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Der beste Papa der Welt

kaj

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03.12.2004
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Der beste Papa der Welt

Der beste Papa der Welt

Ich will noch nicht ins Bett!, habe ich gerufen, Ich bin noch gar nicht müde. Und du hast gelächelt und gesagt: Na gut, mein Engel, dann machen wir noch ein Spiel. Und wenn du lieb zu deinem Papa bist und schön mitspielst, weißt du was? Dann bringe ich dir morgen Bonbons mit, die bunten, die du so gerne magst und die auf der Zunge zerschmelzen. Ich habe genickt, jetzt auch ein Lächeln auf den Lippen, mein Papa spielt mit mir und morgen, morgen bringt er mir viele bunte Bonbons mit, in allen Farben, rot, blau, sogar grün! – ich habe den besten Papa der Welt. Zuerst musst du dich aber ausziehen, hast du gesagt und noch immer gelächelt, Mein kleines Mädchen muss nachher rasch schlafen gehen, deshalb musst du dich vorher schon ausziehen. Geholfen hast du mir dabei. Das Engelchen ist noch zu klein um das allein zu machen, hast du gesagt, dabei stimmt das gar nicht, denn ich gehe schon zur Schule seit dem Sommer und bin fast schon erwachsen. Aber du magst das, wenn du mir helfen darfst und hast mich an dich gedrückt, dein Geruch, ein bisschen nach Bier, nach Motoröl und nach dem Shampoo, das Mama immer für die ganze Familie kauft, ist mir in die Nase gestiegen, vertrauter Geruch. Vertrauter Geruch von dem mir schlecht wurde, als du mich immer stärker an dich drücktest, mich festgehalten hast, fest, fester, über meinen Rücken strichst. Meine kleine Prinzessin, hast du in mein Haar gemurmelt und ich konnte den warmen Luftzug deines Atems nicht mehr aushalten, Gänsehaut hat er mir gemacht, dein Atem. So fest gedrückt hast du mich, dass ich fast keine Luft mehr bekommen und gedacht habe, jetzt bin ich bestimmt ganz blau im Gesicht so wie mein kleiner Bruder Sebastian, der noch ein Baby ist, wenn er sich an der Milch verschluckt. Blau im Gesicht, habe ich gedacht, während ich deine Atemzüge hörte, immer schneller, lauter. Ganz stoßweise hast du geatmet, so dass ich gefragt hätte, Papa, geht es dir nicht gut? wenn ich nur hätte fragen können, wenn mein Mund nur nicht so trocken gewesen wäre und ich nicht versucht hätte, die Luft anzuhalten um deinen Geruch nicht riechen zu müssen. Plötzlich denke ich nicht mehr, dass ich den besten Papa der Welt habe, plötzlich sind auch die Bonbons ganz weit weg. Ich versuche sie hierher zu denken, Bonbons, rot, blau, sogar grün, nur an die Bonbons denken. An die Bonbons denken und nicht an das Geräusch deines Reißverschlusses, den du aufziehst, was machst du, Papa? Warum tust du mir weh, wenn du mein Papa bist? Rot, blau, sogar grün, viele, viele Bonbons. Wir spielen ein Spiel, Engelchen. Du tust mir weh, weh, weh! Tust mir weh! Rot, blau, sogar grün, auf der Zunge zerschmelzen. Alles in mir brennt, wieso nur, wieso, Papa? Hast du mich nicht lieb? Ich hab dich lieb, Prinzessin, du bist doch mein kleines Mädchen. Papa, Papa, warum tust du das?

 

wie melodramatisch... deine andere Geschichte gefiel mir um Längen besser.

 

Welche andere Geschichte meinst du? Den Scherbensortierer? - Ich gebe dir (in diesem Fall) recht, dass die "andere Geschichte" sehr viel konstruierter war als diese hier, mehr durchdacht auch.

"Der beste Papa der Welt" habe ich in einem Rutsch runtergeschrieben, weil's mir einfach so einfiel und die Geschichte "geschrieben werden wollte". Aber bedeutet das, das sie melodramatisch ist? Mmh... Kannst du vielleicht noch mal konkretisieren, was dir nicht gefällt? Wäre super wichtig, ich hab nämlich diesen Monat noch zwei Prüfungen und da kann ich mich schon mal drauf einstellen, dass die meine Geschichten zerpflücken werden... - Das war auch der Grund für mein "Massen-Posting" heute ;)

Na gut, es wär lieb, wenn du noch was schreiben würdest!

Gruß, kaj

 

Hi Kaj

Was an der Geschichte nicht so ganz sitzt?

Nun, da ist einmal das Thema, das in Kurzgeschichten ziemlich breit getreten wird; seit ich auf kurzgeschichten.de bin habe ich unzählige Missbrauchgeschichten gelesen. Ich habe Mühe damit, dass dieses sehr heikle Thema inflationär abgehandelt wird in ein paar Zeilen.

