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Der Heidelbeer-Pfad

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02.03.2021
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Anmerkungen zum Text

Da ist sie nun, meine zweite Kurzgeschichte. Eins vorweg: Mir ist irgendwie klar, dass diese Geschichte aus handwerklicher Sicht einen Haken hat, irgendwie nicht rundläuft, hölzern klingt. Nur leider weiß ich nicht, wo sie das tut, bzw. was ihr fehlt. Ich vermute, es ist der fehlende Spannungsbogen. Ich bin, denke ich, geübt darin "seltsame" Texte zu verfassen, aber beim Aufbau einer Spannung fehlt mir schlicht die Übung, vielleicht sogar das Talent. Deswegen freu ich mich auf euer Feedback! :)

Der Heidelbeer-Pfad

"Stopp!"

Ich wage es nicht, mich umzudrehen. Erschöpft lehne ich an der Brüstung. Unter mir ein Zug, im Begriff abzufahren. Ich nehme meinen ganzen Mut zusammen, drehe mich über das Geländer und springe auf den anfahrenden Zug. Auf allen Vieren balanciere ich zur nächsten Dachluke und presse mich in das überquellende Abteil. Unter den erstaunten Blicken der Mitfahrenden wühle ich mich durch den schwitzenden Waggon zum Ausgang und springe an der nächsten Station wieder heraus.

Warmer Wind zieht durch den mit einem kaskadierenden Goldmuster gefliesten Tunnel. Die Säulen sind mit roten Marmor besetzt. Die gewölbte Decke ist mit Fugen und Scharten versehen, die den Schall so gut brechen, dass diese Station ausnahmsweise mal nicht vom endlosen Gezeter der gehetzten Großstädter dominiert wird. Nur das Rauschen der Züge überschwemmt den Tunnel im Minuten-Takt. Ich stürze die Rolltreppe nach oben. Es müssen tausend Stufen sein. In diesem Teil der Stadt liegt das U-Bahn-Netz erstaunlich tief, weit unter dem Meeresspiegel. Am Ausgang empfängt mich eine nach Teer und Stahl miefenden Staubwehe. Mein Blick fällt auf ein alleinstehendes Taxi, dessen Scheiben mit bunten Wimpeln und Lämpchen behangen sind. Ich werfe mich mitsamt der Tasche durch das offene Fenster auf die Rückbank. "Los!", rufe ich dem Fahrer zu.


Der Fahrer würdigt mich keines Blickes, als würde er jeden Tag Fluchten oder Verfolgungsjagden durch die Stadt organisieren und quetscht sein buntes Arbeitsgerät durch den tosenden Feierabend-Verkehr. Ein bronzenes Glockenspiel klimpert im Takt der Spurwechsel an seinem Rückspiegel. An der nächsten überfüllten Kreuzung schnipse ich ihm ein paar zerknüllte Scheine entgegen und stürze zurück auf den dampfenden Asphalt. Bis zur Stadtgrenze ist es nicht mehr weit. Ich nehme die Beine in die Hand und zwänge mich mit meiner kostbaren Fracht durch die Menschen, hin zu einer schmalen Gasse, so schmal, dass ich die Tasche über dem Kopf tragen muss.


Der Lärm der Stadt nimmt mit jedem Meter ab. Es geht vorbei an kleinen Türen und Kochnischen, über geflochtene Körbe und Backsteinpyramiden, die die Kindern im Spiel angelegt hatten, bis ich endlich auf einen Ausgang treffe, der mit einer flachen Hecke verziert ist, die ich mit einem Hechtsprung hinter mir lasse. Ein paar Vögel begrüßen meine unerwartete Ankunft mit einem kurzen Pfeifkonzert. Ein beeindruckendes Schauspiel, dass mir in jeder anderen Situationen Muße gespendet hätte. Ich schwinge mich über ein paar Sträucher, passiere ein paar Dutzend Spalier stehende Bäume und finde mich auf einem feuchtem Waldweg wieder. Die Spuren sind noch frisch. Der Wald ist nicht sonderlich groß, also dauerte es nicht lange, bis ich an dessen Rand gelange, wo mich ein verlassener Flughafen erwartet. Ich wage einen kurzen Blick in mein Gepäck: Der wertvolle Inhalt ist noch verhanden und bis auf ein paar abgebröckelte Kanten unversehrt. Nichts darf mich daran hindern, die Tasche zurückzugeben, auch nicht unsere Verfolger.


