gar nicht mehr, was ich mit dem Text anfangen soll und das hat mich sehr gestört. Daher habe ich jetzt nur die besten Punkte genommen und darum herum die Geschichte aufgebaut. Ich nehme für mich mit, dass es besser ist, lieber nur ein Thema zu haben und diesem dafür mehr Zeit zu widmen.

Also ohne romantischen/emotionalen Hintergedanken und dann ist es ein seltsamer Einstieg. Weil, warum ist es schön, bevor die Sonne aufgeht.
Ja, das kann ich gut nachvollziehen und habe den Einstieg versucht umzuschreiben. Da mit einem Bild zu arbeiten, was es für den Prota schön macht. Deine Rückmeldung hat mir da sehr geholfen, weil ich das vorher gar nicht so klar benenne konnte, was da nicht funktioniert.

Denn wenn ich es richtig lese, dann ist hier doch jemand von seiner Arbeit und seinem Arbeitsplatz total überzeugt und fühlt sich absolut am rechten Platz.
Genau, so hatte ich es mir gedacht. Das habe ich jetzt auch als zentralen Konflikt der Geschichte in den Vordergrund gestellt.

Kleinkariert von mir, aber die Pafemerie und der Teeladen sind keine Gebäude, sondern deren Miter/Bewohner/Nutzer. Umliegend erscheint mir nicht korrekt, vielleicht benachbarte?
Ja, habe ich gestrichen. Hatte ich in der Schärfe nicht nachgedacht, sehr hilfreich.

a, so empfinde ich den Text, noch cooler würde ich es finden, wenn Du ein bisschen nachjustierst und dann auf diesen Satz verzichten kannst.
Das habe ich bislang noch nicht hinbekommen und muss auch sagen, dass ich diesen Satz mag. Das ist ja eine der zentralen Stellen, die die Liebe und diese besondere Verbindung des Protas zeigt.

Braucht es die Klammer, schaut einfach optisch seltsam aus.
Habe die Klammer rausgenommen, danke!

Hier fiel mir spontan eine meiner eigenen recht bösen Anfangskritiken ein. Komm schon, so technisch denkt der/die Bäckereifachverkäuferin jetzt nicht wirklich. Mach mir Appetit.
Das fällt mir noch schwer. Habe da bei der Überarbeitung noch nicht die zündende Idee gehabt, wie ich es so machen kann, dass es mir gefällt. Den Punkt von dir kann ich allerdings gut nachempfinden. Da muss ich noch einmal drüber schlafen und nachrüsten.


Das finde ich gut. das kann ich voll nachvollziehen und empfinden.
Das habe ich gerne gelesen, danke.

Hört sich schräg an, immerhin ist die Entscheidung über Preiserhöhung ja schon gefallen.
Habe ich auch angepasst.

mag ich.
Danke.

Wenn er auf sie/ihn hinabschaut, also für weniger Wert hält, ist dann der Platz hinterm Tresen nicht angemessen?
Ja, guter Punkt. Ich habe seine Motivation jetzt verändert und die Maske miteingebaut, um ein Rachemotiv zu haben. Er will dem Prota jetzt gezielt schaden.
bzw. wehtun.

Ne, komm! Okay, Du solltest ihn böser machen, aber mit dem Spruch würde er doch aus einer ordentlichen Bäckerei rausfliegen.
Das hat mich dazu bewogen, dass ich das angepasst habe und das etwas humaner gestaltet habe. Mal schauen, ob es so besser funktioniert. Auf jeden Fall ein sehr guter Hinweis, vielen Dank fürs aufmerksame Lesen.

Wenn er aber doch denkt, mehr kann derjenige gar nicht, er sieht doch die Anforderungen gar nicht, die Vielseitigkeit und die Herausforderungen.
Das hat mich überzeugt, die Motivation wäre dann nicht gegeben, dass er das so formulieren würde. Daher habe ich das angepasst.

Generell fehlt mir irgendwie ein kleiner Bruch, egal, ob es ein Aufblitzen von Mut/Übermut oder ein richtig derber Konter, aber halt nur hinten in der Backstube, weil traut er sich dann doch nicht,
Sehr hilfreiche Rückmeldung, habe den Konflikt jetzt etwas stärker in den Vordergrund gerückt, der Prota gibt jetzt nicht mehr klein bei.

Insgesamt hat mir der Kommentar richtig geholfen. Habe viele Punkte übernehmen können und die Überarbeitung versucht dahingehend anzupassen. Vielen Dank für deine Überlegungen und die messerscharfe Analyse. Vor allem das mit dem "weniger Wert" hat mich sehr überzeugt.

