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Der Flügelschlag des Schmetterlings

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15.09.2020
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Der Flügelschlag des Schmetterlings

Einen Moment zögernd hielt Anna ihr Handy in der Hand, entschloss sich dann aber spontan die Nachricht doch abzusenden. “Hi, wie geht’s dir?” Sie war stolz darauf so mutig gewesen zu sein und gleichzeitig beschlich sie ein Gefühl des Zweifels, dass es gut war, was sie tat. Was wird er denken? Wird er sich erinnern? Wird er antworten?
Zwei Tage später öffnete sie ihre Instagram App auf dem Handy. Es war keine Nachricht gekommen. Gesehen hatte er die Nachricht. Auch Ihre Anfrage hatte er angenommen und folgte ihr jetzt ebenso. Entweder er kann sich nicht erinnern, oder er erinnert sich und möchte nicht antworten, nachdem was gewesen war, dachte sie sich.

Es war dieser eine Abend und diese eine Nacht, die sie all die Jahre nicht losließen.
In diesem Moment war ihr noch nicht klar was die damalige Begegnung mit Ihrem Leben anstellen würde. Nach einer Studentenparty hatte sie in Ihrer Handtasche nach einem Feuerzeug gesucht. Sie hatte es wohl zuhause vergessen. Sie fragte ihn - der rauchend in einer Gruppe mehrerer junger Männer daneben stand, ob er ihr Feuer geben könnte. Er zückte sein Feuerzeug und zündete ihr, ganz Gentleman, die Zigarette an. Was folgte war ein kurzes, belangloses Gespräch. Dann fragte er nach ihrer Telefonnummer.

Einige Tage später kam seine Nachricht: “Hey, was wollen wir machen?” Wir - das klang wie Musik in Ihren Ohren. Am Abend ihres Treffens fuhr er mit einem schicken Sportwagen beim Haus ihrer Eltern vor. Anna hatte wenig Sinn für Autos, doch sie mochte seine spontane, lockere Art und dass er die Initiative ergriff. Sie fuhren zur Politikerparty der Uni, an der sie studierte. Er war groß gewesen und hatte glasklare blaue Augen, gepaart mit olivfarbener Haut und dunkelblonden Haaren. Beim Klang seines Namen - Giacomo - lief ihr ein angenehmer Schauer über den Rücken. Gut gekleidet war er und wie sich herausstellen sollte ein außerordentlich guter Tänzer. So zärtlich und gefühlvoll wurde sie nie zuvor geküsst. Nachdem sie die Nacht zusammen in seiner Wohnung verbracht hatten, fuhr er sie nach Hause. Sie wartete zwei Tage und verfasste eine SMS: “Hi Giacomo, wann sehen wir uns wieder?”: Er hatte nie auf Ihre Nachricht geantwortet.

Nun - fünfzehn Jahre später - starrte sie wieder auf Ihr Handy. Viel hatte sich getan in der digitalen Welt und so war es ihr zuvor möglich gewesen ihn online zu finden. Nach einem feuchtfröhlichen Abend mit ihrer besten Freundin, verfasste sie eine zweite Nachricht: “Echt unhöflich von dir nicht zu antworten ;-) Kannst dich wahrscheinlich nicht erinnern.” Ohne zu zögern drückte sie auf ‘senden’. Im nächsten Moment bereute sie es schon wieder. Kurz darauf schlief Sie betrunken ein.

Gegen halb zwölf brummte das Mobiltelefon. Im Halbschlaf griff sie danach und sah seine Nachricht: “Hey, ich stehe etwas auf dem Schlauch. Hilf mir etwas nach, Bitte.” Prompt antwortete sie ihm:

“Kein Problem, ist ja schon eine Ewigkeit her.”

“Ok, jetzt bin ich neugierig. Was ist eine Ewigkeit her?”

Sie beschrieb ihm, dass sie zusammen in Heidelberg ausgegangen waren, dass sie danach bei Ihm waren.

“Ja, ich kann mich erinnern. Das ist ja wirklich eine Ewigkeit her. Hin und wieder habe ich daran gedacht. Ich habe den Abend und die Nacht in guter Erinnerung. Wieso hatten wir danach keinen Kontakt mehr?”

“Du hast nicht mehr auf meine Nachrichten geantwortet.”