Ich mache mich daran, das Flugfeld zu erkunden. In einem Stahlhangar entdecke ich in einem muffigen Holzverschlag eine Handvoll rostige Mofas. Die Reifen waren nur spärlich mit Luft versorgt, ein paar Lederstreifen baumeln gelangweilt am Sitz herunter. Ich werfe mich auf den Fusshebel für den Anlasser, die ersten zwei Versuche quittiert der Hobel mit einem müden Husten. Beim dritten Versuch knallen endlich die Kolben durch die Zylinder und der Motor springt an.


Die Tasche vor meiner Brust jage ich auf dem staubigen Feuerstuhl den Hang hinter dem Hangar hinunter. Jeder Sprung über die Grasnaben führt zu einem kurzen Flug, der in eine schmerzende Landung mündet. Sand stiebt in alle Richtungen, dünne Äste peitschen mir ins Gesicht. Die Sträucher werfen mir Heidelbeeren entgegen, die dunkelblaue Flecken auf meiner zerschlissenen Jeans hinterlassen. Der kurze aber heftige Ritt endet abrupt an einem verlassenen Strand. Unten erwartet mich eine knurrende Gruppe von Seehunden, denen mein unangekündigter Besuch in ihrem sandigen Wohnzimmer wohl nicht ganz zu schmecken scheint. Ich weiß nicht, ob ich ihnen trauen kann oder sie mir nach dem Leben trachten, also schlage ich ein paar grobe Haken in den feinen Sand, um an ihnen vorbei zum Wasser zu gelangen.


Dort angekommen glaube ich das Rattern eines Helikopters in der Ferne zu erkennen. Ich blicke hinter mich. Das Schlagen kommt näher. Ich sehe die Kuppel des verlassenen Hangars blitzen. Die Hitze lässt den Horizont zu einer flimmernden Masse verschmelzen, die nur die Vermutung einer Bewegung dort oben auf dem Hügel zulässt. Man ist mir auf der Spur.


Mit einem kurzen Blick prüfe ich die Wasserfestigkeit der Tasche. Das muss genügen. Ich presche zwei, drei Meter durch die schäumende Brandung und verschwinde mit einem Hechtsprung im Meer. Ich bin ein guter Schwimmer und trotz meiner schweren Ladung erreiche ich mit wenigen Zügen den Grund. Meine Ortskenntnis hat mich nicht im Stich gelassen. Wie erwartet befindet sich am Boden ein breites Stahlrohr, das mit einer großen Luke verschlossen ist. Unter Einsatz der letzten paar Millionen Sauerstoffmoleküle in meiner Lunge öffne ich das schwere Rad, schiebe mich in die Schleusenkammer und lasse mich durch eine weitere Luke in den alten verlassenen Minengang fallen. Mit einem lauten Knall fällt die Luke zu und das Wasser verschwindet in den Gitterböden unter mir, während das knallende Echo langsam in den verzweigten Gängen versiegt.


Ein paar kleine Lichtschächte bringen wenigstens etwas Helligkeit in das stickige Unterwasserlabyrinth. Halb gebückt drücke ich mich an schweren Rohren und sperrigen Ventilen vorbei. Das Rauschen darin ist längst verstummt. Je weiter ich vordringe, desto weniger Licht gelangt in die Gänge. Hinter jeder Ecke wird es dunkler. Schließlich, als kaum noch ein helfender Schimmer mir den Weg weist, sehe ich am Ende eines langen, dunklen Ganges eine Stahltür aufblitzen. In weiter Ferne, ein paar Dutzend Abzweige hinter mir, knallte es erneut. Sie waren hier.