Wünsche dir noch ein schönes Wochenende und bedanke mich herzlich für deine investierte Zeit.


Beste Grüße
MRG

 

Hallo @MRG

zuerst ein großes Kompliment für die gelungene Halloween-Lesung. Du strahlst sehr viel Ruhe und Gelassenheit aus beim Lesen und es ist schön, zu dem Namen jetzt das Gesicht zu kennen.

Ich bin leider kein Flash-Fiction-Experte, kann also nicht beurteilen, ob Dein Text die Kriterien hierfür erfüllt. Mir hat die kleine Geschichte gut gefallen, sie ist flott vom Tempo her und ich konnte mich in die Szene reinfühlen. Das Fazit ist für mich, dass die Bäckereiverkäuferin ihren Job liebt, mit Hingabe ausübt und sich auch von irgendwelchen Vollpfosten nicht madig machen lässt. Das hast Du gut rübergebracht.

„Beeilen Sie sich einfach, ich bin gleich in einer wichtigen Besprechung. Ich frage mich, wozu es überhaupt noch Verkäufer gibt. Man sollte diesen Job wirklich automatisieren.“

Da hätt ich dem Kerl am liebsten eins übergezogen :D Ich geh selbst jeden Morgen zum Bäcker und hab in verschiedenen Filialen meine Lieblingsverkäufer*innen. Es geht nichts über freundliches Personal. Wäre ja schrecklich, wenn das alles automatisiert werden würde.

Wir taxieren uns mit den Augen. Er bezahlt schweigend, schüttelt den Kopf und geht hinaus.
„Schönen Tag noch“, rufe ich ihm hinterher und bilde mir ein, dass ich meinen ironischen Tonfall gut unterdrückt habe.

Gelungenes Ende!

Ganz liebe Grüße,
Silvita

 

Hallo @Silvita,

vielen Dank für deinen schönen Kommentar, habe mich sehr gefreut:

zuerst ein großes Kompliment für die gelungene Halloween-Lesung. Du strahlst sehr viel Ruhe und Gelassenheit aus beim Lesen und es ist schön, zu dem Namen jetzt das Gesicht zu kennen.
Vielen Dank für die Blumen! :-)

Mir hat die kleine Geschichte gut gefallen, sie ist flott vom Tempo her und ich konnte mich in die Szene reinfühlen. Das Fazit ist für mich, dass die Bäckereiverkäuferin ihren Job liebt, mit Hingabe ausübt und sich auch von irgendwelchen Vollpfosten nicht madig machen lässt. Das hast Du gut rübergebracht.
Schön, dass es dir gefallen hat; habe die Geschichte gründlich überarbeitet und ich glaube, dass sie jetzt etwas stimmiger ist als vorher. Daher freue ich mich über deine Worte, dass die Liebe zum Job und die Hingabe gut rüberkommen.

Da hätt ich dem Kerl am liebsten eins übergezogen :D Ich geh selbst jeden Morgen zum Bäcker und hab in verschiedenen Filialen meine Lieblingsverkäufer*innen. Es geht nichts über freundliches Personal. Wäre ja schrecklich, wenn das alles automatisiert werden würde.
Habe mit 16 Jahren selbst in einer Bäckerei gearbeitet und es gab da ein paar Kandidaten, die doch etwas gewöhnungsbedürftig gewesen sind, aber hier ist es ja wirklich eine Unverschämtheit und ich stimme dir auf jeden Fall zu; freundliches Personal ist ein großer Pluspunkt.

Gelungenes Ende!
Schön, dass es für dich funktioniert hat!

Möchte mich für diesen schönen Kommentar bedanken und freue mich auch schon auf deine nächste Geschichte, dann kann ich etwas zurückgeben. :-)

Beste Grüße
MRG

 

Hej @MRG ,

weil der Titel in meinem Hirn missverständlich ist, aber natürlich nicht nur deswegen ;), hab ich noch vor dem Frühstück diese Begebenheit in einer Bäckerei gelesen.

Ein Bäckereiverkäufer, der in einer Geschichte auf mich wartet, lässt mich gespannt sein, denn im Grunde verkauft er Backwaren und nicht die gesamte Bäckerei. Es war aber schnell klar, dass es sich um einen Bäckereifachverkäufer handelt. Und wenn es in einem kurzen Text nur um ihn geht, erhoffe ich mir etwas wie Überraschungen oder eine Sicht, die mich wundern lässt. Deine Szene könnte sich genau so zugetragen haben in einem 8-Stunden-Arbeitstag in diesem Geschäft. Man kennt das. Die Begegnungen im Umgang mit Kunden, Patienten, Klienten geben reichlich Stoff ab für Geschichten.

