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Der Fan
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7Uhr, Wecker klingelt. Raus aus dem Bett. Blick rüber zur Frau – schläft noch. Alles klar, kein nörgeln und kein meckern heute Morgen. Eilig in die Küche, Kaffee aufsetzen. Kaffeemaschine anschalten – läuft. Runter in den Keller und Trikot suchen. Scheiße, finde es nicht. Macht nichts, habe noch das andere. Ist auch besser für heute. Müssen unbedingt gewinnen. Vor zehn Jahren wurde meine Jungs mit diesem Trikot Meister, bringt bestimmt heute Glück.
Hoch in die Küche. Kaffee rechtzeitig fertig. Tasse her, Kaffee rein. Wo sind die Kippen? Mist, natürlich im Schlafzimmer. Leise Tür öffnen. Glück gehabt, Alte pennt immer noch. Zurück in die Küche. Kaffee trinken, Kippe anzünden. Ah, was ein guter Morgen!
Blick auf die Uhr. Was, schon halb acht? Rudi kommt um dreiviertel! Jetzt aber schnell. KKK ruft – Kippe, Kaffee, Kacken. Heute ohne Zeitung. Keine Zeit! Soll die Alte doch dann die Zeitung aus dem Briefkasten holen.
Runter von der Kloschüssel. Rudi hupt. Noch mal alles durchgehen:
Fahne? – dabei
Trikot? – an
Schal? – um den Hals
Stimmung? – ist gut
Geldbeutel? – in der Hose
Dauerkarte? – im Geldbeutel
Bier? – keines im Kühlschrank!!
Ansonsten alles dabei. Runter vors Haus. Rudi wartet, hupt das zweite Mal. Rein ins Auto. Mist, muss hinten sitzen. Auf dem Beifahrersitz hockt schon Schorsch. Rudi drängelt „Wo bleibst Du denn?“. Antwort von mir „Fahr los und halt die Fresse. Müssen noch an die Tanke. Brauche einen Sixer! Reicht der für die Stunde?“
Tankstopp. Rein in die Tanke. Sixer gekauft. Kippen kann ich auch gebrauchen.
Raus aus der Tanke, rein ins Auto. Erstes Bier trinken. Tut wirklich gut!
Kommen am Stadion an. Eine Stunde gefahren. Sixer hat gerade so gereicht. Schorsch braucht noch eine Karte. Schwarzmarkt sei Dank finden wir eine. Sind noch ein paar Stunden zum Spiel. Ab in die Stadionkneipe. Moser, der Kneipenwirt, hat heute seinen fünfzigsten Geburtstag. Gut für uns. Kneipenrunde! Ein Lied wird angestimmt. Vielleicht gibt es ja noch eine Kneipenrunde? Zeit vergeht wie im Flug. Alle sind da. Bombenstimmung! Ich schau auf die Uhr. Mist, nur noch 20 Minuten bis Spielbeginn. Raus aus der Kneipe, rüber ins Stadion.
Osttribüne – meine Heimat! Sicherheitspersonal erwartet uns schon. „Karte bitte!“ – „Bitte schön“ wird gelallt. Rein in die Ostkurve. Alle warten schon. Will mich auf meinen Platz stellen. Besetzt! „Schleich dich, sonst setzt es was!“ Höre ich mich brummen. Frechheit, dieser Stehplatz gehört mir schon sei 10 Jahren. Egal, gut verteidigt und zurück erobert.
Fahne auspacken, Lieder singen, Vereinshymne trällern.
Anpfiff.
Meine Jungs machen das Spiel. Läuft alles bestens. Hinter mir verschüttet einer sein Bier. Drohe ihm Schläge an. Schau in ein Gesicht was eh nichts mehr versteht. Dreh mich wieder zum Spiel um.
Spiel wird schlechter. Das sind nicht meine Jungs! Meine Jungs sind viel besser! Erste Stimmen werden laut. Pfeifen, buhen – alles ist erlaubt.
Halbzeit.
Muss unbedingt auf die Toilette. Bier treibt. Raus aus der Ostkurve. Verdammter Dreck! Toilette überfüllt. Egal, erstmal Bier geholt. Lange Schlange, auch egal. Nach fünf Minuten endlich an der Reihe. „Ein kühles Blondes!“ Plastikbecher genommen, fünf Euro auf den Tisch. Ah – auf der Toilette ist endlich weniger los. Blick auf die Uhr. Noch zwei Minuten bis Anpfiff zur zweiten Hälfte.
Aus der Toilette raus, wieder rein in die Ostkurve. Anpfiff zur zweiten Halbzeit.
Zehn Minuten gespielt. Gegner schießt das 1-0. Na Klasse! Kann ich nicht gebrauchen.
„Kämpfen Leute – kämpfen!“ Ostkurve tut ihr bestes. Die Spieler nicht. Sind das wirklich meine Jungs? Glaube nicht. Heute nicht. „Scheiß Millionäre!“ höre ich mich sagen. Rudi brüllt „Ihr Wichser!“ Schorsch „Eier ab!“.
Drehe mich zu Rudi und frage ihn „Was sind das denn für Penner! Können die nicht einmal gegen so einen Gegner gewinnen?“ – Keine Antwort. Rudi zeigt lieber dem Torwart unserer Mannschaft den Mittelfinger.
Ich schau auf die Uhr. Noch eine Minute Spielzeit. Gegner kommt vors Tor. Gegner schießt das 2-0. Ostkurve wird langsam leer. Die ersten gehen. Alle enttäuscht. „Und für so einen Dreck zahle ich auch noch“ zischt Schorsch. Rudi – „Diese Pisser wollen doch Absteigen!“ Ich – „Verdammte Hurensöhne!“
Schiedsrichter pfeift das Spiel ab. Wir gehen zusammen aus dem Stadion zu Rudis Auto. Keiner sagt was. Rudi fährt los.
Kommen in meiner Strasse an. Ich bedanke mich bei Rudi. Rudi nickt nur. Dann frage ich ihn „Und? Nächste Woche wieder dabei?“ Rudi nickt wieder und sagt „Klar – ohne uns, geht doch gar nicht!“
Hoch in die Stube. Alte wartet schon mit Essen. „Wie war das Spiel?“
„Ganz gut! Nächste Woche gewinnen wir!“