Die Tür ist abgeschlossen und mein Schatten verdunkelte den Raum fast vollständig. Blindlings wühle ich in meiner Tasche nach ein paar alten Drähten, entflechte sie und forme daraus einen Dietrich. Dann taste ich die Tür auf der Suche nach dem Schlüsselloch ab. Ich brauche nur einen Versuch, um das Schloss zu öffnen und schlüpfe durch den Spalt nach draußen.


Ich befinde mich am Ende eines schmucklos befliesten Tunnels, der von einem schwachem Rauschen erfüllt wird. Vor mir die flüchtenden Schritte. Ich laufe los. Der Tunnel folgt einigen sanften Kurven. Jede Kurve offenbart ein bunteres, aufwendigeres Fließenmuster, das Rauschen wird klarer. Nach ein paar Kurven sind die Fliesen goldfarbend. Ein gelbes Geländer bildet den Abschluss des Tunnels. Dahinter Gleise, ankommende und abfahrende Züge, und dort sah ich sie stehen, einen Fuß bereits auf das Geländer gesetzt, bereit zum Sprung. "Stop!" werfe ich ihr erschöpft hinterher. Zu spät.

 
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Hallo @fantastokrat ,

herzlich willkommen im Forum! :)

Die tags Spannung und Seltsam versprechen ja eine interessante Geschichte, aber ehrlich gesagt hatte ich allergrößte Mühe, den Text nicht abzubrechen. Was mich dann am Ende noch enttäuscht hat, ist, dass der Text keinen Plot hat. Handlung ja = es passiert etwas, aber eben keinen Plot. Den braucht aber selbst eine Pointengeschichte.

Edit: Du schreibst ja, dir selbst fehle Spannung hier. Das sehe ich auch so. Spannung schaffst du am besten durch einen Plot, dem man folgen kann, bei dem man vllt. eine Erwartung hat, was passiert, diese Erwartung kannst du brechen und eine neue aufbauen etc. Starke, individuelle Charaktere / Erzähler können auch helfen, weil man dann wissen will, was mit denen passiert. Dein Erzähler ist aber ein Nobody ohne Eigenschaften.

Spannungsaufbau ohne einen Plot ist möglich, wenn jemand eine richtig surrealistische Geschichte erzählt (wie Bunuel in seinem Film Der andalusische Hund). Aber selbst da werden über die Symbolik bestimmte Assoziationen und Emotionen ausgelöst, die Spannung erzeugen. Wie eine Reihe unzähliger, assoziativ verbundender Miniplots. Das ist aber beim Schreiben sicher eine Königskathegorie, an der man sich versuchen kann, wenn man das Schreibhandwerk mit all seinen Kniffen beherrscht.

Für Spannung hier wäre gut:
- Plot (den man von Anfang an erfassen kann)
- individueller Erzähler mit Charakter
- klare Settings und Bilder, was man jeweils sehen soll
- klare Abfolgen von Geschehen / Taten und Konsequenzen
- Struktur, die der Handlung angemessen ist (kein sinnlos, arbiträr erscheinender Ortswechsel)
- Ein richtiges Ende, das einen für das Lesen des restlichen Textes belohnt

Ich hab mal ein paar Details rausgesucht und hoffe, dass dir irgendetwas davon weiterhilft. Nichts ist unfreundlich gemeint oder persönlich gegen dich. Ich gehe mal davon aus, dass du - wie wir alle hier - lernen möchtest.

Vorab etwas Übergreifendes: Manchmal ist die Linie zwischen faktisch falsch und innovativer Wortwahl sehr dünn. In deinem Fall allerdings nicht: du landest einige Male vollkommen jenseits einer semantisch stimmigen oder gar verständlichen Wortwahl. Ich bin nicht sicher, ob das daher kommt, dass du "Seltsam" als Persilschein für Formulierungen siehst (also wie: es ist seltsam, wenn es keinen Sinn mehr ergibt). Eigentlich bedeutet der tag aber Spekulativer Realismus, also die selbstverständliche Existenz von Paranormalem oder Irrealem in einer Welt, die wir abgesehen davon als real / alltäglich erkennen.