Hier erwartet mich eine Szene. Ich weiß, es gibt Geschichten in allen Längen, aber ich bleibe dabei: Ich lese eine Szene aus dem Leben eines Verkäufers. Das betrübt mich ein wenig, denn ich liebe deinen ersten Absatz, ich begebe ich mich ganz an diesem Morgen an die Seite des Protagonisten und bin so gespannt, wie es ihm ergeht, ich will ihm folgen, meinetwegen tagelang, will wissen, wie er die Welt sonst noch sieht, wie er lebt, was er liebt und all seine Eigenarten, vor allem was ihm widerfährt.

Ich liebe diesen Anblick, der an etwas Magisches grenzt. Mir ist in diesem Moment, als würde eine Verbindung zwischen der Bäckerei und mir entstehen; als hätten wir ein geheimes Abkommen geschlossen, dass sie für mich da sein wird und wir gemeinsam die Zeit überdauern.
Bis hierher habe ich noch erwartet, er wäre selbst Kunde und stoße später auf den Bäckereiverkäufer. Ich nahm an, er würde jeden Morgen diesen Gang in die Bäckerei herbeisehnen, weil er seinen Tag immer und gerne hier beginnt. Und all diese Gedankengänge hast du angestoßen. Wenn du nicht so verführerisch formuliert hättest, hätte ich wohl gar nichts erhofft.
Weil du nachfolgend weiterhin formulierst, als wäre dieser Verkäufer (ich dachte vom ersten Moment an an einem männlichen Verkäufer und war am Ende, nach nochmaligem Lesen, verwundert, dass es nicht deutlich wird) ein Philosophiestudent, oder zumindest ein Träumer, warte ich bald ungeduldig auf den weiteren Verlauf.
„Was haben Sie da gerade gesagt?“ Meine Stimme zittert vor Wut und ich lasse es zu.
Und bis hierher war noch alles offen und mich hätte nicht gewundert, wenn der Bäckereiverkäufer tatsächlich ein perfekter Robo-Verkäufer gewesen wäre, von dem man nie gedacht hätte, dass er die Außenwelt wahrnimmt, wie er sie zu Beginn beschreibt. Okay, er hätte dann wohl nicht zur Tür hereinkommen sollen. Alle Sätze, bis dahin formuliert, klingen vorgefertigt und freundlich unverbindlich. Vielleicht hätte mich das als Kunde auch gereizt. :lol:

Aber weil es eben eine ganz gewöhnliche Szene des Arbeitsalltages einer Bäckereifachverkäufers ist, bin ein wenig enttäuscht. :(

Ich liebe meinen Job und solange die Kündigung nicht vorliegt oder eine Maschine meinen Job macht, werde ich jeden Tag mein Bestes geben.
Das ist eine herrliche Botschaft. So empfinde ich sie. Ich habe mich nämlich auch schon hin und wieder dabei erwischt, wie ich annahm, man könne nicht im Einzelhandel arbeiten, ohne nebenbei etwas anderes zu tun. Das ist schlimm und ich habe mich dafür geschämt. Diese Art zu denken, diskreditiert hart arbeitende Menschen, die für die Allgemeinheit ihr Bestes geben (oft), die Lehrjahre durchliefen, Prüfungen abgeschlossen haben, fachkundig sind. Berufe, bei denen ich am Titel nicht mehr erkenne, welche Arbeit dahintersteckt und junge Menschen, die die Gelegenheit nutzen, Hochschulen zu absolvieren, drängen in meinem Kopf andere Berufe ins Abseits. Das ist nicht gerecht. :dagegen:
In der ersten Zeit von Corona traf ich in einer Bäckerei auf einen jungen Verkäufer. Es war nichts los und als ich den Laden betrat, summte er vor sich hin. Augenblicklich dachte ich an einen Musikstudenten, nicht an einen Bäckereifachverkäufer, der singen kann. Ich Dummköpfin. Es stellte sich dann heraus, dass er tatsächlich Gesang studierte und ich nötigte ihn, mir etwas vorzusingen. Es war ein wundervoller Einkauf und weil nur immer ein Kunde zur Zeit in den Laden durfte, standen vor dem Schaufenster andere und apllaudierten am Ende. hach, wat schön.

