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Der Dampfschneckenschleim
- AAAHHHHHH - Der Schrei, den Roy la Dakota ausstieß war von einer solch entsetzlichen Lautstärke, daß er damit ohne Probleme Agolf Hitla, der ja das bekanntlich am lautesten schreiende Wesen im gesamten Universum ist, den sauer erkrischenen Schneid hätte abkaufen können. Man kann Roy den Mark und Bein erschütternden Schrei aber nicht übel nehmen, denn was sich da jenseits der Gitterstäbe auftat war einfach unglaublich und eines unartikulierten, vorgeschichtlichen Lautes würdig!
Eine fremdartige, aber zugleich auch irgendwie vertraute Welt war es, die sich da vor Roy abzeichnete. An dem grauen, feinstofflichen Himmel, der etwa 30 Meter über ihm abrupt zu enden schien lag es nicht...
Nein! Es lag auch nicht an den gewaltigen, metallischen Linien, die sich quer über den Himmel zogen und ihn in viele kleine Parzellen aufteilten. Es lag vielmehr an den unzähligen CD's, Kleidungsstücken, Feuerzeugen, Stiften, Radiergummis, Schlüsseln und Geldbörsen, aus denen alles, was es in dieser Welt gab, zusammengeschustert worden war. Roy la Dakota's rege Fantasie hätte ihm kein abstruseres Bild einer anderen Welt erstellen können als es dieser gottverdammte Dampfschneckenschleim vermochte!
Die Landschaft war von einer beängstigenden Unordentlichkeit und doch schien alles, wenn man es sich nur etwas genauer ansah, mit größter Sorgfalt und Liebe erstellt worden zu sein.
Neben einem aus seltenen 12" Picture-Discs bestehenden Schallplattenbaum schlängelte sich ein von allerlei Feuerzeug-Unkraut nahezu überwucherter T-Shirt Weg einen recht steilen Geldbörsen-Hügel in ein pittoresques Tal hinab. In was für eine Scheiße war er da bloß wieder reingeraten?
Ja, dieser Dampfschneckenschleim wirkte... Und wie!
Vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzend, um das kleine Feld sehr zerbrechlich erscheinender Bleistift-Gewächse zu überqueren, daß sich zwischen ihm und dem T-Shirt Weg ausbreitete, machte sich Roy auf, den nebelbehangenen Talkessel dieser wahnwitzigen Welt näher zu erkunden. Zwischen den Radiergummi-Blättern der Schallplattenbäume entdeckte Dakota zwitschernde Handschuhe, die aufgeregt davonflogen, als er sich ihnen näherte. Nach einer Weile, in der er staunend den Geldbörsen-Hügel hinabgegangen war, kritisch beäugt von allerlei Wühltier-Schlüssel-Gesocks, das vorsichtig aus ihren Löchern lugte, gelangte er schließlich an ein großes, rotes Hinweisschild. Die Schriftzeichen auf dem Schild, das übrigens nicht mehr als eine rote Lederhandtasche war, hatte Dakota noch nie im Leben gesehen und doch verstand er irgendwie, was sie zu bedeuten hatten... Was sie ihm sagen wollten.
- Willkommen in Untabett! Bitte bleiben sie ruhig! -
Untabett? Dakota schüttelte den Kopf und ging staunend weiter. Als er nach etwa einer halben Stunde den Talkessel erreichte, machte sich Erschöpfung in ihm breit und er beschloß, sich ein wenig auszuruhen. Ein am Wegesrand liegender silberner Stein, der eigentlich gar kein am Wegesrand liegender silberner Stein, sondern vielmehr ein aus Geldstücken zusammengesetztes Gebilde war, welches einen am Wegesrand liegenden silbernen Stein darstellen sollte kam ihm da gerade Recht. Er setzte sich hin und dachte darüber nach, wie lange die Wirkung der Droge wohl noch anhalten möge, als er plötzlich eine leise Stimme vernahm, die geradewegs aus dem sich gleich neben dem kleinen Weg auftuenden Wald zu stammen schien.
Mit der Stimme verhielt es sich ähnlich wie mit den Schriftzeichen auf der roten Lederhandtasche. Gehört hatte er die Sprache noch nie und verstehen dürfte er sie deshalb eigentlich auch nicht, aber aus irgendeinem sonderbaren Grund gelang es seinem Gehirn, die Grunzlaute zu übersetzen und somit für ihn verständlich zu machen.
"Ich bin der König von Untabett!", rief die Stimme, "Komm näher und ich offenbare dir den Sinn des Lebens!"
"Oh, Mann!", murmelte Roy, "Mit diesem Schleim könnte man auf der Erde ein Heidengeld verdienen..."
Dakota, der sich in absoluter Sicherheit wog, da er sich ja nur auf einem unglaublichen Trip befand, verspürte keinerlei Angst und ging nachsehen, zu wem die Stimme gehörte. Physisches Leid konnte ihm in 'Untabett' nicht zustoßen, er bildete sich das Ganze ja schließlich nur ein... Es bestand nur die Möglichkeit, die verschwindend geringe Gefahr, beim Anblick des Wesens verrückt zu werden... Aber das war er ja ohnehin schon längst. Zumindest glaubte er das.
Roy la Dakota zwängte sich zwischen einigen mit Radiergummis dicht behangenen Besenstiel-Ästen hindurch und sah auf einer kleinen Lichtung ein Schwein mit einem Monokel sitzen. Ja, ein Schwein mit einem Monokel. Er wollte gerade ein Gespräch mit ihm beginnen, als das Land 'Untabett' plötzlich in einem wabernden Weiß zu verschwinden begann. Es löste sich auf! Ja, das Land löste sich ganz einfach auf!
Wenige Augenblicke danach befand er sich wieder in seinem tristen, grauen Labor.
Er streckte seine Nase durch die Gitterstäbe und hörte einen der Wissenschaftler sagen: "Vermerk: Der Ratte das nächste mal nur die halbe Dosis verabreichen."