Man kann mit Semantik spielen, wenn man ganz genau weiß, was man da macht und ein ausgeprägtes Gefühl für Sprache hat. Den Eindruck (Leseeindruck, keine Unterstellung!) habe ich hier nicht.

Deine doppelten Absätze solltest du vereinfachen, damit nicht so große Lücken zwischen den Textblöcken entstehen. Der Hinweis kam ja schon bei deiner ersten Geschichte.

Ein erschöpftes "Stopp" springt mir in den Nacken.
Du schriebst im i-Feld, dies sei deine zweite Geschichte. Ich hab mal in deine erste geclickt, und die hat in der ersten Zeile den gleichen Fehler wie hier: Springen ergibt null Sinn und ist so weit von der Aussage (die sich erst am Ende des Absatzes erschloss) entfernt, dass diese Spielerei einfach konterproduktiv ist, wenn du eben eine Geschichte erzählen willst.
"Mir springt etwas ins Auge" existiert als Phrase, die ebensowenig 'physisch/faktisch korrekt' ist, aber sowas hat sich irgendwann etabliert und lässt sich nicht direkt auf andere Bilder anwenden.

erschöpft = leise, matt vs springt = dynamisch, heftig. Auch das verhindert, dass bei mir irgendein Bild entseht. Der erste Satz ist also für mich quasi eine Nullstelle, die ich überspringen muss.

Die Angst vor dem Sprung auf den gerade abfahrenden Zug ist schlagartig fort.
Weil?
Ich klammere mich an die Tasche und springe. Auf allen Vieren balanciere ich zur nächsten Dachluke.
Da dachte ich erst, das sei unstimmig, weil ein Klammern das Suchen nach festem Halt assoziiert und ein Sprung eben das Gegenteil. Hier war ich davon ausgegangen, er wäre auf dem Bahnsteig und liefe dem anfahrenden Zug hinterher. Weil man auch "auf den fahrenden Zug aufspringen" sagt, wenn man das eben vom Bahnsteig aus tut.
Hier wäre es sinnvoll, du würdest dein Setting etwas besser etablieren.

Ich weiß nicht, wie klamaukig dein Text sein soll, aber dieses Wurstglas klingt für mich extrem unbeholfen. Witze in Action-Momenten verlangt auch extrem gutes Timing. Das sehe ich hier nicht.

Begleitet von den erstaunten Blicken der Mitfahrenden
Unter den erstaunten Blicken ...
durch den schwitzenden Waggong
Es gibt eine Haiart, die Wobbegong heißt, da musste ich kurz dran denken. ;)
Was meinst du mit schwitzenden Waggon? Sind die Wände von Atem beschlagen, der dann kondensiert? Ich krieg zu keinem deiner Sätze ein klares Bild, weil die Sätze semantisch nicht funktionieren.
Dumpfer Wind zieht durch den mit einem kaskadierenden Goldmuster befliesten Tunnel.
:confused: Ist das absichtlich falsch oder bist du dir nicht sicher, was das Wort bedeutet? Die Seite hier kann im Zweifelsfall helfen.
Gleiches gilt für kaskadierend, das 3D erfordert.
gefliest

Sprache funktioniert gemäß der Linguistik ja so: Bezeichnetes und Bezeichnendes sind durch Konvention verbunden, aber arbiträr.
Bis auf Lautmalereien wie Wauwau = Hund sind Zuordnungen ja willkürlich: Ob man zu dem physischen Objekt "Sitzmöbel" Stuhl sagt und nicht Tisch, hat sich halt so etabliert. Wenn du jetzt gegen diese Konvention gehst und sagst, ich nenne ab jetzt alles, wozu alle Stuhl sagen, Tisch, ist deine Sicht okay, aber du wirst keine erfolgreiche Kommunikation mehr mit anderen Sprechern eingehen können, weil die dann eben vor Augen haben, du sässest auf einem Tisch.