Lieber MRG, ich liebe deine Sprache, deine Bilder und ich habe alles genau so gesehen, wie du es beschrieben hast. Mittlerweile ist der Himmel nicht mehr in

einem tiefen, satten Violett.
zu sehen, sondern die Sonne strahlt vom kühlen Herbsthimmelblau.

Ich habe zudem einige Kommentare überflogen und war total überrascht, dass von Satire und Humor die Rede war. :shy: So kann ich den Text offenbar nicht lesen. Aber du kannst die Leser dazu bringen, ihn so zu lesen, wie sie wollen, du Zauberer.;)

Freundlicher Gruß. Kanji

 

Liebe @Kanji,

vielen Dank für diesen feinen Kommentar, der mir einerseits ein Lächeln aufs Gesichts gezaubert hat und andererseits auch gut den Finger auf die Wunde legt: Es fehlt der Konflikt und die Entwicklung des Protas. Ich gehe im Detail auf deine Anmerkungen ein:

Und wenn es in einem kurzen Text nur um ihn geht, erhoffe ich mir etwas wie Überraschungen oder eine Sicht, die mich wundern lässt. Deine Szene könnte sich genau so zugetragen haben in einem 8-Stunden-Arbeitstag in diesem Geschäft. Man kennt das. Die Begegnungen im Umgang mit Kunden, Patienten, Klienten geben reichlich Stoff ab für Geschichten.
Das kann ich gut nachvollziehen und das sehe ich auch als größte Schwachstelle des Textes an. Ich versuche momentan daran zu arbeiten, Konflikte in mein Schreiben zu integrieren und nicht davor zurückzuschrecken, allerdings fällt mir das noch schwer: Vermeintliche Konflikte stellen sich im Nachhinein als gar nicht so gravierend heraus. Deine Anmerkung ist daher an dieser Stelle wichtig für mich, um mich weiter den Konflikten zu stellen.

Hier erwartet mich eine Szene. Ich weiß, es gibt Geschichten in allen Längen, aber ich bleibe dabei: Ich lese eine Szene aus dem Leben eines Verkäufers. Das betrübt mich ein wenig, denn ich liebe deinen ersten Absatz, ich begebe ich mich ganz an diesem Morgen an die Seite des Protagonisten und bin so gespannt, wie es ihm ergeht, ich will ihm folgen, meinetwegen tagelang, will wissen, wie er die Welt sonst noch sieht, wie er lebt, was er liebt und all seine Eigenarten, vor allem was ihm widerfährt.
Das hat mich überrascht, damit hatte ich gar nicht gerechnet, dass der erste Absatz so gut funktioniert - vielen Dank, das ermutigt mich sehr!

Bis hierher habe ich noch erwartet, er wäre selbst Kunde und stoße später auf den Bäckereiverkäufer. Ich nahm an, er würde jeden Morgen diesen Gang in die Bäckerei herbeisehnen, weil er seinen Tag immer und gerne hier beginnt. Und all diese Gedankengänge hast du angestoßen. Wenn du nicht so verführerisch formuliert hättest, hätte ich wohl gar nichts erhofft.
Interessant, wie das auf dich gewirkt hat, immer spannend andere Perspektiven auf den eigenen Text zu lesen. Ja, diese Sehnsucht und Liebe zur Bäckerei waren mir wichtig. Habe damals selbst als Aushilfe in einer Bäckerei gearbeitet und mein damaliger Chef war genau so ein Virtuose: Er hat sich bis ins kleinste Detail darum gekümmert, damit alle Kundinnen und Kunden sich wohl fühlen. Mich hat das schwer beeindruckt.

Weil du nachfolgend weiterhin formulierst, als wäre dieser Verkäufer (ich dachte vom ersten Moment an an einem männlichen Verkäufer und war am Ende, nach nochmaligem Lesen, verwundert, dass es nicht deutlich wird) ein Philosophiestudent, oder zumindest ein Träumer, warte ich bald ungeduldig auf den weiteren Verlauf.
Eine interessante Idee. Wenn ich deinen Kommentar richtig verstehe, dann hat der Einstieg andere Erwartungen geweckt, als letzten Endes bedient worden sind. Es fehlt ein Bruch oder etwas Interessantes über den Prota (die überraschende Wende). Hm, ja ich kann das nachvollziehen, das nehme ich mit und schlafe da noch einmal eine Nacht drüber. Interessanterweise scheint das irgendwo noch ein Muster von mir zu sein, das ich auch bei anderen Geschichte häufiger habe.

