Der Captain auf Traumreise
Es ist ein schöner Tag als ich die Sunsetroad runter zum Strand laufe um den Möwen bei ihrem täglichen Flugstunden zu zusehen. Ich gehe über die kleine hölzerne Brücke, die den Strand und den Gehweg verbindet, und ziehe meine Flip-Flops aus und laufe durch den heißen Strand. Ich setze mich auf meinen Stein. Es ist mein Stein. Kein anderer darf auf ihm sitzen und ihn berühren und von ihm aus aufs Meer blicken. Es ist mein Stein. Er ist alt, sehr alt. Er war da als ich noch nicht auf dieser Erde wanderte und er wird noch hier sein wenn ich schon die weißen Strände des Paradieses erreiche. Auf einem Schiff, ganz in weis, werde ich die Gefilde des Himmelsreiches erreichen. Ich werde auf diesen Stein hinunter blicken und ihn betrachten als wäre er ein alter Freund, der durch den schicksalhafte Ereignisse in die Ferne gerückt ist.
Ich setze mich auf diesen Stein, den ich einfach nur als meinen Stein bezeichnete. Ich betrachte die weißen Wellen, die von weit außerhalb meines Horizontes auf diesen weißen Sandstrand auflaufen. Sie machen leise Geräusche und der Wind pfeit in meine Ohren und ich spüre wie er mir die Haare durchweht. Es ist ein Nord-Ostwind. Er kommt von weit her und zieht ohne Rast weiter. Er ist unaufhaltsam. Ein Wind den niemand zu stoppen vermag, nicht einmal eine Mauer die so hoch ist, dass sie die weißen Gefilde des Himmelsreiches berührt. Er würde weiter ziehen und seinen Weg finden. Er ist ein Wind, mein täglicher Begleiter und Freund.
Ich lausche den Schreien der Möwen. Ich schaue auf und sehe, wie sie lange und manchmal kurze Kreise ziehen. Ich schließe die Augen und genieße die Laute die um mich herum laut werden. Ich verlasse meinen Körper und wandere in die Ferne ich sehe mich auf meinem alten Stein liegen. Ich sehe den Wind, wie er mir durch mein Haar weht. Ich verlasse diese Welt und betrete eine schöne, farbige und ehrliche Welt. Eine Welt voller Glück. Ich berühre langsam den Boden und spüre wie das vom Tau nasse Gras meine Füße berührt. Ich warte bis ich alles in meiner Umgebung war genommen habe. Ich schaue mich um. Zu meiner Linken sehe ich einen dichten und grünen Wald, zu meiner Rechten sehe ich einen weißen Strand und ein weißes Schiff. Ich spüre einen Hut auf meinem Kopf. Ich nehme ihn ab und betrachte sorgfältig die Abzeichen. Es sind Abzeichen verziert mit Gold und Silber. Ich stelle zu meinem Erstaunen fest, dass es Marineabzeichen sind. Kleine Anstecker mit kleinen Schiffen hängen an meinem blauen Hut. Ich bin also ein Kapitän. Ich besitze soweit ich mich nicht irre ein weißes Schiff mit weißen Segeln. Ich bin stolz. Ich entferne mich von meinem Schiff und laufe auf den Wald zu. Ich weiß nicht warum aber irgendetwas zieht mich an. Eine leise Vorahnung vielleicht? Ich gehe weiter. Ich bleibe einen Augenblick stehen und lausche dem Vögelgezwitscher. Es kommt aus den Kronen der Bäume. Die Bäume sind schön und groß. Sie haben ein dichtes Blätterdach. Sie riechen nach frischem Tau und nach Honig. Ich gehe auf einem schmalen mit Steinen gepflasterten Weg weiter. Vor dem Waldanfang bleibe ich stehen und lausche in die Dunkelheit. Ich betrete zögernd den Wald. Ich betrete ihn deshalb zögernd, nicht weil ich Angst habe, sondern weil ich eine leichte Vorahnung habe, dass mir etwas wieder fahren wird, dass ich noch nie erlebt oder gesehen habe. Ich laufe langsam und einem Schritt nach dem anderem weiter. Ich blicke nach oben in die Bäume, da fällt mir auf, dass es hier im Inneren des Waldes gar nicht so düster ist, wie es am Anfang aussah. Ich laufe weiter, ein bisschen schneller und schaue mich interessiert um. Ich erinnere mich nicht daran, jemals an einem so seltsamen Ort gewesen zu sein. Dieser Wald so voller Magie und Schönheit. Ein Ort, von dem ich noch nie in meinem Leben gehört habe. Es ist ein Ort voller Frieden und Freude. Nichts von der Welt da draußen scheint diesen Frieden zu betrüben. Als ich auf eine hell erleuchtete Lichtung stoße, bin ich zuerst geblendet. Doch mit der Zeit gewöhnen sich meine Augen an das helle Licht und ich kann einen rasch fließenden Bach sehen. Sein Wasser ist klar und sein Grund ist mit weißen Steinen gefüllt. Ich ziehe meine leichten Stoffschuhe aus und stelle mich in die Mitte des Flusses. Das Wasser fließt über meine Füße und ich fühle mich erfrischter. Ich setze mich auf einen Stein der an der linken Seite des Flusses liegt. Der Stein ist weis und warm. Er besitzt keine Löcher und ist makellos. Ich lasse die Füße im klaren Wasser baumeln und schaue mich um. Erst jetzt fällt mir auf dass die Bäume auch weiß sind und farbige Früchte tragen. Vögel in verschiedensten Farben fliegen über meinem Kopf hinweg in einen Baum. Ich schließe die Augen und lege mich zurück. Der Stein ist groß und flach wie ein Tisch. Ich falle in leichten und traumlosen Schlaf. Ich verliere jegliches Zeitgefühl und wandere umher.