Und eben das passiert öfter in deiner Geschichte bzw. wenn ich den ersten Satz der anderen anschaue, in beiden Texten.

Ein gesprochener Satz springt niemandem in den Nacken, Wind schmeisst keine Regentropfen an Schreiben. Du hast dich an zu vielen Stellen zu weit von der Linie falsch vs innovativ entfernt.

Ich lese grad zwei Bücher (spekulativer Realismus Tendenz Surrealismus), bei denen das funktioniert, weil die Autoren einfach ein verdammt gutes, präzises Sprachgefühl haben, und volle Kontrolle über ihren Text.
Antoine Volodine: Mevlidos Träume: "Der Regen schraffierte die Nacht ..."
Anatol Baconsky: Äquinoktikum der Wahnsinnigen: "Da war der Leuchtturm, und da waren wir, die wir uns wie Nachtfalter versammelt hatten und ausharrten, weil uns in dieser Gegend des Verderbens nichts entschädigen konnte."

Vielleicht sind die Beispiele nicht ganz so klar, wenn man nicht das Textumfeld sieht, aber vielleicht siehst du ja einen Unterschied.

Die Säulen sind mit roten Marmor besetzt, oder zumindest einer sehr hochwertigen Nachbildung.
Sind sie damit besetzt oder daraus gefertigt (was anzunehmen wäre)?
Was soll der zweite Satzteil? Für mich Leser, der noch enorme Mühe hat, hier überhaupt Bilder / Setting / Plot rauszufusslen, hat das doch null Zugewinn.
Fugen und Scharten eingelassen
Das ist knapp danebengegriffen.
endlosen Gezeter der gehetzten Großstädter dominiert
Dito.
Es wäre zudem sinnvoll, deinen Adjektiv-Overkill ein bissl runterzufahren. Mindestens zwei Drittel davon sind überflüssig.
Nur das Rauschen der ein- und ausfahrenden Züge ist allgegenwärtig.
Ich wüsste nicht, was Züge in einem Bahnhof anderes machen als ein- und auszufahren. Dort, wo du erklärungsbedürftiges Setting / Handlung hast, verschleierst du das mit schrägen Begriffen. Dort, wo ich genau weiß, was Sache ist, fügst du lange Erklärungen an.

allgegenwärtig: Okay, meinst du, dass die Züge dort mit Sekundenabstand fahren? Sobald einer losgefahren ist, kommt schon der näxte? Oder ist das Wort nur unbedacht gewählt?
Die Metro in St. Petersburg hat eine der höchsten Zugfrequenzen, aber selbst da sind mal zwei, drei Minuten Stille. Man hört Züge ja nicht ewig, da ist ja kaum Nachhall.

Fluchten oder Verfolgungsjagden durch die Stadt organisieren
Dazu müsste er nicht zwangläufig anwesend sein. Besser sich daran beteiligen, mitmachen?
schmalen Gasse, so schmal, dass ich die Tasche über dem Kopf tragen muss.
Das erschliesst sich mir nicht. Denn dafür winkelt man die Ellebogen ja ab. Man würde die Schultern schmaler kriegen, wenn man die Tasche vor sich trüge. Ich weiß, das ist jetzt furchtbare Korinthenkackerei. Aber sowas kommt halt, wenn man bei jedem einzelnen Satz irgendwas Verqueres, Unstimmiges sieht. Dann kann man gar nicht mehr der Geschichte folgen, sondern guckt nur noch, wo Fehler sind.
die die Kindern im Spiel angelegt hatten,