“Oh das tut mir Leid. Vermutlich dachte ich, dass du nicht bereit für etwas Neues bist, du warst ja gerade frisch getrennt, richtig? Ich denke ich wollte kein Notnagel sein, der gute Freund, bei dem man sich ausheulen kann. Du hast ja nicht mit mir geschlafen.”

“Und ich dachte, du wolltest mich nur abschleppen und hast dich deswegen nicht mehr gemeldet.”

“Heute würde ich vermutlich anders reagieren, aber da liegen ja fünfzehn Jahre Lebenserfahrung dazwischen.”

“Ich hätte mit dem Wissen, das ich heute habe auch vieles anders gemacht.”

“Was denn zum Beispiel?”

“Ich denke ich wäre nicht von der Psychologie zur Soziologie gewechselt. Dann wäre ich jetzt vielleicht Therapeutin und würde nicht von einer befristeten Anstellung zur nächsten wechseln. Und du?”

“Ich habe meine erste große Liebe gehen lassen. Ich war verlobt und die Hochzeit stand schon. Ich war aber noch nicht bereit dafür und als ich ihr das gesagt hatte, hat sie mich verlassen. Vermutlich hätte ich dann auch meine Dissertation nicht geschmissen, obwohl ich schon fast fertig war.”

“Schon verrückt, wie das Leben manchmal so spielt.”

“Und wie ist es dir ergangen in all den Jahren?” wollte er wissen.

“Ich habe ein bewegtes Leben geführt mit allen Höhen und Tiefen.”

“Magst du etwas davon mit mir teilen? Entschuldige meine Neugier…“

“Ja, warum nicht. Ich war schonmal verheiratet. Am Anfang waren wir sehr glücklich. Dann begann er mich einzuengen und zum Schluss hat er mich geschlagen. Zum Glück habe ich es da raus geschafft. Jetzt führe ich ein sehr gewöhnliches Leben. Zum zweiten Mal verheiratet, zwei Kinder, Haus, Auto, Job.”

“Oh das klingt hart. Aber es freut mich für dich, dass es nochmal gut gegangen ist. Ich werde auch bald zum ersten Mal Vater. Es ist alles nicht gekommen wie geplant, aber jetzt ist es so.”

“Wirklich? Herzlichen Glückwunsch!”

“Und wie geht es dir jetzt?”

“Mal gut, mal weniger gut, alles im grünen Bereich.”

“Und du, happy?

“Ich freue mich auf meinen Sohn.”

“Das ist wunderbar.”

“Ich schreibe dir später nochmal.”

Er schrieb ihr nicht mehr. Sechs Monate später zückte sie ihr Handy und scrollte Instagram durch. Sie schaute sich verschiedene Stories an. Seine Story erregte ihre Aufmerksamkeit: Klitzekleine Füßchen auf einer großen Hand waren da zu sehen. Impulsiv öffnete sie ihre Nachrichten und fragte nach: “Herzlichen Glückwunsch! Und wie ist es als frisch gebackener Papa?”

“Ein bisschen anstrengend aber meeeeeeega schön!”

“Das freut mich sehr für dich!”

Danach war wieder Funkstille. Etwa weitere sechs Monate später kam aus heiterem Himmel eine Nachricht von ihm: “Bin nächste Woche in der Gegend. Wollen wir uns auf einen Kaffee treffen?” Sie war sich unsicher, ob das richtig oder falsch war. Auf der einen Seite war da dieses schlechte Gewissen. Auf der anderen Seite ließ der Gedanke daran, ihn wieder zu sehen, Freude in ihr aufkeimen. Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte sie sich wieder lebendig.

Am nächsten Mittwoch saß sie auf der Terasse eines Cafés ganz in der Nähe des Bahnhofs. Sie scrollte gerade durch die Facebook Timeline als hinter ihr eine Stimme erklang: “Anna?”

“Ja.”

“Du bist es!”

Einen Augenblick standen sie regungslos voreinander. Im nächsten Augenblick umarmte er sie herzlich.

“Wie geht es dir?” wollte er wissen.

“Soweit ganz gut. Und dir?”

“Ich bin gerade auf der Durchreise und dachte es wäre eine gute Gelegenheit sich wiederzusehen und über die guten alten Zeiten zu quatschen.”

“Es ist schön dich zu sehen. Ich hoffe dir geht’s auch gut?”

“Der Kleine ist jetzt 6 Monate alt und heißt Luca.”