Ich wache auf und höre ein sanftes Summen in weiter Ferne. Ich blicke auf und sehe mich um. Das Summen und Singen wird lauter und kommt näher. Ich blicke mich erneut um und in nicht allzu großer Ferne sehe ich eine junge Frau laufen. Mit Blumen im Haar. Ihr Haar ist reines Gold. Doch wenn sie läuft und ihren Kopf langsam dreht, wirkt es als wäre ihr Haar rotbraun und schwarz. Sie kommt langsam auf mich zu und winkt mir. Ich winke zurück, obwohl ich nicht die leiseste Ahnung habe, wer diese junge Frau ist. Sie pflückt eine Blume. Eine rote Blume, die ich nicht zu bestimmen mag. Es könnte eine Rose sein, aber je nach Lichteinfall ändert sie die Form und die Farbe. Die junge Frau kommt auf mich zu. Kurz vor mir, etwa zwei Meter entfernt hält sie an und betrachtet mich. Ich schaue auf ihre schöne braune Haut und auf ihr braunschwarzrotes Haar. Sie hat schöne Backen, Lachbacken. Sie ist soweit ich mich nicht täusche ein fröhlicher Mensch. Ich blicke ihr tief in die Augen. In ihre braunen Augen. Ich sehe die Fröhlichkeit auf ihrem Gesicht und ein leichtes Lächeln huscht ihr über das Gesicht. Ich muss auch lächeln. Ich bin überrascht so eine schöne Person zu sehen und bin sprachlos. Eigentlich möchte ich ihr einen schönen Tag wünschen, doch gegen alle meine guten Manieren, sehe ich sie stumm und erstaunt an. Sie mustert mich noch eine Weile. Sie blickt von meinem Gesicht auf meinen Hut und zurück. Dann spricht sie, mit der süßesten Stimme, die ich je gehört habe, zu mir.
"Hallo!"
Ich weiß nicht was ich antworten solle und sage leise:
"Hallo!
Sie antwortet langsam und bedenklich: "Wie geht es ihnen?"
Ich antworte:" Es geht mir gut."
Ein langes Schweigen steigt zwischen uns auf. Ich betrachte sie und sie betrachtet mich. Wir beide schweigen, keiner spricht ein Wort. Es ist eine Stille zwischen uns, aber keinesfalls eine bedrückende Stille. Nein ganz im Gegenteil. Es ist eine Stille die ausdrückt, dass man nicht reden muss um sich unterhalten zu können. Nach ein paar Minuten bricht sie das Schweigen und fragt mich: "Ohh Captain, mein Captain. Wie geht es ihnen?"
Überrascht und völlig aus der Bahn geworfen durch diese Frage schweige ich. Sie schaut mich mit ihren undurchdringlichen, braun, wunderschönen Augen an. Ich überlege woher sie mich wohl kennt. Dann frage ich sie, weil mit kein einziger Einfall kommt: "Kenn ich Sie? Ich kann mich so Leid es mir tut, nicht an Sie erinnern."
Sie erwidert: "Ich bin es die kleine Amélie."
Ich wache auf. Geweckt durch das laute Kreischen einiger Kinder, die im Sand Volleyball spielen. Ich stehe auf und steige von meinem Stein. Ich laufe über den Strand zu der kleinen Brücke und betrete die kleinen Holzstufen und laufe auf den Gehweg. Ich ziehe meine Flip-Flops wieder an und laufe die Sunsetroad hoch zu meiner kleinen Wohnung. Ich kann mich an nichts was ich an diesen Tag erlebt habe erinnern, außer an diese eine Begegnung mit dieser wunderschönen, jungen Frau. Ich kann mich an niemanden erinnern. Ich sehe niemandem vor meinem geistigen Augen. Ich sehe nur sie. Ich denke nur an sie. An meine kleine Amélie...