Es geht vorbei an kleinen Türen und Kochnischen, über geflochtene Körbe und Backsteinpyramiden, die die Kindern im Spiel angelegt hatten, bis ich endlich auf einen Ausgang treffe, der mit einer flachen Hecke verziert ist, die ich mit einem Hechtsprung hinter mir lasse.
Da würde ich raten, zwei oder drei Sätze draus zu machen. Für Stream of Consciousness ist das zu sehr mit Füllwörtern überladen, für alles andere haben die Satzteile zu wenig Bezug zueinander.
Ein paar Vögel begrüßen meine unerwartete Ankunft mit einem kurzen Pfeifkonzert.
Deine Füllsel und Adjektivitis machen den Text an einigen Stellen nahezu unlesbar, sorry.
Ein paar Vögel = Schwarm.
begrüßen = impliziert bereits Ankunft
unerwartet ist doch Latte, weil keiner davon ausgeht, die Vögel hätten gewusst, dass er da auftaucht.
Es gibt oft ein passendes Substantiv, das ein vages + Adjektiv o.ä wunderbar ersetzen kann. Dann hätte ich auch gleich ein klareres Bild vor Augen.
Ein Vogelschwarm begrüßt mich mit einem Pfeifkonzert.

dass mir in jeder anderen Situationen Muße gespendet hätte.
das / dass.
sing. / pl.
Muße kann nicht gespendet werden, so wie ein Baum vielleicht Schatten spendet. Das ist das falsche Wort. Ich kann dir nix vorschlagen, weil ich nicht weiß, was du sagen willst.
Die Spuren sind noch frisch.
Die hier verlangt, dass du sie vorher erwähnt hast. Ich lese automatisch die Sätze davor nochmal, ob ich was übersehen hab. Ich bin längst vollkommen aus deiner Geschichte ausgestiegen.
Nichts darf mich daran hindern, die Tasche zurückzugeben, auch nicht unsere Verfolger.
:confused: Ich dachte, der Erzähler sei allein.
Ein paar kleine Lichtschächte
Für den Leser irrelevante Mengen- und Größenangaben ziehen sich durch den Text. Grad oben hattest du dasselbe bei den Vögeln. Das tut nix zur Sache.
ein paar Dutzend Abzweige
Es gibt Zweige an Pflanzen und Abzweigungen bei Wegen.
Die Tür ist abgeschlossen und mein Schatten verdunkelte den Raum fast vollständig.
Quark. Wie soll ich mir das denn vorstellen?
Ein Punkt zwischen den Sätzen statt dem und wäre auch zu überlegen. Das hat einen recht naiven Tonfall: ... und dann ging ich zu Oma und dann kauften wir ein Eis und dann kam Mama. Vielleicht ein Augenmerk auf Rhythmus richten.
verdunkelt: an einigen Stellen rutscht du aus dem Präsens ins Präteritum, vielleicht nochmal alles daraufhin durchgehen.
kaum noch ein helfender Schimmer mir den Weg weist, sehe ich am Ende eines langen, dunklen Ganges eine Stahltür aufblitzen. In weiter Ferne, ein paar Dutzend Abzweige hinter mir, knallte es erneut. Sie waren hier.
:confused:
knallt = Präsens (aber was knallt?)
Fließenmuster
Fliesen (direkt danach hast du es richtig).

Möglicherweise wäre Mosaiken ein passenderes Wort als Fliesen, aber ich bin nicht sicher, ob du die meinst, weil ich nicht ganz klarkriege, wie deine Säulen aussehen.

das Rauschen wird klarer.
Wiechen? Das ist doch physikalisch völlig unnachvollziehbar.
goldfarbend
d weg
"Stop!" werfe ich ihr erschöpft hinterher. Zu spät.
Es gibt einwerfen (= unterbrechen, widersprechen), aber nicht hinterherwerfen.

Das ist eine Pointe, aber kein sinnvoller Abschluß (was daran liegt, dass der Geschichte ein Plot fehlt). Wenn das jetzt irgendwie ein Rundschluss sein soll, von einer Reihe Leuten, denen nach dem Täglich grüßt das Murmeltier-Prinzip allen dasselbe in vertauschten Rollen passieren soll bzw. sowas wie eine Doppelgängerthematik hat, wäre es sinnvoll, wenn du das Geschlecht deiner Erzählerin im Intro klarmachen würdest. Ich hab den Erzähler männlich gelesen.

