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Der Bauer
Horst Tempert war Bauer. Er hatte gerne Kinder. Auf seiner Farm hatte er vierzehn Kinder. Einige lebten in einem Käfig. Täglich brachte Horst ihnen frisches Wasser und Körner. Horst beabsichtigte eine Kinderzüchtung, er wollte dass die Kinder sich paarten, doch das Mädchen und die drei Jungen standen jeden Tag nur im Käfig herum. "Vielleicht sind sie auch schon zu alt", dachte sich Horst. "Ja, mit sechs Jahren werden die Kinder vermutlich langsam zu alt.", sagte auch Hilde, seine Frau. Horst versuchte es mit einem weiteren, vierjährigen Kind, das er vor kurzem einem anderen Bauer abgekauft hatte. Doch auch dieses schien kein Interesse an Paarung zu haben und distanzierte sich sogar von der anderen Gruppe. Horst befürchtete, es sei krank und schlachtete es deshalb. Wie er dann herausfand, war es gar nicht krank, sondern einfach noch zu jung für eine Paarung. Aber das Fleisch verkaufte sich gut. Horst träumte schon sein ganzes Leben von einer Kinderherde neben seinem Haus. Er würde sie jeden Tag streicheln und sich um sie kümmern, bis sie dann weiterverkauft werden würden. Vor einigen Jahren war sein Wunsch auch in Erfüllung gegangen, er wurde Bauer. Und er liebte die Kinder. Auch ihr Fleisch war fantastisch; Während die älteren Kinder schon eher etwas zäh waren, war das Fleisch der jüngeren sehr zart und wohlschmeckend. Melken war bei den Kindern leider unmöglich, dazu brauchte man dann schon ältere Menschen, also Erwachsene. Von diesen hatte Horst auch ein paar, doch diese hatte er nicht so gern wie die Kinder. Ihr Fleisch war erstens praktisch ungeniessbar, deshalb musste man sie einfach schlachten und entsorgen wenn sie zu alt wurden um gemelkt zu werden, das war immer ziemlich viel Arbeit, all die Leichen auf den Laster zu schleppen. Horst hatte auch noch nicht allzu viel Erfahrungen mit Menschen, da er erst seit wenigen Jahren Menschen züchtete.
Auch Horst’s kleiner Sohn mochte die kleinen Kinder viel lieber, sie hatten noch viel feinere Haut und Haare. Er streichelte sie auch jeden Tag. Er war meistens etwas traurig, wenn die einen Kinder plötzlich gehen mussten, weil Horst sie verkauft hatte. Doch jedesmal, wenn der Laster mit der Kinderladung vom Hof brauste und der kleine Dieter ihm traurig nachblickte, kniete sich Horst zu ihm und erklärte ihm "Weißt du, kleiner Dieter, die kommen jetzt woanders hin, wo sie’s auch ganz schön haben und wo jemand gut für sie sorgt. Und irgendwann werden sie dann geschlachtet und ihr Fleisch verkauft, doch das tut denen gar nicht weh, verstehst du? Die spüren da gar nichts, das geht ganz schnell." "Ja, Papa, du hast Recht.", erwiderte dann der kleine Dieter, und schon war die Welt wieder in Ordnung.
Eines Morgens kam Hilde aufgeregt in Dieter’s Zimmer. "Komm schnell, kleiner Dieter! Ein Kind kommt zur Welt, das darfst du nicht verpassen!" Dieter rieb sich seine Augen und stieg dann aber aus dem Bett, um dieses Ereignis mitzuerleben. Im Stall lag die Frau auf dem Rücken, umzingelt von Horst’s Familie und einigen Freunden. Horst machte das immer selber, wenn ein Kind geboren wurde. Er kniete sich vor die Frau und sah zu, wie das kleine Kind langsam Kopf voran herauskam. Die Frau presste so fest sie nur konnte, doch Horst ging das zu lange. Er nahm ein Seil mit einem Hebel, band es dem Baby um den Kopf und zog mit voller Kraft. Die Frau kreischte, worauf Hilde ihr eine Spritze in den Hals jagte, und kurz darauf beruhigte sich die Frau. Horst zog weiterhin, und schon kurz darauf flutschte das Baby heraus, und alle im Stall jubelten. "Es ist ein Junge!", freute sich Horst und hob das Kind in die Luft. Dann kam Jochen, der ältere Bruder von Dieter, mit einem Messer. Horst legte die Nabelschnur des Babys auf einen Holzpflock, und Jochen durchschnitt es. "So, dann bringen wir den Kleinen gleich mal in den Stall", sagte Horst und trug das Baby in den Stall nebenan. Die Frau lag noch völlig geschwächt und halb bewusstlos am Boden im anderen Stall.
Später am Abend brachte man sie auch in den anderen Stall zu ihrem Baby. Sie legte sich neben das Baby ins Stroh und deckte sich und das Neugeborene zu.
Ein halbes Jahr später. Die Frau und ihr Baby waren auf der Wiese und frassen. Dann kamen plötzlich Horst und Jochen und holten das kleine Baby. "So, ich freu mich schon auf das Abendessen! Haha!", lachte Jochen. "Ja, das wird ein Festessen.", erwiderte Horst.
Das Baby wurde geschlachtet und am nächsten Abend gegessen. "Köstlich!", sagte Hilde, während sie sich mit der Serviette den Mund abwischte. So gutes Kindergeschnetzeltes hatten wir lange nicht, oder?" "Naja, das vorletzte Kind war auch sehr zart.", sagte Horst.
Nach dem Essen legten sich alle erst mal schlafen. Horst gab Hilde noch einen Gutenachtkuss, dann streckte er seine Beine und schlief ein. Er träumte von seinem Urgrossvater, der den Aufstand der Kühe gegen die Menschen damals vor 95 Jahren angeführt hatte. Dank ihm sind die Kühe heute, was sie sind.
Ende