Der Hund und der Hausmeister
Der Hund lag auf dem Kiesbett, lang ausgestreckt auf seiner Seite. Es war ein großer, schwarzer Neufundländerhund, und offensichtlich war er müde. Seine Lider waren schwammig aufgequollen, Herr Eiermann konnte kaum das Weiße in seinen Augen erkennen, er sah vielmehr die schlaffe, rosafarbene Bindehaut eines äußerst müden Hundes. Hausmeister Eiermann wusste, dass der Hund nicht schlief, hatte er ihn doch als Welpen mit der Flasche aufgezogen und kannte sein Verhalten genau.
„Wenn ich gefegt habe, gibt´s ein Stück Fleischwurst“, sagte er dem Hund,
„und ich gönn mir dann ´ne Camel,“ wobei er ein wenig grunzte, denn er hatte noch einen Zigarettenstummel zwischen den Fingern. Eiermann freute sich, denn diesen Hinterhof zu fegen war eine Sache von fünf Minuten, selbst wenn er sich nicht beeilte.
Das ganze Gelände, für das der Hausmeister zuständig war, nahm schon einige Zeit in Anspruch, die Mieter hatten so ihre Problemchen, die versorgt werden wollten. Doch er mochte seine Arbeit, denn für gewöhnlich konnte er „gemütlich und genau arbeiten“, wie er es nannte, „zu aller Zufriedenheit“, wie er es gerne hatte.
Bevor er den ölverschmierten Besen zur Hand nahm, der an einem Mauervorsprung lehnte, nahm er noch einen kleinen Schluck aus seinem Flachmann, und begann erst dann mit der gewöhnlichen Prozedur eines hundsgewöhnlichen Montagmorgen.
Eiermann dachte an den Thermostat im Keller des Westflügels, den er noch reparieren musste, als er Laub und kleine Ahornpropeller vor sich herschob, und er dachte über den Spritpreis nach , als er weiterfegte und lange braune Kiefernadeln hinzukamen und eine zerfledderte Zeitung. Er dachte an das Fußballspiel am Vorabend, als er Weberknechte und Kellerasseln scheuchte, ohne es zu merken, und er erwachte erst aus seinem Dämmerzustand, als er eine winzige Erdkröte aufscheuchte, die in einer feuchten Ritze des groben Kopfsteinpflasters gekauert hatte. Eiermann ekelte sich ein bisschen vor dem kleinen Tierchen, aber er wollte auch nicht, dass der Hund es zerquetschte oder gar fraß, also zog er ein Stück Zeitung aus dem Laubhaufen, der sich vor den hohen roten Borsten des Besens aufgeschichtet hatte, und staunte wiederum nicht schlecht, denn der Reiseteil war aufgeschlagen, und die Visage eines alten griechischen Fischers lächelte ihn an. Der Mann, der vom Wind, vom Wetter und vom Rauchen schwer gezeichnet war, und über dessen runzliger Haut man beim Besten Willen nicht mehr von Falten sprechen konnte, nur von Furchen, war sicher schon geraume Zeit tot, dachte Eiermann, „Gott hab´ ihn selig!“.
Und weil der Zufall es so wollte, hielt Eiermann also gerade diese Seite für äußerst geeignet, das kleine Tierchen in Sicherheit zu bringen.
Ihm kam eine gute Idee, denn wer wusste schon so gut wie er bescheid, wohin mit kleinen Kröten mitten in der Stadt: In einen Eimer damit, „Klein-Paul wird sich freuen, wenn ich ihm den Baby-Frosch zeige“, sagte Eiermann dem Hund in seiner hausmeisterlichen Unwissenheit über Amphibien.
Er hatte noch die Zeitung in der Hand, und hielt sie für eine geeignete Unterlage im Putzeimer, denn man konnte ja nicht wissen, was da schon für Chemikalien drin waren, und er wollte Paulchen einen „gesunden Frosch“ zeigen, einen putzmunteren.
Eiermann stellte den Eimer zur Seite und vergaß die Kröte über seine Arbeit im Heizungskeller.
Sie durfte aber dennoch Bekanntschaft mit dem Enkelsohn des Hausmeisters machen, aber alles hübsch der Reihe nach. Zunächst hinterließ der Lurch in seiner Panik auf dem Photo des zufrieden lächelnden, weil vom Leben reich beschenkten älteren Herren, was Lurche in Panik eben hinterlassen. Es sah ein wenig aus wie ein seltsames Altmännersarkom, eine Geschwulst, die da auf die Stirn des Fischers auch hingehören mochte.
Die Kröte interessierte das wenig, denn sie hatte keinerlei Verständnis für derlei ästhetische Zusammenhänge, dafür ging ihr gehörig die Muffe, als kleine Menschenfinger nach ihr griffen und eine Kinderstimme rief : „Pluto, fang den Kackafrosch.“