Der Fels in der Brandung
Es war einmal ein Felsen, der stand am Rande des Lebensmeeres und schaute auf das offene Meer hinaus. Mit einem tiefen Seufzer dachte er an früher denn seine Lebensgeschichte sah ungefähr so aus.
Als noch kleiner Felsen stand er sehr stramm da und hatte grosse Pläne und Erwartungen für sein Leben. Er hatte noch eine Glatte Oberfläche und noch keine Sträucher und Gebüsche auf sich. Das Wasser konnte ganz locker bei ihm herunter fliessen und es machte ihm Spass, wenn die Wellen etwas höher kamen als normal. Er schaute den Möwen nach und in der Nacht bestaunte er die Sterne am Himmel und fragte sich woher komme ich und wohin gehe ich. Wenn einmal ein Schiff vorbeikam mit einer grossen Ladung, da freute sich der Felsen und war mit sich und allem anderen zufrieden.
Mit der Zeit kamen kleine Stürme auf, vielleicht waren es damals auch nur kleine Winde, die er als Sturm verstanden hatte, aber diese waren so schnell sie gekommen waren auch schon wieder verschwunden und nach kurzer Zeit auch schon wieder vergessen. Zu dieser Zeit wuchsen dem Felsen die ersten Bäume, Gebüsche und Sträucher, in die sich die Tiere um sich herum verkrochen hatten, wenn wieder einmal ein Sturm im Anmarsch war.
Der Fels wurde Kräftiger und Stärker, die Gebüsche und Sträucher wuchsen es war eine Pracht und er fühlte sich sehr gut. In diesem Alter wurden die Stürme stärker und er brauchte viel mehr Kraft um ihnen Stand zu halten und es gab ab und zu auch ein Sturm, der mit drei oder vier Schlägen, ihn bearbeiteten. Seine Oberfläche fing an diversen Stellen zu bröckeln und er versuchte immer alle Teile bei sich zusammen zuhalten. Aus diesen Sturmschlägen wuchs beim Felsen Angst und jedesmal, wenn der Himmel über dem Meer sich verdunkelte wurde diese Angst grösser. Es gab schon Stürme, da dachte der Fels, dass überlebe ich nicht und brauchte dann mehrere Tage um sich wieder zu erholen. Er wollte mit niemandem darüber reden und behielt alle Probleme und Sorgen bei sich, bis heute.
Heute ist es immer noch ein sehr schöner Felsen und er versucht sein bestes zu geben in allen Belangen. Er merkt nicht, dass er von verschiedenen Ängsten und Nöten gepeinigt wird und steht wie gesagt am Meer und wartet.
Der Himmel wird wieder dunkler und der Fels spürt, dass wieder ein Sturm im Anmarsch ist. Die Tiere verstecken sich unter den Gebüschen und Sträuchern und der Fels zieht alles zusammen, damit nichts passieren kann. Die graue Sauce kommt immer näher und der Wind bläst schon sehr Stark. Die Gedanken kreisen sich um „bitte nicht schon wieder ein Sturm“ und „ hoffentlich überlebe ich diesen Sturm ohne Schäden“. Ein inneres Gebet und plötzlich kommt der erste Schlag und der Felsen kann gerade noch seine Gebüsche in sich ziehen. Es scheint, dass nichts passiert ist. Da kommt schon der zweite Schlag und dieser ist fasst doppelt so Stark wie der erste. Die Gedanken fliegen „Hilfe!!“ und „warum immer ich“ und vieles mehr. Er schau an sich herunter und sieht dass alles noch da ist und mit verzehrtem Blick schaut er aufs Meer wo sich der dritte Schlag vorbereitet. Er denkt „das ist das Ende, das überlebe ich nicht“.
Er spürt, dass der dritte Schlag auf ihn zu kommt und er zieht alle Gebüsche, Bäume und Sträucher in sich und kneift sich seine Augen ganz fest zusammen. Der Boden zittert so Stark, weil der Felsen Angst hat und der dritte Schlag trifft ihn. Er spürt, wie zwei, drei Gebüsche davon fliegen und er kann aus Angst sich nicht mehr bewegen, geschweige denn noch seinen Tieren zu Hilfe kommen. Dieser Schlag ist ein so heftiger und dauert länger an als alle anderen, die er erlebt hatte. Plötzlich reist es an seiner Vorderfront ein riesiges Stück vom Felsen weg und dieses stürzt mit tosendem Lärm in die Tiefe. Der Boden vibriert und der Fels denkt „nein, bitte nicht“. Eine riesige Staubwolke steigt auf und der Fels drückt seine Augen so stark zusammen, dass vor lauter schmerzen ihm ein Bach über die Felswand fliesst.
Der Sturm verzieht sich langsam und der Fels spürt das ihm ein Stück fehlt, dass er seit Jahren sehr festhalten musste, da es an dieser Stelle sehr brüchig geworden war. Er hat Angst seine Augen aufzumachen und seine Gedanken kreisen um „warum bei mir“ und „Ich bin nichts mehr Wert ohne dieses grosse Stück“.
Es braucht ein paar Wochen bis der Fels, der immer noch seine Augen geschlossen hält in sich etwas spürt, dass er vorher nie verspürt hatte. Es ist eine Leichtigkeit, die er aber nicht glauben kann, denn es fehlt im ja ein Stück. Durch dieses Gefühl öffnet er ein bisschen sein Augen und wird geblendet. Es ist so hell, dass er kaum etwas erkennen kann. Er bemüht sich seine Augen aufzumachen und ins Meer zu schauen, wo er einen strahlend blauen Himmel sieht und auch das Wasser ist ganz ruhig geworden. Er geniesst diesen Augenblick, denkt aber die ganze Zeit an das grosse Stück von sich, das er verloren hatte. Wahrscheinlich liegen keine Trümmerteile herum, welche er nehmen könnte und sich dieses Stück wieder zusammen zu bauen.
Die Angst ist auch in seinen Gedanken und er zittert, wenn er daran denk, nach unten zu schauen um den Schaden zu begutachten. Er Schämt sich eigentlich auch, denn er ist, so denkt er, der einzige dem so etwas passiert.
Von der phantastischen Aussicht aufs Meer beeindruckt, sieht er ganz langsam nach unten. Je tiefer sein Blick kommt, desto heller wird es. Er fragt sich „brennt es da unten“. Nein, er erschrickt, denn das Loch ist doch sehr gross. Aber was ist das. Unter diesem grossen Stück lag eine Gold- und Silberader und auch Edelsteine funkelten in der Sonne. Das Wasser, welches an ihn angespült wird, macht einen Regenbogen nach dem anderen. Der Fels streckt sich und ist Stolz auf sein innerstes. Er hätte nie gedacht, dass er sich an etwas festhalten würde, dass sein innerstes so überdecken würde und ihm ein grosses Stück vom Leben nehmen würde.
Dieser Felsen lebt Glücklich und zufrieden am Lebensmeer mit dem Wissen, dass er im Innersten sehr Wertvoll ist.
Fazit von dieser Geschichte ist, „es braucht vielleicht ein grosser Sturm um das fallen zu lassen, an dem wir uns so fest halten und das uns vielleicht die Sicht auf unser Innerstes verwehrt.