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Der Irrglaube

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07.01.2005
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Der Irrglaube

Die schrille Klingel. Ein letzter kritischer Blick in den Spiegel, bevor der Knopf für unten betätigt und die Wohnungstür angelehnt wird. Die Musik spielt zum wiederholten Mal das Lied des ersten Erwachens.. aber das weiß keiner. Klack klack klack.. die Stufen werden rasch genommen. Schon öffnet sich die Tür. Ein verschmitztes Lächeln.. ein wissender Blick.. ein zärtlicher und noch leicht nervöser erster Kuss. Die Berührungen dabei sind flüchtig und unbeholfen. Die Aufregung legt sich schnell. Die wiedergewonnene, vergessen geglaubte Vertrautheit hilft. Nahezu unbedeutende Worte werden gewechselt und hinterlassen eine laut schreiende Stille, wenn sie verklingen. Finger huschen über die bebenden Körper. Haare werden vorsichtig aus dem Gesicht gestrichen und offenbaren die brennende Lust in den leicht geöffneten Augen. Der Kuss ist intensiv und fordernd.. von beiden Seiten gleichermaßen. Zu lange ist es her. Das Verlangen überrennt den Verstand. Leidenschaft macht sich breit. Kleidungsstücke fallen erleichtert zu Boden. Die Zeit scheint still zu stehen. Begehrende Blicke. Lippen werden befeuchtet und finden sich auf nackter Haut wieder. Sie suchen einander und geben sich dem neckenden Lustspiel willig hin. Schnelle Atemgeräusche durchschneiden die Luft. Die Welt beginnt zu taumeln und sich wahllos zu drehen. Wie in Extase nimmt das Zusammenspiel der Geschlechter seinen Lauf. Die gegenseitige Hingabe wird im Nu aufgesogen. Minuten in denen alles vollkommen in Ordnung ist, vergehen wie im Flug. Tabus gibt es nur wenige. Alles, was beiden Freude bereitet, muss getestet werden. Zwei Menschen, in diesem einen Moment glücklich vereint. Die wahnsinnige Stimmung hat nahezu ihren Höhepunkt erreicht. Das erzückte Miteinander scheint nie enden zu wollen..

..aber tut es letzten Endes doch. Nachdem die Zeit wieder ihre gewohnten Bahnen zieht, fällt die Tür ins Schloss und der Blick erneut in den Spiegel. Das derzeitige Glück der verspürten körperlichen Nähe überflügelt noch das Verlangen nach menschlicher Nähe auf Dauer. Mit dem Wissen der bevorstehenden Zeit allein erfolgt der Weg zum Bad. Die Vorfreude auf das nächste Treffen dieser Art tröstet schon jetzt und lässt den Irrglauben aufleben, in diesen Minuten nicht allein gewesen zu sein.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Conel und sei herzlich begrüßt auf dieser Seite!

Die komprimierte Art, in der du die schnelle, gierige Nummer schilderst, hat durchaus ihren expressionistischen Reiz. Du hast eine reine PWP-Story (PWP=plot? what plot? / will sagen: der Fick mit Blues danach ist das einzige Thema, auf eine Rahmenhandlung wird verzichtet) geschrieben. Ob das für eine Geschichte reicht, kann lange diskutiert werden, mir persönlich langt es als Legitimation, wenn es gut und "fühlbar" beschríeben ist.

Aber mit deiner Beschreibweise habe ich Probleme, ich bleibe unbeteiligt. Das liegt mit Sicherheit daran, dass du auffallend oft die passive Verbform wählst oder die Aktion ohne Einbeziehung der Aktiven schilderst. Dadurch werden beschriebene Handlungen unpersönlich, man bringt sie als Leser nicht mehr unmittelbar mit den handelnden Personen in Verbindung.

Beispiele: "Kleidungsstücke fallen erleichtert zu Boden. "
Vor meinem inneren Auge sehe ich einen Pulli oder eine Hose zu Boden fallen - aber ich sehe keine fahrigen, heißen Hände, die sie vom begehrten Körper abstreifen.

"... die Stufen werden rasch genommen."
Ich sehe eine Treppe vor mir - aber niemanden, ob nun Mann oder Frau, der sie atemlos hochhetzt.

"Die Berührungen dabei sind flüchtig und unbeholfen. "
Warum nicht: "Wir berühren uns flüchtig und unbeholfen."