Und bis hierher war noch alles offen und mich hätte nicht gewundert, wenn der Bäckereiverkäufer tatsächlich ein perfekter Robo-Verkäufer gewesen wäre, von dem man nie gedacht hätte, dass er die Außenwelt wahrnimmt, wie er sie zu Beginn beschreibt. Okay, er hätte dann wohl nicht zur Tür hereinkommen sollen. Alle Sätze, bis dahin formuliert, klingen vorgefertigt und freundlich unverbindlich. Vielleicht hätte mich das als Kunde auch gereizt. :lol:
Das wäre auch eine faszinierend Idee. Der Roboter-Verkäufer, der so menschlich ist, dass er von dem bösen Kunden, der alles automatisiert haben möchte, gar nicht erkannt wird. Tja und die Sätze sind schon aus diesem klassischen Standardrepertoire, was man manchmal auch im Supermarkt hört.

Aber weil es eben eine ganz gewöhnliche Szene des Arbeitsalltages einer Bäckereifachverkäufers ist, bin ein wenig enttäuscht. :(
Das tut mir leid, dass du ein wenig enttäuscht warst. Momentan bin ich auch noch etwas ratlos, wie ich einen guten Weg für einen Konflikt finden kann, um es interessanter zu machen. Werde da allerdings weiter dran arbeiten.

Das ist eine herrliche Botschaft. So empfinde ich sie. Ich habe mich nämlich auch schon hin und wieder dabei erwischt, wie ich annahm, man könne nicht im Einzelhandel arbeiten, ohne nebenbei etwas anderes zu tun. Das ist schlimm und ich habe mich dafür geschämt. Diese Art zu denken, diskreditiert hart arbeitende Menschen, die für die Allgemeinheit ihr Bestes geben (oft), die Lehrjahre durchliefen, Prüfungen abgeschlossen haben, fachkundig sind.
Schön, dass es für dich funktioniert hat. Mein damaliger Chef in der Bäckerei hat mich da damals wirklich beeindruckt: Sein Anspruch an Qualität und sein Perfektionswille waren schon etwas Besonderes, denke ich. Allerdings geht es mir manchmal ganz ähnlich wie dir und dann versuche ich, mich an das zu erinnern, was du so treffend formuliert hast.

n der ersten Zeit von Corona traf ich in einer Bäckerei auf einen jungen Verkäufer. Es war nichts los und als ich den Laden betrat, summte er vor sich hin. Augenblicklich dachte ich an einen Musikstudenten, nicht an einen Bäckereifachverkäufer, der singen kann. Ich Dummköpfin. Es stellte sich dann heraus, dass er tatsächlich Gesang studierte und ich nötigte ihn, mir etwas vorzusingen. Es war ein wundervoller Einkauf und weil nur immer ein Kunde zur Zeit in den Laden durfte, standen vor dem Schaufenster andere und apllaudierten am Ende. hach, wat schön.
Das hört sich nach einer richtigen Erfahrung an, genau so etwas bräuchte ich wohl für meinen Prota: dieses überraschende Element. Dein Kommentar bringt mich wirklich zum Nachdenken und hilft mir weiter, meinen Horizont zu erweitern, das gefällt mir.

Lieber MRG, ich liebe deine Sprache, deine Bilder und ich habe alles genau so gesehen, wie du es beschrieben hast. Mittlerweile ist der Himmel nicht mehr in
einem tiefen, satten Violett.
zu sehen, sondern die Sonne strahlt vom kühlen Herbsthimmelblau.
Ohh, das hat mich wirklich gefreut! Vielen Dank! :-)

ch habe zudem einige Kommentare überflogen und war total überrascht, dass von Satire und Humor die Rede war. :shy: So kann ich den Text offenbar nicht lesen. Aber du kannst die Leser dazu bringen, ihn so zu lesen, wie sie wollen, du Zauberer.;)
Ich muss gestehen, dass ich erst eine andere Version geschrieben hatte, die ich dann aber am Ende nicht mehr so stehen lasse konnte; da habe ich mich einfach zu weit aus dem Fenster gelehnt und damit war ich unzufrieden. Daher liegt der Fokus der Überarbeitung jetzt auf den besten Elementen der ursprünglichen Elementen: die Abläufe in der Bäckerei. Darum habe ich dann die Überarbeitung geschrieben.

Was für ein schöner und hilfreicher Kommentar liebe @Kanji, ich habe mich sehr gefreut und fühle mich ermutigt. Als besonders hilfreich habe ich die Gedanken zur fehlenden Überraschung bzw. fehlendem Konflikt wahrgenommen.


Beste Grüße
MRG

 

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