“Ein schöner Name“

Sie unterhielten sich über Gott und die Welt, über das Elternsein, Politik, Gesellschaft.
“Es ist schade, dass wir damals keine Chance hatten.” sagte er plötzlich, legte seine Hand auf ihre und küsste sie zärtlich. Sie fühlte sich wie mit zwanzig.

Anna saß auf der Veranda und dachte über die letzten 60 Jahre nach. Sie blickte zu dem Mann, der auf dem Sessel neben ihr saß. Die Zeichen der Zeit waren nicht spurlos an ihm vorbei gegangen. Tiefe Falten gruben sich in sein Gesicht. Noch nie war es ihr so deutlich aufgefallen. Alt waren sie geworden. Sie fragte sich was wohl gewesen wäre, wenn sie und Giacomo damals in Ihren Zwanzigern zusammengefunden hätten. Wären sie zusammen geblieben? Wenn ihr das Feuerzeug nicht aus der Tasche gefallen wäre, sie ihn nie kennengelernt hätte und nicht zu dem Treffen gegangen wäre, hätte sie trotzdem festgestellt, dass ihre Ehe mit Nils, ihrem zweiten Ehemann, bereits am Ende war? Vermutlich hätte sie Gregg, ihren dritten Ehemann niemals kennengelernt und wäre nicht mit ihm und den drei Kindern nach Texas gezogen. Sie hätte ihre Professur in Deutschland nicht aufgegeben und nicht ihre Karriere für das Wohl ihrer drei Kinder geopfert. Mike ihr Sohn kam, als sie vierzig Jahre alt war und sie hatte entschieden zuhause zu bleiben, bis er mit dem College fertig war. Dann dachte sie an ihre drei wunderbaren Kinder. Gregg schaute sie an und fragte: “Du bist so still, ist irgendwas?”
“Es ist alles gut. Es könnte nicht besser sein.” Sie dachte nochmal an den Abend auf der Party und die anschließende Nacht. Sanft schmunzelnd und zufrieden schlief sie ein und wachte am nächsten Morgen nicht mehr auf.

 

Hej @Farfalla20 und herzlich willkommen in der Welt der Wortkrieger, die sich im Grunde nicht von all den anderen sozialen Welten unterscheidet: Wenn man etwas will, zahlt es sich aus zu geben. Das hört sich jetzt schon etwas kleinkariert an, gebe ich gerne zu, aber das könnte ein Grund sein, weswegen du bisher noch keinen Kommentar abbekommen hast. Zudem gerät man in einem Portal wie diesem ruckzuck in Vergessenheit. :shy:

Zu deinem Text fällt mir nicht viel ein, denn ich habe ihn schnell gelesen und diese enormen Zeitsprünge, in denen nichts passiert, nur oberflächliche Dialoge stattfinden, mir deine beiden Protagonisten unsichtbar und hohl bleiben, kommen mir unpassend vor und ich habe am Ende den Eindruck der Beliebigkeit. Es ist ja nun in der Tat nichts passiert, was nicht Hans und Franz auch passiert. Nichts unterscheidet sich darin vom Leben eines jeden anderen. Okay, vielleicht verpasst nicht jede ihren Giacomo und jeder eine solche Anna, aber im Grunde ist das alles austauschbar. Du bietest mir hier keine Geschichte an, die mich mitreißt, mich überrascht, sondern zwei ganz gewöhnliche Lebensläufe, Beruf, Familie, pipapo. Mir fehlt das Besondere, eine Wendung, Höhen und Tiefe , die ich nachvollziehen kann, Charaktere, die ich bewundern, ablehnen, lieben oder einfach doof finden kann. Du erzählst mir chronologisch einen Ablauf und zeigst mir nichts! Ich habe keine Vorstellung, um wen es geht.

Sieh dich doch einfach mal in diesem Genre hier um und teile deine Eindrücke darüber den Autoren mit. Darüber kommst du dann meinem Eindruck über deine Geschichte auf die Spur.

So wünsche ich dir viel Vergnügen.
Kanji

 

Hallo Kanji,

Danke für dein konstruktives Feedback. Bin wirklich froh darüber, zu hören wie es ankommt. Die Geschichte ist banal, das stimmt. Jedem könnte es so ergehen. Einer Kurzgeschichte entsprechend sind ein paar kleine versteckte Botschaften darin enthalten. Möglicherweise hast du sie durchblickt, würde mich freuen, wenn wir uns mehr dazu austauschen können. Natürlich werde ich andere Geschichten lesen und kommentieren, benötige lediglich noch etwas Zeit dafür.

 

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