Sorry, dass ich nichts Positives zu deinem Text sagen kann. Ich bin aber sicher, dass das alles Fehler sind, die sich mit aufmerksamen Lesen und viel Textarbeit hier im Forum (also auch eigene Komms zu anderen Texten) in einiger Zeit beheben lassen könnten.

Ich wünsche dir noch viel Spaß hier, herzliche Grüße,
Katla

 
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Hallo @Katla

Danke für dein ehrliches Feedback. Ich mag fundierte und konstruktive Kritik. Deine Kritik ist fundiert und konstruktiv, insofern nehm ich dir nichts übel, denn, korrekt, ich will dazuzlernen! :)

Deine Kritik bzgl. "Linie zwischen faktisch falsch und innovativer Wortwahl" verstehe ich. Ich habe bewusst versucht Bilder zu verwenden, die nicht etabliert sind und sogar absurd wirken, dachte aber, dass ein Funken Sinn trotzdem erhalten bleibt. Dein Feedback sagt mir aber, dass ich zu weit gegangen bin. In meiner Welt ergeben "dumper Wind" oder "schwitzender Waggon" durchaus Sinn. Ich denke an einen heißen Tag in der U-Bahn oder eine warme Windboe, die sich langsam gegen meinen Körper presst. Aber du hast Recht, "Der Regen schraffierte die Nacht" klingt bei weitem runder als "Dumpfer Wind"... ich denke, hier muss noch viel gefeilt werden.

Ansonsten - Adjektiv-Overkil - ja. Eine Falle, in die ich immer wieder tappe. Ich liebe es, mit Adjektiven um mich zu werfen, weil ich denke, dass sie den Text aufwerten. Das tun sie nicht (immer). Sehr oft gehe ich die Texte durch und entferne ein gutes Dutzen, trimme den Text und stelle dann ja auch selber fest: Wow, liest sich gleich viel flüssiger. ¯\_(ツ)_/¯

Der Plot bzw. Twist lässt sich ja relativ einfach zusammenfassen: Eine Person, die sich selber jagt. Z.B. als Gefangene einer Zeit-Schleife. Aber wie ich sehe, ist das nicht klar. Tatsächlich soll es nur eine Person sein, die sich selber sieht bzw. von sich selber verfolgt wird. Jetzt komm ich aber in's Grübeln, warum das nicht klar ist. Vermutlich steck ich zu sehr in der Geschichte drin, so dass dieser Fakt für mich selbstverständlich ist.

Vielen Dank!

 
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Hallo @fantastokrat ,

nochmal. :-)

Deine Kritik ist fundiert und konstruktiv, insofern nehm ich dir nichts übel, denn, korrekt, ich will dazuzlernen!
:thumbsup: Sehr schön, so war es gedacht. Als Ansporn, nicht Entmutigung.
Der Plot bzw. Twist lässt sich ja relativ einfach zusammenfassen: Eine Person, die sich selber jagt. Z.B. als Gefangene einer Zeit-Schleife.
Du verwechselt immer noch Handlung = Aktion mit Plot. Diese Geschichte hat keinen richtigen Plot. Vllt. mal den Unterschied googeln, da gibt es sicher Literaturseiten zu.

Ist für mich nicht spontan klar geworden, weil ich deinen Erzähler männlich las. Nachdem ich sah, worauf du wohl hinauswolltest, hab ich kurzerhand das letzte Bild umgegendert, weil ich das nach so viel Text nicht mehr mit dem Erzähler geschafft hab.
Ich schreib selbst ziemlich 50/50 männliche und weibliche Icherzähler, und stelle das nur klar, wenn ich die Identität irgendwie inhaltlich wichtig finde. Ansonsten ist mir Latte, ob das jemand anders liest oder - wenn ich Fremdtexte lese - ob ich weiß, welche Identität die Prota hat. Manchmal stelle ich mir auch androgyne Personen vor. Das ist alles fein.