Die Krönung der Unpersönlichkeit ist "Mit dem Wissen der bevorstehenden Zeit allein erfolgt der Weg zum Bad. "

Ich bitte um Aufklärung, denn es ist durchaus möglich, dass du dieses Stilmittel bewusst gewählt hat. Aber beim "naiven" Lesen empfand ich diese "objektive" Art als geradezu klinisch distanziert.

Grüße!
Chica

P.S.: Jetzt hast du mich echt an den Duden gebracht; die absolute Verzückung und Entrücktheit wird trotz Neuer Rechtschreibung immer noch Ekstase geschrieben. ;-)

 

hello Conel,

die Geschichte scheint mir wie eine Mischung aus Bericht und Aufklärungsunterricht und ist daher entsprechend gefühlsfrei und unaufregend - da hilft auch das pseudophilosophische Ende nicht.

Das liegt an der gewählten Leidensform, Haare, werden, Lippen werden etc., aber auch an der Wortwahl, die sehr ins Theoretische spielt, wie z.B. 'Zusammenspiel der Geschlechter'.
Ich habe auch noch nie erlebt, dass sich Leidenschaft irgendwie 'breit macht' ;-)

Viele Grüsse vom gox

 

Hallo Chica,

danke für die nette Begrüßung. :D

Die Ekstase-Rechtschreibung gefällt mir zwar nicht wirklich, aber wenn unser Herr Duden das so vorscheibt, muss wohl etwas wahres dran sein. ;)

Geschichten dieser Art in der ich-Person habe ich schon des öftern geschrieben und sie haben für mich den Reiz verloren. Gerade die gewollte Distanz, die Unklarheit über das jeweilige Geschlecht und die sachliche Beschreibung eines so wenig sachlichen Themas haben für mich diese Story interessant gemacht. Habe die Geschichte schon bewusst so - für Dich klinisch - für mich "kalt" - geschrieben, um der "Kälte" einer Affaire mehr Ausdruck zu verleihen. Vielleicht wurde das nicht ganz deutlich?

Ob die Geschichte nun als Geschichte gesehen werden kann, bleibt Ansichtssache.. für mich machen die ausgelösten Gedanken den Rest aus. Somit sieht sie bei jedem anders aus.

Glaube das bei derartigen Texten viel Interpretationssache ist. Wenn für dich Kleidungsstücke lediglich Pulli und Hose sind, muss das ja nicht zwingend auch für andere gelten. Ist es nicht so, dass Geschichten bei jedem etwas anderes auslösen, und dies auch bewusst sollen? Für den einen wirken sie klinisch distanziert - während sich andere darin zu 100 Prozent wiederfinden.

Find das Forum echt gut, um ein bisschen zu "testen" und hoffe auf weitere Kritik, um weiter zu lernen! ;)

Viele Grüße
Conel

 

Guten Abend gox,

auch Dir danke ich für die Kritik. :)

Irgendwie tut sie mir jedoch Leid, bzw. Du tust mir fast Leid. Es scheint, als hättest Du zu wenig Phantasie / Gefühl, da Du derartige Beschreibungen "unaufregend" findest. Sicher sind sie sachlich geschrieben.. Deine Gedanken dazu sollten es aber nicht sein.

Vielleicht löst die Shortstory bei Dir auch einfach nicht das aus, was ich mir dabei gedacht habe bzw. was sie bei anderen Lesern ausgelöst hat. Schade, denn die hatten Gefallen daran. ;)

Aber meines Erachtens muss eine Geschichte ja auch nicht jeden Geschmack treffen. Denke das Forum bietet ja dennoch für jeden etwas. Also weiterhin viel Spass! Ich hoffe den werde ich auch noch einen Weile haben. :)

Viele Grüße
Conel

 

Hello Conel,

muss Dir nicht leid tun - jeder empfindet anders! Wobei aber die Frage offen bleibt, wie Gedanken angesichts eines so distanzierten Textes schweifen sollten, denn Aufklärungstexte nach dem Motto 'Menschliche Fortpflanzung unter besonderer Berücksichtigung des Zusammenspiels der Geschlechter' gebricht es eben an Erotik. Chica hat das zu Recht als 'klinisch' bezeichnet.

Viele Grüsse vom gox

 

Hallo gox,

für mich ist es schwer zu sagen, in wie weit die "Erotik in meinem Kopf" bei anderen Lesern ankommt. Vielleicht ist es auch einfach so, dass ich mich anders damit identifiziere, da ich diese Situation nur zu gut kenne und sich für mich hinter den sachlichen Begriffen Emotionen verbergen.

Noch einen schönen Tag..

Viele Grüsse
Nelli

 

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