Viel wichtiger aber: du schreibst aus der Sicht des Kindes, schaffst es aber nicht, die Sprache des Kindes durchzuziehen. Ein paar Sätze klingen wirklich so, wie ein Kind sie sagen / denken würde, andere sind eindeutig zu "erwachsen":

Beispiele:
- ....dein Geruch, ein bisschen nach Bier, nach Motoröl und nach dem Shampoo, das Mama immer für die ganze Familie kauft, ist mir in die Nase gestiegen, vertrauter Geruch.
- ... und ich konnte den warmen Luftzug deines Atems...
- ... Ganz stoßweise hast du geatmet,....
- ... Meine kleine Prinzessin, hast du in mein Haar gemurmelt ....

Liebe Grüsse

KT

 

Hallo kaj,
Missbrauch ist ein sehr sensibles Thema, über das schon unendlich viel geschrieben worden ist. Bei einer Geschichte darüber liegt die Latte also sehr, sehr hoch. Und einfach so, wie du es getan hast, die Geschehnisse aufzuschreiben, am besten noch aus der Perspektive eines Kindes, das bemitleidet werden möchte? Ich fühle mich hier bevormundet. Mir bleibt nichts anderes übrig, als zu sagen "oh Gott, das arme Mädchen, wie gemein der Vater ist..." Da fühle ich mich als Leser unangenehm in die Defensive gedrängt. Die Geschichte, so habe ich das Gefühl, will aufsehenerregend sein, ist aber nur plakativ und unangenehm, wie ein peinlicher Verwandter, etwas, was einen eigentlich berühren sollte, einen aber nur abstößt.
Ein paar Sätze zu dem Thema sind bei mir hängen geblieben. Einer war aus einer Geschichte in Fantasy. Da hieß es: Sowieso wachte auf und hörte, wie sich sein Vater an seiner nahezu gleichaltrigen Schwester verging. Der zweite Satz war von diesem Kerl, der Felix und Levke getötet hat. Er sagte: "mit einem Jungen kann man nicht so viel machen". Das sind Sätze, auf denen sich Geschichten zu dem Thema aufbauen lassen. Vielleicht benutzt du mal die Suchfunktion, um irgendwie andere Geschichten zu dem Thema zu finden (vielleicht guckst du einfach mal unter "Missbrauch", irgendjemand wird das Wort in seiner Kritik schon erwähnt haben). Es gibt da ein paar wirklich starke Geschichten zu dem Thema auf dieser Seite.

Das Thema ist so sensibel, dass es mit viel Fingerspitzengefühl umgesetzt werden muss. Ich kann dir zu dem Thema sim ans Herz legen, besonders die Geschichte "ein tiefer See". Da zeigt sim auf ungefähr 500 Seiten, wie man die Thematik anders aufrollen kann. So, wie du sie umgesetzt hast, erzeugt sie in mir ein schlechtes Gefühl, ich weiß, dass mir das irgendwas sagen sollte, aber eigentlich ist es mir egal... Am besten ist wirklich, du liest hier noch eine Weile auf kg.de durch die Gegend. Dann hast du auch Vergleichsmaterial und bessere Chancen für die Prüfung :)

gruß
vita
:bounce:

 

Hallo kaj,

ganz so schlecht, wie er gemacht wurde, finde ich deinen Text nicht. Es stimmt schon, er bleibt in der Routine des Vorgangs stecken und der "Geruch, ein bisschen nach Bier, nach Motoröl und nach dem Shampoo", ist ein bisschen arg in die Kiste des typischen Bildes solcher Väter gegriffen. Die wenigsten Väter riechen wohl heute noch nach Motoröl.
Das Wegdriften deine Protagonistin hast du für mein Gefühl aber gut getroffen.
Allerdings ist es tatsächlich so, dass es Geschichten dieser Art sehr viel gibt. Als Autor stellt man sich damit auf die sichere Seite. Es wird (fast) immer Rezensenten geben, die die einfühlsame Art und die Erschütterung durch die Geschichte loben.
Was ich als unstimmig bei fast allen Geschichten dieser Art finde, ist, dass die Perspektive des und die Wahrnehmung des Kindes als "leidend" dargestellt wird. Eher kenne ich es so, wie du es zu Beginn deiner Geschcihte schilderst. Alle positiven Gefühle werden auf den Täter projeziert, an den negativen ist man selber Schuld. Die Frage ist also meistens nicht, wieso tust du mir das an, sondern wieso kann ich nicht ein artiges Kind sein, das deine Liebe genießen kann. Ein Kind spürt das Unrecht, das ihm geschieht ja nicht oder nur sehr begrenzt als Unrecht. Solange es keine Vergleichsmöglichkeiten hat, wird es die Lügen glauben und das Unrecht in seiner Wahrnehmung sich selber zuschreiben.
Das ist für mich aber nicht nur ein Kritikpunkt an deiner Geschichte, sondern allgemein an den Geschichten, die aus dieser Opferperspektive geschrieben wurden.

Lieben Gruß, sim

aah, vielen Dank, vita für den Hinweis

 

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