Durch deinen Nick und die Tasche, die nicht umgehängt ist, sondern an die sich geklammert wird (okay, es geht beides und auch Männer haben Courier Bags, frag mich, das kam spontan), hatte ich so einen Mann vor Augen. Duch die Erzählperspektive einen mittelalten Spießer im dunklen Anzug, bissl ein Typ aus den 1950ern. Danach kam nix mehr zur Figur, sodass ich das nie korrigieren musste, und es eben diese Art Schablone blieb.

Hier eben ungünstig, weil du mit der weiblichen Figur endest. Selbst, wenn beide das gleiche Geschlecht hätten, könnte es immer noch sein, dass sie stellvertretend für eine Reihe Leute (= Gesellschaft) stehen.

Als ich diese Doppelgängersache erfasst hatte, blieb aber keine Aussage übrig. Okay, was willst du denn sagen, was ist deine Prämisse?

Ist deine Prämisse, dass Menschen sich in Industrienationen abhetzen und nicht zu sich kommen? Was tut dann das Aussehen der Metrostation (die ja eine prominente Position einnimmt), die Szene mit den Vögeln etc. dazu? Was haben die Bestandteile deiner Geschichte mit deinem Thema zu tun? Momentan ist das Thema nur durch die Verbindung letzter Satz mit erstem Satz ersichtlich. Alles andere dazwischen ist vollkommen austauschbar. Das sollte nicht sein, das sind doch 99% deines Textes.

Ein Twist ist das nicht. Ein Dreh wäre, wenn du etwas etablierst, das dann nicht so ist. Hier etablierst du nichts, du hast eine willkürliche Abfolge von Ereignissen. Dann kommt eine extra Szene hinzu, die einfach dieselbe Geschichte potentziell ins Unendliche weiterspinnt.

Eigentlich ist ein handwerklicher Tipp, alles zu streichen, was nicht die innere und/oder äußere Handlung vorantreibt. (Die Handlung sollte dabei den Plot unterstützen.) Streicht man bei dir all das heraus, das nicht die sinnhafte Handlung unterstützt, bleiben eigentlich nur der erste und der letzte Satz: Eine Person springt auf einen Zug, jemand hinter ihr sagt etwas. Dann steht die erste Person hinter einer weiteren oder derselben und sagt dasselbe nochmal.
Alles weitere ist Füllmaterial. Anstelle eines Zuges könnte es ein Laster sein, sie könnte ein Kreuzfahrtsschiff durchs Mittelmeer nehmen, einen Rundflug zum Jupiter, anstelle der Vögel könnte es eine Herde Schafe sein. Das ist so wenig durchstrukturiert, eben weil deine Klammer keine Geschichte bildet.


Tatsächlich soll es nur eine Person sein, die sich selber sieht bzw. von sich selber verfolgt wird.
Okay, und? Das ist kein Plot. Und keine Prämisse. Es ist grad mal so ein Motiv.

Mir ist - das ist sicher Geschmacksache und macht mich zu keinem Freund von Pointengeschichten - eine Konsequenz wichtiger als eine Entwicklung. Eine Konsequenz wird hier nicht deutlich. Vllt. war das gar nicht dein Anliegen, aber warum hast du diese Geschichte geschrieben?
Ist das mehr wie ein langgezogener Witz? Haha, das ist ja die gleiche Person, die sich da abrackert? Eine gesellschaftskritische Aussage? Was Psychologisches? Was hab ich denn als Leser davon?

Liebe Grüße und noch ganz viel Spaß beim Frickeln, trau dich ruhig mehr ans Kommentieren - diese Blindheit deinem eigenen Text gegenüber hast du ja bei anderen nicht. Da erkennst du solche Probleme einfacher.
:-) Katla

 

Ich verstehe dich... ich muss das mal sacken lassen und deine Antworten wohl noch ein paar mal durchlesen, um das zu verarbeiten, zu reflektieren. Danke dir vielmals!

 

Hey @Rob - auch dir vielen Dank für dein offenes Feedback!

Eine Rückfrage: Warum soll ich auf James-Bond-Action verzichten? Macht es die Geschichte sympathischer, nahbarer, lesbarer wenn sie realistisch ist?

 

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